Was sind Gefühle? Die fünf Grundgefühle …

Gefühle machen unser Leben bunt. Aber was sind Gefühle? Wie viele Grundgefühle gibt es? Sehen wir uns hierzu ein Modell an, nachdem es fünf Grundgefühle beim Menschen gibt.

Was sind Gefühle?

Sie sind der Motor unserer Handlungen. Durch Vernunft lenken wir unsere Gefühle, bestimmen die Richtung unseres Handelns und somit unseres Lebens.

Gefühle sind unabdingbar für jeden, der sein Leben bewusst gestalten, oder auch nur ein verständnisvolles Gespräch führen will.

Was sind Gefühle

Wir treffen tagtäglich Entscheidungen und sagen „Ich will …“. Unser Wille besteht aus kognitiver Struktur, d. h. dem Ziel unseres Willens und Gefühlen. Das sind Gefühle wie Intention, Freude und ein Schuss Aggression. Die Stärke unseres Willens hängt von unseren Gefühlen ab.

Sind sie intensiv genug, so erreichen wir unsere Ziele, z. B. bekommen den lang ersehnten Traumjob. Sind sie zu schwach, so erreichen wir etwas anderes, das nicht unbedingt unserer Intention entspricht.

In unserer Umgangssprache haben wir eine Fülle von Begriffen, mit denen wir Gefühle, Stimmungen und Affekte benennen. Die Sprache bietet gute Möglichkeiten, unser Gefühlsleben nuancenreich zu beschreiben.

Manche Schriftsteller verstehen es in ihren Dichtungen, Gefühle ganz Wort und Worte ganz Gefühl werden zu lassen. Jedoch können auch diese sprachlichen Ausdrücke nur eine Annäherung an die Gefühle sein, denn die Trennung zwischen Gefühl und Begriff bleibt bestehen.

Die Welt der Begriffe (Sprache) ist ihrem Wesen nach eine andere, als die der Gefühle. Die Sprache dagegen verfügt über vergleichsweise kärgliche Mittel, diesen Gefühlserfahrungen Ausdruck zu verleihen.

Wie sind Gefühle aufgebaut?

Die aktuelle Ausdrucksgestalt eines Gefühls in einem gegebenen Augenblick, können wir nach vier strukturellen Kriterien unterscheiden:

1. Qualität eines Gefühls

Mit Qualität sind die Grundgefühle, ihre Nuancen und Übergänge gemeint. Ein reines Gefühl ist dann gegeben, wenn nur eine Gefühlsqualität auftritt, z. B. reine Freude. Reine Gefühle sind sehr spezifisch und wir können sie am leichtesten voneinander unterscheiden, z. B. Trauer und Freude.

2. Intensität von Gefühlen

Unabhängig von den qualitativen Veränderungen können Gefühle ihrer Intensität nach unterschieden werden. Je intensiver ein Gefühl ist, desto leichter kann man es wahrnehmen und von anderen Gefühlen differenzieren.

3. Räumlichkeit und Zeitlichkeit

Die räumlich-zeitlichen Veränderungen von Gefühlen lassen sich beschreiben als z. B. interaktiv, individuell, situativ im Rahmen wechselnder sozialer Bezüge, vom Lebensalter her. Ein Gefühl wird immer eine andere Erlebnis- und Ausdrucksgestalt haben, „immer anders“ sein.

Ein Gefühl kann nie zweimal identisch erlebt werden. Gefühle können sich zwar sehr stark ähneln, aber nur mit sich selbst identisch sein. Alle zeitlich nachkommenden Gefühle sind anders, da wir uns in einer anderen Umgebung, Situation und ein paar Stunden später befinden.

Gefühle und Zeitlichkeit

Darüber hinaus geht unsere Erfahrung aus dem vorausgehenden Gefühl in das nachfolgende mit ein. Ein aktuelles Gefühl – im Hier und Jetzt – stellt somit den Stand der bis dahin erreichten „Veränderheit“ in dem Kontinuum der Veränderungen der Emotionen dar.

Diese Veränderungen können minimal, kaum wahrnehmbar, bis augenfällig, z. B. im Zuge einer Therapie sein. Emotionen verändern sich kontinuierlich, bleiben aber so spezifisch, dass sie immer als solche erkennbar bleiben. Freude bleibt Freude, Angst bleibt Angst.

Gefühle und Verhalten / Mimik & Gestik

Mit dem Gefühl ist ein zugehöriger Verhaltensausdruck gegeben, den wir besonders gut an der Mimik abgelesen können. Gefühle werden in zwischenmenschlichen Handlungen ausgelebt. Aufgrund der zeitlichen Veränderbarkeit eines Gefühls kann man auch von einer Reifung des Gefühlsausdrucks oder dem Niveau, auf dem ein Gefühl ausgelebt wird, sprechen. Aggressionen z. B. können primitiv, durch Zerschlagen des Mobiliars oder konstruktiv, durch engagiertes Verfechten der eigenen Meinung ausgelebt werden.

Unsere emotionale Wahrnehmung kann als eigenständige Bewusstseinsmodalität beschrieben werden. Neben dieser haben wir auch eine gegenständliche (sensomotorische) und eine begriffliche Wahrnehmung (Denken): wir fühlen, denken und empfinden und dies permanent.

Weder die sensorische Wahrnehmung oder das Denken beim wachen Menschen, noch das Gefühlserleben lassen sich abschalten. Wir nehmen allerdings nicht immer alles bewusst wahr, was wir wahrnehmen könnten. Sich in jedem Augenblick über sein Denken, Empfinden und seine Gefühle bewusst zu sein, erfordert einen hohen Grad an Bewusstheit und viel Übung.

Gefühle sind in unterschiedlicher Intensität und Qualität immer vorhanden, sie müssen nicht erst aktiviert werden. Es ist ein Kontinuum an Gefühlserleben anzunehmen, auch wenn wir uns nicht immer darüber bewusst sind. Weiterhin ist anzunehmen, dass wir hauptsächlich Mischgefühle erleben.

Die fünf Grundgefühle

Die Mannigfaltigkeit der Gefühle konnte auf fünf Grundgefühle: Intention, Angst, Aggression, Trauer und Freude eingekreist werden. Aus diesen fünf Gefühlen lassen sich alle anderen Gefühle mischen. Mischgefühle bestehen aus zwei oder mehr Grundgefühlen, die in allen denkbaren Nuancen und Übergängen zu- und miteinander auftreten können.

Grundgefühl: Intention

Intentionale Gefühle können im weitesten Sinne als „Hungergefühle“ verstanden werden. Sie stehen als Initialgefühle am Anfang aller kognitiven und motorischen Abläufe. Bewusst wahrgenommen sind sie überwiegend angenehm, meist sind sie uns nicht bewusst. Intention ist der Ausgangspunkt für unser Lernen, für unsere Entwicklung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kreativität.

Da es ohne Intention keinen Anfang gibt, ist sie die bedeutendste motivierende Struktur für die Entwicklung des Menschen in Beruf und Liebe und für die Bewältigung seiner alltäglichen Aufgaben.

Grundgefühl Intention

Im Normalleben verstehen wir unter Intention das Gefühl der erwartungsvollen Leere, das auf Erfüllung abzielt. Die Intention ist auf ein Objekt (z. B. Auto, Wissensgebiet, Mensch) gerichtet. Wir fühlen uns vom Gegenstand unseres Interesses gefesselt, angezogen, fasziniert, verlangen danach, möchten Dinge näher kennenlernen und erforschen.

Wir haben den Wunsch nach Öffnung, Erweiterung und Ausdehnung unseres Erfahrungsbereichs. Wissensdurst, Erlebnishunger, Abenteuerlust charakterisieren unsere hungrigen Erwartungen, die auf unterschiedliche Ziele gerichtet sind. Spezifische Objekte unserer Intentionen kennen wir von unseren vitalen Bedürfnissen wie Hunger, Durst, Bewegungsdrang und im weiteren Sinne Heilungsverlangen und Genesungswünsche.

Wörter wie Begehren, Neugierde, Drang, Trieb, Motiv, Erwartungsspannung heben mehr den emotionalen Anteil in unserem Erleben hervor. Die Ausdrücke Interesse oder Strebung betonen mehr den kognitiven Anteil, das Ziel unserer Intentionen. Heftiges und unmäßiges Verlangen drücken wir mit Bärenhunger, Gier oder Sucht aus.

Grundgefühl: Angst

Angstgefühle kennen wir als Aufgeregtheit, Besorgnis oder Beengung. Sie können sich steigern von Schreck, Entsetzen bis zur Panik.

Grundgefühl Angst

Wir fühlen Ungewissheit, Unsicherheit und Bedrohung, erleben eine innere Spannung, die uns zunehmend handlungsunfähig machen kann. Angst kann uns wie gebannt erstarren lassen oder zu extremer Beschleunigung körperlicher oder gedanklicher Abläufe führen.

Ängste können auf bestimmte Objekte gerichtet sein, zwanghaft auftreten (Platzangst, Höhenangst, Hundeangst, Menschenangst) und einen existentiellen Charakter bekommen. Spielarten der Angst sind Scham, Scheu, Verlegenheit, Zurückhaltung und Vorsicht.

Furcht benennt den kognitiven Anteil der Angst (die das Gefühlserleben benennt), die mit dem Gefühl assoziierten Gedanken. „Ich habe Befürchtungen“ drückt mehr Distanz – eine begriffliche – zum Befürchteten aus, als der Satz „Ich habe Angst“.

Im Erlebnisablauf steht zuerst die intentionale Phase, dann tritt die Angst auf und danach die Handlung, also das Ereignis, auf das die Angst gerichtet ist.

Grundgefühl: Aggression und Schmerz

Unter Aggression kann man ein Kampf- und Streitgefühl oder auch ein Kränkungs- und Verletzungsgefühl fassen. Verwendet man die Begriffe Schmerz und Aggression, so kann man unter Schmerz, den ‚seelischen‘ Schmerz, die Frustration verstehen und mit Aggression den objektgerichteten Handlungsimpuls.

Grundgefühl Aggression

Das Aggressionsgefühl ist ein Gefühl von Energie und Kraft, verbunden mit tätlichen Fantasien oder dem Impuls, zuzuschlagen, etwas zu zerstören, jemandem Schmerz zuzufügen. Die Handlungsschwelle wird überschritten, etwas geschieht.

Hier ist es sinnvoll, den Schmerz als das Schwellengefühl, das Gefühl der Grenzüberschreitung, der Aktion, der Trennung, des (schmerzhaften) Abschieds und der Entscheidung zu charakterisieren. Entscheidungen können schmerzen, man dreht und windet sich, kämpft einen inneren Kampf, ringt mit sich selbst.

Das Aggressionsgefühl ist ursprünglich konstruktiver Natur, denn wo keine vitale Aggression ist, da geschieht auch wenig Innovatives. Alltäglich überschreiten wir bei allen Handlungsabläufen vielfältige Schwellen mit mehr oder meist weniger bewussten Schmerzen. So gesehen ist die ‚Schmerzphase‘, das Schwellengefühl, konstitutiver Bestandteil unserer Handlungen und gedanklichen Abläufe.

Im alltäglichen sozialen Umgang zeigt sich konstruktive Aggression im gezielten Herangehen an Dinge oder Probleme, im innovativen Verändern, in Bestimmtheit und Eindeutigkeit. In Interaktionen kann es notwendig sein, dass wir uns scharf abgrenzen, uns distanzieren, unsere persönliche Integrität verteidigen oder ‚schmerzhaft‘ Beziehungen klären. Wir können argumentative Auseinandersetzungen und Kämpfe um wissenschaftliche Hypothesen im kreativen, geistigen Ringen austragen.

Am Beispiel der Aggressionen wird das Reifungsniveau, auf dem ein Gefühl ausgelebt werden kann, sehr anschaulich. Oft wurde aus Aggressionen Kriegerisches entwickelt, feindselige Handlungen oder Geringschätzungen und Abwertungen des anderen – Zank, Streit, Verletzungen bis hin zu den archaischen Formen wie Kamikaze, Amokläufe oder Kriege.

Grundgefühl: Trauer

Trauer ist das Verlustgefühl, die Reaktion auf den Verlust eines geliebten Objektes. Manche meinen, dass wir den ersten Verlust im Leben bei der Geburt erlebt haben, den Verlust des Einsseins mit der Mutter.

Grundgefühl Trauer

Kind, wie auch Mutter, müssen den Zerfall der Einheit in zwei Einzelindividuen überwinden. Die Überwindung des erlittenen Verlustes besteht in der Ablösung vom Objekt.

Ist die Fähigkeit gestört, sich aus der Verknüpfung mit dem verloren gegangen Objekt zu lösen, kann Trauer neurotisch oder psychotisch werden. Es ist anzunehmen, dass wir alltäglich, wenn auch unbewusst, unzählige Objekte betrauern.

Die Trauer kann sich auf ganz unterschiedliche Objekte richten. Wir betrauern mehr oder weniger stark gedankliche, gegenständliche Objekte oder Gefühlsobjekte in ihrem Kommen und Gehen: Wir beenden eine Arbeit, verabschieden jemanden oder erleben, wie ein glücklicher Moment zu Ende geht.

Es kann der Abschied von idealisierten Zielen sein, die sich für uns als unerreichbar erweisen, vom vertrauten Arbeitsplatz oder auch von einem geliebten Menschen, der verstarb. Gefühle wie Enttäuschung, Niedergeschlagenheit, Erschöpfung, Mut- und Trostlosigkeit, Verzweiflung, Kummer etc. können auftreten.

Die Fähigkeit zu trauern ist ein Zeichen gesunder Persönlichkeitsentwicklung. Die Trauer endet mit der Ablösung vom Objekt. Die geglückte Loslösung wird mit Erleichterung erlebt. Daraufhin kann die Zuwendung zu neuen Objekten folgen.

Grundgefühl: Freude

Freude ist ein Gefühl des Sieges, Erfolgs und Stolzes. Es stellt sich bei der Erreichung eines Zieles ein, es ist ein Gefühl des Erfülltseins. Freude ist vielfältig und mit ständig wechselnden Objekten verknüpft.

In einem Augenblick erfreut uns ein schöner Anblick, im nächsten etwas Gehörtes oder Ertastetes. Ein freudiges Hochgefühl benennen wir mit Glück, Seligkeit oder Euphorie. Freude trägt dazu bei, dass wir uns mit anderen Menschen zusammengehörig fühlen.

Grundgefühl Freude

Freude bewirkt Freude, sie breitet sich aus und steckt andere an. Verwandt mit Freude sind Gefühle wie Vertrauen, solides Selbstwertgefühl, Gefühle von Ganzsein und Vollendung, als Mensch akzeptiert und geliebt zu werden. Das Genüssliche an unserer Freude drücken wir mit Behagen, Wonne und Vergnügen aus. Freude bildet als Erfüllungsgefühl den Endpunkt im Handlungsablauf. An diesen schließen sich neue intentionale Gefühle an.

Woher kommen die „fünf Grundgefühle“?

Diese Grundgefühle konnten voneinander abgegrenzt werden, weil sie mit typischen EEG-Mustern einhergehen. Versuchsreihen wurden durchgeführt, in dem die Probanden in bestimmte Gefühlszustände versetzt wurden.

Sie hatten zuvor konflikthafte und freudige Erlebnisse detailliert notiert. Während des Versuchs wurden die Erlebnisse stichwortartig durch den Übungsleiter thematisiert, damit der Proband sein Erlebnis möglichst wirklichkeitsnah nacherleben kann. Begonnen wurde mit dem konflikthaften Ereignis. Die Übung war beendet, wenn der Proband ein freudiges Erleben mitteilte.

Diese Versuchsreihen zeigen zum einen sehr deutlich, dass sich Gefühle verändern lassen – zum anderen, dass wir über Gedanken unsere Gefühle in eine bestimmte Richtung lenken können. Wir können also Verantwortung für unsere Gefühle übernehmen und unser Gefühlsleben genauso bestimmen, wie unsere Handlungen.

Wollen Sie mehr über „Gefühle und Wille“ erfahren? Hier erfahren Sie, wie Sie „Echte und falsche Gefühle unterscheiden“ können.

Petra Sütterlin