Richtig Telefonieren: Worauf es beim Inkasso-Telefonat ankommt

Seit Jahren verschlechtert sich die Zahlungsmoral von Privat- und Geschäftskunden. Die Hauptgründe sind die schlechte Auftragslage und vorsätzliches Nichtzahlen. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Das belegen etliche neuere Studien (z. B. IHK Köln, Bürgel Wirtschaftsinformation, creditreform, BITKOM, BDIU, AGA Unternehmerverband Hamburg“, ZDH, ). Daraus ergeben sich Verbindlichkeiten-Ketten, die besonders kleine und mittlere Unternehmen in die finanzielle Krise bringen. Fast zwei Drittel von Insolvenzen gehen auf Forderungsausfälle zurück.

Es zeigt sich: Je schleppender schriftlich und telefonisch gemahnt wird, umso schlechter wird die Zahlungsmoral. Es ist wichtig, wenig Gelegenheiten zu geben, Zahlungen herauszögern. Die Praxis zeigt: Wer nicht mit Schuldnern das persönliche Gespräch sucht, Vereinbarungen trifft und Grenzen setzt, bekommt als letztes sein Geld.

Da Schuldner auf schriftliche Mahnungen immer weniger reagieren und auch „dickfelliger werden“, gehen immer mehr Firmen dazu über, ihre Außenstände per Telefon einzutreiben.

Analysen zeigen, dass erfolgreiches Telefoninkasso im Kern zehn Gesprächsfähigkeiten erfordert. Wer diese beherrscht, kann je nach Branche eine Erfolgsquote von 60 bis 80 % beim Eintreiben offener Rechnungen erzielen. Das heißt, dass nach einem Anruf vereinbarungsgemäß und zeitnah die Zahlung erfolgt.

Die folgendes Mitschrift eines Inkassotelefonates verdeutlicht Ihnen exemplarisch, worauf es ankommt.

Thema: Kunde nennt Liquiditätsprobleme

Im folgenden lesen Sie die Mitschrift eines typischen Inkassotelefonates. Dazu sind Kommentare für positive Punkte ( + ) bzw. für Verbesserungspotential ( – ) genannt. Die Tipps sind branchenübergreifend, weil es um die Art der Gesprächsführung geht.

Buchhaltung:
„Guten Tag, Winkel von der Firma … ich rufe gerade nochmal an wegen den Forderungen und zwar 2000 Euro für Ihr Verfahren, dass Sie bei uns benutzen.
Das haben wir ja jetzt schön öfter mal gehabt. Ich möchte Sie einfach noch mal dran erinnern und Sie auch auffordern doch die Forderung zu begleichen.“

Kommentar:

( – ) Wortwahl „ich rufe gerade noch mal an“.
( – ) Beziehungskiller „Du-Depp-Formulierung“ „Das haben wir jetzt schon öfter mal gehabt.“ Wenn die Wiederholung häufiger passiert ist, dann als separates Thema ansprechen und klären, wie sicher gestellt werden kann, dass Zahlungen zukünftig pünktlich erfolgen.
( – ) Keine Zielführende Frage zum Schluss.

Verbesserungstipps

  • Dem Kunden helfen, sich auf das Gespräch einzustellen und den Grund bzw. die Dringlichkeit des Anrufes zu erkennen: „Guten Tag……es geht um die offene Rechnung für … in Höhe von….die ist vom ….. und das Zahlungsziel war am…..“
  • Anrufgrund klarmachen und direkte Frage stellen: „Ich rufe an, um zu hören, wann wir das Geld bekommen? Die Frage hilft die Zahlungsbereitschaft und -vorstellungen des Kunden zu ergründen.

Kunde: „Ja, ich erinnere, das war eine CD, glaube ich, die wir von Ihnen bekommen haben. Ist die Rechnung nicht schon bezahlt?“

Buchhaltung: „Nein, da habe ich vorher natürlich schon nachgeschaut. Ich habe geguckt und das ist immer noch offen.“

Kommentar:

( – ) Beziehungskiller „Du-Depp-Formulierung“ „Nein, da habe ich vorher natürlich schon nachgeschaut“. Besser: Wann haben Sie die Rechnung bezahlt? Abklärung der Bankverbindung usw. – dadurch lässt sich auch sich die Glaubwürdigkeit der Aussage erkennen.

Kunde: „Das ist Folgendes. Ja, jetzt kriege ich gerade einen Wink von meiner Kollegin. Die ist in der Tat noch offen die Rechnung. Sie wissen, bei uns in der Baubranche ist gerade der Wurm drin. Sie haben es gelesen in der Zeitung. Die Firma Meyer & Co. GmbH hat Insolvenz angemeldet. Wir sind gerade noch drum herum gekommen. Wenn Sie in Ihren Unterlagen gucken. Sie haben ja festgestellt, wir haben die Rechnungen immer bezahlt. Immer natürlich mit Verzögerung, aber ich würde Sie einfach bitten, noch ein bisschen Geduld zu haben. Denn das Geld haben Sie immer bekommen von uns. Vollständig. Ich würde Sie einfach bitten, sich noch geraume Zeit zu gedulden. Ich würde dann in absehbarer Zeit das Geld komplett überweisen.“

Buchhaltung: „Ja gut, wir waren ja bisher immer ziemlich entgegenkommend, das wollen wir eigentlich auch sein. Wir verstehen auch Ihre Schwierigkeiten. Aber Sie müssen bitte auch unsere Schwierigkeiten verstehen. Wir können nicht jedem und immer vollständig entgegen kommen. Wir sollten da doch zu einer Vereinbarung kommen, die für uns beide tragbar ist. Eine geraume Zeit kann ich Ihnen da nicht gewähren.“

Kommentar:

( + ) Buchhaltung hat der langen Ausführung des Kunden zugehört und ihn ausreden
( + ) Abschwächende Weichmachformulierungen, die Unsicherheit und Unverbindlichkeit signalisieren: „ziemlich entgegenkommend“, „wollen wir eigentlich auch sein…“
( – ) Keine klärenden Fragen, um Ansatzpunkte für die eigene Argumentation auszubauen und die Glaubwürdigkeit des Kunden zu prüfen
( + ) Verständnis ausgedrückt. „Wir verstehen auch Ihre Schwierigkeiten.“
( – ) Zuerst argumentativ guter Ansatz: „Aber Sie müssen bitte auch unsere Schwierigkeiten verstehen.“ Dabei ist die Wortwahl „Schwierigkeiten“ negativ in der Außendarstellung der eigenen Firma. Dann folgt eine „Du-Depp-Formulierung. „Wir können nicht jedem und immer vollständig entgegen kommen.“
( – ) Kunden Verhandlungsspielraum geschenkt: „Eine geraume Zeit kann ich Ihnen da nicht gewähren.“

Verbesserungstipps zur Gesprächsführung

Klärende Fragen, die man besonders dann stellen kann, wenn die Beziehungsebene stimmt:

  • Was hat Sie abgehalten, sich angesichts unserer Mahnungen bei uns zu melden, damit wir im Sinne der bisherigen guten Geschäftsbeziehung ein Lösung finden können?
  • Wenn sie sagen, Sie sind gerade um die Insolvenz herum gekommen. Wie steht es genau um Sie? Wenn Sie jetzt Zahlungen leisten müssen, nach welchen Prioritäten gehen Sie vor. An welcher Stelle sind wir?
  • Was heißt für Sie geraume Zeit?

Verständnis mit Argumentation. Standpunkt halten. „Das stimmt. Sie haben immer pünktlich Ihre Rechnungen bezahlt. Das schätzen wir auch an Ihnen. Ich verstehe Ihre momentane Situation. Bitte verstehen Sie auch unsere Situation, wir können auch nicht auf unser Geld warten. Wie können wir die offene Zahlung denn jetzt so schnell wie möglich vom Tisch bekommen?

Kunde: „Was wäre denn das Äußerste, was Sie mir anbieten könnten als Zahlungsziel. Denn wie gesagt, ich möchte es noch mal sagen, Sie sehen es in Ihren Unterlagen, die Rechnungen sind alle bezahlt worden. Ich würde Sie bitten, ob Sie vielleicht noch mal mit Ihrem Vorgesetzten besprechen könnten, was denn als Zahlungsziel, als äußerstes Limit möglich wäre.“

Buchhaltung: „Ja, ich habe mich mit ihm in diesem Bereich schon an sich abgesprochen. Also ich kann Ihnen maximal, ja, puh, 2 Wochen gewähren. Ja könnte man noch vertreten. Ja, aber das möchte ich aber mal ganz hinten anstellen. Möchte ich noch auf gewisse Ratenzahlungen hinweisen. Aber das möchten wir dann doch eher vermeiden.“

Kommentar:

( – ) Bei einer Verhandlung haben Verhandlungsprofis ein Maximalziel, was Sie erreichen wollen und ein Minimalziel. Der Kunde führt das Gespräch, in dem er fragt: Was ist das Äußerste, was Sie mir anbieten können“: Buchhaltung lässt sich in die Defensive drängen, weil Sie nicht selbst die Fragen stellt und weil Sie mit zwei Wochen schon einen großen Spielraum gibt. Das Verhandlungsziel ist, der ganze Betrag in drei Tagen auf dem Konto.
( – ) Buchhaltung verwendet Weichmacherformulierungen „schon an sich abgesprochen“, „möchten wir doch eher vermeiden“.
(+) Buchhaltung ist vorbereitet ins Gespräch gegangen und hat schon mit dem Chef den Rahmen besprochen.

Kunde: „Ich würde Ihnen verbindlich zusagen, dass ich in vier Wochen die Hälfte, sprich 1000 Euro überweisen werde. Verbindlich. Und würde die zweiten 1000 Euro weitere vier Wochen später bezahlen. Also in acht Wochen haben Sie die Rechnung komplett bezahlt. Wäre das für Sie so in Ordnung, Herr Winkel.“

Buchhaltung: „Ja wir sollten – äh. Das Angebot ist ja zunächst nicht schlecht, wir sollten uns dann aber im Zeitrahmen etwas mehr einigen, also das wir einfach sagen, dass Sie jetzt vielleicht in zwei Wochen zumindest mal die erste Rate anzahlen. Wie gesagt, das Verständnis ist schon da, wir haben da auch unsere Probleme.“

Kommentar:
( – )
Das Gespräch führt der Kunde. Er macht die Vorschläge und stellt die Fragen.
( – ) Buchhaltung verwendet Weichmacherformulierungen, wirkt unsicher.
( – ) Buchhaltung versucht mit Ratenangebot eigene Vorschläge zu platzieren, sollte aber besser erst mal den Standpunkt halten, den ganzen Betrag in kurzer Zeit zu bekommen und dies argumentativ darzustellen.
( – ) Negative Wortwahl für Außendarstellung: „Wir haben auch unsere Probleme.“

Kunde: „Wissen Sie, Sie müssen eins noch berücksichtigen. Ihnen ist wahrscheinlich auch bekannt, die CD, die hat ja nicht von Anfang an funktioniert. Sie mussten zweimal kommen und nachbessern. Ich würde Sie gerade unter dem Gesichtspunkt, weil es da anfänglich Probleme gab, würde ich Sie trotzdem bitten wollen, damit ich mich auch an meine Zusage halten kann, ob Sie es vielleicht nicht abklären können, doch so zu belassen, in vier Wochen die erste Rate und in acht Wochen die zweite und letzte Rate. Sie kriegen das Geld ja komplett und sicher.“

Buchhaltung: „Gut, das muss man schon in gewisser Weise berücksichtigen. Ich würde aber doch vielleicht eher vorschlagen, wenn wir sagen, die erste Rate nach zwei Wochen und dann nach sechs Wochen als Ziel zu machen. Weil sonst kann ich das auch nicht vertreten. Ich habe auch die Beitreibungsmaßnahmen zu führen und da bin ich verantwortlich für. Ich denke, wir sollten hier versuchen einen Kompromiss einzugehen. Das wir hier sagen können, wir wollen ein kürzeres Zahlungsziel erreichen.“

Kommentar:
( – )
Kunde hat die neue Strategie eingebracht, auf eine Reklamation hinzuweisen. Buchhaltung geht defensiv drauf ein. Besser wäre eine Gegenargumentation aufzubauen (wenn möglich): „Ja, Sie haben Recht. Aber ist es nicht richtig, dass wir das Problem dann schnell behoben haben und Sie vollends zufrieden waren.“
( + ) Buchhaltung lässt sich nicht auf die Vorschläge des Kunden ein, sondern versucht, mit dem Angebot der Ratenzahlung und verkürzten Zahlungszielen, einen „kleinen“ Verhandlungsgewinn zu erreichen.

Kunde: „Dann würde ich Ihnen als goldenen Mittelweg vorschlagen, in drei Wochen die erste Rate in Höhe von 1000 Euro und in sechs Wochen die zweite Rate von 1000 Euro, dann wäre nach sechs Wochen die ganze Rechnung bezahlt und ich glaube da können wir beide mit leben.“

Buchhaltung: „OK. Ich bin einverstanden.“

Kurze Zusammenfassung der Kommentare

Positive Ansätze
( + )
Verständnis
( + ) Ausreden gelassen
( + ) Versuch, eine Lösung zu finden
( + ) Grenzen gesetzt, drangeblieben
( + ) Gut vorbereitet

Verbesserungspotential
( – )
Viele Du-Depp-Formulierungen
( – ) Eher zögerlich und unsicher, viele Weichmacher-Formulierungen.
( – ) keine Fragetechnik
( – ) Negative Wortwahl
( – ) Verhandlung: Minimal- und Maximalziel nicht gut genug genutzt
( – ) In der Verhandlungssituation in die Defensive gebracht
( – ) Standpunkt argumentativ nicht vertreten
( – ) Kunde hat großteils die Gesprächsführung

Nähere Informationen bei

Dietmar Bouwmann, Spezialtrainer Telefoninkasso
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Internet: Der-Telefoninkasso-Trainer

BUCHTIPP: Axel Koch (2001): „So überzeugen Sie am Telefon. Kundenorientierter, effizienter, erfolgreicher“. Falken-Verlag

Dietmar Bouwmann