Atem-Meditation: Das stille Meer

Diese Atem-Meditation ist einfach zu erlernen und daher auch für Anfänger geeignet. Sie zielt auf eine bewusste, langsame und lockere Atmung, die Körper und Geist beruhigt und harmonisiert. In dieser Anleitung erfahren Sie, wie die Atem-Meditation geht.

Vorbereitung der Atem-Meditation

Anmerkung: Da ich die Grundbegriffe der Meditation an anderer Stelle bereits beschrieben habe, gehe ich hier nicht auf alle Details ein. Wichtige Begriffe wurden jedoch verlinkt, sodass Sie mit einem Klick zur entsprechender Erklärung gelangen.

Sie ist besonders geeignet für Menschen, die Probleme haben loszulassen, sich von Ärger oder Aufregung nur schwer trennen oder auch körperlich häufig zu sehr angespannt sind.

Zur Durchführung dieser Atemmediation brauchen Sie nur einen Meditationsort (Stuhl oder Meditationsdecke) und bequeme Kleidung (die Hose sollte Ihren Bauch nicht einschnüren).

Wie funktioniert die Atem-Meditation „Das stille Meer“?

Bei dieser Atem-Meditation ist das Meditationsobjekt die Bauchdecke – oder genauer – das „Hineinfühlen“ und „Spüren“ des Hebens und Senkens der Bauchdecke während der Atmung.

Bei dieser kinästhetischen Meditation ist eines zu beachten: Sie sollten die Fähigkeit haben, ruhig und locker in den Bauch zu atmen und während der Meditation nicht willentlich in diesen Atemprozess einzugreifen, auch wenn der Atem mit der Zeit tiefer, ruhiger und irgendwann kaum mehr wahrnehmbar ist. Sie sollen dem Körper die Atmung selbst überlassen.

Wer mit der vollständigen Bauchatmung Probleme hat, sollte sich vorab die Erklärungen und Übungen in der Anleitung „Richtige Bauchatmung lernen: Anleitung & Atemtechnik“ ergänzend ansehen und ausprobieren.

Viele Menschen haben verlernt, natürlich zu atmen – sie praktizieren nicht die Bauch-, sondern Brustatmung. Der Bauch ist häufig aufgrund von Ängsten, Kontrollzwängen, Stress oder anderen Dingen unnötig angespannt bzw. bewegt sich beim Atmen kaum bis gar nicht mehr.

Atem Meditation Bauchatmung

Nur bei Säuglingen lässt sich diese natürliche Atemweise noch gut beobachten. Sie sind unbeschwert und bewegen beim Atmen frei und locker ihre Bauchdecke. Im Tai Chi Chüan ist das Bewegen der Bauchdecke (oder das Lösen der dort angesammelten Verspannungen) der Schlüssel, um den Energiefluss im Oberkörper zu gewährleisten. Da der Bauch so zentral liegt, trennt ein verspannter Bauch den Menschen energetisch in zwei Hälften, was viele unerwünschte psychosomatische Probleme und Krankheiten hervorrufen kann.

Man nennt folgende Atemtechnik auch „Das stille Meer“, da man diese Art der Atmung auch mit den sanften, ruhigen Wellen des Ozeans vergleichen kann. Im übertragenen Sinne wäre dann die Bauchdecke die Meeresoberfläche (Wellen), die es zu spüren gilt.

Der Atem hat einen sehr direkten Einfluss auf den Herzschlag und den ganzen Rest des vegetativen Nervensystems. Wird er verlangsamt, signalisiert man dem Körper die Botschaft „alles ist in Ordnung – keine Gefahr – du kannst entspannen“. Man kann also lernen den Biorhythmus bewusst „herunterzufahren“ und in aufregenden Situationen ruhiger werden.

Falls Sie mit der Bauchatmung Schwierigkeiten haben, beginnen Sie mit folgender Vorübung:

Vorübung: Spontane Atmung beobachen

  • Nehmen Sie Ihr Asana ein, alternativ können Sie sich auch auf einen Stuhl setzen. Achten Sie darauf, dass Ihr Rücken gerade ist und sich Ihr Bauch ungehindert beim Einatmen nach vorne wölben kann.
  • Legen Sie eine Hand auf den Bauch.
  • Atmen Sie tief aus – der Bauch darf sich spürbar nach innen wölben.
  • Warten Sie, bis der Einatemreflex einsetzt, der Körper also von sich aus wieder einatmen will.
  • Atmen Sie so lange ein, wie der Reflex anhält. Der Bauch darf sich beim Einatmen spürbar wölben.
  • Lassen Sie dann die Atemmuskulatur los, um ganz natürlich wieder auszuatmen.
  • Dann warten Sie wieder, bis der Einatemreflex einsetzt …

Führen Sie diese Vorübung 5 bis 10 Minuten täglich durch. Beginnen Sie mit der folgenden Atemmeditation, wenn die Atmung natürlich verläuft und Sie diese als angenehm und wohltuend empfinden. Vielleicht hilft es Ihnen, sich das Meer bei Sonnenschein mit einer milden Brise vorzustellen. Die sanften Wellen repräsentieren dabei Ihren ruhig fließenden Atem.

Atemmeditation Imagination Atemfluss

Durchführung der Atemübung „Das stille Meer“

Nun zur Meditation, dem Heben und Senken der Bauchdecke: Wichtig ist es, dass Sie NICHT den gesamten Fluss des Atems verfolgen, sondern einen kleinen Ausschnitt davon: das Heben und Senken der Bauchdecke.

Was den Zeitraum angeht, können Sie relativ frei agieren. Wer eine festgesetzte Zeit üben will, stellt sich einen Wecker. Wer sich keine Zeit festsetzen will, macht die Atemübung, solange er mag. Ich empfehle aber mindestens 5, besser 10 bis 20 Minuten zu üben, um einen deutlichen Effekt zu spüren.

Begeben Sie sich in Ihr Asana oder setzten Sie sich bequem auf einen Stuhl – schließen Sie die Augen. Konzentrieren Sie sich beim Atmen auf das Heben und Senken der Bauchdecke.

Dabei ist es hilfreich einen Punkt unterhalb der Bauchdecke (also von innen her) zu empfinden und diesen während des Hebens und Senkens beizubehalten und zu spüren.

Wem es leichter fällt, kann auch seine Aufmerksamkeit auf den Bauchnabel lenken. Sobald Sie die Empfindung des Bauchnabels spüren und halten können, können Sie es zulassen, falls sich der Empfindungsbereich kontinuierlich vergrößert.

Atemmeditation Ablauf

Diese Empfindung ist Ihr Meditationsobjekt, dem Sie Ihre gesamte Aufmerksamkeit widmen. Es geht nicht darum, sich diese Stelle gedanklich vorzustellen oder hinzusehen. Es geht darum, sie tatsächlich zu erfühlen, zu spüren, zu empfinden.

Falls Gedanken dabei auftauchen, lassen Sie sie – wie Blätter im Wind – ziehen. Ihre Aufmerksamkeit sollte möglichst ungeteilt beim Empfinden der Bauchdecke verweilen.

Normalerweise wird sich die Atmung im Lauf der Zeit von selbst verlangsamen und immer gleichmäßiger werden. Greifen Sie nicht in diesen natürlichen Prozess ein, auch wenn Sie zeitweise vielleicht Schwierigkeiten bekommen, die Bauchdecke im Fokus zu halten.

Sie sollen lernen, genauer, feiner und detaillierter hineinzuspüren, um die Bauchdecke (im Idealfall) bis zur letzten Faser wahrzunehmen.

Am Ende der Atemmediation spannen Sie Ihren Körper kurz an. Dabei können Sie eine Abschluss-Affirmation wie „Ich beende meine Atem-Meditation und kehre in mein Alltagsbewusstsein zurück“ leise oder in Gedanken aufsagen.

Tipp: Diese Übung lässt sich nahezu überall ausführen. Wer beispielsweise viel mit Bus oder Bahn unterwegs ist oder warten muss (sitzend), kann die Gelegenheit nutzen, diese Übung durchzuführen.

Viel Spaß beim Spüren Ihrer Bauchdecke und den Wellen des stillen Meeres!

Tony Kühn