Lesekompetenz bei Kindern durch Vorlesen fördern

Lesekompetenz ist eine der wichtigsten Fähigkeiten der heutigen Menschen. Doch Lesen und Verstehen fallen niemandem in den Schoß. Die Lust am Lesen kommt nicht von alleine. Wer die Lesekompetenz seines Kindes fördern will, kann selbst aktiv dazu beitragen, das Interesse des Kindes an Texten zu wecken.

Lesekompetenz und Lesen heute

Je früher die Weichen in der Kindheit gestellt werden, desto besser wirkt sich das auf die künftige Lesekompetenz von Kindern aus. Was Lesekompetenz in der heutigen Zeit ist, welche positiven und negativen Wirkungen sie hat und wie sie durch Vorlesen gefördert wird, erfahren Sie in diesem Artikel.

Lesekompetenz Vorlesen für Kinder

Leider wird das Lesen in der heutigen Zeit immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Wir sehen lieber fern oder hören Radio und Hörbücher, um uns zu informieren oder zu unterhalten. Spannende Geschichten werden nicht mehr gelesen, sondern man leiht sich Filme in der Videothek oder online.

Es wird uns leicht gemacht uns zu berieseln oder an Informationen zu kommen, die über Bild und Sprache leicht verdaulich aufbereitet sind. Dabei verlernen wir selbst zu denken – selbst zu lernen, wie ein Inhalt verstanden werden kann.

Wenn wir diese Gewohnheiten an unsere Kinder weitergeben, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn deren Lesekompetenz nicht gefördert wird.

Lesekompetenz und die Pisa-Studie

Man mag von der PISA-Studie halten, was man will, doch ein Ergebnis sollten wir wirklich ernst nehmen: die abnehmende Lese-Kompetenz unserer Kinder und Jugendlichen.

Lesekompetenz bei Kindern fördern

Getestet wurde in der PISA-Studie die Jahrgangsstufe 9, also Jugendliche um die 15 Jahre. Etwa 20 % der Jugendlichen haben eine extrem schwache Lesekompetenz. Diese Gruppe wird als Risikogruppe angesehen.

Um noch einige Zahlen zu nennen: Eine Umfrage deutscher Schüler ergab, dass 42 % angaben, nicht aus Vergnügen zu lesen. Diese Zahl wird von keinem der anderen Länder übertroffen.

Weiterhin wurde vielen Kindern in ihrer frühen Kindheit so gut wie gar nicht vorgelesen. Es gibt immer mehr Familien, die keine Bücher mehr aufschlagen. Die Leselust hat in Deutschland insgesamt abgenommen – in den letzten Jahren um die 50 %.

Was wird unter Lesekompetenz verstanden?

Unter Lesekompetenz versteht man:

  • das Lesenkönnen von Texten (Lesegeschwindigkeit),
  • Kernaussagen des Textes zu verstehen,
  • die Absicht des Textes zu erfassen (Ziel),
  • die formale Struktur eines Textes zu verstehen,
  • das Einordnen von Texten in einen größeren Bedeutungszusammenhang,
  • Nutzung der Inhalte des Textes für unterschiedliche (persönliche) Zwecke.

Damit wirkt sich die Lesekompetenz nicht nur auf persönliche Ziele aus, sondern wird zu einer entscheidenden Voraussetzung, die Fähigkeiten und Fertigkeiten, das Wissen und Können in allen Bereichen des eigenen Lebens weiterzuentwickeln.

Jede Art des selbstständigen Lernens hängt untrennbar mit einer guten Lesekompetenz zusammen. Nur ein Mensch, der seine Lesekompetenz entwickelt, wird am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.

Was bewirkt eine schlechte Lesekompetenz?

Eine schlechte Lesekompetenz wirkt sich negativ auf wichtige Bereiche unseres Lebens aus:

  • Rechenaufgaben nicht verstehen und lösen zu können, wirkt sich direkt auf einen sorgsamen Umgang mit Geld aus – die Gefahr, z. B. Schulden zu machen, steigt;
  • Schwierigkeiten sich in der Umwelt zurechtzufinden, Unsicherheit – wer Texte nicht ausreichend versteht, kann sich schlecht orientieren;
  • Desinteresse an gesellschaftlich-politischen Themen;
  • Unverständnis für naturwissenschaftliche Fragen;
  • Schwierigkeiten das Geschehen in der Welt zu erfassen und zu begreifen;
  • Probleme etwas schriftlich zu formulieren – z. B. Bewerbungsschreiben, Anträge ausfüllen oder Briefe schreiben;
  • mangelhaftes Allgemeinwissen – mangelhafte Bildung;
  • Schwierigkeiten sich selbst oder die Umwelt, auch andere Menschen, kritisch zu reflektieren;
  • mangelnde Sprachkompetenz – Kommunikationsprobleme im beruflichen oder familiären Umgang mit anderen Menschen;
  • Der Inhalt von Verträgen (Wohnungs-, Arbeits-, Spar-, Kaufvertrag etc.) werden nicht oder falsch verstanden.
Problem Lesekompetenz fördern

Das sind nur einige von vielen möglichen Auswirkungen, die eine mangelnde Lesekompetenz nach sich ziehen kann. Die Beispiele sollen deutlich machen, dass sich die Lesekompetenz auf alle Bereiche unseres Lebens auswirkt. Doch was können Eltern tun, um positiv auf die künftige Lesekompetenz ihres Kindes einzuwirken?

Warum ist Vorlesen so wichtig?

Die Fähigkeit zu lesen, beginnt beim Vorlesen in der Kindheit. Hier können Eltern die Begeisterung für Bücher, die Neugierde auf Texte, andere Gedanken, Menschen oder Weltbilder wecken. Je früher Sie damit anfangen, desto besser. Bücher gibt es für jedes Alter – vom Bilderbuch für Kleinkinder bis zu Märchen und Fantasieerzählungen für Schulkinder.

Lesekompetenz fördern Kindern Bücher vorlesen

Kinder sind darauf angewiesen neue Erfahrungen von den Eltern vermittelt zu bekommen. Vorlesen ist ein guter Anfang, die Kinder für Texte zu begeistern.

Die Erkenntnis ist alt: Eltern sind die Vorbilder ihrer Kinder. Wenn Eltern regelmäßig lesen (und vorlesen) wecken sie so das Interesse des Kindes an Büchern und am selbstständigen Lesen.

Hier gilt: Je öfter Sie Ihrem Kind etwas vorlesen, desto besser! Da Kinder leicht an bestimmte Tagesabläufe zu gewöhnen sind, können Vorlesezeiten im Alltag gut eingebaut werden. Ist das Kind erst einmal begeistert, wird es im Laufe der Zeit darauf bestehen, vorgelesen zu bekommen. Damit können Sie eine Gewohnheit – regelmäßig zu lesen – etablieren, was wichtig für den künftigen Umgang Ihres Kindes mit Büchern ist.

Dabei ist es – gerade bei Kleinkindern – völlig in Ordnung ein Buch wiederholt zu lesen. Ihr Kind wird sogar darauf bestehen. Es will den Inhalt der Geschichte oder des Märchens gerne mehrmals hören.

Wenn Sie Variationen beim Vorlesen einbauen, wird Ihr Kind Sie darauf aufmerksam machen. Solche Geschichten prägen sich ein und geben Anlass, Fragen an die Welt zu stellen. Und solche Fragen sind die Basis, die Neugier des Kindes für eine noch unentdeckte Welt zu entflammen.

Lesekompetenz: Vorlesen hat viele positive Wirkungen

1. Vorlesen festigt den sozialen Kontakt
Der Vorlesende baut eine enge, intime Bindung zum Kind auf. Er schenkt dem Kind Aufmerksamkeit, sein Wohlwollen und Geborgenheit. Hinzu kommt, dass während des Vorlesens oft gekuschelt, ein körperlicher Kontakt gewünscht wird.

2. Vorlesen stärkt die emotionale Bindung
… des Kindes mit dem Vorleser. Die dabei entstehenden Gefühle der Erzählung werden gemeinsam durchlebt.

3. Mit dem Vorlesen machen Kinder andere Erfahrungen
… die sie im Alltag so nicht machen können. Es handelt sich nicht nur um soziale oder emotionale, sondern auch um intellektuelle Erfahrungen. Beispielsweise, wenn Sie Fragen zur Geschichte stellen und Ihr Kind sie zu beantworten versucht. Auch die Geschichte nachzuspielen – oder ein Bild davon zu malen – erweitert den Horizont.

4. Vorlesen fördert das Interesse des Kindes
… einen Inhalt zu vertiefen. Speziell das wiederholte Lesen einer Geschichte hilft dem Kind zu lernen, wie man einen Inhalt vertieft. Es lernt mehrere bzw. auch unterschiedliche Perspektiven zu einer Sache kennen.

5. Vorlesen erhöht die Sprachkompetenz Ihres Kindes
Vorlesen vergrößert den Wortschatz. Die Regeln der Sprache werden vermittelt und verschiedene Formen der Sprache veranschaulicht. Es gibt schöne Gedichte und Reime, die Ihr Kind gerne auswendig lernen wird und damit den Rhythmus der Sprache entdeckt. Solche Einblicke in die Sprache kann ein alltägliches Gespräch nicht liefern. Untersuchungen haben ergeben, dass sich schon eine Viertelstunde täglichen Vorlesens erkennbar auf die Sprachentwicklung des Kindes auswirkt.

6. Vorlesen regt die Fantasie Ihres Kindes an
Es muss sehr aktiv werden, um das Gehörte in innere Bilder umzusetzen – es schult seine Vorstellungskraft. Auch seine Ausdrucks- und Kommunikationsvermögen werden so geschult und erweitert.

7. Vorlesen fördert die Konzentration
Achten Sie je nach Alter Ihres Kindes darauf, dass Sie es nicht überfordern. Ihr Kind wird Ihnen deutlich zu verstehen geben, wenn es vom Vorlesen genug hat.

8. Vorlesen hat Orientierungscharakter
In einer Geschichte werden Verhaltensweisen beschrieben und vorgelebt, die sich Ihr Kind zu eigen macht. Auch Märchen und Fantasiegeschichten erfüllen diesen Zweck sehr gut, da dort das Gute und Böse scharf getrennt sind. Das Kind kann sie eindeutig identifizieren und sich daran orientieren.

9. Vorlesen erhöht den Horizont Ihres Kindes
Es regt das Kind an, Bücher als wertvolle Quelle der eigenen Unterhaltung und Information zu nutzen. Wer liest, weiß mehr! Nur wer eine gute Lesekompetenz entwickelt, kann sein Leben lang lernen.

Lesekompetenz bei Kinder durch Bücher fördern

Anhand der beschriebenen Vorteile des Vorlesens dürfte klar werden, dass Fernsehen (oder Hörbücher) kein äquivalenter Ersatz sein kann. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass Sie auf andere Medien verzichten sollten. Aber anderen Medien sollte ein eigenständiger Raum gegeben werden.

Vor allem älteren Kindern sollten durchaus Hörbücher zur Verfügung gestellt werden. Diese müssen nur dem Alter des Kindes angemessen sein. Ein Ersatz für das Vorlesen sind andere Medien jedoch nicht! Vorlesen ist sogar dann noch sinnvoll, wenn das Kind bereits lesen kann.

Warum ist das so wichtig? Beobachten Sie sich selbst: Sie lesen diesen Artikel, ohne sich über die Buchstaben, den Satzbau etc. Gedanken zu machen, d. h. Sie können mich hier (hoffentlich) völlig problemlos verstehen. Es kostet Sie kaum Anstrengung oder Mühe, weil Sie die Kompetenz des Lesens völlig verinnerlicht haben.

Flüssiges Lesen muss trainiert werden. Kinder müssen sich in den ersten Jahren noch sehr stark konzentrieren – sie können noch nicht flüssig lesen und gleichzeitig den Inhalt erfassen. Motivieren Sie Ihr Kind, indem Sie ihm weiterhin vorlesen, ansonsten wird es das Interesse am Selbstlesen schnell verlieren.

Kleiner Tipp: Lesen Sie die einzelnen Punkte zu den Wirkungen des Vorlesens noch einmal durch, aber beziehen Sie die Vorteile diesmal auf sich selbst. Denn die beschriebenen Vorteile kommen auch Ihnen zugute.

Vorlesen braucht keine Zeit, die Sie für Ihr Kind opfern – es ist die Zeit, die Sie für sich selbst nehmen! Es ist die Zeit, die Sie sich selbst und Ihrem Kind schenken!

Wenn Sie diese Argumente überzeugt haben, können Sie sich in unserem Artikel „Lesekompetenz Kinder: Tipps zum Vorlesen für Eltern“ praktische Tipps holen, wie Sie das Vorlesen spannend gestalten können.

Weiterhin könnte auch unser Artikel „Die Kunst Geschichten für Kinder zu erzählen …“ für Sie interessant sein!

Viel Erfolg beim Fördern der Lesekompetenz Ihres Kindes!

Cassandra B.