Die Kunst Geschichten für Kinder zu erzählen …

Es gibt einfache Mittel unseren Kindern beizubringen, sich auf ein Thema einzulassen, hinzuhören und mitzudenken. Eine Möglichkeit ist das Erzählen von spannenden Geschichten. In dem folgenden Artikel finden Sie viele Anregungen und Tipps, wie man Kinder von einer Geschichte begeistern kann.

Kinder lieben gut erzählte Geschichten

„Es war einmal …“– wer kennt den klassischen Einstieg in ein Märchen nicht von Kind an. Sich anlehnen und zuhören, der Fantasie freien Lauf lassen, Bilder sehen die der eigenen Imagination entspringen.

Geschichten erzählen für Kinder Tipps

Ob vorgelesene Geschichte oder frei erzähltes Märchen, wer hat die gemeinsame Zeit mit den Eltern oder Großeltern nicht genossen, die Höhen und Tiefen der Helden mit durchlebt, Angst vor Drachen oder Freude über den Sieg des Prinzen empfunden.

Das ist heute nicht anders als früher. Gerade als Ausgleich zum Überangebot an Bildern aus Fernsehen, Werbung, Magazinen und Computerspielen für Kinder heute noch wichtiger als vor wenigen Jahren.

Märchen für Kinder

Die Tradition des Märchen- und Geschichtenerzählens ist alt, die klassischen Märchen wurden an die jüngere Generation weitergegeben, dadurch auch Werte und Gesellschaftsverständnis.

Die Klassiker können grob in Volks – und Kunstmärchen eingeteilt werden. Die bekanntesten Volksmärchen sind wohl die der Gebrüder Grimm, die bekannterweise auf ihren Reisen die Erzählungen des Volkes niederschrieben. Anders die Kunstmärchen von z.B. Hauff oder Andersen, welche aus deren eigener Feder kommen.

Mittlerweile gibt es viel Auswahl, von den klassischen Märchen angefangen bis zu neu verfassten Geschichten für jede Altersgruppe, aufgeteilt in verschiedenste Themenbereiche, für jeden ist etwas Passendes dabei.

Erstaunlicherweise hat sich in den letzten Jahren ein neuer Berufszweig etabliert, der des Geschichten- bzw. Märchenerzählers. Das liegt nicht nur am Anspruch der Eltern ihre Kinder für eine Weile unterhalten zu lassen, sondern ist auch daran, dass viele Eltern keine guten Geschichten mehr erzählen können. Sie wissen nicht wie eine Geschichte für Kinder vorgelesen oder erzählt werden soll.

Es spielt keine Rolle, ob es sich um eine frei erfundene Geschichte, ein klassisches Märchen oder ein vorgelesenes Buch handelt, mit wenig Aufwand können Eltern selbst ebenso gut Kinderaugen zum Leuchten bringen wie jeder professionelle Märchenerzähler.

Im Folgenden wird von einem Vorlesendem ausgegangen, was aber auch freie Erzähler nicht davon abhalten soll das Eine oder Andere zu übernehmen.

Geschichten erzählen: Tipps für Märchenerzähler

1. Figuren gewinnen an Eigenleben, wenn sie ihrem Charakter nach stimmlich ausgedrückt werden. Eine zarte Elfe oder Fee hat eine feine Stimme, der stolze Ritter eine tiefe, ein schlechtgelaunter Zwerg eine nörgelige, der Prinz welcher eine Prinzessin umgarnt eine schmeichelnde Stimme.

2. Pausen sind an bestimmten Stellen wichtig. Sie fesseln das Kind an das Geschehen, mit Neugier wird die weitere Handlung erwartet. Pausen können einen Atemzug lang sein, wenn der Text selbst kurz vor einem Höhepunkt steht, oder etwas länger nach einem aufregendem Geschehen, um dem Kind die Möglichkeit und Zeit zu geben das eben Gehörte zu erfassen und in inneren Bildern nachzuvollziehen: („Er rannte auf den Drachen zu, machte einen großen Satz…(kurze Pause)…und landete mit einem lauten Platsch auf dessen Kopf!“…(längere Pause)

3. Um den Spannungsbogen zu halten, können einzelne Sätze oder sogar kurze Passagen je nach Inhalt schneller oder langsamer vorgelesen/erzählt werden: Die Heldin hastet (schnell) eine lange Wendeltreppe nach oben oder es schleicht jemand (langsam) durch den Gang einer geheimnisvollen Höhle.

4. Dem Inhalt nach können Textstellen auch laut und leise gelesen werden. Eine Geschichte mit immer gleichbleibender Lautstärke wirkt auf Dauer langweilig, wenn aber eine nächtliche Szene leise gelesen wird, oder ein Marktschreier lauthals seine Waren anpreist erhöht das den Erlebnis – und Spaßfaktor.

5. Kleine in der Geschichte beschriebene Handlungen wie Seufzen, Gähnen, Luft anhalten oder „erleichtertes Ausatmen“ können vom Erzähler oder Leser selbst mit eingebaut werden, das Miterleben des Kindes wird dadurch deutlicher, wenn es nicht nur erzählt bekommt, dass der Held vor Müdigkeit gähnt, sondern das Gähnen selbst hört. Auch Kopfschütteln, Augen aufreißen, Stirn runzeln oder Kichern kann leicht mit eingeflochten werden.

6. Von Zeit zu Zeit aufgenommener Blick- und Augenkontakt zum Kind sichert das Verstehen und Erleben, gewährleistet die gegenseitige Aufmerksamkeit und ermöglicht, sollte ein Wort oder eine Begebenheit vom Kind nicht verstanden werden, für eine Erklärung kurz zu unterbrechen. Danach sollte der letzte Satz wiederholt werden, um wieder in das Geschehen einzusteigen.

7. Grundsätzlich sollte jede Geschichte vor dem Vorlesen gelesen werden. Ist der Handlungsablauf bekannt, fällt es um so leichter die Spannung zu erhöhen, lustige Passagen nachwirken zu lassen oder bestimmte Begebenheiten zu untermalen.

8. Durch Vorkenntnis des Textes ist es auch möglich zu heftige Beschreibungen anders zu formulieren oder einen Ablauf mit eigenen Worten auszudrücken. Der Vorleser wird vom Text nicht während des Lesens unliebsam überrascht und kommt nicht in die Verlegenheit eine Geschichte vielleicht sogar unterbrechen zu müssen.

9. Eine Geschichte vorzutragen beinhaltet immer eine Wechselwirkung zwischen dem Erzähler und dem Zuhörer. Je mehr Eigenkreativität vom Erzähler eingebracht wird, je lebendiger und bunter die Erzählform, desto faszinierter wird dem Dargebrachten gefolgt, das Gehörte bekommt mehr Eigenleben und wird nicht selten zu einem lang anhaltendem Erlebnis.

Als Erwachsener wieder das innere Kind sprechen zu lassen ermöglicht das Eintauchen mit dem Kind in eine gemeinsame Phantasiewelt – und wer befreit schon gerne Drachen, Elfen und Schätze alleine?

„Mir, mir Armem war mein Büchersaal als Herzogtum genug.“

William Shakespeare, Der Sturm

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Viel Spaß und Freude beim Vorlesen – und natürlich Zuhören!!

Susanne Guckenberger