Aktives Paraphrasieren: Erfolgreich Probleme erkennen

Viele Problemgespräche lassen sich leichter führen, wenn man dem anderen durch Paraphrasieren zeigt, dass man ihn wirklich verstehen will. Insofern ist aktives Paraphrasieren ein wichtiges Werkzeug, um in Konfliktsituationen erfolgreich Probleme gemeinsam zu lösen.

Was meint Paraphrasieren?

Im Artikel „Paraphrase: Paraphrasieren lernen leicht gemacht“ haben wir bereits die Grundlagen erklärt, daher folgt hier nur eine kurze Zusammenfassung.

aktives Paraphrasieren Problemgespräche führen

Paraphrasieren heißt, eine Aussage des Gesprächspartners mit anderen Worten wiederholen. Wir können auch sagen, es ist eine Art „Inhaltsangabe“ dessen, was der Zuhörer als Mitteilung verstanden hat.

Wenn Sie paraphrasieren, dann geben Sie das, was Sie von Ihrem Gesprächspartner verstanden haben in eigenen Worten wieder. Insofern ist die Paraphrase ein wichtiges Feedback an den Gesprächspartner, wie beim Zuhörer das „Gemeinte“ ankommt.

Paraphrasieren – eine Brücke zum Verstehen

Wie Sie schon aus diesen Gedanken zum Paraphrasieren ersehen können, geht man davon aus, dass zwischen der „gemeinten“ Mitteilung des Sprechers und der „verstandenen“ Mitteilung des Zuhörers ein mehr oder minder große Differenz bestehen kann.

Dieser Unterschied kommt in der Kommunikation recht häufig vor – im Volksmund spricht man daher davon „aneinander vorbeizureden“ – von einem Missverständnis. Missverständnisse können viele verschiedene Ursachen haben. Beispiele hierfür sind …:

  • der Zuhörer hört nicht richtig zu (versteht das Gesagte nicht oder nicht richtig)
  • der Zuhörer „weiß schon was der andere sagen will“ (er will die Mitteilung gar nicht verstehen)
  • der Sprecher drückt sich umständlich aus (der Zuhörer fragt sich, was an dem langen Monolog die eigentliche Botschaft sein soll)
  • der Sprecher drückt sich zu allgemein aus (da konkrete Mitteilungen fehlen, kann der Zuhörer nur „halluzinieren“, auf welchen Punkt der Sprecher hinaus will)
  • Der Sprecher deutet die Botschaft nur an ( der Zuhörer muß „Gedankenlesen“, d.h. selbst versuchen die lückenhaften Andeutungen in eine vollständige Botschaft zu übersetzen)

… usw., um einige Ursachen für Mißverständnisse aufzuzeigen.

Verstehen ist ein Prozess

Machen Sie nicht den Fehler zu glauben, dass alle Menschen sie selbstverständlich verstehen oder gar die Ursache einer fehlgeschlagenen Kommunikation immer „bei den Anderen“ zu suchen.

Zu einem Dialog gehören immer zwei Kommunikationspartner. Selbst wenn sie als Spezialist eine wohlgeformte Sprache sprechen (und gut verstanden werden), ist das noch keine Garantie dafür, dass Sie sich auch in einer Beziehung über Ihre Gefühle, Wünsche und Probleme ebenso verständlich äußern.

Die Wissenschaft spricht noch eine relativ präzise Sprache, während aber in Beziehungen – in denen es auch um persönliche Gefühle, Stimmungen, Befürchtungen usw. geht – die häufigsten Kommunikationsprobleme auftreten. Gefühle oder Stimmungen kann man nicht „technisch exakt“ ausdrücken, man kann sie nur umschreiben – in Analogien und Metaphern kleiden – man muss sein Gegenüber kennen, damit man überhaupt versteht, was gemeint sein könnte.

Eine Methode den Partner im Gespräch kennen und verstehen zu lernen ist die Paraphrase. Ich will Ihnen eine Erweiterung dieser Methode näherbringen, die ich „Aktives Paraphrasieren“ nenne.

Was meint „aktives Paraphrasieren“?

Aktives Paraphrasieren bedeutet, dass Sie etwas in überzogener Weise wiedergeben. Wenn Sie aktiv paraphrasieren, dann drücken Sie das, was Sie von Ihrem Gesprächspartner verstanden haben, in Extremen aus.

Ein Beipiel:

  • Albrecht sagt: „Mann, war das toll gestern als mich meine Kollegin zum Essen eingeladen hat!“
  • Beate paraphrasiert: „Du meinst, es gibt nichts Schöneres in Deinem Leben, als dass Deine Kollegin Dich zum Essen einlädt?“

Beate hat so den Satz ins Extrem getrieben. Die Methode ist dann sinnvoll, wenn Sie genau die Grenzen der Bedeutung der Mitteilungen Ihres Gesprächspartners ausloten wollen. Dein Partner wird Sie bei diesen extremen Formulierungen eher korrigieren. Bei der Anwendung der „aktiven Paraphrase“ empfehle ich Ihnen Ihren Gesprächspartner über die Methode zu informieren, sonst deutet er Ihre Paraphrase fälschlicherweise als „Angebot für ein Streitgespräch“.

Wofür ist aktives Paraphrasieren nützlich?

Unsere Alltagssprache ist nicht sehr genau und hat immer mehrere Interpretationsmöglichkeiten. D.h. es kann sein, dass Sie bei einer einfachen Paraphrase Zustimmung von Ihrem Partner bekommen. Aber nicht, weil Ihre Worte seine „gemeinte“ Bedeutung beschreiben, sondern weil sie wegen der Allgemeinheit stimmig „erscheinen“. Wenn Sie Ihren Partner überzogen paraphrasieren, dann werden ihm unpassende Beschreibungen eher auffallen. Es geht nicht darum, irgendwelche Extreme zu finden, sondern welche, die Sie selbst im Rahmen des „Gemeinten“ vermuten.

Übung zum aktiven Paraphrasieren

Setzen Sie sich zu zweit oder in einer Dreiergruppe gegenüber. A redet über ein beliebiges Thema, B paraphrasiert aktiv (und C ist der Metabeobachter, der darauf achtet, dass alles richtig gemacht wird).

  • A beginnt ein Thema zu erzählen.
  • Wenn B eine vollständige Botschaft glaubt verstanden zu haben, bittet er A zu stoppen, um aktiv paraphrasieren zu können und tut dies dann.
  • A sagt, ob richtig oder falsch wiedergegeben wurde und korrigiert.
  • Nach etwa 10 Minuten wechseln Sie die Rollen.

Wichtiger Hinweis zum Paraphrasieren

Es geht nicht darum, diese Methode als Kampfmittel einzusetzen oder darum Ihren Gesprächspartner lächerlich zu machen. Damit diese Technik dem Verstehen dient gehört etwas Feingefühl dazu und Ihre ehrliche Intention Ihren Partner zu verstehen.

Gerade unausgesprochene Befürchtungen, Ängste, Eifersucht, vage Unterstellungen kommen mit dieser Methode zum Vorschein und können dann offen und ehrlich besprochen werden.

Heiko Diadesopulus