Wie negative Vorannahmen ein Gespräch vergiften können

In allem was wir sagen teilen wir unserem Gesprächspartner mit, was wir von ihm oder anderen Menschen halten. Viele Menschen gehen davon aus, daß ihre eigene Sicht der Dinge „objektiv“ ist – daß sie anhand ihrer eigenen Erfahrung schließen können, wie man eine Situation oder einen anderen Menschen einzuschätzen hat. Besonders kritisch sind dabei sogenannte Vorannahmen – also Aussagen über Menschen „wie sie sind“ bzw. „was sie tun werden“.

Wie das Etikett „Vorannahme“ schon sagt, handelt es sich dabei eigentlich gar nicht um ein faktisches Wissen, sondern um Hypothesen, die wir über andere Menschen aufstellen. Hinzu kommt, daß wir Vorannahmen meist nicht als solche betiteln, sonders sie so formulieren, als wären sie feststehende Tatsachen.

“VorannahmenVorannahmen entspringen unserer persönlichen Erfahrung, die wir interpretieren und bewerten – also einer subjektiven Beurteilung eines Menschen oder eines Geschehens. Bei Vorannahmen tut man so, als könne man das Verhalten eines Menschen klar beurteilen – als seien die eigenen Beobachtungskriterien „objektive Naturgesetze“ denen Menschen zu folgen haben – was schon insofern nicht funktionieren kann, da wir Menschen keine Roboter sind.

Trotzdem kommuniziert man so, als würden Andere wie Roboter einem festgeschriebenen Programm folgen – als hätten Sie keinen eigenen Willen, der eine Veränderung zuläßt. Berücksichtigt man dies, so nimmt es nicht Wunder, daß sich derjenige, über den Vorannahmen geäußert werden, ungerecht oder gar unmenschlich behandelt fühlt.

Nehmen wir ein Beispiel:

Ich fürchte, daß mein Sohn eines Tages genauso faul sein wird, wie sein Vater.

Die Vorannahme besteht darin, daß der Vater faul ist – es eine seiner „festen Charaktereigenschaften“ ist, die objektiv gegeben sind. Es handelt sich weiterhin um eine verallgemeinerte Aussage, d.h. die Mutter benennt keine konkrete Situation in denen der Vater „faul“ war, sondern tut so, als könne sie aus Einzelbeobachtungen auf das gesamte Verhalten schließen.

Sie schließt aus Ihrer Vorannahme, daß der Sohn ebenso faul werden wird, wie der Vater, d.h. sie tut so, als könne Sie sogar die künftige Entwicklung der beiden als Fakten darstellen. Als unbeteiligter Zuhörer, würde es mich nicht wundern, wenn Vater und Sohn sich bei einer solchen Beurteilung „schlecht behandelt fühlen“.

Was kann man tun?

Vorannahmen kann man „aufdecken“, indem man den Inhalt der Vorannahme hinterfragt – in diesem Beispiel: Aus welchen konkreten Beobachtung schließt du, daß dein Mann faul ist? Hier führt man die allgemeine Aussage auf den konkreten Einzelfall zurück. Die Mutter könnte erwidern, daß ihr Mann am Wochenende bis 10 Uhr im Bett liegt – was ihr persönlich widerstrebt. Verfolgt man diesen Faden weiter, könnte man z.B. fragen, ob jeder Mensch, der bis 10 Uhr im Bett liegt, zwangsläufig ein „fauler Mensch“ sein muß, oder ob es noch andere Gründe geben könnte, warum er sich so verhält.

Wie Sie sehen kann man durch das Hinterfragen der Vorannahme die Aussage entschärfen – über eine konkrete Situation kann man sprechen, aber ganz allgemein als „fauler Mensch zu gelten“ würde wohl niemand akzeptieren, ohne sich schlecht dabei zu fühlen.

Ein weiteres Beispiel:

Aussage: Ich will mit Ute nichts mehr zu tun haben, da sie immer so vereinnahmend ist.
Vorannahme: Ute ist vereinnahmend.
Frage: An welchen Erlebnissen macht du fest, daß Ute ein vereinnahmender Mensch ist? Wenn man so darauf stößt, daß Ute beispielsweise sehr viel erzählt und wenig nachfragt, könnte man weiter Fragen, wie man ein Gespräch so lenken könnte, daß Ute selbst mehr zuhört. Möglicherweise liegt es ja daran, daß der Sprecher selbst ein schweigsamer Mensch ist und Ute nur aus Höflichkeit versucht die Gesprächspausen zu füllen.

Wichtig bei Vorannahmen ist, den Gesprächspartner dazu zu bringen, seine Vorannahme als „es ist auch anders möglich“ zu sehen. Sobald man die Vorannahme konkretisiert und hinterfragt, ob ein bestimmtes Verhalten auch anders interpretiert werden könnte, hat man die Situation schon entscheidend entschärft.

Wenn man selbst in der Position ist, daß andere Menschen einem gegenüber negative Vorannahmen äußern, so ist die erfolgreichste Methode damit umzugehen, die Nerven zu behalten und sein Gegenüber zu hinterfragen.

Problematisch sind solche Gesprächssituationen gewöhnlich nur, wenn beide Seiten sich die Vorurteile um die Ohren hauen und niemand versucht zu fragen, was der andere genau meint.

Wacki Bauer