Lesekompetenz Kinder: „Vorlesen lernen“ für Eltern

Die Lesekompetenz von Kindern kann durch Vorlesen schon früh gefördert werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass bereits ein tägliches Vorlesen von 20 Minuten, die sprachliche Kompetenz der Kinder deutlich steigern kann.

Richtig vorlesen lernen

Doch Geschichten leben von der Art „wie sie erzählt werden“. Wie Sie Kindern Geschichten spannend und interessant vorlesen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Nicht nur die PISA-Studie hat gezeigt, dass eine schlechte Lesekompetenz große Nachteile für Kinder und Jugendliche hat. Heute haben etwa 20% der Jugendlichen mit 15 Jahren große Probleme Texte lesen und verstehen zu können.

Eltern vorlesen lernen

In meinem Artikel „Lesekompetenz bei Kindern durch Vorlesen fördern“ habe ich bereits erläutert, dass die Neigung bzw. Abneigung zum Lesen bereits früh in der Kindheit geprägt wird.

Dabei wirken sich schon etwa 20 Minuten vorlesen sehr positiv auf die sprachliche Entwicklung des Kindes aus. Es geht also nicht darum als Elternteil viel Zeit zu investieren, sondern die Zeit sinnvoll mit dem Kind zu verbringen, auch wenn sie knapp sein sollte.

Da die positiven Wirkungen des Vorlesens auf die Lesekompetenz bereits beschrieben wurden (im oben angegebenen Artikel), geht es hier darum, wie Sie das Vorlesen zu einer spannenden Angelegenheit für das Kind und sich selbst gestalten. Denn letztlich wird das Kind nur die Dinge als Verhaltensgewohnheiten in seinem Leben übernehmen, von denen es begeistert ist. Worauf sollten Sie beim Vorlesen achten?

Vorlesen lernen: Tipps für Eltern

1. Schaffen Sie eine gute Vorlese-Atmosphäre

Achten Sie auf die richtige Atmosphäre. Es sollte ruhig sein – kein Fernseher oder Musik sollte das Vorlesen stören. Überlegen Sie sich, wo Sie vorlesen, auf dem Sofa, in einer Betthöhle oder einer extra hergerichteten Vorleseecke mit Schaukelstuhl oder einem Sessel.

Überlegen Sie sich, wann Sie vorlesen wollen. Ein ritualisiertes Vorgehen ist hier von Vorteil. Dafür können die unterschiedlichsten Zeiten für das Vorlesen angemessen sein, z. B. vor dem Zubettgehen, vor dem Mittagsschlaf oder nach dem Abendessen. Behalten Sie diese Zeit(en) bei.

Statten Sie die Wohnung entsprechend aus. Schenken Sie Ihrem Kind ein eigenes Bücherregal. Lassen Sie es so schnell wachsen, wie auch Ihr Kind wächst. Gute Leser haben ein Regal, aus dem sie wählen können. Richten Sie feste Plätze in der Wohnung ein, an denen Lesematerial von allen abgelegt werden kann. So sind Bücher oder Zeitschriften immer griffbereit und werden zu einer Selbstverständlichkeit im eigenen Leben.

2. Fördern Sie den Spaß am Vorlesen

Behalten Sie den Spaß auch dann noch im Blick, wenn Schwierigkeiten auftreten sollten. Wenn Ihr Kind beispielsweise quengelt oder schnell unruhig wird, beginnen Sie mit 5 Minuten vorlesen. Zwingen Sie Ihr Kind nicht zuzuhören.

Es soll Spaß, Interesse und Freude am Vorlesen entwickeln. Vielleicht ist es in seiner Konzentration noch nicht so geübt und muss schrittweise herangeführt werden. Gut geeignet sind hier kurze, abgeschlossene Geschichten, die zu einem guten Ende führen. Wenn die Geschichte etwas länger ist, erfinden Sie einen geeigneten Abschluss, um das nächste Mal wieder daran anknüpfen zu können.

Vorlesen lernen Kinder

Beziehen Sie Ihr Kind beim Vorlesen mit ein. Lassen Sie es die Seiten des Buchs umblättern, stellen Sie ihm Fragen zur Geschichte, z. B. „Denkst du, dass die kleine Marie den Sprung von der Mauer schafft?“, oder auch zum bisherigen Geschehen.

Lassen Sie Ihr Kind, Verse oder Reime wiederholt mitsprechen (oder erfinden Sie eigene – das steigert auch Ihre Kreativität). Solche Methoden helfen Kindern, beim Thema zu bleiben.

Wählen Sie Bücher, die Ihnen selbst gefallen. Wenn Sie eine Geschichte ablehnen, wird das Ihr Kind merken. Hilfreich ist es Vorlesen zu üben, damit man bei Lesen sicher wird und weitere spannende Elemente (Stimmausdruck, Gesten, Mimik etc.) einbauen kann.

Wenn Ihr Kind zwar gerne etwas vorgelesen bekommt, aber nicht gerne selbst liest, wählen Sie ein besonders spannendes Buch aus. Lesen Sie ihm einen Teil daraus vor – und pausieren Sie dann. Wenn Ihr Kind wirklich neugierig ist, dann wird es von sich aus wissen wollen, wie die Geschichte weiter geht.

So kann man auch manche „Lesefaulen“ überlisten. Lesen sollte niemals als Strafe eingesetzt werden oder als Strafandrohung kommuniziert werden.

3. Wählen Sie geeignete Bücher

Wenn Sie nicht genau wissen, ob eine Geschichte für Ihr Kind geeignet ist (z. B. Buch ohne Altersangabe), achten Sie auf das Alter der Hauptperson(en), von denen in der Geschichte die Rede ist.

Stimmt das Alter überein, dürfte die Geschichte für Ihr Kind auch geeignet sein. Achten Sie bei der Auswahl des Buches auf die Interessen des Kindes. Manche Kinder finden auch Sachbücher – oder Bücher zu einem Lieblingsfilm – spannend.

Wenn Ihr Kind alt genug ist, lassen Sie es seinen Vorlesestoff selbst wählen. Damit unterstützen Sie sein Interesse, gehen aber auch auf seine Stimmung ein. Kinder werden den Lesestoff auswählen, den sie gerade brauchen. Gehen Sie mit Ihrem Kind in die Bibliothek – zeigen Sie ihm die Orte der Bücher. So kann es sich seine Bücher selbst aussuchen. Damit schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe: große Auswahl – kleiner Geldbeutel.

4. Nehmen Sie sich genügend Zeit zum Vorlesen

Es geht nicht darum, eine Pflicht „hinter sich zu bringen“. Das wird Ihr Kind schnell merken und die Lust am Zuhören verlieren. Kinder haben ein anderes Zeitempfinden als Erwachsene. Berücksichtigen Sie daher, etwas mehr Zeit einzuplanen, auch nachdem die Geschichte schon zu Ende ist. Denn oft haben Kinder noch Fragen, die ihnen auf der Seele brennen.

Vorlesen ist Interaktion! Lassen Sie es zu, dass Ihr Kind Fragen stellt und Sie unterbricht. Denn es soll ja nicht darum gehen, einen Text monoton herunterzulesen, sondern daraus ein spannendes Erlebnis zu machen. Fördern Sie den Dialog!

Machen Sie eine Pause, wenn Ihr Kind das will. Es kann sein, dass es zurückblättern will oder noch einem Gedanken nachhängt. Es wird Sie auffordern weiterzulesen, wenn es so weit ist.

Nutzen Sie auch Alltagssituationen, um Ihrem Kind Geschichten frei zu erzählen z. B. während des Kochens oder des Abwaschens. Erzählen Sie ihm Geschichten, die Sie selbst geliebt haben, oder Erfahrungen, die Sie prägten. Geübte Geschichtenerzähler werden irgendwann eigene Geschichten erfinden.

5. Lesen Sie selbst

Ein Vorbild kann nur vorgelebt werden. Wer seine Kinder sprachlich zum Lesen auffordert und stundenlang vor dem Fernseher sitzt, wird sie nicht überzeugen können. Entdecken Sie die Leidenschaft fürs Lesen selbst, wenn das nicht schon der Fall ist. Es gibt eine so große Auswahl an guten Büchern – lassen Sie sich beraten oder besuchen Sie eine Bibliothek.

Variieren Sie bekannte Geschichten – ändern Sie sie leicht ab. Normalerweise finden das vor allem ältere Kinder spannend. Das Unerwartete fesselt ihre Aufmerksamkeit und regt zu Fragen und zum Mitdenken an.

Lassen Sie sich auf die Geschichte ein, die Sie vorlesen. Lassen Sie eigene Gefühle zu. Trauen Sie sich Ihre Stimme zu verändern, je nach Charakter der Figur, von der die Geschichte erzählt. Kinder finden das toll und überhaupt nicht peinlich. Kinder werden Sie imitieren, was sehr lustig werden kann.

Auf einen Blick

Damit kommen wir zum Ende dieses Artikels. Denken Sie immer daran: für eine gute Lesekompetenz des eigenen Kindes zu sorgen, beginnt nicht beim Kind, sondern immer bei sich selbst.

Weiterhin könnte auch unser Artikel „Die Kunst Geschichten für Kinder zu erzählen …“ für Sie interessant sein!

Ich wünsche Ihnen viel Spaß und Freude beim Vorlesen, beim Entdecken spannender und unbekannter Sichtweisen und Welten mit Ihrem Kind!

Cassandra B.