Entscheidungshilfe: Wichtige Entscheidungen kompetent treffen

Bewusst die richtige Entscheidung treffen, ist immer dann wichtig, wenn die getroffene Entscheidung weitreichende Konsequenzen hat. Das gilt auch, wenn sich die Entscheidung langfristig auswirkt oder mehrere Personen vom Ergebnis betroffen sind. Die folgende Entscheidungshilfe stellt eine Methode vor, wie Sie die Komplexität einer Entscheidung auf das Wesentliche reduzieren können und so zielorientiert zu einem (für Sie persönlich) optimalen Ergebnis kommen.

Bewusst entscheiden! Denn Sie wissen, was Sie tun …

Entscheidungshilfe Entscheidungen kompetent treffen

Fällt Ihnen eine Entscheidung schwer? Schieben Sie eine bestimmte Entscheidung auf? Oder standen Sie schon einmal im Hotel am Urlaubsort, schauten sich um und dachten: „Das habe ich mir ganz anders vorgestellt – nächstes Mal …“

Wenn Ihnen eine Entscheidung schwer fällt, liegt das meistens daran, dass mehrere Personen davon betroffen sind oder dass sie komplex ist. Komplex meint: Sie haben eine Vielzahl von Alternativen zur Auswahl oder Alternativen mit einer Vielzahl von Eigenschaften, die Sie abwägen müssen. Alltägliche Beispiele hierfür sind Autokauf, Urlaubsziel, Hauskauf, Gruppenarbeit oder Berufswahl.

Ganz bewusst die richtige Entscheidung zu treffen, ist wichtig, wenn die getroffene Entscheidung weitreichende Konsequenzen hat. Das gilt auch, wenn sich die Entscheidung langfristig auswirkt oder mehrere Personen vom Ergebnis betroffen sind.

Die folgende Entscheidungshilfe reduziert die Komplexität der Entscheidung und führt Sie zielorientiert zum optimalen Ergebnis. Sie können die Entscheidungshilfe auch für gemeinsame Entscheidungen, beispielsweise für den nächsten Familienurlaub oder Entscheidungen in Vereinen oder Gruppen verwenden.

Dabei kann es besonders hilfreich sein, wenn unterschiedliche Entscheidungskriterien aufgedeckt werden. (Vielleicht will die Tochter deshalb nach Athen, weil ihre beste Freundin Urlaub im Nachbarort macht. Dann sind Argumente über die Schönheit einer schottischen Landschaft weniger überzeugend.)

Entscheidungshilfe: Die Methode im Überblick

  1. Informationen sammeln: Die Basis jeder bewussten Entscheidung sind Informationen, Informationen über die Alternativen und über das, was Sie eigentlich wollen.
  2. Eine Vorauswahl treffen: Bei jeder Entscheidung gibt es Bedingungen oder Kriterien, die auf jeden Fall erfüllt werden müssen. Eine Alternative, die diese Kriterien nicht erfüllt, scheidet aus.
  3. Bedingungen finden: Das Beste ist immer das Beste für Sie. Sie haben bestimmte Bedingungen, die eine Alternative erfüllen soll.
  4. Alternativen bewerten: Mit den bisherigen Bedingungen haben Sie den Rahmen benannt, der für Ihre Entscheidung wichtig ist. Bewerten Sie, wie gut jede Alternative die Bedingungen erfüllt.
  5. Den Sieger ermitteln: Aufgrund der vorherigen Bewertungen können Sie den Sieger errechnen.
  6. Prüfung: Die Siegerermittlung ist nicht bindend, sie stellt dar, was errechnet werden kann. Sie entscheiden – und jetzt können Sie Ihre Entscheidung bewusst treffen.

1. Sammeln Sie Informationen

Die Basis jeder bewussten Entscheidung sind Informationen. Sammeln Sie zuerst Informationen über die Alternativen, die Ihnen zur Auswahl stehen. Wollen Sie sich beispielsweise ein Auto kaufen, gehen Sie zu Autohändlern, holen Sie sich Informationsmaterial, Prospekte, Werbung, sprechen Sie mit Vertretern, suchen Sie im Internet … Sammeln Sie alle verfügbaren Informationen.

Die „richtige“ Entscheidung kann selten objektiv getroffen werden, sie hängt von Ihnen persönlich ab. Ihre Wünsche, Vorstellungen, Erwartungen etc. sind wichtig für Ihre Entscheidung.

Was will ich eigentlich?

Beantworten Sie diese Frage.
Fällt Ihnen die Beantwortung der Frage schwer, beginnen Sie damit alles aufzuschreiben, was Ihnen einfällt. Setzen Sie sich gemütlich hin, lassen Sie Ihre Gedanken in die Zukunft schweifen und skizzieren Sie Ihre Wunschvorstellung.

Beispiele

Auto: Es soll schnell und sicher sein, günstig in der Anschaffung und sparsam im Verbrauch. Vier Türen braucht es, weil der Kindersitz auf den Rücksitz soll. Ach ja, und nie wieder einen Fissda, der Wartungsservice war miserabel.

Urlaubsziel: Es soll sonnig sein, belebt, viel zu sehen geben und die Unterkunft soll komfortabel sein. Ich will mich viel bewegen und was erleben.

Haus: Es soll groß sein, mit Garten, abgelegen liegen, geräumig sein. Ein Reihenhaus will ich nicht und abbezahlt muss es in 10 Jahren sein.

2. Treffen Sie eine Vorauswahl

Bei jeder Entscheidung gibt es Bedingungen oder Kriterien, die auf jeden Fall erfüllt werden müssen. Eine Alternative, die diese Kriterien nicht erfüllt, scheidet aus.

Beispiel Autokauf

Alternativen und Vorauswahl Mussbedingungen
Alle angekreuzten Alternativen erfüllen die Mussbedingungen.

Entscheidungshilfe Methode kompetent Entscheidungen zu treffenAlles, was jede Alternative erfüllen muss, wird im Folgenden „Mussbedingung“ genannt. Alle Alternativen, die die Mussbedingungen nicht erfüllen, scheiden aus dem weiteren Entscheidungsprozess aus.

Was MUSS jede Alternative erfüllen? Oder was darf auf keinen Fall gegeben sein?

Beantworten Sie diese Frage.

Ein solches ‚Muss‘ kann sein, dass das Auto 4 Türen haben muss, weil ein Kindersitz auf der Rückbank befestigt werden soll. Auf keinen Fall darf das Auto ein ausländisches Modell sein, weil der Wartungsservice für den alten Fissda miserabel war. Das neue Auto soll silbergrau sein, Ihr Partner wünscht sich diese Farbe und hat beim letzten Kauf diesen Wunsch zurückgestellt.

Für die Suche nach den Mussbedingungen ein paar Anregungen:

  • Vorhandenes oder erwünschtes Wissen
  • Kapital, Energie, Umwelt, Bedürfnisse, die eigene finanzielle Situation, die eigene körperliche Verfassung
  • Eigene Ziele, Zwangslagen, von anderen vorgegebene Bedingungen
  • Familie, Freunde, Bekannte, deren Wünsche und Ziele
  • Zukünftige Möglichkeiten, Vereinbarkeit mit andern Zukunftsplänen, ‚mal was Neues‘
  • Tradition, eigene Erfahrungen (positiv/negativ)

Haben Sie alle Muss-Bedingungen gefunden, prüfen Sie die Alternativen daraufhin.
Erfüllt eine Alternative eine Mussbedingung nicht, scheidet sie aus.
Sie ist für die weitere Entscheidungsfindung nicht mehr relevant. Sie haben eine Vorauswahl getroffen.

3. Finden Sie weitere Bedingungen

Das Beste ist nicht für jeden das Gleiche – es ist das Beste für Sie und Sie haben bestimmte Bedingungen, die eine Alternative erfüllen soll.

Zwei Beispiele für mögliche Bedingungen:

Autokauf:
  • Sicherheit
  • Benzinverbrauch
  • Platzbedarf
  • Fahrverhalten
Hauskauf:
  • Platzbedarf
  • Hausart
  • Finanzierung
  • Wohnlage

Das Ziel Ihrer Wahl ist: Sie wollen das „Beste vom Besten“. Sie haben bestimmte Bedingungen oder Kriterien, die eine Alternative erfüllen SOLL, damit Sie sagen können, sie ist die Beste. Diese Bedingungen werden im Folgenden Sollbedingungen genannt.

Finden Sie diese SOLL-Bedingungen.

Bei einem Auto könnte ein wichtiger Punkt sein, wie viel Platz es bietet. Geschwindigkeit und Fahrverhalten kann eine bedeutende Rolle spielen. Diese Sollbedingungen sind nicht verallgemeinerbar – jeder hat seine eigenen.

Sollbedingungen können Sie in Prospekten, Testergebnissen und Beschreibungen finden. Sprechen Sie mit Bekannten und Freunden. Haben Sie vorher Notizen zum Thema gemacht? Durchforsten Sie diese nach Sollbedingungen.

Machen Sie daraus eine Liste – schlagwortartig. Solche Schlagwörter/Oberbegriffe können Sie in Prospekten finden oder einen Vertreter befragen. Gehen Sie noch nicht ins Detail, sondern fangen Sie beim Groben an, die Details kommen später.

Setzen Sie Prioritäten

Nicht alle Alternativen erfüllen die Sollbedingungen in gleichem Maße. Deshalb ist es wichtig, dass Sie herausfinden, welche der Sollbedingungen wie wichtig sind.

Beispiel Autokauf

Sollbedingungen Gewichtung
Sicherheit Benzinverbrauch
Sicherheit Platzbedarf
Sicherheit Fahrverhalten
Benzinverbrauch Platzbedarf
Benzinverbrauch Fahrverhalten
Platzbedarf Fahrverhalten

Gesamtpunktzahl: 7

Sollbedingungen Punkte Rangfolge Faktor
Sicherheit 3 43% 4.3
Benzinverbrauch 1 14% 1.4
Platzbedarf 1 14% 1.4
Fahrverhalten 2 29% 2.9

43% = 3 * 100 / 7

1.4 = 14 / 10

Jede Alternative hat Vor- und Nachteile. Nicht alle Alternativen erfüllen die Sollbedingungen in gleichem Maße. Ein sehr großes, geräumiges Haus hat vielleicht eine weniger gute Wohnlage, während das Haus, das am leichtesten zu finanzieren ist, das kleinste ist.

Vergleichen Sie jede der Sollbedingungen mit jeder und entscheiden Sie, welche wichtiger ist.

– Ist der Platzbedarf wichtiger als die Wohnlage? – Ist die Finanzierung wichtiger als der Platzbedarf? – …

Der jeweils wichtigeren Bedingung geben Sie einen Punkt. Sind beide Bedingungen gleich wichtig, dann vergeben Sie für jede Bedingung einen Punkt. Zählen Sie für jede Bedingung die vergebenen Punkte zusammen und drücken Sie diese in % aus. Die Prozentzahlen drücken die Priorität oder Rangfolge der Bedingungen aus. Die wichtigste Sollbedingung hat die höchste Prozentzahl.

Die Prozentzahl wird durch 10 geteilt, damit in den folgenden Rechenschritten die Zahlen nicht zu groß werden. Diese Zahl wird als Faktor bezeichnet und wird im nächsten Schritt gebraucht.

Rechenweg:
Prozent = Punkte der Sollbedingung * 100 / Gesamtsumme der vergebenen Punkte.
Ist das Ergebnis 0, kann die Sollbedingung gestrichen werden, da ein Ergebnis multipliziert mit 0 immer 0 ergibt.
Faktor = Prozent / 10

4. Bewerten Sie die Alternativen

Bewerten Sie, wie gut jede Alternative Ihre Sollbedingungen erfüllt.

Beispiel Autokauf


Sie haben jetzt das Gerüst für die Entscheidung – Sie kommen zum Kern der Sache: Die reinen Sollbedingungen besagen noch nichts, sie müssen bewertet/beurteilt werden. Die Frage lautet:
Wie gut erfüllt die Alternative diese Bedingung?
Erst dann können die Alternativen miteinander verglichen und der Sieger ermittelt werden.

Vergeben Sie für jede Sollbedingung einer Alternative eine Punktezahl zwischen 0 und 10. Null bedeutet, dass die Alternative diese Bedingung miserabel erfüllt, zehn, dass sie sie hervorragend erfüllt. Sie können auch eine andere Skala verwenden, beispielsweise von 0-5. Eine Punktevergabe nach Gefühl oder Erfahrung ist ebenfalls üblich und ein Bewertungsmaßstab.

Achten Sie bei der Punktvergabe darauf, dass nur die gerade behandelte Bedingung bewertet wird und andere Sollbedingungen separat bewertet werden.

Nach der Punktvergabe können Sie errechnen, wie gut jede Alternative die Sollbedingung erfüllt. Dafür multiplizieren Sie die Punktezahl mit dem Faktor.

Rechenweg:
Erfüllung = Punkte * Faktor

5. Entscheidung treffen: Ermitteln Sie den Sieger

Sie haben jetzt alle notwendigen Daten, um den Sieger zu errechnen.

Beispiel Autokauf

Alternativen Sollbedingungen Erfüllung Summe Platz
BMW Limousine 316i

93.4 = 43 + 13.3 + 12 + 25.1

Sicherheit 43 93.4 1
Benzinverbrauch 13.3
Platzbedarf 12
Fahrverhalten 25.1
Mercedes-Benz C 200 CGI Sicherheit 43 91.6 2
Benzinverbrauch 9.8
Platzbedarf 11.8
Fahrverhalten 27.1
Opel Vectra Sicherheit 43 91.6 3
Benzinverbrauch 11.2
Platzbedarf 13.2
Fahrverhalten 24.2

Haben Sie alle Punkte vergeben, ist der Rest eine einfache Rechenaufgabe: Addieren Sie alle Punkte der Erfüllung, die eine Alternative erhalten hat. Die Höhe der Summe gibt die Reihenfolge der Sieger an.

Die Alternative mit den meisten Punkten ist –

der Sieger!

Rechenweg:
Die Summe aller Erfüllungspunkte einer Alternative ergibt die Gesamtpunktzahl. Die Alternative mit der höchsten Punktezahl ist der Sieger.

6. Entscheidung treffen: Prüfen Sie das Ergebnis

Ein Sieger ist erst eindeutig, wenn er zum 2. Platz einen deutlichen Punkteabstand hat.

Beispiel Autokauf

Platz 1 zu Platz 2 = 2%

2% = 100 – ( 91.6 * 100 / 93.4 )

Platz 2 zu Platz 3 = 0%

Alternativen Sollbedingungen Erfüllung Summe Platz
BMW Limousine 316i Sicherheit 43 93.4 1
Benzinverbrauch 13.3
Platzbedarf 12
Fahrverhalten 25.1
Mercedes-Benz C 200 CGI Sicherheit 43 91.6 2
Benzinverbrauch 9.8
Platzbedarf 11.8
Fahrverhalten 27.1
Opel Vectra Sicherheit 43 91.6 3
Benzinverbrauch 11.2
Platzbedarf 13.2
Fahrverhalten 24.2

Betrachten Sie die Punkteabstände, die der Sieger zum 2. und 3. Platz hat. Liegen die Punkte eng beieinander, ist sein Platz anfechtbar. Ein Sieger ist eindeutig, wenn er zum 2. Platz einen großen Punkteabstand hat.

Beträgt der Punkteabstand, wie im obigen Beispiel, nur 2% zum 2. Platz und 0% zum dritten Platz, sind die Alternativen nahezu gleichwertig. Alle Alternativen erfüllen die Kriterien gleichermaßen.
Oder hat der Sieger einen geringen Punkteabstand zur nächsten Alternative, ist aber wesentlich teurer, kann das dazu führen, dass eine andere Alternative zum Sieger wird.

Der Punkteabstand sollte mindestens 10-15% betragen, besser sind 20 oder mehr Prozent. Je größer der Punkteabstand ist, desto deutlicher der Sieger.

Überprüfen Sie, welche Punkte Sie auf dem Entscheidungsweg vergeben haben und verändern Sie diese eventuell. Sie können Ihre Punktvergabe mit Freunden/Bekannten durchsprechen und dadurch zu einer anderen Bewertung gelangen. Vielleicht finden Sie auch andere Bedingungen, die Sie an die Alternativen stellen und können sie dadurch deutlicher voneinander unterscheiden.
Betrifft Ihre Entscheidung mehrere Personen, gehen Sie mit diesen die einzelnen Schritte durch und verändern gegebenenfalls die Sollbedingungen oder Punktevergabe.

Und – sind Sie mit dem Sieger einverstanden?
Sie entscheiden, wer der Sieger ist. Die Siegerermittlung ist nicht bindend, sie stellt dar, was errechnet werden kann. Sie entscheiden – und jetzt können Sie Ihre Entscheidung bewusst treffen.

Rechenweg:
Abstand Platz 1 zu Platz 2: 100 – (Prozent Platz 2 = 100 * Summe Platz 2 / Summe Platz 1)
Abstand Platz 2 zu Platz 3: 100 – (Prozent Platz 3 = 100 * Summe Platz 3 / Summe Platz 2)

Petra Sütterlin