Selbstwertgefühl: Selbstbewusstsein aufbauen und stärken

Unser Selbstwertgefühl bestimmt, welchen Wert wir uns als Person, unseren Handlungen und unserem Wirken in der Welt beimessen.

Einige von uns entwickeln ein hohes Selbstwertgefühl, sind charismatisch und scheinen eine starke und gefestigte Persönlichkeit zu haben. Andere hingegen sind mit sich unzufrieden, zweifeln an sich selbst oder fühlen sich gar ohnmächtig oder "minderwertig".

Wie kommen wir dazu, unser Selbstwertgefühl so unterschiedlich aufzubauen? Kann man etwas tun, um sein eigenes Selbstbewusstsein zu stärken? In diesem Artikel geht es darum, was das Selbstwertgefühl überhaupt ist und wie man es aufbauen und stärken kann.

Was ist Selbstwertgefühl oder Selbstbewusstsein?

Selbstwertgefühl Selbstbewustsein aufbauen und stärkenStellen wir uns ein unbeschriebenes Maßband vor, auf dem wir verschiedenste Maßeinheiten anbringen können. Als Maßeinheit können wir jede Differenz – z. B. Winner/Loser, schön/hässlich, beliebt/unbeliebt etc. – verwenden. Um das Maßband auf unser Erleben anzuwenden, brauchen wir weiterhin Kriterien (oder Werte), die entscheiden, ob und zu welchem Anteil wir damit unsere Erlebnisse positiv oder negativ beurteilen.

Dann legen wir unser selbst gebautes Maßband an eine konkrete Erfahrung an, d. h., wir "messen" und bewerten sie entsprechend. Das Ergebnis dieser Bewertung ergibt unsere Selbsteinschätzung zum Thema X. Diese Selbsteinschätzungen sind wiederum die Bausteine des Hauses, das wir "Selbstwertgefühl" nennen.

Ob unser Selbstwertgefühl bildlich gesprochen eine verfallene Hütte oder ein goldener Palast ist, hängt also von UNSEREN EIGENEN Werturteilen ab und nicht von irgendwelchen objektiven "Fakten".

Nehmen wir als Beispiel eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die nur dann mit sich zufrieden ist, wenn sie die Nummer 1 in ihrer Firma ist. Sie hat in ihren Augen schon "versagt", wenn sie "nur" zu den Top 10 gehört. Würde sie lernen mit einem anderen Maßstab zu messen, könnte sie sich über ihren Erfolg freuen, doch so leidet sie an ihrem eigenen strengen Urteilen über sich selbst.

Selbstwertgefühl Selbstbewusstsein aufbauen und stärken BeispieleUmgekehrt kann ein absolut unfähiger Dummkopf, sich einen Maßstab konstruieren, der ihn immer als die Krone der Schöpfung ausweist. Er hält sich für fähig und erfolgreich, da sein Maßstab gar keine negativen (oder selbstkritischen) Einheiten aufweist. Selbst wenn er kläglich versagt, liegt die Schuld bei "den Anderen", denn sein strahlendes Selbstwertgefühl kennt keine Selbstkritik.

Diese Beispiele habe ich absichtlich überzogen gewählt, um besser zeigen zu können, welche Rolle unser eigener Maßstab bei der Konstruktion unseres Selbstwertgefühls spielt.

Wir haben also grundsätzlich die Möglichkeit, unseren eigenen Maßstab zu verändern und damit unser Selbstwertgefühl völlig neu zu bestimmen.

Selbstwertgefühl: Wie kann ich mein Selbstbewusstsein aufbauen und stärken?

Wie wir oben festgehalten haben, ist der Schlüssel der eigene Maßstab mit dessen Hilfe wir uns selbst beurteilen. Doch woher haben wir all die Maßstäbe, die uns sagen, ob wir etwas wert sind, oder nicht? Im Grunde beginnt das Spiel schon in der Kindheit, in der unser Selbstwertgefühl geprägt wird.

Selbstwertgefühl Selbstbewusstsein aufbauen und stärken methodenHier stehen wir in einer fremdbestimmten und unreflektierten Situation. Wir machen die Erfahrung, dass andere über uns urteilen und wir dabei mit vielerlei Maßstäben konfrontiert werden, die wir selbst noch gar nicht verstehen oder reflektieren können.

Durch die ständige Wiederholung von Glaubensätzen, Vorurteilen, Meinungen und "Wahrheiten" legen wir uns ein erstes Set von Maßstäben zu, anhand derer wir uns orientieren. Durch Belohnung und Bestrafung des "richtigen" Verhaltens sollen sich diese fremdbestimmten Vorgaben einprägen.

Wichtig dabei ist, dass unsere ersten Maßstäbe fremdbestimmt und nicht selbst gewählt sind. In diesem Sinne kann man hier nur von "Glück oder Pech" sprechen, ob sie unser Selbstwertgefühl eher aufbauen oder zerstören. Viele nehmen diese Situation, wenn sie erwachsen sind, als "selbstverständlich" hin und lernen nie, sich solche "Glaubenssätze" bewusst zu machen oder durch eigene Gedanken und Urteile zu verändern.

Wer sein Selbstwertgefühl aufbauen und stärken will, sollte sich zuerst klar machen, dass er jederzeit eine echte Wahl hat, die eigenen Maßstäbe zu bestimmen. Keiner kann uns dazu zwingen, K.O.-Botschaften anzuerkennen. Jeder Mensch hat das Recht, seine eigenen Werte und Wertmaßstäbe zu erschaffen und zu leben. Sie entscheiden, ob Sie der Passagier oder Pilot Ihres eigenen Lebens sein wollen.

Wenn Sie sich dieser Wahl – und damit Ihrer eigenen "Selbstmächtigkeit" – gewahr werden, können Sie sich selbstbestimmt verändern. Sie entscheiden, ob Sie sich künftig lieben, kritisieren, bemitleiden oder kleinreden. Aber nur Piloten haben die Fähigkeit sich einen eigenen Kompass zuzulegen und genug Selbstvertrauen ihm auch zu folgen.

Denn Piloten werden geprüft, d. h., wer sich eigene Maßstäbe zulegt, wird recht schnell mit den Überzeugungen, Meinungen und "Wahrheiten" anderer konfrontiert, die alle aus ihrer Perspektive „wissen“, was richtig, wichtig oder angemessen ist. Es mag Menschen geben, die Sie nicht mögen und Ihnen das Gefühl geben, dass Sie nichts wert sind.

Wir haben alle damit angefangen anhand von Werten anderer beurteilt zu werden. Daher ist es Zeit, sich eine eigene Meinung zu bilden und zu lernen, dem eigenen Urteil zu trauen. In diesem Sinne ist "Selbstvertrauen" die Fähigkeit, sich selbst und seinen Urteilen zu glauben. Dies auch dann, wenn andere Ihnen widersprechen, Sie manipulieren, drängen, ärgern oder zwingen wollen, gegen Ihre Werte zu handeln.

Übungen: Selbstwertgefühl aufbauen und stärken

Wer sein Selbstwertgefühl aufbauen und stärken will, sollte sich bewusst machen, welche Urteile, Glaubenssätze oder Meinungen im eigenen Kopf herumschwirren, die das Selbstwertgefühl negativ beeinflussen.

Als Kompass können Sie Ihre negativen Gefühle verwenden. Wenn Sie sich unglücklich, schlecht, ungeliebt, wertlos, lustlos etc. fühlen, ist das ein sicheres Indiz dafür, dass Sie gerade an Ihrem Selbstwertgefühl „herumgebastelt“ haben.

Das Problem ist, dass sich über die Jahre ein Automatismus aufgebaut hat, der quasi unbewusst den Prozess der Selbstbeurteilung übernommen hat. Wir bekommen den Prozess selbst nicht mehr mit, sondern nur noch das Ergebnis – z. B. das "Gefühl nichts wert zu sein".

Mit der Methode des "Selbstgesprächs" können wir die Automatismen aber wieder ans Tageslicht holen. Machen Sie dazu folgende Übung:

Übung Selbstbewusstsein Selbstwertgefühl aufbauen und stärkenGehen Sie an einen Ort, an dem Sie ungestört sind und nehmen sich ausreichend Zeit für Ihr Selbstgespräch. Legen Sie sich z. B. auf eine Couch und schließen Ihre Augen. Stellen Sie sich vor, zusammen mit Ihrem Selbstwertgefühl, in einem gemütlichen Wohnzimmer zu sitzen und sich mit ihm zu unterhalten. Sie können sich dabei Ihr Selbstwertgefühl als Person (Freund, Vater, Onkel) vorstellen – Sie können ihm auch einen Fantasie-Namen geben.

Fangen Sie an, ihm Fragen zu stellen. Fragen Sie beispielsweise, warum es gerade entschieden hat, dass Sie sich schlecht, wertlos, ungeliebt usw. fühlen. Was hat Ihr Selbstwertgefühl dazu bewogen, genau diese Emotion zu wählen? Falls es nicht gleich auf die erste Frage antwortet, formulieren Sie die Frage um, aber hinterfragen Sie immer die Gründe, Motive und die Schlussfolgerungen, die zum aktuellen Gefühl geführt haben.

Wer sich auf ein Selbstgespräch einlässt, wird bemerken, dass das "Selbstwertgefühl" anfängt zu sprechen und Ihnen erklärt, warum es so handelt und entscheidet. Damit bekommen Sie wieder Zugang zum (vorher noch) unbewussten Automatismus. Denn das "Selbstwertgefühl" weiß natürlich ganz genau, warum es so handelt und wie es entscheidet.

Sobald Sie seine Beweggründe verstanden haben, können Sie im zweiten Schritt dazu übergehen mit ihm zu diskutieren (Veränderungsphase) bzw. ihn immer weiter zu hinterfragen.

Hat es Ihnen beispielsweise erklärt, dass es sich wertlos fühlt, weil der Chef es heute kritisiert hat, können Sie es fragen, was seiner Meinung nach den Wert eines Menschen ausmacht. Führt ein Fehler wirklich dazu, dass ein Mensch nichts wert ist? Ist es wichtig, sich für einen Fehler zu schämen oder wäre es nicht schöner sich zu freuen, künftig etwas besser machen zu können?

Wichtig in dieser Phase ist, dass das "Selbstwertgefühl" beginnt von solchen Gesprächen zu lernen. Wenn Sie eine eigene Überzeugung ins Wanken gebracht haben, wird gleichzeitig der Automatismus geschwächt. Können Sie Ihr Selbstwertgefühl gar überzeugen, dass es sich in einem Urteil geirrt hat, können Sie diesen Automatismus sogar neu prägen.

Doch überzeugen meint hier, sich selbst von einer neuen Sichtweise zu überzeugen. Man kann dem Selbstwertgefühl nichts vormachen. Da es ein Teil von Ihnen ist, wird es sich nur dann überzeugen lassen, wenn Sie sich mit Ihrer Argumentation selbst überzeugt haben.

Zur Anwendung der Methode sei noch gesagt, dass alte Überzeugungen – und damit die Meinungen vom "Selbstbewusstsein" oft recht hartnäckig, widerspenstig und stur sein können. Es hat Jahre gebraucht, um sich von Ihren Eltern überzeugen zu lassen und einen Wertmaßstab anzuerkennen. Daher können alte Wertmaßstäbe erst losgelassen werden, wenn Sie ein Verhalten oder eine Entscheidung als "falsch" anerkennen und wissen, welche Alternative Sie haben. Ihrem Selbstwertgefühl und damit Ihnen selbst muss glasklar sein, aus welchen Gründen Sie anders entscheiden sollen.

Zu Ihren Gunsten spricht, dass Ihr "Selbstwertgefühl" positive Absichten hat. Es will Sie dabei unterstützen, das Beste aus Ihrem Leben zu machen. Es will eigentlich helfen, aber es versteht manchmal nicht, dass es genau das Gegenteil bewirkt und mit seiner Wahl nichts besser, sondern eher schlechter macht.

Doch wenn Sie Ihrem Selbstwertgefühl von einer neuen Sicht überzeugt haben, wird es hinter Ihnen stehen und den neuen Standpunkt genauso vehement und tapfer vertreten, wie früher den alten.

Betrachten Sie diesen Artikel als eine Art Resümee oder Selbstreflexion über meine Erfahrungen zu diesem Thema, die ich im Laufe der Jahre gesammelt habe. Ich will hier weder neue "Wahrheiten" verkaufen, noch kann ich mich auf fremde Autoritäten stützen. Letztlich kann ich nur sagen, dass diese Perspektive / Methode bei mir persönlich viel (positiv) verändert hat – meine Selbstbetrachtung heute eine andere – vielleicht selbstbestimmtere – ist.

Falls Sie also meine Anregungen dazu bewegen, über Ihre Maßstäbe neu zu reflektieren, würde ich mich freuen.

Haben Sie den Mut sich selbst und Ihre Maßstäbe in Frage zu stellen. Dann haben Sie auch die Chance sich selbst zu überzeugen, der sein zu dürfen, der Sie sein wollen. Und wer sich selbst überzeugen kann, bestimmt letztlich auch seinen eigenen Wert – sein Selbstwertgefühl.

Viel Erfolg beim Aufbauen und Stärken Ihres Selbstwertgefühls!

Tony Kühn