Heinrich Heine als Philosoph

Heinrich Heine ist bekannt für seine Poesie und politische Schärfe und bietet tiefgreifende Einblicke in Fragen der Freiheit, Gerechtigkeit und der menschlichen Seele. Seine Werke reflektieren die philosophischen Debatten seiner Zeit mit Witz und Weisheit, die die gesellschaftlichen und kulturellen Konflikte beleuchten.

Vorwort

Harry Heine (1797-1856) war der Sohn eines jüdischen Tuchhändlers. Den englischen Vornamen „Harry“ erhielt er zu Ehren von Mr. Harry, eines Geschäftsfreundes seines Vaters. In Frankreich wurde er „Henri“ genannt, in Italien „Enrico“.

Seine „erste Ausbildung“ erhielt er „im Franziskanerkloster zu Düsseldorf“, schrieb er am 15.1.1835 an Philarète Chasles (HH 12/195). Seine ersten Lehrer waren katholische Geistliche, doch das Gebäude war inzwischen kein Kloster mehr, sondern eine „Normalschule“ (Hädecke 51); „seit der preußischen Invasion […] wurden die Priester allmählich durch weltliche Lehrer ersetzt“ (HW 5/367). Im Unterricht von Aegidius Jacob Schallmayer (1757-1817) erwachte „Heines Interesse für Philosophie“ (Hädecke 79). Schallmayer wollte aus Heine einen katholischen Geistlichen machen, doch Heines Mutter war dagegen.

Heinrich Heine Philosoph

So wurde er Kaufmann und studierte Jura, absolvierte aber nur das Pflichtpensum. Ansonsten belegte er Vorlesungen in Geschichte, Literatur und Sprachwissenschaft. Kurz bevor er sein Studium 1825 mit der Promotion (Dr. jur.) abschloß, trat Heine zum Protestantismus über und ließ sich auf die Vornamen „Johann Christian Heinrich“ taufen. 1827/28 arbeitete er in Cottas „Neuen allgemeinen politischen Annalen“ mit. Er bemühte sich vergeblich um eine Professur. 1831 ging er als Korrespondent der „Allgemeinen Zeitung“ (Augsburg) nach Paris und schloß sich den Saint-Simonisten an.

Mit dem Bundestagsbeschluß gegen das Junge Deutschland wurden 1835 seine Schriften in Deutschland verboten. Heine faßte im August 1854 zusammen, was das bedeutete: Das Verbot erstreckte sich auch auf seine noch nicht verfaßten Schriften; „mein Gehirn wurde konfisziert, und meinem armen unschuldigen Magen sollten durch dieses Interdikt alle Lebensmittel abgeschnitten werden. Zugleich sollte auch mein Name ganz ausgerottet werden aus dem Gedächtnis der Menschen, und an alle Zensoren meiner Heimat erging die strenge Verordnung, daß sie sowohl in Tagesblättern, wie in Broschüren und Büchern jede Stelle streichen sollten, wo von mir die Rede sei, gleichviel ob günstig oder nachteilig“ (SS 9/464).

1841 heiratete Heine die Katholikin Crescence Eugénie Mirat („Mathilde“); „seine letzte Liebe galt ‚Mouche‘ (Elise Krinitz)“ (MEL 11/633), die Heine „nach einer kleinen Fliege in der Gravierung ihres Siegels“ benannte (Fechter 245).

Ideen – Das Buch Le Grand (1826)

Heine schreibt „in aller Unschuld und Einfalt, was mir in den Sinn kommt“ (HW 3/49). Dabei beruft er sich auf die göttliche Inspiration. Der Buchtitel bedeutet ihm so wenig wie sein Doktortitel. Le Grand ist der Name eines französischen Tambours, der Heine durch sein Trommeln Französisch und neuere Geschichte beibrachte. Da Heine die Märsche, die er trommelte, kannte, verstand er ihn.

Der Einteilung in vernünftige und unvernünftige Ideen entspricht der Krieg zwischen den Vernünftigen und den Narren, der laut Heine bereits 5588 Jahre dauert. Die Narren kämpfen unlauter: sie „machen […] viele Worte, um zu verbergen, daß sie überhaupt keine Gedanken haben“, oder sie machen die Vernunft schlecht; stattdessen berufen sie sich auf Gemüt, Glauben, Inspiration u.a. (HW 3/58).

Heine selbst ist zu den Vernünftigen gegangen. Seither betrachten ihn die Narren als Verräter und Spion. Andererseits akzeptieren ihn die Vernünftigen nicht: „alles, was ich tue, ist den Vernünftigen eine Torheit und den Narren ein Greuel“ (HW 3/59). Immerhin bieten ihm die Narren Stoff zum Schreiben, so daß er sie als Geldquelle betrachtet.

Die „eigentliche Geschichte“, die Heine erzählen will, ist Petrarcas unerfüllte Liebe zu Laura. Doch sie umfaßt nur eines von zwanzig Kapiteln. Das zwölfte Kapitel über die Zensur ist das kürzeste. Da fast alles weggestrichen wurde, sind nur die Wörter „Die deutschen Zensoren“ und „Dummköpfe“ übriggeblieben (HW 3/43). Der Rest besteht aus Gedankenstrichen.

Ansonsten erzählt Heine allerlei Autobiographisches, wobei seine Liebschaften und Napoleon die Hauptthemen sind.

Man könnte fragen: Was daran ist denn Philosophie? Die Antwort liegt auf der Hand: Es ist die Selbsterkenntnis.

Französische Zustände (1831/32)

Heine betrachtet den Erlaß der Wiener Schlußakte (1820), die die Bundesversammlung als Grundgesetz des Deutschen Bundes annahm, als einen Akt des „Hochverrats am deutschen Volke“ (HW 4/20), da sie „zu jedem despotischen Gelüste die legalsten Befugnisse enthält“ (HW 4/19).

Deren Artikel 25-28 enthielten „Bestimmungen über die Erhaltung der inneren Ruhe und mögliche Bundesinterventionen gegen revolutionäre Bestrebungen. […] In der Hauptsache diente die Wiener Schlußakte als Grundlage für alle reaktionären Maßnahmen gegen die liberalen und nationalen Bewegungen“ (MEL 25/346).

Dabei läßt Heine keinen Zweifel daran, daß er für die konstitutionelle Monarchie eintritt: „Monarchisch gesinnt“ (HW 4/21), „Royalist aus angeborner Neigung“, sei er „überzeugt, daß die Franzosen keine Republik […] ertragen können“ (HW 4/37).

Mit Sallust ist er der Auffassung, daß sich eine Regierung nur durch dasjenige Mittel erhalten kann, durch das sie an die Macht gekommen ist, sei es nun Gewalt, List oder „das Prinzip der Volkssouveränität“ (HW 4/30). Er sieht ein, daß Unglück ungerecht macht. Würde Napoleon noch leben, müßte Heine „ihn […] bekämpfen helfen“ (HW 4/40).

Heine ist der Auffassung, „daß die alten Völker und Könige […] wirklich existiert haben, daß sie […] keine Erfindungen der Dichter sind, wie manche Schriftsteller behaupten, die uns überreden möchten, die ganze Geschichte des Altertums, alle geschriebenen Urkunden desselben, seien im Mittelalter von den Mönchen geschmiedet worden“ (HW 4/53). Auch heute wird diese Auffassung noch von einigen Autoren vertreten, auch inbezug auf das Mittelalter (vgl. die Bücher von Illig, Kammeier und Topper).

Doch wie soll man über die Vergangenheit die Wahrheit denken, wenn das nicht einmal für die Gegenwart möglich ist? Heine konnte „nicht entscheiden, ob der Karneval dieses Jahr [1832] so brillant gewesen, wie die Regierung prahlt, oder ob er so trist aussah, wie die Opposition klagt. Sogar bei solchen Außendingen kann man der Wahrheit hier nicht auf die Spur kommen. Alle Parteien suchen zu täuschen, und selbst den eigenen Augen darf man nicht trauen“ (HW 4/73).

Heine illustriert das anhand einer Stadtführung: „Einer meiner Freunde, ein Justemillionär, hatte die Güte, letzten Mardi-gras [Fastnachtsdienstag] mich in Paris herumzuführen und mir durch den Augenschein zu zeigen, wie glücklich und heiter das Volk sei. Er ließ an jenem Tage auch alle seine Bedienten ausgehen und befahl ihnen ausdrücklich, sich recht viel Vergnügen zu machen“ (HW 4/73).

Als Heine am Boden einen blassen Menschen liegen sah, der am Verhungern war, erklärte ihm sein Begleiter, „daß dieser Mensch alle Tage auf einer andern Straße vor Hunger sterbe, und daß er davon lebe, indem ihn nämlich die Karlisten dafür bezahlten, durch solches Schauspiel das Volk gegen die Regierung zu verhetzen“ (HW 4/73).

Heine kommentiert: „Dieses Handwerk muß jedoch schlecht bezahlt werden, da viele dabei wirklich vor Hunger sterben.“ Heines Begleiter wies auf einen Wagen mit verkleideten Narren hin, um zu zeigen, „‚wie glücklich das Volk ist'“ (HW 4/73).

Doch Heine hatte den Eindruck, als sei mehr Polizei unterwegs, „als zu einem harmlosen Vergnügen eben notwendig gewesen.“ Ein Republikaner versicherte ihm, „die meisten Masken, die sich am lustigsten gebärdeten, habe die Polizei eigens dafür bezahlt, damit man nicht klage, das Volk sei nicht mehr vergnügt“ (HW 4/74).

Heine verzichtete auf eine Beurteilung: Die Fröhlichkeit der Maskierten kam ihm echt vor, „und wenn die Polizei sie noch besonders dafür bezahlte, so war das sehr artig von der Polizei. Was ihre Einwirkung besonders verraten konnte, waren die Gespräche der maskierten gemeinen Kerle und öffentlichen Dirnen, die in ertrödelten Hoftrachten, mit Schönpflästerchen auf den geschminkten Gesichtern, die Vornehmheit der vorigen Regierung parodistisch nachäfften, sich mit karlistischen Namen titulierten und sich dabei so hoffärtig fächerten und spreizten, daß ich mich unwillkürlich der hohen Festivitäten erinnerte, die ich als Knabe die Ehre hatte, von der Galerie herab zu betrachten“ (HW 4/74).

Das geschah alles öffentlich und war leicht zu durchschauen, meinte Heine. Doch was ist mit dem Karneval der Politiker, der das ganze Jahr über stattfindet, wobei die Maskerade aber geheim ist? Die Aristokraten tun so, als seien sie demokratisch gesinnt, die Republikaner mimen Royalisten: „Die Oppositionsmänner, welche nur die Komödie der Restaurationszeit fortsetzen, sind vermummte Republikaner, die mit sichtbarer Ironie oder mit auffallendem Widerwillen als Komparsen des Königtums agieren. Die Pairs spielen jetzt die Rolle von unerblichen, durch Verdienst berufenen Amtsleuten“ (HW 4/75).

Heine schrieb das alles nach der Julirevolution vom 27.-29.7.1830, bei der die Bevölkerung von Paris im Konflikt „zwischen der bourbonischen Restauration und der liberalen Kammermehrheit“ den König Karl X. (1757-1836) stürzte. Anlaß waren die verfassungswidrigen Juliordonnanzen, die Karl X. am 25.7.1830 unterzeichnet hatte. Darin wurde die Pressefreiheit aufgehoben, das Wahlrecht wurde geändert und die gerade gewählte Kammer wurde wieder aufgelöst. Die Julirevolution führte „zu revolutionären Erhebungen und verfassungsstaatlichen Bestrebungn im übrigen Europa“ (MEL 13/252).

Zur Erkenntnistheorie:

  • Die Einsicht, daß wir die Gegenwart nur verstehen können, wenn wir die Vergangenheit kennen, kehrte Heine auch um: Erst im Licht der Gegenwart können wir die Vergangenheit verstehen.
  • Heine hält es für „töricht, wenn man nur die Personen sieht in den Dingen“, und für „noch törichter, wenn man in den Dingen nur die Zahlen sieht.“ Manche „Kleingeister“ wollen die Dinge gar erklären, indem sie „in den Personen die Zahlen suchen“ (HW 4/109), d.h. Cäsar und Napoleon nach ihren Schulden beurteilen und daraus schließen, deshalb hätten sie die Welt erobern wollen.

Den Unterschied zwischen Absolutismus und Despotismus erklärt Heine so: „Der Despot handelt nach der Willkür seiner Laune, der absolute Fürst handelt nach Einsicht und Pflichtgefühl“ (HW 4/118).

Der konstitutionelle Herrscher werde durch seine Minister regiert, die dementsprechend auch für Fehler verantwortlich seien. Das mache den konstitutionellen Herrscher unverletzlich. Der absolute Herrscher fordere dagegen Gehorsam von seinen Ministern, so daß diese nur ihm verantwortlich seien.

Die Deutschen hält Heine für Royalisten (wie er selbst einer ist). Er denkt nicht, daß er noch eine deutsche Revolution oder gar eine deutsche Republik erlebt. Doch eines Tages werde es soweit sein. „Denn die Republik ist eine Idee, und noch nie haben die Deutschen eine Idee aufgegeben, ohne sie bis in allen ihren Konsequenzen durchgefochten zu haben“ (HW 4/164). Ein vereinigtes Deutschland betrachtet Heine als „die furchtbarste Macht der Welt“ (HW 4/165).

Den Royalismus charakterisiert Heine als die Achtung vor Autoritäten. Beim Republikanismus sei das Gegenteil der Fall: ein Republikaner achte nur die Gesetze und fordere von deren Vertretern ständig Rechenschaft. Er beobachte sie mißtrauisch und kontrolliere sie. Die Franzosen seien ihrem Wesen nach republikanisch. Bei ihnen gebe es keine unbestrittenen Autoritäten mehr.

Heines Feststellung, daß „alle geschriebene Konstitutionen […] uns nichts helfen“ können, „solange wir das Adeltum nicht von Grund aus vernichten“ (HW 4/177), ist nicht als Aufforderung zur Ermordung aller Adeligen zu verstehen. Denn Heine meint „es in der jüngsten Zeit bewiesen zu haben, daß meine Befehdung nur die Prinzipien und nicht leiblich unmittelbar die Person der Gegner trifft“ (HW 4/175).

Elementargeister (1834)

Heine trägt liebevoll die Volkssagen zusammen, nimmt aber selbst einen sehr skeptischen Standpunkt ein. Das erfährt man eher beiläufig: „Bei uns gibt es Schelme und Dummköpfe, welche sich Mühe geben, den Glauben an den Teufel und an höllischen Hexenfrevel philosophisch wieder herzustellen“ (HH 9/48).

Allerdings zieht er moralische Lehren aus den Geistergeschichten. So schreibt er angesichts der Sage von den Schwanenjungfrauen, die ihren menschlichen Gatten nicht nach seiner Herkunft fragen dürfen: „Aber es ist auch wirklich verdrießlich, wenn die Weiber zu viel fragen. Braucht eure Lippen zum Küssen, nicht zum Fragen, ihr Schönen! Schweigen ist die wesentlichste Bedingung des Glückes. Wenn der Mann die Gunstbezeugungen seines Glückes ausplaudert, oder wenn das Weib nach den Geheimnissen ihres Glückes neugierig forscht, dann gehen sie beide ihres Glückes verlustig“ (HH 9/21).

Heines Moral aus dem Märchen der Brüder Grimm von den „drei wunderlichen Spinnerinnen“, von denen eine „einen Plattfuß [„‚vom Treten'“], die andere einen breiten Daumen [„‚vom Fadendrehen'“], und die dritte eine Hängelippe [„‚vom Lecken'“]“ hat: wirksamer als die Arbeit sei das Glück (HH 9/30ff).

Übrigens gebe es in dieser Hinsicht einen Unterschied zwischen Franzosen und Deutschen: Während erstere Heine „immer nach der Moral“ dieses Märchens fragen, fragen die Deutschen „nur im wirklichen Leben“ nach der Moral, „nicht aber bei den Schöpfungen der Poesie“ (HH 9/32).

Beim Teufel hebt Heine hervor, daß er „jede Gestalt annehmen“ kann. Insofern könne man ihn nicht als „häßlich“ bezeichnen (HH 9/43). Ansonsten betont Heine beim Teufel „seine Disputiersucht, seine Sophistik, seine ‚Syllogismen'“ (HH 9/44):

„Der Teufel ist ein Logiker. Er ist nicht bloß der Repräsentant der weltlichen Herrlichkeit, der Sinnenfreude, des Fleisches, er ist auch Repräsentant der menschlichen Vernunft […]; und er bildet somit den Gegensatz zu Christus, der nicht bloß den Geist, die asketische Entsinnlichung, das himmlische Heil, sondern auch den Glauben repräsentiert. Der Teufel glaubt nicht, er stützt sich nicht blindlings auf fremde Autoritäten, er will vielmehr dem eigenen Denken vertrauen, er macht Gebrauch von der Vernunft! Dieses ist nun freilich etwas Entsetzliches, und mit Recht hat die römisch-katholisch-apostolische Kirche das Selbstdenken als Teufelei verdammt und den Teufel, den Repräsentanten der Vernunft, für den Vater der Lüge erklärt“ (HH 9/45f).

Das ist natürlich ironisch zu verstehen. In dieser Passage ist mehrerlei ganz falsch:

  • Auch Jesus setzte auf selbständiges Denken (vgl. seinen individuellen Umgang mit den alttestamentlichen Geboten).
  • Heine macht den Teufel besser als er ist: falls er die Logik beherrschen würde und vernünftig wäre, würde er keinen Schaden anrichten. Er versteht unter „Teufel“ eher die Ketzer im Sinne der Kirche, zu denen er selbst gehört.
  • Die Kirche kommt bei Heine schlechter weg, als sie ist: Schon im vierten Evangelium gilt der Teufel als „‚Vater der Lüge'“ (Joh 8,44).

Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland (1834/52)

Das Werk entstand auf die Bitte von Barthélemy Prosper Enfantin (1796-1864) hin, der die Saint-Simonisten in Paris anführte. Heine sollte den Franzosen über Religion und Philosophie in Deutschland berichten. Den zweiten Teil von Enfantins Bitte, nämlich einen Vergleich mit der Lehre der Saint-Simonisten zu ziehen, erfüllte Heine nicht.

Heine selbst faßt seine Schrift so zusammen: Es geht darum, „was das Christentum ist, wie es römischer Katholizismus geworden, wie aus diesem der Protestantismus und aus dem Protestantismus die deutsche Philosophie hervorging“ (HW 5/14). Er wolle hervorheben, „wie die Philosophen mehr oder minder miteinander verwandt sind“ und „nur die Verwandtschaftsgrade und die Erbfolge“ zeigen“ (HW 5/63). Außerdem geht es ihm darum, „das Studium der deutschen Philosophie in Frankreich zu erleichtern“ (HW 5/99).

In der Vorrede zur zweiten Auflage (1852) bezeichnet Heine das Werk als „Fragment“ und wünscht, daß es nicht mehr gedruckt werde, da sich seine religiösen Ansichten inzwischen geändert hätten. Weder sei der Deismus theoretisch widerlegt noch habe die Kritik an den Gottesbeweisen „dem Dasein Gottes selber ein Ende gemacht“ (HW 5/9).

Bei der Darstellung der „mittelalterlichen Sitten und Legenden“ unterscheidet Heine zwei Formen: „Die Behandlung ist klassisch, wenn die Form des Dargestellten ganz identisch ist mit der Idee des Darzustellenden […]. Die Behandlung ist romantisch, wenn die Form nicht durch Identität die Idee offenbart, sondern parabolisch diese Idee erraten läßt“ (HW 5/50).

In der neueren Geistesgeschichte nennt Heine drei Rebellen: „Wie Luther das Papsttum, so stürzte Mendelssohn den Talmud […]. Er zerstörte hierdurch den jüdischen, wie Luther den christlichen Katholizismus“ (HW 5/84). Lessing habe als „der dritte Befreier“ das Werk Luthers fortgesetzt (HW 5/86). Heine hebt besonders Lessings „Wahrheitsliebe“ hervor: Er habe „der Lüge nicht die mindeste Konzession“ gemacht (HW 5/87).

Kant dagegen hält Heine für einen schlimmeren Terroristen als Robespierre. Beide seien ehrlich, mißtrauisch und spießbürgerlich gewesen. „Kant hat durch den schwerfälligen, steifleinenen Stil seines Hauptwerks sehr vielen Schaden gestiftet. Denn die geistlosen Nachahmer äfften ihn nach in dieser Äußerlichkeit“ (HW 5/98). Kants „Kritik der reinen Vernunft“ sei eine Tragödie, seine „Kritik der praktischen Vernunft“ eine „Farce“, in der er „den Leichnam des Deismus, den die theoretische Vernunft getötet“ habe, wiederbelebt habe (HW 5/105).

Daran, ob alle Aussagen Heines über Gott ernst zu nehmen sind, kann man zweifeln. Er schreibt: „Einst im Traume, erinnere ich mich, sah ich Gott, ganz oben in der weitesten Ferne. Er schaute vergnüglich zu einem kleinen Himmelsfenster hinaus, ein frommes Greisengesicht mit einem kleinen Judenbärtchen“ (HW 5/104).

Fichtes Religionsphilosophie findet Heine widerwärtig: „Wir, die wir an einen wirklichen Gott glauben, […] die wir einen sichtbaren Gott verehren in der Natur und seine unsichtbare Stimme in unserer eigenen Seele vernehmen: wir werden widerwärtig berührt von den grellen Worten, womit Fichte unseren Gott für ein bloßes Hirngespinst erklärt und sogar ironisiert“ (HW 5/122f). „Den Juden, was doch die Deisten am Ende alle sind, mußte Fichte ein Greuel sein; dem großen Heiden [Goethe] war er bloß eine Torheit“ (HW 5/119).

Heines Prophezeiung am Schluß des Werkes könnte man auf das Dritte Reich beziehen: „Es wird ein Stück aufgeführt werden in Deutschland, wogegen die französische Revolution nur wie eine harmlose Idylle erscheinen möchte“ (HW 5/141).

Die Zensur kürzte den Text nicht nur, sondern nahm ihn „auch mit zum Anlaß für das Verbot der Jungdeutschen durch den Bundestagsbeschluß vom 10. Dezember 1835“ (Ulf Eisele und Redaktion KLL, in: KNLL 7/566).

Die romantische Schule (1835)

Heine kritisiert die Romantiker im Kontrast zum Humanismus und Weltbürgertum eines Lessing, Herder, Schiller, Goethe und Jean Paul. Doch hier geht es mir nicht um Literaturkritik, sondern um die philosophischen Gedanken in dem Text.

Bei Franzosen und Deutschen stellt Heine zweierlei Patriotismus fest: „Der Patriotismus der Franzosen besteht darin, daß sein Herz erwärmt wird […]; der Patriotismus des Deutschen hingegen besteht darin, daß sein Herz enger wird, daß […] er das Fremdländische haßt, daß er nicht mehr Weltbürger, nicht mehr Europäer, sondern nur ein enger Deutscher sein will“ (HW 4/207).

Heine beanstandet auch die Konversionen von Friedrich Schlegel, Tieck, Novalis und anderen zum Katholizismus. Eine „freie Forschung in der christlichen Religion“ findet Heine nur bei den Protestanten. Deshalb nennt er „Geistesfreiheit und Protestantismus zusammen“ (HW 4/210). Schelling habe „die Philosophie an die katholische Religion“ verraten (HW 4/262).

Die Anstrengungen der Jesuiten, um den Katholizismus zu erhalten, hält Heine für fruchtlos, denn „in ihren Gedichten weht kein freier Geist, sondern seufzt nur der zitternde Gehorsam für die Oberen des Ordens; und gar in ihren Bauwerken sieht man nur eine ängstliche Unfreiheit, steinerne Schmiegsamkeit, Erhabenheit auf Befehl. Mit Recht sagte einst Barrault: Die Jesuiten konnten die Erde nicht zum Himmel erheben, und sie zogen den Himmel herab zur Erde. […] Aus der Lüge kann kein Leben erblühen, und Gott kann nicht gerettet werden durch den Teufel“ (HW 4/267).

Shakespeares Mädchen und Frauen. Erläuterungen (1838)

Heines Erläuterungen beziehen sich auf 45 Zeichnungen (Kupferstiche) von Frauen und Mädchen in Shakespeares Dramen. Er betrachtet Shakespeare nicht nur als „den größten aller Dichter“ (SS 7/184), sondern auch als Historiker:

  • „Die sogenannte Objektivität, wovon heut so viel die Rede, ist nichts als eine trockene Lüge; es ist nicht möglich, die Vergangenheit zu schildern, ohne ihr die Färbung unserer eigenen Gefühle zu verleihen“ (SS 7/179).
  • „Aber Shakespeares divinatorisches Auge sieht oft Dinge, wovon die Chronik nichts meldet, und die dennoch wahr sind“ (SS 7/223). Er „verstand, die Lakunen [Lücken] der Historie zu füllen“ (SS 7/229). „Er ist ein in die Vergangenheit schauender Prophet“ (SS 7/230).
  • Heine betrachtet „auch die frappante Ähnlichkeit, welche sich zwischen seinen alten Königen und jenen Königen der Jetztzeit kund gibt“, als Bürgschaft für die „Wahrheit seiner Schilderungen“ (SS 7/230).

Die Deutschen wollen laut Heine wissen, und versäumen darüber das Leben. Inbezug auf die Reinheit ihrer Sitten vergleicht er Juden und Deutsche. Er meint: „beide Völker sind sich ursprünglich so ähnlich, daß man das ehemalige Palästina für ein orientalisches Deutschland ansehen könnte, wie man das heutige Deutschland für die Heimat des heiligen Wortes, für den Mutterboden des Prophetentums, für die Burg der reinen Geistheit halten sollte“ (SS 7/258).

Auch „das übrige Europa erhebt sich zu den Juden“, da es allmählich das Nationalgefühl durch ein Weltbürgertum ersetze, das Jesus propagiert habe. Laut Flavius Josephus habe es in Jerusalem Republikaner gegeben, „die sich den königlich gesinnten Herodianern entgegensetzten, am mutigsten fochten, niemanden den Namen ‚Herr‘ gaben, und den römischen Absolutismus aufs ingrimmigste haßten; Freiheit und Gleichheit war ihre Religion. Welcher Wahn!“ (SS 7/258)

Heine hält Demokratie und Monarchie nicht für Gegensätze: „Die beste Demokratie wird immer diejenige sein, wo ein Einziger als Inkarnation des Volkswillens an der Spitze des Staates steht, wie Gott an der Spitze der Weltregierung“ (SS 7/201).

Auch Republikanismus und Aristokratismus hält Heine nicht für Gegensätze: Er meint, „daß der Geist des Republikanismus in einer gewissen engbrüstigen Eifersucht besteht, die nichts über sich dulden will“ (SS 7/201).

Auf der Suche nach den Wurzeln des Antisemitismus diskutiert Heine die Feindschaft zwischen Kain und Abel, fragt aber auch, ob die Religion „überhaupt nur Vorwand“ sei, „und die Menschen hassen sich, um sich zu hassen, wie sie sich lieben, um sich zu lieben? Auf welcher Seite ist die Schuld bei diesem Groll?“ (SS 7/259)

Er zitiert ausführlich aus einem privaten Brief, von dem Klaus Briegleb aufgrund des Inhalts vermutet, daß er von Rahel Varnhagen stammt, die Heine „über den Saint-Simonismus geschrieben hat und die er in den Memoiren verarbeiten wollte“ (SS 8/890).

In diesem Brief heißt es: „‚Ich verdamme nicht den Haß, womit das gemeine Volk die Juden verfolgt; ich verdamme nur die unglückseligen Irrtümer, die jenen Haß erzeugten. […] Das gemeine Volk haßte in den Juden immer nur die Geldbesitzer'“ (SS 7/259). „Man zwang sie reich zu werden und haßte sie dann wegen ihres Reichtums'“ (SS 7/261).

Angesichts des fanatischen Blicks von Juden in einer Synagoge meint Heine, daß sie von ihrer Religion „niedergedrückt und inkurabel werden.“ Das sagt er im Hinblick auf das Martyrium, das sie bereits hinter sich haben und das ihnen noch bevorstehe (SS 7/265).

In „Beziehung auf Shakespeares Dramen aus der englischen Geschichte“ enthält sich Heine „aller historischen und philosophischen Betrachtungen“. Denn das „Thema jener Dramen ist noch immer nicht ganz abgehandelt, so lange der Kampf der modernen Industriebedürfnisse mit den Resten des mittelalterlichen Feudalwesens unter allerlei Transformationen fortdauert. Hier es es nicht so leicht, wie bei den römischen Dramen, ein entschiedenes Urteil auszusprechen“ (SS 7/225).

Ludwig Börne. Eine Denkschrift (1840)

Ludwig Börne (1789-1837) hat „dem Napoleonverehrer und gemäßigten Royalisten Heine“ vorgeworfen, er habe die politische Revolution verraten (Richard Heckner, in: KNLL 7/575). Heine konterte erst nach Börnes Tod damit, daß er ihm mangelnde Aufgeklärtheit und Unterwerfung unter den Zeitgeist vorwarf.

Er betrachtete Börne als den bedeutendsten Repräsentanten der deutschen Revolutionäre in Paris. Heine selbst dagegen hielt eine Revolution für „ein Unglück, aber ein noch größeres Unglück ist eine verunglückte Revolution“ (HW 5/236). Er dachte, „daß namentlich in Deutschland durch Tumult und Straßenauflauf wenig gefördert wird“ (HW 5/238). „In Revolutionszeiten bleibt uns nur die Wahl zwischen Töten und Sterben“ (HW 5/249).

Heine erzählt, auf dem Hambacher Fest vom 27. – 30. Mai 1832 hätten die Revolutionäre darüber gestritten, ob sie „auch wirklich kompetent seien, im Namen von ganz Deutschland eine Revolution anzufangen“ (HW 5/241).

Es handelte sich um die erste deutsche „demokratisch-republikanische Massenversammlung“ mit ca. 20000 – 30000 Teilnehmern, „die unter den Farben Schwarz-Rot-Gold ein Bekenntnis für Deutschlands Einheit und Freiheit ablegten. […] Der Deutsche Bund antwortete mit weiterer reaktionärer Unterdrückungspolitik (Sechs Artikel 1832) und der Demagogenverfolgung“ (MEL 11/358).

Die Sechs Artikel „legten die Bundesmitglieder auf das monarchische Prinzip fest, bedrohten steuerverweigernde Ständekammern mit der Bundesexekution und etablierten für sechs Jahre eine Kommission zur Überwachung der landständischen Verhandlungen“ (MEL 21/476).

Im Rahmen der Demagogenverfolgung wurden Universitäten überwacht, studentische Verbindungen verboten und politische Druckschriften verschärft zensiert. „Spektakulär war insbesondere die Tätigkeit der Mainzer Zentraluntersuchungskommission zur Aufklärung bundesfeindlicher ‚revolutionärer Umtriebe und demagogischer Verbindungen'“ (MEL 6/401).

Heines Gewährsmann zufolge, „der als wahrheitsliebender Republikaner bekannt“ war „und selber zu Hambach in dem Komitee saß, wo man über die anzufangende Revolution debattierte“, wurden „diejenigen, welche zur raschen Tat rieten, durch die Mehrheit überstimmt […], und die Entscheidung lautete: ‚man sei nicht kompetent'“ (HW 5/241).

Tatsächlich waren die deutschen Revolutionäre zerstritten. Es gab „eigentlich nur zwei grundverschiedene Parteien“, nämlich die Liberalen und die Konservativen. „Die Wissenden unter den Liberalen verhehlten einander nicht, daß ihre Partei, welche den Grundsätzen der französischen Freiheitslehre huldigte, zwar an Zahl die stärkere, aber an Glaubenseifer und Hülfsmitteln die schwächere sei.“ Denn „die Worte ‚Vaterland, Deutschland, Glauben der Väter usw.‘ elektrisieren die unklaren Volksmassen noch immer weit sicherer als die Worte ‚Menschheit, Weltbürgertum, Vernunft der Söhne, Wahrheit…!'“ (HW 5/248)

Börne „wußte […], daß er von Spionen umgeben war“, und sagte zu Heine, wenn er wüßte, welche Regierung den Kerl bezahle, der an ihm klebe, würde er dieser Regierung „’schreiben, daß ich das Geld selbst verdienen möchte, daß ich selber ihr täglich einen gewissenhaften Rapport abstatten wolle, wie ich den ganzen Tag zugebracht, mit wem ich gesprochen, wohin ich gegangen“. Er wäre sogar mit der halben Bezahlung zufrieden (HW 5/252).

Heine zitiert eine „Stelle in Börnes Pariser Briefen, wo er am unumwundensten mich angriff“, die er allerdings nicht auf sich, sondern auf Börne selbst anwendet: sie sei „charakteristisch zur Beurteilung des Mannes selbst, seines Stiles, seiner Leidenschaft und seiner Blindheit“ (HW 5/290).

Börne schrieb am 25.2.1833 folgendes: Heine sei eigentlich „‚ein ehrlicher Mann'“ (HW 5/295). Deshalb würde jeder Leser sofort merken, „‚wenn er, sein eigenes Wesen verkennend, doch lügt, doch heuchelt, ernsthaft scheint, wo er lachen, demütig, wo er spotten möchte'“ (HW 5/296).

Im Hinblick auf Heines „Französische Zustände“ meint Börne: „‚Weil er oft noch etwas anders sein will als ein Dichter, verliert er sich oft. […] Darum rührt er auch nicht, wenn er weint […]. Darum überzeugt er nicht, wenn er auch die Wahrheit spricht; denn man weiß, daß er an der Wahrheit nur das Schöne liebt. Aber die Wahrheit ist nicht immer schön, sie bleibt es nicht immer'“ (HW 5/292).

Heine verteidigte sich nicht gegen diese Vorwürfe, denn er war sich „der Redlichkeit meines Willens und meiner Absichten bewußt“ (HW 5/297).

Lutetia – Berichte über Politik, Kunst und Volksleben (1840-43)

„Lutetia“ ist der antike Name von Paris. Es handelt sich wie bei den „Französischen Zuständen“ um eine Art politisches und kulturelles Tagebuch, in dem Heine seine Beobachtungen „als Philosoph“ niederlegte (SS 9/355).

Politik. Besonders betont er den Konflikt zwischen den proletarischen Kommunisten, deren zukünftige Herrschaft er befürchtet, deren Kosmopolitismus er aber schätzt, und den haßerfüllten bürgerlichen Nationalisten. Das Weltbürgertum der Kommunisten hält er für „ganz übereinstimmend […] mit dem Grunddogma des Christentums, so daß sie [die areligiösen bzw. atheistischen Kommunisten] in Wesen und Wahrheit viel christlicher sind als unsre deutschen [nationalistischen] Maulchristen, die das Gegenteil predigen und üben“ (SS 9/233).

Doch die Lügen und der offen ausgesprochene Terror der Kommunisten bereiten Heine und den französischen Bürgern Sorgen. Gegen den Vorwurf, sie wollten „das Eigentum abschaffen“, verteidigen sich die Kommunisten damit, „sie wollten im Gegenteil das Eigentum auf eine breitere Basis etablieren, sie wollten ihm eine umfassendere Organisation verleihen.“ Ein kommunistischer Freund von Heine teilte ihm mit, daß das Eigentum nicht abgeschafft, sondern lediglich umdefiniert werden solle (SS 9/422).

Die Lösung der „Kamelfrage“ des „göttlichen Kommunisten“ Jesus, wie ein Reicher in den Himmel kommen könne (Mt 19,23f), ist für Heine die Voraussetzung des Heiles der Armen. Begründung: „Die Reichen würden weniger hartherzig sein, wenn sie nicht bloß auf Erdenglück angewiesen wären und nicht die Armen beneiden müßten, die einst dort oben in Floribus [im Überfluß] sich des ewigen Lebens gaudieren. […] Wüßten die Reichen, daß sie dort oben wieder in aller Ewigkeit mit uns gemeinsam hausen müssen, so würden sie sich gewiß hier auf Erden etwas genieren und sich hüten, uns gar sehr zu mißhandeln“ (SS 9/453f).

Der Inhalt der Aufsätze aus sozialistischer Sicht: Heine „enthüllte […] das wahre Gesicht des Bourgeoisstaates mit allen seinen verabscheuungswürdigen Zügen des Geizes, der Raffgier, der Selbstsucht und dem elenden Krämergeist der Bankiers und Kaufleute. Die bittere Lehre, daß die Leute, die so unermüdlich die Revolution des 18. Jahrhunderts vorbereitet hätten, erröten müßten, wenn sie sähen, für welche Menschen sie gearbeitet hätten, brachte ihn zu der Überzeugung von der Unvermeidlichkeit der proletarischen Revolution. Heine sah, wie verächtlich die herrschende Bourgeoisie war, deren gemeine und lächerliche Überheblichkeit und vollkommene Nichtigkeit er zwanzig Jahre lang bloßgestellt hatte“ (Anmerkung des Herausgebers, HW 5/474f).

Dunkle Machenschaften gedeihen Heine zufolge nur im Verborgenen: „Zwischen Völkern, die eine freie Presse, unabhängige Parlamente und überhaupt die Institutionen des öffentlichen Verfahrens besitzen, können die Mißverständnisse, die durch die Intrigen von Hofjunkern und durch die Unholde der Parteisucht angezettelt werden, nicht auf die Länge fortdauern. Nur im Dunkeln kann die dunkle Saat zu einem unheilbaren Zerwürfnis emporwuchern“ (SS 9/341).

Heine betont, daß das Bürgertum die Französische Revolution „1789 begonnen und 1830 vollendet“ habe. Das Bürgertum halte das Volk „bis jetzt im Zaum“, „das nicht bloß Gleichheit der Gesetze, sondern auch Gleichheit der Genüsse verlangt“ (SS 9/324). Er kritisiert die „Gleichheitsraserei“: „kein Mensch und kein Menschenwerk soll über ein bestimmtes Kommunalmaß hervorragen, und der Baukunst ebensogut wie der epischen Poesie droht der Untergang“ (SS 9/382).

Kunst. Heines Beurteilung von Victor Hugo halte ich für ungerecht (seine Texte seien geschmacklos, verlogen und kalt), seine Beurteilung von George Sand erscheint mir nichtssagend (wenn man von den Indiskretionen absieht): „‚George Sand hat Wahrheit, Natur, Geschmack, Schönheit und Begeisterung'“ (SS 9/267).

Seine Zweifel an der „Unsterblichkeit“ der Opern von Meyerbeer scheinen sich bewahrheitet zu haben (SS 9/296). Heine betrachtet Meyerbeer als Manipulateur, der Menschen dafür einspannte, ihn zu rühmen und zu preisen. Ferdinand Hiller soll den Erfolg seiner Opern als Ergebnis von Meyerbeers Politik betrachtet haben.

Heine zitiert ausführlich Spontini: Der preußische König habe Meyerbeer ausgezeichnet, damit dieser sein Geld in Berlin ausgebe. Heine fand das löblich zum Wohl der Stadt, doch Spontini meinte, der König hasse die Musik und wolle, daß sie durch das Lob schlechter Musik untergehe.

Spontinis „Hypothese“, Meyerbeer habe seine Opern nicht selbst geschrieben, sondern sie hier und da zusammengestohlen, hielt Heine für nicht ganz unwahrscheinlich (SS 9/294). Spontini meinte sogar, Meyerbeer würde nicht davor zurückschrecken, Gegner ins Irrenhaus einsperren zu lassen. Das überzeugte Heine aber nicht, da Spontini ja noch frei herumlaufe. Auch Donizetti, Mendelssohn, Rossini und Halevy seien „’noch nicht aus dem Wege geräumt'“ (SS 9/295).

An Franz Liszt rühmt Heine, daß man bei seinem Klavierspiel „nicht mehr an überwundene Schwierigkeit“ denke, sondern die Musik sich offenbare (SS 9/358). Chopin dagegen sei „viel mehr Komponist als Virtuose“ (SS 9/442).

Ansonsten beklagt Heine beim virtuosen Klavierspiel den „Sieg des Maschinenwesens über den Geist“ und die „Ausbeutung der Journale und der Journalisten“, um berühmt zu werden (SS 9/435). Er weist darauf hin, daß gerade „die größten Meister“ häufig „von äußern und innern Einflüssen“ abhängig seien. Zum Beispiel habe Paganini mal besser als alle andern, mal schlechter als alle andern gespielt (SS 9/437).

Das „Höchste in der Kunst“, nämlich „die selbstbewußte Freiheit des Geistes“, lasse „sich weder lehren noch lernen“ (SS 9/437).

Beim Ballett stört ihn der Gegensatz zwischen der Prüderie der Bewegungen und der Lasterhaftigkeit der Blicke. Da sind ihm die sinnlichen Nationaltänze lieber, bei denen der Gesichtsausdruck der Tanzenden ernst sei. Das „moralisiert diesen Tanz und erhebt ihn sogar zum Kultus“ (SS 9/392). Den Cancan definiert er als denjenigen Tanz, der von der Polizei unterbunden werde.

Juden. Ob Heine daran dachte, daß das, was er über die zum Christentum konvertierten Juden schrieb, auch für ihn selbst gelten könnte? Er meinte, unter ihnen seien „viele, die aus feiger Hypokrisie über Israel [= die Juden] noch ärgere Mißreden führen, als dessen geborne Feinde“ (SS 9/277).

Jedenfalls stellt er „das Interesse der Wahrheit“ über das Interesse der Personen und hält es deshalb im Hinblick auf die Pariser Juden für „möglich, daß unser Zeugnis eher gegen sie als für sie spräche“. Was ist davon zu halten, wenn er schreibt: „Bei den französischen Juden, wie bei den übrigen Franzosen, ist das Gold der Gott des Tages und die Industrie ist die herrschende Religion“ (SS 9/274)?

Heine meint, der Geiz der Juden sei noch größer als ihr Reichtum. „Hie und da freilich gibt es Beispiele, daß die Eitelkeit die verstockten Taschen der Juden zu erschließen verstand, aber dann war ihre Liberalität noch widerwärtiger als ihre Knickerei“ (SS 9/276).

Gesellschaft. Besonders die Zerstrittenheit fällt Heine auf, im Parlament und außerhalb, bei Franzosen und Deutschen. Dabei erinnert er sich „immer der Worte unseres wohlbekannten Adam Gurowski, der den deutschen Patrioten jede Möglichkeit des Handelns absprach, weil unter zwölf Deutschen sich immer vierundzwanzig Parteien befänden: denn bei unserer Vielseitigkeit und Gewissenhaftigkeit im Denken habe jeder von uns auch die entgegengesetzte Ansicht mit allen Überzeugungsgründen in sich aufgenommen, und es befänden sich daher zwei Parteien in einer Person. Dasselbe ist jetzt bei den Franzosen der Fall“ (SS 9/385).

Ursachen für diese Zerrissenheit seien Materialismus, Eigennutz und Geldgier. Er meint, daß Gott kein Volk verlasse und seine Propheten schicke, um es aufzuwecken. Dabei setzt er seine Hoffnung auf die Soldaten, weil es bei ihnen „noch ein gewaltiges Nationalbewußtsein“ gebe (SS 9/386). Das Volk als Ganzes ist ihm eher suspekt: es zerreiße die einen, weil es wahnsinnig werde, und die andern, weil es wieder vernünftig werde.

Philosophie. Heine hielt die deutsche Philosophie für „sehr kalt, fast frostig abstrakt und ungläubig bis zur Negation des Allerhöchsten.“ Napoleon, der sich von einem französischen Gelehrten über Kant informieren ließ, sprach dessen Philosophie einen praktischen Nutzen ab (SS 9/401).

Ein Bankier erzählte Heine, daß einer seiner Kunden ganz ohne Philosophie zu Geld gekommen sei, und in Zukunft noch mehr verdienen werde.

In seinen Neujahrsgrüßen für das Jahr 1843 schrieb Heine, er „wünsche den Dummen ein bißchen Verstand und den Verständigen ein bißchen Poesie. Den Frauen wünsche ich die schönsten Kleider und den Männern sehr viel Geduld. Den Reichen wünsche ich ein Herz und den Armen ein Stückchen Brot. Vor allem aber wünsche ich, daß wir in diesem neuen Jahr einander so wenig als möglich verleumden mögen“ (SS 9/428).

Strafrecht. Heine diskutiert vier Straftheorien: die Vergeltungstheorie, die Abschreckungstheorie, die Besserungstheorie und die Präventionstheorie. Er ist für die Todesstrafe „als Notwehr“ (SS 9/518).

Geständnisse (1853/54)

In dieser autobiographischen Schrift stellte Heine unter „dem Einfluß der dialektischen Fortschrittsphilosophie HEGELS […] die Geschichte als Prozeß kontinuierlicher menschlicher Emanzipation dar und wies dogmatisches Religionsverständnis zugunsten der Denkfreiheit und des Rechts auf diesseitige Glückseligkeit zurück“ (Richard Heckner, in: KNLL 7/572f).

Bemerkenswert sind Heines Ansichten über Rousseau: Er hält ihn für verlogen und unnatürlich. „Auch hat er seine Kinder nicht ins Findelhaus geschickt, sondern nur die Kinder von Mademoiselle Therese Levasseur.“ Rousseau hätte „nicht der Vater jener Kinder sein“ können; „der eitle Brummbär wollte sich lieber für einen barbarischen Vater ausgeben, als daß er den Verdacht ertrüge, aller Vaterschaft unfähig gewesen zu sein. […] Sein Selbstporträt ist eine Lüge“ (HW 5/320).

Heines Ablehnung des Kommunismus hat nichts mit Angst um seinen Besitz oder der Sorge von Geschäftsleuten zu tun, sie würden bei ihren Ausbeutungsgelüsten behindert: „nein, mich beklemmt vielmehr die geheime Angst des Künstlers und des Gelehrten, die wir unsre ganze moderne Zivilisation, die mühselige Errungenschaft so vieler Jahrhunderte, die Frucht der edelsten Arbeiten unserer Vorgänger, durch den Sieg des Kommunismus bedroht sehen“ (HW 5/340).

Hegel zu verstehen, hat Heine viel Mühe bereitet. Er meint, Hegel „wollte gar nicht verstanden sein, und daher sein verklausulierter Vortrag, daher vielleicht auch seine Vorliebe für Personen, von denen er wußte, daß sie ihn nicht verständen, und denen er um so bereitwilliger die Ehre seines näheren Umgangs gönnte“ (HW 5/344).

„Felix Mendelssohn suchte einst dieses Phänomen zu erklären, indem er behauptete: Hegel verstände den Heinrich Beer nicht“, der nicht mit Geld umgehen konnte, einen Bruder des Giacomo Meyerbeer. Heine dagegen glaubt, „der wirkliche Grund jenes intimen Umgangs bestand darin, daß Hegel überzeugt war, Heinrich Beer verstände nichts von allem, was er ihn reden höre, und er konnte daher in seiner Gegenwart sich ungeniert allen Geistesergießungen des Moments überlassen“ (HW 5/345).

Um Hegel zu verstehen, verfaßte Heine „eine allgemein verständliche Darstellung der ganzen Hegelschen Philosophie […]. Doch als das Werk endlich fertig war, erfaßte mich bei seinem Anblick ein unheimliches Grauen, und es kam mir vor, als ob das Manuskript mich mit fremden, ironischen, ja boshaften Augen ansähe. […] Autor und Schrift paßten nicht mehr zusammen“ (HW 5/346). Deshalb und weil er meinte, eine Veröffentlichung würde sowohl Hegel als den Lesern schaden, verbrannte er seine Darstellung.

Heine gesteht, daß sein Werk „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“ (s.o.) „die sündhaftesten Irrtümer“ enthalte (HW 5/350). Was er über Gott geschrieben habe, sei falsch gewesen. Hegels Dialektik könne weder einen Hund hinter dem Ofen hervorlocken noch eine „Katze töten, wieviel weniger einen Gott“ (HW 5/351).

Sein Verhältnis zur Bibel ist unklar: Einerseits meint er, die Abschirmung der Bibel vom Volk durch die katholische Kirche sei klug gewesen, andererseits habe die Verbreitung der Bibel seit Luther „die segensreichsten Früchte hervorgebracht“ (HW 5/358). Doch der Ton, in dem Heine diese Früchte darstellt, ist so ironisch gehalten, daß man an der Ernsthaftigkeit seiner Ausführungen zweifelt.

Dieser Zweifel wird durch folgende Passage bestärkt: „Es gibt wahrhaftig keinen Sozialisten, der terroristischer wäre als unser Herr und Heiland, und bereits Moses war ein solcher Sozialist“ (HW 5/360).

Memoiren (1884)

Schon 1823 dachte Heine an die Niederschrift seiner Erinnerungen. 1833 verbrannten die ersten Notizen im Haus seiner Mutter. „Als die tödliche Krankheit ihn auf das Siechbett warf, erpreßten seine Verwandten von ihm die Vernichtung der Teile, in denen sich die Familie kritisiert fühlte“ (Anmerkung des Herausgebers, HW 5/471). „Zu allem Überfluß entfernte sein Bruder Maximilian aus der zweiten, vorliegenden Fassung ganze Partien“ (HW 5/472). So wurden die Memoiren erst lange nach Heines Tod veröffentlicht.

Als Jurastudent lernte Heine das römische Recht kennen: „Diese Räuber wollten ihren Raub sicherstellen, und was sie mit dem Schwerte erbeutet, suchten sie durch Gesetze zu schützen“. Während das Eigentum ursprünglich nur eine Tatsache gewesen sei, hätten die römischen Diebe die „Theorie des Eigentums“ entworfen. Das römische Recht stehe „im grellsten Widerspruch mit der Religion, der Moral, dem Menschengefühl und der Vernunft“ (HW 5/384).

Wer sich über Heines Schriften wundert, die von Elementargeistern (s.o.), Göttern und dem Teufel handeln, erfährt hier, wie er darauf gekommen ist: Auf dem Dachboden seines Großvaters fand Heine nicht nur Bücher von Descartes, sondern auch von Paracelsus, van Helmont und Agrippa von Nettesheim.

In Die Götter im Exil (1836/53) behandelt Heine die Frage, was mit den griechischen Göttern passierte, als die Christen sie verteufelten. Laut Heinrich Kornmanns Buch Mons Veneris, das Heine für „die wichtigste Quelle für das ganze Thema“ hält, sind die Götter „nicht tot; sie sind unerschaffene, unsterbliche Wesen, die nach dem Siege Christi sich zurückziehen mußten in die unterirdische Verborgenheit, wo sie, mit den übrigen Elementargeistern zusammenhausend, ihre dämonische Wirtschaft treiben“ (HH 9/103).

Beim Doktor Faust (1847) handelt es sich um ein „Tanzpoem“, d.h. um eine Geschichte von Heine als Grundlage für ein Ballett. Bemerkenswert ist nur Heines Version des Teufelspakts: Faust schließt mit der Teufelin Mephistophela einen „Kontrakt, wodurch er für zeitliche irdische Genüsse seiner himmlischen Seligkeit entsagt“ (HH 9/60).

Die Göttin Diana (1853) ist eine Pantomime, die Heine als „Nachtrag zu den Göttern im Exil“ betrachtet. Darin will ein „junger deutscher Ritter“ der griechischen Göttin Diana in den Venusberg folgen, wird aber vom getreuen Eckart, der seine Seele retten will, im Zweikampf besiegt und getötet. Apollo und Bacchus auferwecken ihn. „Beide, der Ritter und Diana, knieen am Ende nieder zu den Füßen der Frau Venus, die ihren eignen Rosenkranz auf das Haupt Diana’s und Tannhäuser’s Rosenkranz auf des Ritters Haupt setzt“ (HH 9/143). Allegorisch verstanden wird hier die durch das Christentum unterdrückte Lebens- und Liebesfreude durch die Wiedergeburt der griechischen Antike (Renaissance) gerettet.

Zurück zu den „Memoiren“: Heine betrachtete jede Generation als „eine Fortsetzung der andern“ und machte sie „verantwortlich für ihre Taten“ (HW 5/397).

Ausgehend von der Behauptung patriotischer holländischer Linguisten, das Deutsche sei „nur ein verdorbenes Holländisch“, kommt Heine auf die Evolutionstheorie zu sprechen, welche „den Affen für den Ahnherrn des Menschengeschlechts erklärt“ (HW 5/407). Dafür, die Menschen als verdorbene Affen zu betrachten, spricht die Meinung der Senegalesen, „die Affen seien Menschen ganz wie wir, jedoch klüger, indem sie sich des Sprechens enthalten, um nicht als Menschen anerkannt und zum Arbeiten gezwungen zu werden“ (HW 5/408). Heine kommentiert: Vielleicht wollten die Menschen des 18. Jahrhunderts zur Natur zurückkehren, indem sie mit der Zopfmode an den Affenschwanz erinnerten.

Über die Toten: „Es ist so schwer, sich von dem Tod der Menschen zu überzeugen, die wir so innig liebten. Aber sie sind auch nicht tot, sie leben fort in uns und wohnen in unserer Seele“ (HW 5/408).

Würdigung und Kritik

Paul Fechter meint: Heines „Wesen ist in sich so widerspruchsvoll, daß es sehr wohl möglich ist, in einem Werk in reichem Maße Belege für die Berechtigung des Bewunderns sowohl wie für die des Scheltens aufzuzeigen. […] Kein zweiter, Goethe nicht ausgenommen, hat so wie er das Jahrhundert beherrscht“ (S. 243). Das bezieht sich allerdings auf Heines Gedichte.

Erwin Laaths urteilt, „daß fast alle der einst so vom Bürgertum gerühmten Gedichte Heines aus dem Buch der Lieder brüchig geworden sind“. Trotzdem würde die „Verzauberung der Nerven“ in Heines Gedichten sie auch heute noch „unwiderstehlich“ machen (S. 619). Seine Prosaschriften seien „nicht veraltet“. „Den Sozialismus verstand er ausschließlich ethisch und niemals staatsökonomisch“ (S. 620). Den Kommunisten kreidete Heine an, daß sie für Schönheit und Genie keinen Platz hätten.

Gero von Wilpert meint: Heines „Unvermögen, sich einer Empfindung noch rein hinzugeben, und die Aufrichtigkeit, die eine nicht vorhandene Unschuld des Gefühls nicht vortäuschen mag, leiten zur Ironie als der desillusionierenden Erhebung über den eigenen Standort“ (I 571).

Fritz Martini schreibt über Heine: „Seine scharfe, ununterdrückbare Spottsucht scheute nicht davor zurück, auch sich selbst zu verwunden“ (S. 361).

Friedrich G. Hoffmann und Herbert Rösch fassen Heines Befürchtungen für die Zukunft Europas so zusammen: „Er ahnte schaudernd, welche Barbarei über Europa hereinbrechen werde, sollten einmal die hochgespannten Ideen des deutschen Idealismus in einen nationalistisch-teutomanischen Blutrausch halbfreier und weltfremder Spießer pervertiert werden“ (S. 202).

Sie nennen folgende Gründe für die große Wirkung Heines: „Er liebte die Menschen, verteidigte ihre individuelle Freiheit, ihren Anspruch auf ein Leben in Schönheit und Muße und war bei allem Übermut und Feuer des Witzes immer auch ein beredter Anwalt der Unterdrückten, ein Moralist, der sich nicht blenden ließ. Dazu kam seine Konzeption von Weltpolitik und seine Leidenschaft für ein freies Europa auf der Basis deutsch-französischer Versöhnung“ (S. 203).

„Nach ihm griff erst NIETZSCHE wieder die gesamte Jahrhundert-Problematik auf“ (S. 204).

Hans Mayer beschreibt Heine als „‚einzigartigen Fall des Menschen ganz ohne Tradition, […] ohne geistige und gesellschaftliche Abhängigkeit, der alles wie ein Kind […] von außen betrachtet, um es zu betasten, zu schmecken, zu zerreißen'“ (zit. n. Hädecke 40).

Wolfgang Hädecke zeigt die Konsequenzen aus dieser Kindlichkeit Heines: „So wie er in der Traumzeit Phantasie und Wirklichkeit, Dichtung und Wahrheit manchmal nicht zu trennen vermochte, was ihn bis an die Grenze der Persönlichkeitsspaltung trieb, so stilisierte und verwandelte er später die Realität; die für ihn so bezeichnende Mischung von Erlebnis und Erfindung, von Wiedergabe und Erhöhung der äußeren und inneren Wirklichkeit hat ihren Ursprung in der Traumzeit“ (S. 58).

© Gunthard Rudolf Heller, 2023

Literaturverzeichnis

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FECHTER, Paul: Geschichte der deutschen Literatur 1 – Von ihren Anfängen bis ins 19. Jahrhundert, Gütersloh 1960

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HOFFMANN, Friedrich G. und RÖSCH, Herbert: Grundlagen, Stile, Gestalten der deutschen Literatur – Eine geschichtliche Darstellung, Frankfurt am Main 61973

ILLIG, Heribert: Das erfundene Mittelalter – Die größte Zeitfälschung der Geschichte, Düsseldorf/München 71999

JASPER, Willi: Ludwig Börne. Keinem Vaterland geboren – Eine Biographie, Berlin 2003

KAMMEIER, Wilhelm: Die Fälschung der deutschen Geschichte (1935), Struckum o.J. (Faksimiledruck)

– Die Wahrheit über die Geschichte des Spätmittelalters – Neue Beweise für die Fälschung der deutschen Geschichte (1936), Wobbenbüll 1979

– Die Fälschung der Geschichte des Urchristentums (1942-56), Wobbenbüll/Husum 1982

KINDLERS NEUES LITERATUR-LEXIKON, hg. v. Walter Jens, 21 Bände, München 1996 (KNLL)

LAATHS, Erwin: Geschichte der Weltliteratur – Eine Gesamtdarstellung (1953), München/Zürich 6o. J.

DIE MÄRCHEN DER BRÜDER GRIMM, München o.J.

MARTINI, Fritz: Deutsche Literaturgeschichte – Von den Anfängen bis zur Gegenwart (1965), Stuttgart 14o.J.

MEYERS ENZYKLOPÄDISCHES LEXIKON, 25 Bände, Mannheim/Wien/Zürich 91980/81 (MEL)

TOPPER, Uwe: Erfundene Geschichte – Unsere Zeitrechnung ist falsch. Leben wir im Jahr 1702?, München 1999

– Zeitfälschung – Es begann mit der Renaissance. Das neue Bild der Geschichte, München 2003

WILPERT, Gero von (Hg.): dtv-Lexikon der Weltliteratur – Autoren, München 1971

– Lexikon der Weltliteratur Band II – Hauptwerke der Weltliteratur in Charakteristiken und Kurzinterpretationen, Stuttgart 31993

Gunthard Heller

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