Kommu-Hexagramm: Die 6-Aspekte des Verstehens

In diesem Artikel werde ich ein psychologisches Modell des Verstehens vorstellen, das vom Autor Schulz von Thun durch seine Bücher „Miteinander reden“ inspiriert wurde. Sein Kommunikations-Modell wurde hier vereinfacht, verändert und zugleich erweitert, sodass es sich schnell und einfach erlernen lässt.

Einführung in die Aspekte des Verstehens

Die Grundidee ist, dass jede Mitteilung eines Sprechers von einem Zuhörer gedeutet werden muss, d. h. „etwas zu verstehen“ ist immer eine Interpretation von etwas Gesagtem und nie eine 1 zu 1 Übertragung von Informationen.

Kommu-Hexagramm 6 Aspekte des Verstehens

Während sich andere Kommunikationsmodelle nur mit der sachlichen Deutung einer Aussage beschäftigen, werden wir hier auch andere Deutungsebenen ansprechen, die wir meist unbewusst verwenden. Denn beim Interpretieren einer Äußerung ist nicht nur entscheidend was gesagt wurde, sondern auch wie es gesagt wurde bzw. welche Intention wir dem Sprecher unterstellen.

So kann beispielsweise auch der Kontext, die Beziehung zum Gegenüber, der Status oder das Wertesystem der Beteiligten etc. die Deutung einer Botschaft maßgeblich beeinflussen / verändern.

Hier stechen vor allem sechs Deutungsebenen (hier Aspekte genannt) ins Auge, die wir in der Kommunikation sehr häufig verwenden.

Als Erstes will ich die 6 Aspekte des Verstehens vorstellen und im Anschluss einige Übungen vorschlagen, damit Sie dieses Modell auch in der Praxis anwenden können.

1. Der Beziehungsaspekt

Ein wichtiger Aspekt der Deutung ist, in welcher Beziehung die Beteiligten zueinander stehen. Beim Beziehungsaspekt versucht der Zuhörer zu deuten, ob eine Botschaft über den Beziehungsstatus der Beteiligten in einer Aussage enthalten ist bzw. eine Rolle spielt. Dabei unterscheiden wir zwischen einer gleichberechtigten und einer machtorientierten Beziehung zum Gegenüber.

Eine „gleichberechtigte Beziehung“ wird unterstellt, wenn sich beide Gesprächspartner als gleichberechtigt betrachten, wie es beispielsweise in einer Beziehung, Freundschaft oder unter gleichgestellten Arbeitskollegen der Fall sein sollte.

Machtorientierte Beziehungen“ beinhalten hingegen immer eine Hierarchie unter den Gesprächspartnern. Beispiele hierfür könnten Beziehungsverhältnisse wie „Chef-Untergebener“, „Lehrer-Schüler“, „Eltern-Kind“, „Alpha-Männchen-Omega-Huhn“ sein. In anderen Worten – in einer machtorientierten Beziehung ist von vornherein klar, wer „das Sagen hat“.

Beziehungsaspekt Kommu-Hexagramm

Machtorientierte Beziehungen können die Kommunikation schwer belasten, wenn einer der Beteiligten sie nicht anerkennt. Falls die Beteiligten sie jedoch anerkennen und gutheißen, kann sie aber auch sehr fruchtbar sein. Denn Hierarchien in Institutionen vereinfachen Entscheidungswege und schaffen eindeutige Entscheidungskompetenzen. Beruht die Hierarchie auf Kompetenzunterschieden (Lehrer/ Schüler) kann der Schüler durch Anleitung des Lehrers an dessen Erfahrung profitieren.

Der Beziehungsaspekt wird maßgeblich von den Gefühlen der Beteiligten bestimmt. Positive Gefühle wie Sympathie, Respekt, Zuneigung etc. bewirken eine positive Kommunikation über das Beziehungsverhältnis bzw. wirken sich auch auf alle anderen Aspekte konstruktiv aus.

Negative Gefühle wie Abneigung, Ärger, Abschätzigkeit, Verachtung etc. führen hingegen immer zu einer Störung des Beziehungsaspekts, was sich in Streit, Herabwürdigungen, abfälligen Äußerungen usw. zeigt. Dadurch wirkt ein gestörter (oder unklarer) Beziehungsaspekt grundsätzlich destruktiv in einem Gespräch – bis hin zum kompletten Zusammenbruch der Kommunikation.

Bei machtorientierten Beziehungen führt beispielsweise eine unklare Hierarchie – d. h. es ist unklar, wer das Sagen hat / die Autorität ist – zur Störung des Beziehungsaspektes. Die destruktiven Wirkungen sind ähnlich – Schüler ignorieren / beleidigen den Lehrer oder Arbeitskollegen streiten sich über Entscheidungskompetenzen.

Die einzige Option in solchen Fällen ist der Versuch die Beziehungsebene zwischen den Beteiligten zu thematisieren und zu klären, d. h. den Statuskampf beizulegen. Das ist nur möglich, wenn man es schafft, die negativen Gefühle / gegenseitigen Vorbehalte zu bereinigen oder aufzulösen. Die Beteiligten sollten sich am Ende mindestens „neutral“ gegenüberstehen.

In einer Hierarchie könnte beispielsweise ein Vorgesetzter das Statusgerangel durch eindeutige Kompetenzzuweisungen, klare Entscheidungsbefugnisse oder Aufgabenteilungen beenden.

Solange der Beziehungsaspekt zwischen Personen geklärt ist, kann die Kommunikation ungestört laufen. Sobald jedoch eine Person den Beziehungsaspekt nicht mehr akzeptiert, kommt es zu Statusproblemen. Wer beispielsweise eine gleichberechtigte Stellung (z. B. unter Pärchen) erwartet, will sich vom anderen nicht „herumkommandieren“ lassen.

Leider wird n den wenigsten Fällen der Beziehungsaspekt ganz konkret thematisiert und geklärt. Normalerweise sind wir darauf angewiesen aufgrund des Verhaltens des Gegenübers zu deuten, ob er auf eine gleichberechtigtes oder machtorientiertes Miteinander hinaus will. Solange dies nicht geklärt ist, werden wir Schwierigkeiten haben mit dem Gegenüber zu kommunizieren.

2. Der Sachaspekt

Der Sachaspekt einer Nachricht ist die „reine Information“, die in ihr enthalten ist. Ein bekanntes Beispiel aus Film und Fernsehen ist die Figur des „Mr. Spock“ bei Raumschiff Enterprise, der jede x-beliebige Nachricht auf dem Sachaspekt reduziert. Er versucht die Fakten einer Mitteilung logisch zu begreifen und ignoriert sämtliche anderen Aspekte – z. B. emotionale Untertöne wie Sarkasmus oder Humor (Beziehungsaspekt). Insofern ist er eine Ikone des Sachaspekts.

Kommu-Hexagramm Sachaspekt

Der Sachaspekt erlaubt es uns, einen emotionalen Abstand zu einem Thema zu halten und einen Dissens argumentativ auszutragen. Würde beispielsweise ein Dissens unter Wissenschaftlern auf dem Sachaspekt ausgetragen, wäre das Ziel der Diskussion die Wahrheit (oder argumentativ am besten fundierte Entscheidung) zu finden – völlig unabhängig davon, wer sie findet.

Oder anders – bei einem Gespräch auf dem reinen Sachaspekt gibt es keinen Verlierer oder Gewinner (im Gegensatz zum „Rechthaben“ auf dem Beziehungsaspekt), denn das Ziel ist ein Erkenntnisgewinn bezüglich eines Themas.

So könnte sich selbst der Gesprächspartner mit den schlechteren Argumenten freuen, denn wenn er von einer stichhaltigeren Argumentation überzeugt wurde, hat sein Wissen am Ende zugenommen. Für jede Form der Wissenschaft wäre die Fähigkeit auf dem Sachaspekt kommunizieren zu können, das Optimum.

In der Praxis wird aber leider mit dem Sachaspekt viel Schindluder getrieben. Besonders abstoßend sind z. B. Politiker, die Sachargumente nur vortäuschen, um einen Gegner auf der Beziehungsebene zu diskreditieren bzw. fertigzumachen.

Aber selbst unter Wissenschaftlern besteht die Neigung, die Theorie eines Gegners lächerlich zu machen, d. h., hier wird ebenfalls eine „sachliche Argumentation“ nur vorgetäuscht, denn das Ziel besteht eindeutig darin den Gegner abzuservieren (Beziehungsaspekt). Einen so inszenierten Statuskampf kann man als Beobachter leicht entlarven, indem man nach dem Ziel (oder der Wirkung) der Argumentation fragt.

Denn immer, wenn es darum geht einen anderen schlecht zu machen, seine Kompetenz, Wahrhaftigkeit, Status etc. zu torpedieren, handelt es sich um eine Schlacht auf dem Beziehungsaspekt und keinesfalls um den Sachaspekt einer Diskussion.

3. Der Aufforderungsaspekt

Der Aufforderungsaspekt (auch Appell genannt) besteht darin, eine x-beliebige Nachricht als Aufforderung oder Befehl zum Handeln zu begreifen. Dies kann einerseits explizit geschehen, indem ich beispielsweise jemanden anweise etwas zu tun. In dieser Form ist der Aufforderungsaspekt am leichtesten zu erkennen und zu verstehen.

Kommu-Hexagramm Aufforderungsaspekt

Es gibt aber auch viele Fälle, in denen man einen Kommandoton heraushört, obwohl der Sprecher dies nicht intendierte. Wenn ich beispielsweise in Seminaren sage, „dass ein kühler Wind im Zimmer weht“, springt manchmal ein Teilnehmer auf, um das offene Fenster zu schließen – d. h., er hat meine sachliche Feststellung als „Anweisung“ verstanden.

Erst wenn ich die Feststellung präzisiere – z. B. indem ich erwähne, dass kühle Luft an warmen Sommertagen sehr angenehm ist – kann der Teilnehmer verstehen, dass er den Appellcharakter in meiner Aussage „halluzinierte“ und die Aussage tatsächlich als Fakt (Sachaspekt) gemeint war.

Diese indirekte Form des Appells kann jedoch bei manchen Menschen eine regelrechte Masche sein, z. B. indem sie eine Aufforderung als „Sachfrage“ tarnen. Sie sind es gewohnt, dass auf Fragen wie „war der Postbote heute schon da?“, jemand aufspringt und den Briefkasten kontrolliert. Mr. Spock würde den Aufforderungsaspekt überhören und als Sachfrage deuten, d. h. vermutlich mit „weiß ich nicht“ oder „ja, um 10.30 Uhr“ antworten.

Der Aufforderungsaspekt kann in der Kommunikation besonders dann problematisch werden, wenn eine Person in vielen Fällen Aussagen als Appell oder Kommando versteht. Denn sie fühlt sich schnell unter Druck gesetzt, ständig alles Mögliche tun zu müssen – obwohl dies gar nicht der Fall ist.

In solchen Fällen kann es heilsam sein, wenn die Person übt, indirekte Appelle zu ignorieren und versucht auf dem Sachaspekt zu reagieren. Denn sachlich kann man auf einen versteckten Appell ala „wie sieht es in der Küche aus?“ einfach mit „weiß nicht“ oder „schau doch nach“ höflich antworten.

4. Der Pressionsaspekt

Beim Pressionsaspekt geht es – anders als beim Aufforderungsaspekt – darum, jemanden zum Handeln zu zwingen, indem man mit negativen Konsequenzen droht. Insofern stufe ich den Pressionsaspekt ganz klar als „machtorientierte Kommunikation“ ein, denn hier soll der freie Wille einer Person unterdrückt werden.

Kommu-Hexagramm Pressionsaspekt

Gewöhnlich reichen die Druckmittel beim Pressionsaspekt von der Androhung negativer Gefühle (ala „wenn du „xy“ nicht tust, werde ich traurig / wütend …) bis hin zur körperlichen Gewalt. Im Grunde ist der Pressionsaspekt nur sinnvoll bei kleinen Kindern oder Tieren anzuwenden, die einen möglichen Schaden durch ihr Handeln (bei sich selbst oder anderen) nicht verstehen können, d. h. noch „unmündig“ sind.

In solchen Fällen soll der Pressionsaspekt eine „Schutzfunktion“ erfüllen, denn es ist besser das Kind fürchtet sich vor einer ärgerlichen Mutter, als sich die Hand am Ofen zu verbrennen. Insofern kann der Pressionsaspekt temporär – d. h., solange das Kind negative Konsequenzen seines Handelns noch nicht verstehen kann – als „Erziehungsmittel“ sinnvoll sein.

Unter mündigen Gesprächspartnern wirkt er jedoch fast in allen Fällen destruktiv, denn jede Form der Androhung von Zwang oder Gewalt vergiftet die Kommunikation.

Eine andere Abart des Pressionsaspekts ist auch die Unterlassung positiver Handlungen. Das ist z. B. dann der Fall, wenn eine Frau aufgrund von (vorgetäuschter) Migräne nicht mit dem Mann schlafen will (Liebesentzug), da er ihr einen Wunsch nicht erfüllte.

Das Perfide an dieser Art von Zwang ist, dass er nicht offen (oder ehrlich) ausgesprochen und geklärt wird. Hier kann man oft nur anhand von Indizien schließen, ob der Liebesentzug häufig nach einer Enttäuschung / unerfülltem Bedürfnis usw. ausgeübt wird. Umgekehrt kann es natürlich ebenso problematisch sein, wenn der Mann einen Liebesentzug (als Strafe / Pressionsaspekt) halluziniert, obwohl die Frau tatsächlich krank ist.

5. Der „Ich“-Aspekt

Der „Ich-Aspekt“ unterstellt einem Sprecher offen oder insgeheim, mit einer x-beliebigen Aussage nur über sich selbst zu sprechen. Das betrifft alle Aussagen, die unter dem Motto „so einer bin ich“ stehen könnten. Es geht also um den Aspekt der Selbstoffenbarung einer Person.

Kommu-Hexagramm Ich-Aspekt

Bei narzisstisch veranlagten Menschen tritt der Ich-Aspekt sehr klar zutage. Dabei ist es unerheblich, ob bei der Selbstoffenbarung eine Art Selbstlob oder Selbstverherrlichung dargestellt wird oder man sich selbst eher als Opfer oder Loser beschreibt.

Auch beim Ich-Aspekt gibt es eine indirekte Form. Auf einer Party stellt sich beispielsweise jemand als „Macher“ dar, indem er „stundenlang“ über seine „Erfolge“ monologisiert. Dabei geht es ihm darum bei seinen Zuhörern Eindruck zu schinden, um respektiert und anerkannt zu werden.

Aber auch die negative Selbstoffenbarung gehört zum Ich-Aspekt. Wer über Krankheiten klagt, sich als Opfer der Umstände oder als „hilfsbedürftig“ darstellt, versucht damit eine Reaktion des Zuhörers auszulösen. Insofern könnte man den Ich-Aspekt auch als Selbstdarstellung sehen, d. h. das Bild, das man anderen von sich vermitteln will.

Problematisch wird der Ich-Aspekt in der Kommunikation dann, wenn er einseitig thematisiert wird, d. h., der Sprecher interessiert sich nur für sich und nicht für andere. Man kann den Ich-Aspekt sehr leicht in einen Pressionsaspekt umwandeln, indem man dem Sprecher die Anerkennung verweigert.

Eine besondere Rolle spielt der Ich-Aspekt in Intimbeziehungen, da hier eine ehrliche Selbstoffenbarung wichtig und nötig ist, um den Partner kennen- und lieben zu lernen. Vor allem Menschen mit negativen Beziehungserfahrungen sind oft Anhänger von Glaubenssätzen wie „ich darf nicht sagen, was ich wirklich denke, sonst mag man mich nicht.“

In solchen Fällen wird der Ich-Aspekt wie ein „schreckliches Geheimnis“ gehütet. Man versucht sein „wahres“ Selbstbild vor dem anderen zu verstecken, um weiter geliebt zu werden. Das gilt auch für Tabuthemen wie sexuelle Wünsche, die man vor anderen verbirgt, da man „so etwas Dreckiges“ nicht denken / sich wünschen darf.

Was den Ich-Aspekt angeht, gibt es keine eindeutige Grenze, wann er positiv oder negativ auf andere wirkt. Man kann aber anstreben, wahrhaftig und authentisch zu leben. Dazu gehört es, sich ein soziales Umfeld zu suchen, das einen so annimmt, wie man ist.

6. Der „Du“-Aspekt

Beim Du-Aspekt geht es um Aussagen, Urteile oder Bewertungen, die man über andere trifft. Insofern könnte man ihm eine Kategorie zuordnen, die mit „so einer bist du“ betitelt wird.

Kommu-Hexagramm Duaspekt

Dabei ist es unerheblich, ob der Sprecher nur über den Zuhörer, Nachbarn, ein Fußballteam, die Firma oder Ausländer spricht.

Negative Beispiele (oder Vorurteile) in Aussagen wie „Ausländer sind faul“ sind leicht zu erkennen. Ebenso wenn ausdrücklich positiv (z. B. lobend oder bewundernd) über jemanden gesprochen wird.

Viele dürften auch die Klischees des „Kaffeeklatsches“ oder des „Stammtisches“ einleuchtend finden, wo gerne über alle möglichen Leute getratscht wird. Man kann den Du-Aspekt aber auch indirekt thematisieren, indem man so über jemanden anderen spricht, dass allen Beteiligten klar ist, wer gemeint ist.

Wie wendet man das Aspekte-Modell an?

Eine wichtige Erkenntnis aus diesem Modell ist, dass man eine einzige Aussage auf mindestens 6 verschiedene Weisen verstehen kann, die jeweils zu völlig unterschiedlichen Interpretationen, Bewertungen und Urteilen beim Zuhörer führen.

Wichtig zu verstehen ist, dass ein Zuhörer jeden Aspekt in einer x-beliebigen Aussagen heraushören kann und diese dann entsprechend deutet.

Hier als Beispiel die Aussage „Ich kann dich am Samstag nicht treffen“, wenn ein Zuhörer sie unter den verschieden Aspekten deutet:

  • Beziehungsaspekt: „Der hat was gegen mich …“
  • Sachaspekt: „Mein Freund kann am Samstag nicht kommen …“
  • Aufforderungsaspekt: „Soll ich etwa wieder zu dir kommen?“
  • Pressionsaspekt: „Willst du mir eins auswischen, weil ich neulich nicht vorbei kam?“
  • Ich-Aspekt: „Herr Baron belieben Ihre Zeit wohl wichtigeren Dingen zu widmen …“
  • Du-Aspekt: „“Er findet mich langweilig …“

Die hier von mir frei erfundenen Interpretationen sollen zeigen, wie variabel Verstehensmöglichkeiten sind, und mit etwas Kreativität könnte man noch viele weitere Variationen dieser Aspekte formulieren. Für den Zuhörer ist es durchaus wichtig zu überlegen, welche Interpretation zutreffend sein kann, denn je nach Kontext und Gesprächspartner könnte jede Möglichkeit tatsächlich passen.

Eine weitere Erkenntnis könnte darin bestehen, Missverständnisse nicht persönlich zu nehmen, sondern versuchen zu verstehen, auf welchem Aspekt der Zuhörer Ihre Aussage verstanden hat und diese anschließend präziser zu formulieren.

Sie werden entdecken, dass bestimmte Menschen Gewohnheiten entwickelt haben, einen Aspekt zu präferieren, z. B. den Sachaspekt einer Aussage häufig als Appell zu verstehen. Logisch ließe sich kein sinnvoller Zusammenhang erkennen, wenn nach einer sachlichen Feststellung jemand plötzlich anfängt, höchst aktiv zu werden. Die Kenntnis der Aspekte erlaubt es Ihnen, die Quelle von Missverständnissen leichter zu lokalisieren und zu beheben.

Da dieses Modell nur eine leere Hülle ist, bis man es kennt und anwenden kann, will ich Ihnen noch einige hilfreiche Übungen mit auf den Weg geben.

Übungen zu den 6 Aspekten des Verstehens

1. Zunächst ist es wichtig, die Aspekte in einem Gespräch überhaupt wahrnehmen und differenzieren zu können. Nehmen Sie sich in der Woche 2 oder 3 Mal die Zeit, einem Gespräch zu lauschen und sich zu fragen, welche Aspekte gerade thematisiert werden. Sammeln Sie eigene Beispiele, die paradigmatisch für jeden Aspekt stehen könnten.

2. Beobachten Sie bei sich selbst, unter welchem Aspekt Sie ein Gespräch oder eine Aussage interpretieren. Verstehen Sie häufig Aussagen auf einem bestimmten Aspekt? Versuchen Sie selbst eine bestimmte Aussage in den 6 Aspekten zu deuten und werden Sie sich über die Unterschiede bewusst.

3. Versuchen Sie bei einem Missverständnis zu analysieren, wo der Fehler lag. Haben Sie oder ein Zuhörer einen Aspekt des Verstehens gewählt, der gar nicht gemeint war? Wie könnten Sie Ihre Aussage so präzisieren, dass derartige Missverständnisse künftig nicht mehr vorkommen.

4. Diskutieren Sie dieses Modell mit Freunden oder Interessierten und versuchen Sie selbst neue Anwendungsgebiete zu finden, um Ihre Kommunikationskompetenz zu steigern.

Viel Erfolg beim Anwenden des Modells der 6 Aspekte des Verstehens!

Tony Kühn