Sozialkompetenz Rivalität: 6 Tipps für einen konstruktiven Wettbewerb

Rivalität wird heutzutage oft tabuisiert, denn häufig wird darunter vorwiegend unfaires, rücksichtsloses Verhalten anderen gegenüber verstanden. Doch Rivalität ist eine wichtige Sozialkompetenz bzw. Kernkompetenz, ohne die ein Fortschritt auf allen gesellschaftlichen Ebenen nicht möglich wäre. Lesen Sie im folgenden Artikel, wie sich die Fähigkeit der Rivalität ausdrückt und was geschieht, wenn diese Fähigkeit nicht erlernt wurde.

Rivalität soll eine soziale Kompetenz sein?

Rivalität Rivalen konstruktiver WettbewerbSo ein Quatsch“ werden vielleicht einige denken, doch alle Menschen rivalisieren, was schon früh in der Kindheit beginnt. Rivalität ist wichtig, denn der Mensch hat das Bedürfnis sein Leben nach seinen Vorstellungen und Wünschen zu gestalten.

Dazu gehört es auch dafür zu sorgen, von anderen Menschen anerkannt zu werden. Daher ist es völlig normal, dass Konflikte, mindestens aber Meinungsverschiedenheiten mit Menschen entstehen, die andere Vorstellungen haben.

Wie eigene Interessen dann faktisch durchgesetzt werden, ist eine Frage der Rivalität, ob mit fairen oder unfairen Mitteln. Das gilt auch für Menschen, die sich scheinbar anpassen, also offenen Konfrontationen aus dem Wege gehen. Sie entwickeln andere Strategien der Rivalisierung, die etwas indirekter und für manchen schwerer zu durchschauen sind.

Ohne die Fähigkeit zu rivalisieren, gäbe es keinen Wettbewerb, keine Konkurrenz und demzufolge auch keinen Fortschritt. Besser als andere zu sein oder etwas zu entwickeln, was noch kein anderer entwickelt hat, erfordert eine gesunde Portion Aggression und Durchsetzungsvermögen, die zum Rivalisieren dazu gehören.

Fähigkeit der Rivalität

Die Fähigkeit der Rivalität besteht darin, die eigenen Interessen mit denen anderer Menschen auf einer fairen Basis auszuhandeln. Befriedigende Beziehungen, unabhängig davon, um welche Beziehung es sich handelt, ob zu Arbeitskollegen, zum Beziehungspartner oder zu den eigenen Kindern, sind dadurch gekennzeichnet, dass eine Ausgewogenheit erreicht wird zwischen Selbstbestimmung und Anpassung.

Die Fähigkeit zu rivalisieren basiert immer gleichzeitig auf Kooperation und Konkurrenz. Eine wichtige Voraussetzung dazu ist der Respekt vor anderen Menschen, Vertrauen und Offenheit. Nur in Verbindung mit der Fähigkeit zu Kooperieren kann Menschen dazu motivieren sich gegenseitig anzuspornen, gute Leistungen zu erbringen, sich neidlos an den Erfolgen anderer Menschen zu erfreuen und aus ihnen zu lernen.

Faires Rivalisieren

Gerne wird heute der Kooperation den Vorzug gegeben. Konkurrenz wird zwar als notwendig angesehen, doch im zwischenmenschlichen Bereich eher negativ bewertet. Doch wichtig sind beide: Kooperationsfähigkeit und die Fähigkeit zu rivalisieren bzw. mit anderen Menschen zu konkurrieren.

Daher sollten beide Fähigkeiten von uns gleichermaßen befürwortet und als Sozialkompetenz begrüßt und gefördert werden.

Die Unfähigkeit zur Rivalität – Rivalität mit unfairen Mitteln

Wer mit unfairen Mitteln rivalisiert, hat die Fähigkeit bzw. Kompetenz der Rivalität nicht ausgebildet. Rivalität wird hier unbewusst gezeigt und nicht reflektiert – was ein Kennzeichen für die eigene Unfähigkeit in diesem Bereich ist.

Andere Menschen werden für das eigene Verhalten verantwortlich gemacht, z.B. „Ich habe deshalb über den anderen gelästert, weil er etwas gesagt hat, was nicht stimmt!“

Der unfaire konkurrierende Persönlichkeitstyp lässt sich – in seiner Extremausprägung – folgendermaßen beschreiben:

Oft handelt es sich um Einzelgänger (Einzelkämpfer). Er ist eher misstrauisch, aggressiv und innerlich angespannt. Dieser Persönlichkeitstyp hat ein geringes Selbstbewusstsein und wirkt wenig selbstsicher. Schwächen können nur schwer zugegeben werden, denn er erwartet, dass andere Menschen sie nur für eigene Zwecke ausnutzen. Er unterstellt anderen Menschen eher Negatives als Positives und nutzt ihre Schwächen aus.

Rivalen Rivalität unfairer WettbewerbEr ist permanent darauf aus von anderen bestätigt zu werden und ist in der Zusammenarbeit mit anderen Menschen oder gemeinschaftlichen Aktivitäten permanent unzufrieden. Oft weicht das Bild, das er von sich selbst hat, sehr stark von dem ab, was andere Menschen über ihn denken.

Mit Sicherheit kennt jeder Situationen in seinem Leben, wo er selbst oder auch andere Menschen unfair rivalisierten. Dabei kommt es nicht immer zu einer offenen Konfrontation (diese können auch bei fairen Konkurrenten beobachtet werden).

Lästern über andere Menschen, Sticheleien, Tuscheln hinter dem Rücken von Vorgesetzten – all das gehört zum unfairen Rivalisieren dazu.

Der Betroffene erfährt das in diesen Fällen nicht direkt, sondern meist über Berichte durch andere oder – etwas indirekter – durch eine angespannte, distanzierte (bis feindselige) Stimmung in einer Gruppe von Menschen, die durch diese permanent negativen Botschaften beeinflusst wurden. Auch Gerüchte in die Welt zu setzen, ist ein unfaires Mittel und kann den Betreffenden in seinem Ansehen stark schädigen.

Manchmal werden z.B. Probleme mit Arbeitskollegen erst angesprochen, wenn der Chef dabei ist. Das muss nicht zum unfairen Rivalisieren dazu gehören, ist aber meist dann der Fall, wenn mit dem Betroffenen nicht vorher persönlich darüber gesprochen wurde.

Wer im Rivalisieren verliert, verhält sich dann unfair, wenn er seinen Verlust durch künftiges unkooperatives Verhalten – sozusagen als Rache, Neid oder Missgunst – wieder auszugleichen versucht. Solche Menschen behindern die gemeinsame Arbeit oder auch eine gemeinsame Freizeitaktivität ernorm.

Unfaires Verhalten zu kommunizieren und aufzudecken hilft zwar, damit es weniger gezeigt wird, doch vor künftigen Racheaktionen ist man dennoch nicht gefeit. Denn eine Niederlage nagt meistens am Selbstwertgefühl des Unterlegenen. Er hat vielleicht den Eindruck, dass seine Leistung und Bedeutung nicht mehr anerkannt wird und erlebt die Niederlage als persönlichen Angriff gegen sich selbst.

Ein weiteres unfaires Mittel ist im Arbeitsleben (aber auch im privaten Bereich) Informationen nicht weiterzugeben bzw. zurückzuhalten. Auch das Klauen von Ideen und diese als eigene Ideen darzustellen, kann häufig beobachtet werden.

Tipps für faires und souveränes Rivalisieren

1. Bewusstes Rivalisieren

Der erste Schritt besteht darin, sich seines eigenen Rivalisierens bewusst zu werden, denn jeder Mensch rivalisiert, wenn auch mit unterschiedlichen Mitteln. Beobachten Sie sich selbst, wie Sie in konfrontativen, wettbewerbsorientierten oder „kampfbetonten“, um Macht ringenden Situationen reagieren und zu welchen Mitteln Sie greifen.

Es hilft auch, sich seine vergangenen Rivalitätsmuster ins Gedächtnis zu rufen. Welche Verhaltensweisen wurden oder werden in Ihrer Familie gezeigt? Gibt es ein wiederkehrendes rivalisierendes Muster, das Sie seit Ihrer Kindheit kennen und in Ihrer Familie bzw. an Ihrem Arbeitsplatz weiterhin zeigen?

Schärfen Sie Ihre Wahrnehmung für eigenes und fremdes Rivalisieren. Analysieren Sie die Verhaltensweisen und Mittel, die z. B. in einem Wettstreit mit Kollegen gezeigt werden, genau. Entwickeln Sie eine gesunde Neugier und beobachten Sie, welche Folgen der Einsatz der gezeigten Mittel nach sich ziehen. Reflektieren Sie Ihre Ziele und überlegen Sie vorher, welche Mittel sich positiv auf das Erreichen Ihrer Ziele auswirken können.

2. Angemessenheit

Reflektieren Sie kritisch die Frage, wer Ihr Gegner bzw. Mitspieler ist. Es geschieht schnell, dass ein Mitspieler zum Gegner gemacht wird, nur weil man sich persönlich angegriffen und daher schlecht fühlt. Sehr starke und selbstbewusste Menschen zeichnen sich darin aus, dass sie sich mit anderen selbstbewussten und starken Kontrahenten konfrontieren und diese gleichzeitig als Mitspieler betrachten. Denn beiden geht es um Wachstum auf beiden Seiten.

Auch der umgekehrte Fall tritt ein, dass ein Gegner als Mitspieler gesehen wird, nur weil er einen oft bestätigt oder mit einem verführerischen Parfüm und wiegendem Becken den Tag versüßt, obwohl keinerlei Verhaltensweisen beobachtbar sind, die eine bestimmte abgestimmte Handlung vorantreiben.

Eine weitere Frage, die man sich hier beantworten sollte: Sollte ich besser kooperieren oder rivalisieren? Was ist in dieser Situation mit den Menschen um mich herum angemessen? Welche Koalitionen gibt es? Wie stehen die Erfolgschancen? Stecke ich lieber eigene Vorstellungen zurück oder habe ich gute Argumente, um eine lohnenswerte offene Konfrontation zu erzeugen?

3. Gelassenheit und innere Ruhe

Rivalisieren kann als Spiel beobachtet werden. Das hat den Vorteil, dass man nicht den Überblick verliert und sich in eigene Emotionen verstrickt. Betrachten Sie Rivalisieren als Spiel, dann haben Sie die Möglichkeit destruktives Rivalisieren – etwa durch einen gut platzierten humorvollen Beitrag – in eine konstruktive Richtung zu lenken. Doch Rivalisieren sollte im Gegensatz zum Spiel nie zum Selbstzweck werden. Übermäßiges Rivalisieren strengt an und isoliert.

4. Offenheit

Wenn es Probleme im Konkurrenzverhalten gibt, empfiehlt es sich mit dem Betreffenden persönlich und offen darüber zu sprechen. Das Thema sollte nicht tabuisiert werden. Auch ist es wichtig, das eigene Konkurrenzverhalten zu sehen und offen zuzugeben.

5. Faires Rivalisieren

Reflektieren Sie darüber, welche Wirkungen unfaires Rivalisierungen erzeugt. Vermeiden Sie selbst unfair oder destruktiv zu rivalisieren, denn das vergiftet das Klima.

6. Erfolg für alle

Überlegen Sie sich, wie eine Win-Win-Situation für alle Rivalen hergestellt werden kann. Finden Sie die Bedürfnisse Ihres Rivalen heraus und zeigen Sie Empathie. Wählen Sie eine Lösung, die für alle Beteiligten Vorteile bringt.

In diesem Kontext ist es hilfreich, dass es beim Rivalisieren von Männern und Frauen häufig um unterschiedliche Bedürfnisse geht. Frauen geht es beim Rivalisieren meistens um Anerkennung, während Männer gerne rivalisieren, um bessere Leistungen zu erbringen als andere.

Es sollte nicht versucht werden Rivalität zu vermeiden oder zu tabuisieren. Stellen Sie sich vor, dass keiner, weder Ihre Kinder noch Ihr Beziehungspartner noch Ihr Chef rivalisiert. Was wären die Folgen?

Niemand würde sich mehr anstrengen wollen, bessere Leistungen als andere zu erbringen. Sport wäre gar nicht mehr möglich, geschweige denn Wettkämpfe. Keiner treibt die Forschung voran, keiner läuft mehr um die Wette, dichtet, komponiert oder schreibt eine spannende Geschichte.

Viel Erfolg beim fairen Rivalisieren!

Cassandra B.