Die „5 Sekunden Regel“ oder „Wie man tut, was man will“

„Die 5 Sekunden Regel“ ist ein Modell von Mel Robbins, welches helfen soll, das eigene Verhalten zielorientiert zu ändern. In dieser Rezension zum Buch stellen wir die Methode und unsere Erfahrungen vor.

Rezi: Die fünf Sekunden Regel von Mel Robbins

Der Bestseller von Mel Robbins „Die 5 Sekunden Regel“ ist eines jener Bücher, die versprechen, unser Leben grundlegend zu verändern. Es geht der Frage nach, warum die meisten Menschen nicht tun, was sie wollen. Warum verharren wir in Routinen, die uns unglücklich machen?

Um unsere Ideen, Bedürfnisse und Wünsche in die Tat umzusetzen, braucht es einen Anstoß oder Handlungsimpuls, der die Dinge ins Rollen bringt. In diesem Kontext stellt sie ihre „5 Sekunden-Regel“ als eine Metamethode vor, die dazu dienen soll, das Erlernen neuer Verhaltensgewohnheiten zu erleichtern. In dieser Rezension will ich Ihnen die Idee der Autorin vorstellen und ihre Methode kritisch reflektieren.

Doch bevor ich auf die Methode selbst eingehe, will ich vorab kurz zusammenfassen, wie Mel Robins den Kontext beschreibt, damit verständlich wird, welchem Zweck die 5 Sekunden Regel dient.

Die '5 Sekunden Regel' oder 'Wie man tut, was man will'

Warum tun wir nicht, was wir wollen?

Laut einer Umfrage sind etwa ein Drittel aller Amerikaner mit ihrem Leben unzufrieden und geben an, nicht das zu tun, was sie wollen. Dieses Problem analysiert Mel Robins wie folgt:

Wenn uns nicht klar wäre, wie wir ein bestimmtes Ziel erreichen, könnte man heutzutage einfach in eine Bibliothek, ins Internet gehen oder Experten fragen und nach Lösungen suchen. Man findet für die meisten Problemstellungen Seminare, Bücher, Blogs oder sonstige Angebote von Menschen, die ein Problem bereits erfolgreich gelöst haben. Am Zugang zu wichtigen Informationen oder Hilfsangeboten mangelt es also nicht.

Schwieriger ist zu klären, was man will. Wie kommt man auf gute Ideen, die die eigene Lebenssituation verbessern? Manche formulieren hierzu zwar Wünsche, aber der Wunsch abzunehmen bringt niemanden aufs Laufband.

Die '5 Sekunden Regel' Rezension

Wir haben eher die Neigung Wünsche auf die lange Bank zu schieben und sind kreativ mit Ausreden, warum man gerade jetzt das Problem nicht angehen kann. Erst wenn die Kinder aus dem Haus sind – die Rechnungen bezahlt – die Kariere gesichert ist etc. – können wir endlich tun, was wir wollen.

Wir gewöhnen uns an, bei kreativen Ideen auf die Schlummertaste zu drücken – sie auf später zu verschieben. Viele sind nur damit beschäftigt, auf ihre „Lust“ oder guten Feelings zu warten. Man richtet sich Routinen ein, die das Notwendigste regeln. Solange das Gehirn auf Autopilot läuft und wir bei unbequemen Dingen die Notbremse ziehen können, ist alles in Ordnung.

Was den meisten Menschen fehlt, ist die Fähigkeit den Startknopf zu drücken und loszulegen. Die Aktivierungsenergie aufzubringen, um den eigenen Hintern zu heben. Denn wer abnehmen will, wird in den seltensten Fällen „Lust“ auf eine Diät haben. Mel Robins ist davon überzeugt, dass wir lernen müssen uns überwinden und dazu zu zwingen, dass zu tun, was getan werden muss, um unsere Wünsche und Bedürfnisse zu realisieren.

Die „Aktivierungsenergie“ ist die erforderliche Kraft, die es braucht, um etwas Anderes, Neues oder Ungewohntes zu machen. Hat man diese Hemmschwelle einmal überschritten, lösen sich auch andere Widerstände und das Umsetzen der gewünschten Tat wird immer leichter.

Zu lernen, wie man die Aktivierungsenergie zu rechten Zeit aufbringt, ist das Ziel der „5 Sekunden Regel“. Es ist eine Methode, die uns helfen soll, gute Ideen direkt umzusetzen.

(Anmerkung) Wer die Einführung lieber von Mel Robins persönlich hören will, kann sich auch den folgenden Video-Vortrag ansehen, den sie bei einer TED-Veranstaltung gehalten hat.

How to stop screwing yourself over | Mel Robbins | TEDxSF

Zum Aktivieren des Videos müssen Sie auf den Start-Button klicken. Wir weisen darauf hin, dass beim Starten des Videos Daten an YouTube übermittelt werden.

Wie funktioniert die 5 Sekunden Regel?

Die 5 Sekunden Regel soll also eine Art „Startschuss“ für eine bestimmte Tätigkeit sein, d. h. man muss sich vorab eine konkrete Handlung überlegen, die man umsetzen will. Sobald der Zeitpunkt für die Aktion gekommen ist, zählt man – wie bei einem Countdown – von 5 bis 1 und beginnt dann direkt mit der Handlung.

Für den Anfang ist empfehlenswert, mit relativ leichten Aufgaben / Herausforderungen zu beginnen, die man auch erfolgreich ausführen kann. Der Sinn dahinter ist, eine Art „Anfangsritual“ zu schaffen (oder sich einen festen Anker zu setzen), welches das Gehirn als erfolgreiche Erfahrung abspeichert.

Damit soll ein neues Netzwerk im Gehirn angelegt werden, das darauf trainiert wird, ohne Verzögerung nach dem Countdown mit einer Aktion zu beginnen. Je öfter wir dies tun, desto stärker wird die Erfahrung verankert, bis das Gehirn schließlich den Handlungsimpuls „automatisch“ nach dem Countdown auslöst.

Die '5 Sekunden Regel' Verhalten ändern

Hat das Gehirn die Countdown-Methode mit dem anschließenden Handlungsimpuls erst einmal fest verknüpft, kann die Aktivierungsenergie bewusst zu einem bestimmten Zeitpunkt gestartet werden.

Zudem haben wir nach der Etablierung oder „Automatisierung“ den Vorteil, dass wir die Countdown-Methode auch bei schwierigeren Tätigkeiten nutzen können. Dies soll am Ende dazu führen, dass wir selbst gesetzte Ziele immer häufiger erreichen.

Übungen zur 5 Sekunden Regel

Um mit der 5 Sekunden Regel erste Erfahrungen zu machen, schlägt Mel Robins vor, sie beim morgendlichen Aufstehritual auszuprobieren. Hier kann (zumindest jeder Morgenmuffel) praktisch erleben, was mit „Aktivierungsenergie“ gemeint ist.

Der Vorschlag ist, den Wecker 30 Minuten früher als gewohnt klingeln zu lassen. Sobald man ihn hört, zählt man den Countdown von 5 bis 1 und steht anschließend ohne Verzögerung auf.

Vielleicht mag man anfangs etwas lustlos grummeln, aber danach vielleicht auch froh sein, ungewöhnlich viel Zeit und Muse zu haben, bevor man sein Tagwerk beginnt.

Hier wollen wir uns einen Mechanismus im Gehirn zunutze machen, dass erfolgreich aktivierte Netzwerke mit der Zeit als „Erfolgserlebnisse“ gespeichert, d. h. mit entsprechend positiven Gefühlen verbunden werden. Passiert dies oft genug, wird der Handlungsimpuls künftig immer häufiger mit positiven Gefühlen verbunden.

Wer mit dem Aufstehen keine Probleme hat, kann sich andere kleine Herausforderungen als Training wählen – beispielsweise:

  • Geschirr abwaschen
  • Staub saugen
  • Schreibtisch aufräumen
  • Treppe wischen
  • einen Spaziergang machen, statt fernzusehen
  • usw.

Wichtig ist am Anfang nur eine „kleine“ Herausforderung zu wählen, die man erfolgreich bewältigt bzw. dies so lange zu tun, bis der Countdown spürbar den Handlungsimpuls auslöst. Wichtig ist selbst die Verantwortung für die Ziele und Ausführung der Übung zu übernehmen.

Aus persönlicher Erfahrung heraus, kann ich sagen, dass diese Methode bei mir erstaunlich gut wirkt. Ich spürte schon nach kurzer Zeit im Alltag einen deutlichen Handlungsimpuls, auch außerhalb meiner Experimente und konnte so vermehrt spontanen Handlungsimpulsen nachkommen. Insofern kann ich sie als leicht zu erlernende Methode für all jene empfehlen, die mit ihrer Aktivierungsenergie experimentieren wollen.

Antrieb Motivation

Fazit zur 5 Sekunden Regel

Mel Robins Idee, eine einfache Methode zu finden, um Ideen zu realisieren, halte ich grundsätzlich für empfehlenswert. Es kostet den Übenden wenig Zeit und Mühe sie zu testen und funktioniert – meiner persönlichen Erfahrung nach – erstaunlich gut.

Leider wird die Wirkung dieser Methode von Mel Robins mit Versprechen wie „es gibt nichts, was du mit der Regel nicht erreichen kannst“ zu stark überhöht. Versprechen wie „Jeder der bis 5 zählen kann, kann auch Beziehungskrisen lösen, sein Einkommen verdoppeln, seinen Traumjob bekommen etc. – wirken unseriös.

Man hat den Eindruck, dass hier eine Art „Allheilmittel“ verkauft werden soll, dass für alle Lebenslagen und Probleme geeignet ist. Da mag der Skeptiker schon fragen, was man mit der Fähigkeit den „eigenen Hintern hochzukriegen“ tatsächlich bewirken kann. Denn etwas zu tun, heißt noch lange nicht, das richtige zu tun.

Wenn man jedoch von diesen Übertreibungen absieht, bleibt immer noch eine interessante Methode, die jeder ganz einfach als ein Werkzeug gegen Antriebslosigkeit testen kann.

Rainer Dallmann