Krieg der Geschlechter oder die Kunst sich freiwillig Versklaven zu lassen

Eine „alberne Theorie“

emanzipierte Frau „Legen
wir diese alberne Theorie beiseite“, empfiehlt Heide Göttner-Abendroth
(1) in Bezug auf Mathilde Ludendorff, die sich den Übergang fast aller
Völker der Erde vom Matriarchat zum Patriarchat folgendermaßen erklärt:

„Diesem (Freiheits-)Willen, der alle Machtkämpfe des Mannes anregt,
ist die größere Hörigkeit vom Weibe, welches sich
selbst als unabhängiger erweist, seit je ein Greuel. So hat denn der Mann
ein sehr lebhaftes Interesse daran, diese Tatsache sich und andern möglichst
wenig fühlbar zu machen. Nun ist es ohne weiteres einzusehen, daß
die gehaßte Hörigkeit am sinnfälligsten und fühlbarsten
bei einer Vormachtstellung des Weibes, am unmerklichsten aber bei einer Vormachtstellung
des Mannes ist. Das ist das tiefe Geheimnis, welches uns die allgemein bestehende
Neigung der Männer aller Rassen, ihr Drängen nach Vormachtstellung
über das Weib erklärt.“ (2)

Dieser „albernen Theorie“ schließt Mathilde Ludendorff noch
die Beobachtung an, daß der bei Frauen häufig anzutreffende Altruismus
eine notwendige Begleiterscheinung der weiblichen Veranlagung zur Mutterschaft
sei und die Bereitschaft der Frauen begünstige, „sich Jahrhunderte
hindurch eine Unterordnung gefallen“ zu lassen.

Orientalische Verhältnisse bei uns?

Wie „albern“ diese „Theorie“ in Wirklichkeit ist, zeigt
eine Reportage von Roland Bäurle (3): Er schildert an einem Einzelfall,
wie sich Unterjochung vollzieht. Ein jähzorniger Ehemann schlägt immer
wieder in immer kürzeren Abständen und bei jedem Mal brutaler seine
Ehefrau, „erst recht, nachdem er seine Anstellung … verliert.“ Seine
Gründe sind nichtig. „Oft hat Edeltraud auch überhaupt keine
Ahnung, weshalb Werner auf sie losgeht.“ Er erklärt es ihr auch nicht.
Edeltraud aber, „statt sich zu wehren, sucht die Schuld bei sich. Ihre
Gedanken drehen sich um die Frage, was sie jetzt wieder falsch gemacht hat und
wie sie es schaffen könnte, Werner möglichst wenig zu reizen.“

Als er ihr in der Tiefgarage auflauert und sie fast totschlägt, kommt
ihr Elend an die Öffentlichkeit, d.h. bei der Polizei zu Protokoll und
durch die Staatsanwaltschaft vor Gericht. „Mit jedem seiner Schläge
ging etwas von meinem Selbstbewußtsein verloren. Ich bin in eine gebückte
Haltung gekommen, und irgendwann kam ich aus dieser Haltung nicht mehr alleine
hoch.“

Frauenunterdrückung im Einzelfall, der kein Einzelfall ist: „Rund
1,5 Millionen Frauen werden in Deutschland regelmäßig von ihren Partnern
verprügelt“, berichtet Bäuerle weiter. „Rund 60.000 Frauen,
schätzt das Kriminologische Forschungsinstitut in Niedersachsen, werden
jedes Jahr in Deutschland von ihren Partnern schwer verletzt, vergewaltigt oder
beides.

Allein in München endet durchschnittlich pro Monat ein sogenannter
,Familienstreit‘ tödlich“ mit einer Frau als Opfer. Und daß
diese Fälle jeweils nur „Routinemeldungen im Polizeibericht einer
Großstadt, Füllsel für die Nachrichtenspalten im Lokalteil von
Zeitungen, mal acht, mal zehn Zeilen lang“ wert sind, zeigt, wie weit wir
bis heute mit der Achtung vor der Menschenwürde der Frau gekommen sind.
Der Massenwahn männlicher Vorherrschaft und Mißachtung der Weiblichkeit
hält an.

Gefangener Häftling „Neun
von zehn Männern, die ihre Partnerin töten, werden wegen Körperverletzung
mit Todesfolge oder wegen Totschlags angeklagt, nicht wegen Mordes“, heißt
es bei Bäuerle weiter. Über 95 v. H. aller Schwerverbrechen gehen
auf das Konto von Männern. Aber auch Frauen töten, und zwar „überwiegend
Männer, von denen sie zuvor jahrelang mißhandelt wurden.“

Da
Frauen aber den Männern an Muskelkraft und Körpergröße
unterlegen sind, sind sie bei Tötungsabsicht darauf angewiesen zu planen.
Das bringt ihnen den Tatbestand der „Heimtücke“ und damit meist
die Verurteilung wegen Mordes ein, denn das Merkmal des Mordes ist die Heimtücke,
während das des Todschlags der Affekt ist. Daher werden Frauen zweieinhalbmal
öfter wegen Mordes verurteilt als Männer.

„Die Frankfurter Rechtsprofessorin Dagmar Oberlies hat in einer Studie
festgestellt, daß auch die Höhe der Strafe höchst unterschiedlich
ausfällt“, berichtet Bäuerle. „Was auf den ersten Blick
überrascht: Wenn Frauen wegen Mordes an ihrem Partner verurteilt werden,
müssen sie 26 Monate kürzer in Haft als ein Mann bei einer vergleichbaren
Tat – bei Totschlag sogar 41 Monate weniger. Das klingt nach einem Frauenbonus,
ist aber eigentlich ein Frauenmalus. Denn: Frauen gestehen häufiger und
schneller und sind seltener vorbestraft, also zählen bei ihnen öfter
mildernde Umstände.

„Wenn Frauen ihre Partner ermordet haben, und zwar wie bei den meisten
weiblichen Tötungsdelikten nach erlittenen Mißhandlungen, „müßten
Richter nicht zwischen Mord oder Totschlag entscheiden, sondern könnten
oft eine Notstandslage der Angeklagten anerkennen und einen Freispruch verkünden.
Das tun sie aber nicht, weil das andere Frauen zu ähnlichen Taten ermuntern
könnte.

Die Schlußfolgerung von Dagmar Oberlies: Zum Ausgleich zeigen
die Richter Milde bei der Strafzumessung. Sie geben sich also gnädig, wo
es besser wäre, einfach nur gerecht zu sein. Es gibt Ausnahmen“, fährt
Bäuerle fort, „die Regel aber zeigt: Jeder Mann gilt als argloses
Opfer, wenn er schläft oder seiner Frau den Rücken zuwendet – auch
dann, wenn er sie kurz zuvor halb totgeschlagen hat.“

Wie hilflos die Justiz dieser Ungerechtigkeit gegenübersteht, drückt
die Rechtsgelehrte so aus: „Es gibt auch juristisch gesehen typisch männliche
und typisch weibliche Reaktionsmuster. Bei Männern ist es der Affekt, bei
Frauen der Konflikt, aus dem heraus sie schlimmstenfalls den anderen umbringen.
Über den Unterschied zwischen beidem und wie er juristisch zu bewerten
ist, darüber diskutieren die Rechtsgelehrten seit vielen Jahren. Ohne Ergebnis.
Ich weiß nur: Die Justiz privilegiert den Affekt, aber sie hat keine Lösung
für den Konflikt.“

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen
ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“ (4) – ein hehres, aber bei
weitem nicht erreichtes und sicher auch nicht erreichbares Ziel. Dabei ist abzusehen,
daß sich die Lage mit zunehmender Einwanderung von Moslems weiter verschlechtern
wird. Kleine deutsche Jungen glauben im Recht zu sein, wenn sie Mädchen
und Frauen herabsetzen und ihrer Mutter zu Hause bedeuten, sie habe die Küche
nicht zu verlassen. So haben sie es von ihren türkischen Mitschülern
aufgeschnappt.

Ein Beispiel aus Hessen zeigt die bereits einreißende Doppelmoral der
Justiz Deutschen und islamischen Ausländern gegenüber: „Mit 48
Messerstichen hatte der türkische Ehemann seine türkische, in Deutschland
geborene Frau getötet. Der Grund: Sie wollte sich scheiden lassen. Nicht
zuletzt, weil er sie immer wieder mißhandelt hatte. Das Landgericht Frankfurt
entschied aber nicht auf Mord, sondern auf Totschlag. Der Mann bekam nicht lebenslänglich,
sondern nur 13 Jahre Gefängnis. Die Begründung der deutschen Richter:
Dem Täter sei aufgrund seiner „anatolischen Wertvorstellungen“ die (für
Mord ausschlaggebende) Niedrigkeit seiner Beweggründe „vielleicht gar nicht
bewußt“ gewesen.“ (5)

Der Schwerenöter und Frauenhasser Arthur Schopenhauer hätte seine
Freude gehabt: „Als die Natur das Menschengeschlecht in zwei Teile spaltete,
hat sie den Schnitt nicht gerade durch die Mitte geführt. Bei aller Polarität
ist der Unterschied des positiven vom negativen Pol kein bloß qualitativer,
sondern zugleich quantitativer. – So haben eben auch die Alten und die orientalischen
Völker die Weiber angesehn und danach die ihnen angemessene Stellung viel
richtiger erkannt, als wir, mit unserer alt-französischen Galanterie und
abgeschmackten Weiberveneration, dieser höchsten Blüte christlich-germanischer
Dummheit, welche nur gedient hat, sie so arrogant und rücksichtslos zu
machen, daß man bisweilen an die heiligen Affen in Benares erinnert wird,
welche, im Bewußtsein ihrer Heiligkeit und Unverletzlichkeit, sich alles
und jedes erlaubt halten.“ (6)

Angesichts dessen, was Frauen heute leisten,
wäre solch erbärmliche Gehässigkeit eines Gestrigen belustigend,
lauerte nicht die Gefahr, alles Erreichte wieder zu verlieren, auch in diesen
Worten des Wahns.

Wie es euch gefällt

Mathilde Ludendorff scheint zu schmunzeln, wenn sie in ihrem erwähnten
Werk unter der Überschrift „Gehirn“ die schwankenden Stellungnahmen
der Herren Gelehrten ihrer Zeit beschreibt (7):

Gehirn „Die
Zeiten, in denen Bischoff uns lehrte, daß das weibliche Gehirn annähernd
100 Gramm leichter sei als das männliche, und daraufhin alle nur irgend
mit diesem Thema lose zusammenhängenden Bücher diese Tatsache als
neuen Beweis des alten Dogmas vorbrachten, sind noch nicht lange vorüber.
Die Befunde außergewöhnlicher Hirngewichte bei manchen Idioten, das
Vorkommen sehr kleiner Schädel bei manchen Geisteshelden (z.B. Voltaire)
führten zu keiner Erschütterung dieses „Beweises“, denn immerhin ließ
sich ein hohes Durchschnittsgewicht bei Begabten nachweisen.

Der Einwand der
Gegner, daß die mikroskopische Beschaffenheit des Gehirnes, die Zahl und
Verteilung der Hirnzellen wahrscheinlich wichtiger für die Leistung desselben
wären, wurde abgelehnt. Aber es sollte der Augenblick kommen, wo man diesen
Einwand freudig aufnahm. Vorurteilslosere Gelehrte wiesen darauf hin, daß
nur das Verhältnis des Körpergewichtes zum Hirngewicht Bedeutung für
die geistige Leistungsfähigkeit haben könne.

Als sich dann die überraschende Tatsache herausstellte, daß die
Frau ein höheres relatives Hirngewicht hat, daß sie im Vergleich
zum Manne eigentlich 340 Gramm Hirn zuviel besitzt, erinnerte man sich des früher
abgelehnten Einwandes und betonte mit Recht die Wichtigkeit der mikroskopischen
Beschaffenheit des Gehirnes. Nun wies man mit einem Male daraufhin, daß
es noch sehr verfrüht ist, aus dem Gewicht der Hirnmasse so weitgehende
Schlüsse zu ziehen, da wir über die Physiologie der geistigen Vorgänge
noch gar keine Vorstellung haben.

Ja schon werden Stimmen laut, die beteuern,
daß große Hirnmassen nur mit Schwierigkeit zur verstandlichen Leistung
zu verwerten seien, obwohl man für diese Behauptung keinerlei wissenschaftliche
Beweise anführen kann …“ Wer Spaß an Humoresken hat, dem sei
die Lektüre des gesamten Kapitels empfohlen. Es lohnt sich.

Teuflische Verteufelung

Ein durch Jahrhunderte angewandtes und bis heute erfolgreiches Mittel der Machtergreifung
ist die Verteufelung. Jüngst erlebten wir die neueste Variante. Die USA,
Freiheit- und Demokratie-Bringerin Nummer eins in der Welt, glänzte durch
unfaßliche Darstellungen von Folterungen abhängiger Menschen. Dabei
sehen wir Frauen in den Bildmitten.

„Da werden Weiber zu Hyänen“ (Schiller)? Nein, sie hatten Befehle
befolgt, wie sie es als Soldatinnen gewohnt waren. Schlimm genug, daß
sie gehorchten, aber sie waren nicht Subjekte dieser Taten, sondern Mit-Opfer
der Menschenentwürdigung, wie sie von ihren sadistischen Vorgesetzten betrieben
wurde. Die Fotos „sind die Trophäen der Sieger, Beweise der Zerstörung
des Gegners – und der Degradierung der eigenen Kameradinnen. Ihre Veröffentlichung
multipliziert, auch mit Hilfe der Medien, die Taten ins Endlose.“ (8)

Die Generalin Janis Karpinski „war als Chefin der 800. Militärpolizei-Brigade
mit ihren 3.400 SoldatInnen auch zuständig für das Militärgefängnis
Abu Graib und gilt heute als der zentrale Sündenbock. Doch die Ein-Sterne-Generalin
versichert glaubhaft, ihr sei im August 2003 von dem frisch aus Guantanamo kommenden
Zwei-Sterne-General Geoffrey Miller die Befehlsgewalt für das Gefängnis
Abu Graib aus der Hand genommen worden mit den Worten: „Diese Häftlinge
müssen wie Hunde behandelt werden. Ihnen darf niemals erlaubt werden, sich
wie menschliche Wesen zu fühlen.“ General Miller ist weiter auf Posten;
Generalin Karpinski, die übrigens die einzige Generalin in der US-Army
ist, wurde suspendiert. Zufall?“ fragt Schwarzer.

Sie vermutet, hier werde auf hinterlistige Weise den Frauen ihr unerwünschtes
Vordringen in den bisher rein männlichen Bereich des Militärs heimgezahlt.
„Daß solche Bilder außerdem westliche Frauen dem traditionellen
Frauenhaß arabischer und islamistischer Männer noch stärker
ausliefern, ist vermutlich eine willkommene Nebenerscheinung. Dabei sind die
Soldatinnen nichts als Statistinnen in pornografischen Inszenierungen.“

Schwarzer nimmt an, daß in dieser gänzlich entarteten Welt von Söldnern
einer von Weltmachtgierigen willkürlich und rücksichtslos eingesetzten
Angriffsarmee „eine solche Flut von Folterbildern allein aus diesem einen
Gefängnis“ darauf hindeute, „daß die Bilder keineswegs
nur zum Privatvergnügen unter Soldaten gemacht, sondern auch für den
florierenden internationalen Pornomarkt produziert wurden. Wir wissen ja spätestens
seit Bosnien und dem Kosovo, daß die Bilder von Vergewaltigungen, Folterungen
und Tötungen im Krieg ein Millionengeschäft auf dem Pornomarkt sind.“

So schlägt „mann“ gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: neben
der Befriedigung eigener abartiger Gelüste, neben dem Geschäft mit
der sexuellen Gier zahlreicher Käufer und neben der leiblichen und seelischen
Vernichtung des zum Feinde erklärten Angegriffenen wird die sich emanzipierende
Weiblichkeit erniedrigt. Nichts Neues also unter der Sonne!

Die kleinen Füße der Chinesinnen

Wie ein Wahn ein ganzes Volk ergreifen und für tausend Jahre in seinen
Bann schlagen kann, zeigt eindrucksvoll der Bericht des Asien-Korrespondenten
Kai Strittmatter über das kleine chinesische Dorf Liuyi, in dem noch heute
rund hundert alte Chinesinnen mit gebrochenen, gewickelten Füßen
leben. (9)

„Populär wurde das Binden der Füße in der Song-Dynastie
(960-1279), zu einer Zeit, da sich ein aufweichender Staat von heranstürmenden
Mongolen bedroht sah und konservative Neokonfuzianer verzweifelt an einer neuen
Ordnung zimmerten. Das waren Gelehrte, die den Ruin des Mannes in den „Grübchen
in der Wange eines Mädchens“ lauern sahen“ – auch hier wieder die
Bestätigung der „albernen Theorie“ Mathilde Ludendorffs – „und
die Chinas Witwen die Wiederheirat verboten mit der Mahnung, es sei „eine kleine
Sache zu verhungern, aber eine große Sünde, seine Keuschheit zu verlieren““,
was nach patriarchalem Herrschaftsverständnis nur weibliche Keuschheit
betraf.

Chinesin Frauen
in China waren längst rechtlos, für sie ging es nur noch darum, dem
Manne zu gefallen, um einen „guten“ abzukriegen und damit versorgt
zu sein. Als Kaiser Li Yu 975 sein Reich verlor, trauerte er „auf dem Weg
in die Gefangenschaft nicht um seine Ahnen, wie es sich gebührt hätte.
„Statt dessen“, klagte ein Nachgeborener, „stand er mit Tränen in den Augen
vor seinem Harem und hörte sich die Abschiedsweisen der Hofschönen
an.““

Einer Tänzerin soll er eine Bühne, wie eine Lotusblüte
aus Gold geformt, geschenkt haben. „Ihr zierlicher Fuß verschwand
ganz in seiner Hand, eines Tages umschnürte sie ihn mit Seidenbändern,
da wurde er noch winziger, und ihr Tanz war von da an schwereloser Flug. Sie
machte ihn beben. Das, sagen manche, sei der Anfang gewesen.“

„Freiwillig“ brachen und schnürten sich nun Hofdamen ihre Füße.
„Bald ahmten die Städterinnen den „Palaststil“ nach. Am Ende banden
sich auch Bäuerinnen ihre Füße. Ein halbes Volk verkrüppelte
sich. Um der anderen Hälfte zu gefallen. Um überhaupt einen Mann zu
finden. Gab es nie den Gedanken an Rebellion? Die Frage trifft wieder und wieder
auf den gleichen erstaunten Blick: Es war doch der Wille des Himmels. Alle haben
es gemacht.“ Massenwahn! „Natürliche Füße wurden bald
Zielscheibe von Spott. Es gab den Laternenbauer, auf dessen Laterne sich eine
Karikatur fand über die großen Füße der ersten Ming-Kaiserin.
Der Mann und sein ganzer Clan, 300 Menschen immerhin, wurden exekutiert.“

Und weiter berichtet Kai Strittmatter: „Zu Zeiten der beiden letzten Dynastien,
der Ming und der Qing, waren die Lotusfüße längst zum Synonym
für Schönheit, ja für die Frau an sich geworden: Symbol der Tugend
– aber auch der Verführung. In der Literatur werden elektrisierende Szenen
beschrieben: Männer, die beim Anblick der entblößten Füße
aufbrüllen wie Verrückte, eine Menge, die in Raserei verfällt.
Es ist zitterndes Pendeln zwischen Prüderie und hemmungsloser Sinnesfreude.
Aus Ge-walt entsprungene Schönheit, sich von Eiter und gebrochenen Knochen
nährende Raserei.“

Die Frau opfert ihre Bewegungsfreiheit. „Das Mädchen kann kaum mehr
laufen … Schlafen darf“ es mit gequetschten, gebundenen Füßen
„erst, wenn es gesprungen ist. So hoch es kann. Und mit voller Wucht wieder
aufkommt. Nochmal!, befiehlt die Mutter. Das soll quetschen.“ Nach Monaten
bemerkt die Mutter, daß die Füße der Tochter noch immer nicht
faulen.

„Was nicht fault, wird nicht klein, murmelt die Großmutter. Und
gibt feine Porzellanscherben in die Binde. Dann Schlamm. Schließlich Würmer.
Endlich: Fleisch entzündet sich, verrottet, fällt ab. ,Na also‘, sagt
die Mutter. Jetzt wird der Fuß klein. Dann taub und tot. Tut nicht mehr
weh … ,Jetzt findest du einen guten Mann.‘ Später wird das Mädchen
denken, dies sei der schönste Tag ihres Lebens gewesen“, womit sie
Marie von Ebner-Eschenbach in einem ihrer Aphorismen bestätigt, in dem
es heißt: „Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde
der Freiheit.“

So kam die Befreiung auch nicht von den Verstümmelten selbst, sondern
von Männern des 20. Jahrhunderts, von den „Nationalisten“. Diese
„trieb dabei weniger die Menschenliebe als der pure Eigennutz: Sie brauchten
die Männer als Soldaten, als Kanonenfutter gegen Japaner und Kommunisten
– also mußten die Frauen die Felder bestellen. So starb das Füßebinden
langsam aus.“ Das Mädchen von einst, heute eine alte Frau, meint aber:
„Vor 1949, bevor Mao Zedong das Land befreite“, „war die schönste
Zeit meines Lebens.“ Sie wollte gar nicht befreit sein. „Weil Freiheit
gräßlich schmerzte.“

Doch spotten wir Europäerinnen und Europäer besser nicht. „Der
in Peking praktizierende französische Arzt Matignon“ hielt uns 1899
den Spiegel vor: „Welche Deformierung ist lächerlicher? Die, die eine
gewisse Behinderung beim Laufen hervorbringt, oder jene, welche Frauen oft verwehrt,
Kinder zu haben, indem sie die Nieren verschiebt, die Leber zerquetscht und
das Herz einengt?“ Er sprach von dem damals üblichen Werkzeug zur
Selbstfolterung, dem Korsett. Und immer noch malträtieren Frauen ihren
Körper, um Männern zu gefallen, mit Stöckelschuhen, durch Bemalung
mit kosmetischen Giften.

Ganz groß im Geschäft ist zur Zeit die sogenannte Schönheits-Chirurgie
mit ihren grotesken, gesundheitsschädlichen Ergebnissen. Ein noch furchtbareres
Beispiel für den Massenwahn weiblicher Verstümmelung zu Gefallen des
Mannes und zur Unterwerfung unter seine Macht finden wir in der Beschneidung
von Mädchen in der Welt der Moslems.

Wie furchtbar grausam bestätigt sich – leider – die angeblich so „alberne
Theorie“!

Quellennachweis:

1. Heide Göttner-Abendroth, Das Matriarchat I – Geschichte seiner Erforschung,
Kohlhammer 1995, S. 145
2. Mathilde Ludendorff, Das Weib und seine Bestimmung, Pähl 1976, S. 124,
Erstauflage 1916
3. Magazin der Süddeutschen Zeitung vom 5.7.02, zitiert in EMMA, Folge
4/04,
4. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 1, Absatz 1
5. EMMA, a.a.O., Anatolische Werte in Hessen, S. 10
6. Arthur Schopenhauer, Die Kunst, mit Frauen umzugehen, herausgegeben von Franco
Volpi, Beck 2003, S. 31
7. Mathilde Ludendorff, a.a.O., S. 24-25
8. Alice Schwarzer, EMMA, Folge 4, S. 6-7
9. Magazin der Süddeutschen Zeitung vom 10.1.03, abgedruckt in EMMA, a.a.O.,
S. 50-53

Heidrun Beißwenger