Beziehungskonto: Geben und Nehmen in einer Beziehung

In Beziehungen, die kriseln, lässt sich beobachten, dass beide Partner nicht mehr bereit sind, dem anderen Wertschätzung entgegenzubringen. Verhaltensweisen, die den anderen erfreuen, werden kaum mehr gezeigt. Es kommt – in der Sprache des Modells der Beziehungskonten – zu Abhebungen. Wie das Beziehungskonto wieder ausgeglichen und welche Verhaltensweisen wichtig sind, um das Guthaben stetig zu erhöhen, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Beziehungskonto: Abhebungen ausgleichen

Beziehungskonto Beziehung Geben NehmenWas man unter einem Beziehungskonto versteht und wie es zu überzogenen Abhebungen kommen kann, wurde im Artikel: „Beziehung: Wie funktioniert ein Beziehungskonto?“ beschrieben. Zu einem überzogenen Beziehungskonto muss es nicht kommen, wenn Abhebungen regelmäßig ausgeglichen werden. Manchmal geschehen Abhebungen unbewusst, d. h. jener, der die Abhebungen verursacht, denkt vielleicht, dem anderen etwas Gutes getan zu haben.

Daher ist es wichtig den Beziehungspartner zu verstehen, d. h. zu wissen, was ihm wichtig ist und was zu seinem Wohlbefinden beiträgt. Ohne Kommunikation geht das nicht!

Die Bedürfnisse unseres Partners ändern sich im Laufe der Zeit. Deshalb reicht es nicht aus sich einmal im Jahr zusammenzusetzen. Regelmäßige Gespräche sind wichtig.

Denn, wenn das Beziehungskonto überzogen wurde, dann kann es leicht passieren, dass es zu einem Verlust-Verlust-Geschäft kommt. Wenn man sich selbst schlecht fühlt, so soll sich der andere auch schlecht fühlen. Beide verhalten sich so, dass das Wohlbefinden des Partners weiterhin abnimmt. Wir kennen das aus vielen Scheidungssituationen. Gewinnen tut hier keiner mehr, höchstens die Rechtsanwälte.

Gerät eine Beziehung in eine Krise, so empfiehlt es sich zuerst, eine Beziehungskonten-Analyse vorzunehmen:

Sind die Kontostände beider Partner in etwa ausgeglichen, oder besteht eine zu hohe Differenz? Das kann z. B. dann der Fall sein, wenn einer den anderen betrügt. Hier handelt es sich normalerweise um eine sehr hohe Abhebung, die das Vertrauen in der Beziehung tiefgreifend erschüttert.

Wenn der Partner von Ihrem Beziehungskonto zu viel abgehoben hat, sollten Sie weitere Abhebungen von ihm sofort stoppen. Führen Sie mit ihm ein Gespräch und klären Sie Ihre Bedürfnisse. Klären Sie auch, was Sie gerne anders hätten und wie Ihr Bedürfnis erfüllt werden kann.

Wenn Sie von dem Beziehungskonto Ihres Partners zu viel abgehoben haben, ist es ebenfalls ratsam, sofort alle weiteren Abhebungen zu stoppen. Zahlen Sie auf das Partner-Konto wieder ein. Verhalten Sie sich so, dass sich Ihr Partner freut. Erfüllen Sie ihm seine Bedürfnisse.

Auch hier ist es oft ratsam, ein Gespräch mit ihm zu führen. Denn es geschieht leicht, dass Verhaltensweisen, die früher gut ankamen, in Krisensituationen unangebracht sind. Bleiben wir im Beispiel eines Seitensprungs, so kann ein gut gemeinter Blumenstrauß genau das Gegenteil bewirken. Ihr Partner denkt sich vielleicht, dass der Seitensprung als eine Kleinigkeit angesehen wird und nimmt vielleicht sogar eine weitere Abhebung vor.

Möglich ist es auch, dass beide zu viel abgehoben haben und das Guthaben auf beiden Beziehungskonten stark zurückgegangen ist. Hier sollte ebenfalls ein Gespräch stattfinden. Beide Beziehungspartner sollten massiv neu investieren.

Wenn das Guthaben so weit geschrumpft ist, dass der Partner zu keinem Gespräch mehr bereit ist, hilft nur eines: Einzahlen, Einzahlen, Einzahlen und zwar erstmal soviel, bis der andere wieder zu einem Gespräch bereit ist. Denn, um über heikle Themen sprechen zu können, braucht es ein Guthaben, unabhängig davon, wer mit Einzahlungen beginnt.

Langfristige Investitionen in der Beziehung

Beziehungskonto Geben Nehmen BeziehungBeziehungen aufzubauen braucht Zeit und Geduld. Diese Erfahrungen haben die meisten Menschen gemacht. Wer eine dauerhafte, wachsende und liebevolle Beziehung will, muss permanent investieren.

Sammeln Sie laufend Pluspunkte, die Ihre Abhebungen übersteigen. Ruhen Sie sich nicht auf Ihrem bisherigen Guthaben aus. Es reicht auch nicht aus, Ihre Abhebungen auszugleichen, auch wenn das dazugehört.

Beziehungen, die kriseln und die wieder aufgebaut werden sollen, brauchen besonders viel Geduld und Zeit. Es gibt keine schnellen Patentlösungen.

Es braucht langfristige Investitionen, die niemals aufhören, solange die Beziehung besteht. Dabei spielen „Kleinigkeiten“ eine große Rolle, wie wir später noch sehen werden. Verhalten Sie sich proaktiv, d. h. warten Sie nicht darauf, dass der andere beginnt. Je nach Schwere der Krisen kann es lange dauern, bis das Vertrauen wieder aufgebaut ist.

Ungeduld kann eigene Bemühungen schnell wieder zunichte machen. Bedrängen Sie Ihren Partner z. B. mit Forderungen, so können weitere große Abhebungen die Konsequenz sein. Geduld zu zeigen, kann eine schwere Prüfung sein. Doch machen Sie sich klar, dass man ein zartes Pflänzchen nicht aus dem Boden rupft, bevor es Früchte trägt.

Welche Verhaltensweisen erhöhen das Guthaben?

Hier einige Tipps, die das emotionale Guthaben wieder erhöhen können.

1. Entschuldigen Sie sich, wenn Sie einen Fehler gemacht haben!

Damit ist keine formale, sondern eine ehrliche und aufrichtige Entschuldigung gemeint. Normalerweise haben Menschen, die sehr selbstsicher sind, damit keine Probleme, wenn sie ihren Fehler verstehen.

„Es tut mir leid, dass ich so unfreundlich zu dir war, ich wollte dich nicht verletzen“. „Ich habe mich vorhin in euer Gespräch eingemischt und dann überreagiert. Das hätte ich nicht tun sollen – ich entschuldige mich.“

Unsichere Menschen (die durchaus selbstsicher auftreten können), sind oft überzeugt, dass eine Entschuldigung nur die eigene Schwäche zeigt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Menschen machen Fehler – das ist normal – und starke Menschen haben die Größe, ihre Fehler einzugestehen.

Man braucht eine Entschuldigung nicht zerknirscht hervorzubringen, sondern kann sie schlicht und ernst formulieren. Je nach Vorfall freut sich der Partner manchmal über eine kleine Aufmerksamkeit. Doch um die Formulierung einer Entschuldigung kommen Sie nicht herum, wenn Sie Ihr Guthaben wieder erhöhen wollen.

2. Versprechen/Verpflichtungen einhalten

Das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Es geht aber nicht nur darum ein Versprechen einzuhalten, sondern auch bereit zu sein es einzugehen. Überlegen Sie sich gut, welche Versprechen oder Vereinbarungen Sie eingehen, denn wenn Sie sie brechen, kann es schnell zu sehr hohen Abhebungen kommen.

Vereinbarungen in der Beziehung sind die Grundpfeiler für gegenseitiges Vertrauen. Wird das Vertrauen missbraucht, so entsteht schnell eine existenzielle Krise, denn der Partner überlegt sich, ob er Ihnen generell noch glauben kann.

Dabei kann es sich auch um Vereinbarungen handeln, die nichtsprachlicher Art sind, den sogenannten impliziten Vereinbarungen. Sie sind in Beziehungen die Regel.

Ein Beispiel: Nehmen wir an, dass Sie seit Jahren das Essen für Ihre Familie kochen. Jeder in Ihrer Familie rechnet damit, dass Sie auch weiterhin kochen. Hören Sie plötzlich damit auf, wird es zu erheblichen Abhebungen kommen. Wenn Sie merken, dass Sie eine Vereinbarung nicht mehr einhalten wollen oder können, sprechen Sie mit Ihrem Partner darüber und bitten Sie ihn, die Vereinbarung im gegenseitigen Einvernehmen zu lösen. Wenn Sie sich in dieser Weise verhalten, wird der andere merken, dass Ihnen Ihre Zuverlässigkeit und Vereinbarungen einzuhalten sehr wichtig sind.

Wenn Sie wissen, dass Ihrem Partner Pünktlichkeit sehr wichtig ist, seien Sie pünktlich. Kommt etwas dazwischen, dann rufen Sie ihn an.

3. Verhalten Sie sich aufmerksam – achten Sie auf Kleinigkeiten

Viele Beziehungen schlafen ein, weil die vielen kleinen Aufmerksamkeiten als nicht so wichtig angesehen werden. Doch nicht nur die Summe macht’s. Wer wach und aufmerksam durch das Leben geht, wird viele Sympathien erzeugen. Es sind oft nicht die großen Dinge, die eine Beziehung aushöhlen, sondern die täglichen vielen kleinen Unerfreulichkeiten, die zu hohen Abbuchungen führen:

  • eine patzige Antwort am Frühstückstisch,
  • ein lieblos angerichtetes Essen,
  • ein fehlender Kuss beim Abschied,
  • fehlender Blickkontakt,
  • den Partner nicht mehr zu fragen, wie es ihm geht …

Versüßen Sie sich und Ihrem Partner den Alltag, indem Sie wach bleiben und auf die sogenannten Kleinigkeiten achten. Sie werden erstaunt sein, dass mit den vielen kleinen Aufmerksamkeiten wesentlich höhere Einzahlungen geleistet werden, als vielleicht durch eine gemeinsame größere Aktivität am Wochenende (z. B. einem gemeinsamen Ausflug). Überlegen Sie sich auch, wie Sie Ihren Partner überraschen können.

4. Ehrlich sein und Erwartungen ernst nehmen

Das ist eine sehr grundlegende Bedingung. Sie sollten die Erwartungen Ihres Partners kennen und auch Ihre eigenen Erwartungen ehrlich und klar formulieren. Erwartungen des Partners haben immer mit seinen Bedürfnissen zu tun. Wenn Sie wissen, was Ihrem Partner wichtig ist, z. B. Pünktlichkeit, Ordnung, Treue, haben Sie erst die Möglichkeit sich entsprechend zu verhalten.

Erwartungen können sich ändern – bleiben Sie daher mit Ihrem Partner im Gespräch und holen Sie sich gegebenenfalls Feedback. Das wird mit Sicherheit Zeit kosten, doch Zeit gehört ebenfalls zu einer wichtigen Investition.

Interessant wird es dann, wenn Sie und Ihr Partner unterschiedliche Erwartungen haben.

Daher ist es wichtig darüber zu reden. Nehmen wir an, dass Ihr Partner ein höheres Ordnungslevel in der Wohnung hat als Sie. Nun ist es notwendig, sich über das Ordnungslevel zu einigen und sich entsprechend danach zu verhalten.

Machen Sie sich Ihre Erwartungen bewusst und lernen Sie die Erwartungen des Partners kennen. Wenn Sie unzufrieden sind oder sich ärgern, dann wurde sicherlich eine Erwartung nicht erfüllt. Sprechen Sie mit Ihrem Partner offen darüber.

Wenn Sie irgendwann richtig fit sind, dann werden Sie die Erwartungen Ihres Partners erfüllen, die ihm noch gar nicht bewusst sind, ihm z. B. den Abwasch abnehmen, obwohl er dran ist, weil er so müde aussieht.

Beziehungskonto: Geben und Nehmen

5. Zuhören und den anderen verstehen

Auch das ist eine ganz grundlegende Voraussetzung, um das Guthaben in der Beziehung zu mehren. Verstehen heißt nicht nur die Bedürfnisse und Erwartungen des anderen zu kennen. Verstehen meint mehr, nämlich sich in die Situation des Partners hineinzuversetzen und ihn nachvollziehen (Mitfühlen) zu können.

Dazu finden Sie hier auf Philognosie den Artikel „Soziale Kompetenz: Empathie – Schlüssel zu anderen Menschen„.

Verstehen bedeutet nicht, dass dem anderen immer zugestimmt wird. Es ist möglich einen anderen Menschen zu verstehen, obwohl man selbst anders über eine Sache denkt bzw. anderer Überzeugung ist.

Ein Beispiel: Nehmen wir an, dass Ihr Partner sehr gerne Fußball spielt. Nehmen wir weiterhin an, dass Sie an seinem Hobby Interesse entwickeln wollen und ihm beim Spielen zusehen. Ihr Partner freut sich darüber und es folgen hohe Einzahlungen auf das Beziehungskonto, das er für Sie angelegt hat. Es bleibt nicht beim einmaligen Zuschauen, sondern Sie fragen ihn nach taktischen Einzelheiten, die er Ihnen gerne erklärt.

Ihr Interesse an diesem Sport wächst, obwohl Sie nicht selbst Fußball spielen wollen. Doch Sie wollen an ihm und damit an seinem Hobby teilhaben und können immer besser nachvollziehen, was er so interessant am Fußballspiel findet. Sie werden irgendwann von jemanden gefragt, ob Sie sich für den Fußballsport auch selbst interessieren. Vielleicht antworten Sie dann: „Nein, Fußball will ich nicht spielen, doch ich interessiere mich für meinen Freund“.

Investieren Sie ständig in Ihre Beziehung. Sie werden die Erfahrung machen, dass Geben einem sehr viel Freude machen kann. Manche behaupten sogar, dass aus der Überfülle des Gebens sehr viel mehr Lebensfreude erwächst, als beim Nehmen.

Es gibt eine Grundregel wie viel Einzahlungen auf eine Abhebung geleistet werden sollten. Nehmen Sie eine Abhebung vor, indem Sie sich z. B. unfreundlich Ihrem Partner gegenüber verhalten, so sollten 5 Einzahlungen vorgenommen werden, z. B. 5 Situationen, in welchen Sie Ihrem Partner etwas Positives sagen oder etwas Positives für ihn tun. Bei glücklichen Paaren liegt das Verhältnis zwischen Abhebungen und Einzahlungen höher, nämlich 1:15!

Viel Erfolg und Freude beim Geben!

Cassandra B.