Wege zum Glück: Gibt es eine Chance glücklich zu leben?

Kann die Erziehung der Eltern oder in der Schule dazu beitragen, dass wir glücklich werden? Gibt es bestimmte Voraussetzungen für ein glückliches und sinnerfülltes Leben? Jeder Mensch will glücklich sein oder werden. Aber warum gelingt das nur manchen? Welche Stolpersteine gilt es zu überwinden?

Wir beschäftigen uns mit diesen Fragen dann umso intensiver, je weiter wir davon entfernt sind. Schon in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges hat Descartes eine Verbindung zwischen dem Denken und dem Sein hergestellt.

Wenngleich er ursprünglich auch „cogito, ego sum“ geschrieben hat, ließ er schließlich aber auch den Abschreibfehler mit dem eingefügten „r“ durchgehen, also „cogito, ergo sum“ (lat.: „Ich denke, also bin ich“).

In seinen Meditationen hat er schon den Zweifel als Ursache dafür ausgemacht, dass unser Sein nicht wunschgemäß ablaufen kann. Daraus leitet er aber den Wunsch ab, zu zweifelsfreien Erkenntnissen zu kommen, gleichsam ohne Ablaufdatum und mit ewiger Gültigkeit.

Erziehung und GlückSo verständlich dieser Wunsch auch ist, etwas zu schaffen, was ewig währt – so hat gerade dieser Vorsatz viele Tücken. Wir selber schaffen viele dieser Glaubenssätze und klammern uns daran fest, weil wir das für die reine Wahrheit halten. Sie sind aus unserem Denken entstanden und daher ursprünglich mit uns verbunden.

Zunächst übernimmt das Kind von den Eltern nicht nur die Sprache, sondern auch ihre Glaubenssätze und Werthaltungen. Das Kind erfährt, was gut für es ist. Du sollst viel Obst und Gemüse essen, weil das gesund ist. So mag ein solcher Satz lauten. Wenn aber manches Gemüse dem Kind nicht schmeckt, und es damit zum Essen genötigt wird, dann entsteht daraus das Urteil: „Alles, was gesund ist, schmeckt nicht gut. Was gut schmeckt, ist nicht gesund.“ … Der Weg zu fragwürdigen Ernährungsgewohnheiten ist damit vorbereitet.

Wenn das Kind dann in die Schule kommt, wird oft der Satz mitgegeben: „Die Zeit des Spielens ist nun vorbei. Jetzt beginnt der Ernst des Lebens.“ Als Trostpflaster gibt es dazu eine Schultüte mit Süßigkeiten. Wie kann ein neuer Lebensabschnitt gelingen, wenn er mit negativen oder doch recht unterschiedlichen Erwartungen begonnen wird?

Wenn hier eine Vorstellung von Angst und Zwang ein Wegbegleiter ist? Und trotzdem sprechen die Erwachsenen immer davon, wie glücklich und sorgenfrei die Kindheit ist. Was für eine schöne Zeit. Die Kinder treten allmählich aus dem Schatten, aus dem Energiefeld der Erwachsenen heraus. Und zwar dadurch, dass sie lernen sich eine eigene Meinung zu bilden und davon abgehen, die Meinung der Eltern und der Lehrer unkritisch und wie selbstverständlich zu übernehmen.

Schule und GlückKritisch sein bedeutet die Frage zu stellen, ob ein aufgezeigter Weg auch für mich richtig und stimmig sein kann. Bevor wir aber den Weg zur autonomen Persönlichkeit einschlagen, haben wir durch die Erziehung im Unterbewusstsein eine unüberschaubare Menge an Glaubenssätzen zu allen Lebensbereichen angesammelt.

Wir selber haben diesen Speicher fast täglich mit neuen Vorstellungen angefüllt, immer im guten Glauben, dass unsere abgelegten Sätze auch gut und richtig sind.

Ja, sie haben sich in bestimmten Situationen als richtig erwiesen, sie haben sich „bewährt“, und wir denken, dass Sätze und Überzeugungen, die sich schon an anderer Stelle als richtig erwiesen haben, nun auch weiterhin ein guter Wegweiser für unser Leben sein können.

Erst wenn sich herausstellt, dass wir damit in eine Sackgasse geraten, dass wir damit nicht zu einem glücklichen Leben kommen, sondern in sehr verfahrene Situationen, dann sind wir gezwungen uns das Schicksal genau anzuschauen, was wir da programmiert haben, nach welchem Plan wir funktionieren und wie wir die Steuerung an unserem Lebensplan korrigieren können und wollen.

Denken wir positiv! So lautet eine Aufforderung, die doch nicht falsch sein kann. Und tatsächlich ist etwas Wahres dran. Wenn wir uns nicht vorstellen können, dass wir uns ein glückliches und sinnerfülltes Leben verdient haben und dass wir es gestalten können, dann wird es nicht gelingen. Aber das allein reicht noch nicht aus.

Das, was ich jetzt in diesem Augenblick denke, und das, was im Speicher ist, im Unterbewusstsein, was an alten Glaubenssätzen noch vorhanden ist, muss weg, wenn es zu den neuen und aktuellen Gedanken im Widerspruch steht. Ein besonderer Killer sind Sätze in unserem Unterbewusstsein, die lauten: „Das werde ich nie schaffen! Das kann ich nicht.“

Solche Sätze, die auf früheren Erfahrungen beruhen können und sich daher besonders tief eingeprägt haben, können jedes positive Denken empfindlich stören, und die dann auftretenden anfänglichen Schwierigkeiten geben den alten, noch nicht ausgelöschten Glaubenssätzen neue Nahrung.

Jeder ist seines Glückes Schmied, lautet ein bekanntes Sprichwort. Wir brauchen Feuer (Eifer, Anstrengung) dazu, um an unser Ziel zu kommen. Aber wir haben es in der Hand, unser Glück zu formen, unser Leben zu gestalten.

In der alten Schule, die Wissensmüllhalden produzierte und Wissen zum in Merksätzen verpackten Lernstoff degradierte, wäre ein Unterrichtsfach „Lebenskunde“ wohl recht absurd bei den Abnehmern angekommen. Hingegen in der neuen Schule, die auf Kompetenzen abzielt, wird auch die bewusste Lebensplanung ihren verdienten Platz finden.

Günter Wittek

Günter Wittek