Reflexion: Wie man Ruhe in sich selbst findet

„Mir wächst alles über den Kopf, die Nerven liegen blank, ich bin k.o.“ Wer kennt diese Sätze nicht? Der Grund ist meist ein Übermaß an Arbeit, Probleme im Beruf oder Privatleben.

Dies ist dann mit dem Verlust an Motivation verbunden, der einen innerlich und äußerlich auspowern kann.

Ruhe in sich selbst findenDie meisten gestehen sich diesen Zustand erst beim Eintreten von physischen und psychischen Alarmsignalen ein. Gegen Erschöpfung hilft allerdings am besten Ruhe. Doch die will erschlossen sein.

Dazu müssen wir die selbst angewandte Strategie der Zerstreuung und Ablenkung verlassen. Denn diese Hilfe ist nur vordergründig. Ruhe ist Rhythmus und Rhythmus schafft dem Leben Raum.

Der in sich ruhende Mensch richtet sich an den beiden grundlegenden Rhythmen des Lebens aus, an Herzschlag und Atemtätigkeit. Beide veranschaulichen ein Geben und Nehmen, ein Arbeiten und Innehalten, ein Aktiv- und Passivsein.

Der Weg zur Ruhe führt über das Innere. Und der Weg nach innen beginnt nicht auf einer fernen Insel, sondern auf der staubigen Straße des Alltags. Zur Ruhe finden wir, wenn wir im Einklang mit dem Urgrund der Welt sind. Gott in allen Dingen suchen, beschreibt ihn am allerbesten.
Zuerst müssen wir uns folgende Frage stellen: „Was belastet mich? Was tue ich, damit ich zur Ruhe komme? Suche ich wirklich Ruhe?“

Wir neigen in Phasen der Überanstrengung, uns mit anderen Formen des Aktivismus zu kurieren – etwa mit Freizeit oder Konsumstress. Nicht Ruhe, sondern Zerstreuung wird gesucht. Und diese Zerstreuung ist wie eine Schmerzpille mit begrenzter Wirkung.

Ruhe erwächst aus einer inneren Haltung. Ruhe suchen und finden heißt, sich in seinen persönlichen Rhythmus einzuschwingen. Denn nur ein gestörter Rhythmus verursacht Unruhe im Leben. Das heißt, wir brauchen eine gewisse Ordnung in uns.

Eine Verschiebung des Gleichgewichts der Pole in uns führt zur Desintegration des Rhythmus. Das gilt bis in die tiefen Schichten des Seins. Dualismus, eine Spaltung ist dann die Folge.
Ein rastloser Mensch hat zum Beispiel das Gespür verloren, dass viele Werte des Lebens nur empfangen und geschenkt werden können. Die aktive Seite in ihm ist so stark, dass er stets den Drang verspürt, etwas leisten zu müssen. So glaubt er sich anerkannt und akzeptiert. Dies kann in gut klingende Motive gekleidet sein – wie etwa Hilfsbereitschaft. Solch ein Leben bleibt an der Oberfläche.

Und da ich nur von dem zu geben vermag, was ich bereits in mir trage oder zu empfangen bereit bin, schreitet die Desintegration so weit voran, bis die große Leere aufbricht. Diese Spaltung in uns führt zur Polarisierung der inneren Kräfte. Als negative Gegenkräfte treten sie dann gegen das eigene Selbst auf. Negative Gedanken, Neid, Arroganz, Gier, Geiz und Lustlosigkeit wachsen in uns und halten uns in steter Unruhe.

Finde Ruhe in dir selbstAber nur in tiefen (menschlichen) Begegnungen lernen wir die Erfahrung von Schönem und die Fähigkeit zum Staunen. Über unsere Sinne will die Natur mit uns kommunizieren. Sie will uns ihre ungeheure Vielfalt an Farben, Düften, Geräuschen und Klängen übermitteln. Sie will uns schmecken und tasten lassen, die Farbenpracht einer Blüte, die Stimme eines Vogels oder das Rauschen des Windes aufzeigen.

All das ist für uns da, es ist ein Geschenk. Das gilt ebenso für die kleinen unsichtbaren Dinge des Lebens. Sie sind Geschenke. Unruhige Geister nehmen dies alles nicht wahr. Sie sind geneigt, es als selbstverständlich zu betrachten.

Aber die Begegnung mit der Natur reinigt und heilt uns. Wenn wir uns kindlich der Natur öffnen, dann „machen“ wir nicht mehr, sondern wir empfangen, wir lassen an uns geschehen. Wir werden geführt. Öffnung macht uns sensibel und lässt die Haltung der Dankbarkeit und Ehrfurcht wachsen.

Wenn unser Leben von Dankbarkeit erfüllt ist, wächst die Haltung des Anschauens. Doch es meint nicht analysieren, dann wäre es wieder ein aktives Verhalten, ein Vergleichen, Urteilen und Beurteilen.

Anschauen meint hier, dass die Dinge und die Ereignisse so sein dürfen, wie sie sind. Wir sind damit ganz und gar aufnahmebereit, einfach da und gegenwärtig, wir weilen im Augenblick. Wenn wir ständig in Bewegung sind, gleichen wir einem Fluss, dessen Wasser ständig in Bewegung ist. Doch erst, wenn eine Wasseroberfläche ruhig ist, können wir auf den Grund schauen, in uns und Ruhe finden.

Tipp: Den Stressor, der am tiefsten sitzt, kann derjenige ausschalten, der für sich die Antwort auf die Frage findet: „Wo werde ich die Ewigkeit zubringen?“

Doreen Anette Ullrich