Konflikte lösen: Streit schlichten mit Ich-Botschaften

Um Konflikte zu lösen, gibt es eine einfache und wirkungsvolle Kommunikationstechnik, die es beiden ermöglicht, ein verständigungsorientiertes Gespräch zu führen. Die Technik besteht darin, negative „Du-Botschaften“ in positive „Ich-Botschaften“ zu verwandeln. Was das ist und wie es funktioniert, erfahren Sie nachfolgend.

Konflikte konstruktiv lösen

Jeder kennt Situationen, in welchen er bei einem Streit wütend, frustriert oder traurig ist. Das Verhalten anderer Menschen kann einen manchmal zum Wahnsinn treiben. Doch ein Streit ist nur dann destruktiv, wenn sich die Fronten verhärten und keiner bereit ist, den Konflikt zu lösen.

Konflikte lösen und Streit schlichten mit Ich-Botschaften

In einem Konflikt ist keine Form von „Recht haben wollen“ dazu geeignet, zu einer konstruktiven Konfliktlösung beizutragen. Beide Seiten können nur verlieren. Jener, der seinen Standpunkt durchsetzt, verliert das Vertrauen des anderen. Der andere muss seinen Standpunkt und damit verbundene Bedürfnisse zurückstellen.

Jeder hat die Möglichkeit diesen Teufelskreis zu durchbrechen und nach einer Lösung des Konflikts zu streben. Die Aufgabe besteht darin, was eine Lösung für beide Seiten sein könnte, anstatt auf seinem Standpunkt zu beharren.

Was sind „negative Du-Botschaften“?

Bei negativen Du-Botschaften wird ein Verhalten des anderen problematisiert, d. h., das Gegenüber wird zum „Problem“ gemacht. Zum besseren Verständnis, einige Beispiele für Du-Botschaften:

  • „Du hast schon wieder deine Jacke nicht zugemacht – langsam wird mir das zu blöd mit dir.“
  • „Meine Güte bist du dumm, denk doch mal nach, bevor du etwas tust!“
  • „Mensch sind Sie ungeschickt, passen Sie doch besser auf!“
  • „Du Trampel, jetzt ist mein Handy kaputt!“
  • „Tu nicht so scheinheilig, in Wirklichkeit denkst du doch ganz anders über das Thema.“
Konflikte lösen durch Konfliktbewältigung

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie so etwas zu hören bekommen? Vermutlich nicht sonderlich gut. Negative Du-Botschaften haben fast zwangsläufig zur Folge, dass sich der Partner angegriffen fühlt und sich zu verteidigen bzw. zu rechtfertigen sucht.

Bringt man solche Anschuldigungen noch in einem rauen Ton vor, ist es nicht verwunderlich, auch die Gefühle des anderen zu verletzen – ihn wütend oder traurig zu machen. Ein destruktiver Streit oder Konflikt „lebt“ von der Konfrontation und dem „Recht haben wollen“ mindestens eines Beteiligten.

Konflikte lösen, heißt die eigene Kommunikation zu verändern

Bei negativen Du-Botschaften kommt es fast zwangsläufig zu einem „Stellungskrieg“, den keiner verlieren will – schließlich „muss“ man sein Gesicht wahren. Dabei entsteht das Problem oftmals gar nicht durch den Inhalt – oder dem Kern der Kritik – sondern dadurch, dass man das Problem ungeschickt und viel zu allgemein formuliert.

Eine Möglichkeit die Kommunikation positiv zu ändern ist, die negativen Du-Botschaften in positive Ich-Botschaften umzuformulieren. Eine Ich-Botschaft bedeutet, dass ich „über mich selbst spreche“, meine eigenen Gefühle mitteile, MEIN Problem thematisiere.

Ich rede ganz konkret über meine Gefühle und mein Verständnis oder mein Erleben der Situation. Damit kann ich über dasselbe Problem reden, wirke aber weder verletzend noch beschuldigend.

Was sind positive Ich-Botschaften?

Eine positive „Ich-Botschaft“ besteht aus drei Komponenten:

  • Gefühle offenbaren: Eigene Gefühle werden geäußert, die sich auf eine konkrete Situation oder Verhalten des anderen beziehen.
  • Sachlich: Die Situation (Auslöser) wird beschrieben, der Grund für die Kritik ist. Hier ist es wichtig konkret zu werden, damit sich der andere die Situation bildhaft vorstellen kann.
  • Auswirkungen: Dem Adressaten werden die Auswirkungen seines Verhaltens mitgeteilt. Manchmal wird in diesem Schritt auch eine Bitte an den Adressaten geäußert.

Ein Beispiel zur Anwendung von Ich-Botschaften: Statt „Du ignorierst mich ständig“ – „Ich war beim letzten Fest eifersüchtig, da ich die Befürchtung hatte dich im Gespräch mit … zu stören. Ich hätte mir gewünscht, mehr mit dir in Kontakt zu sein …

Konfliktmanagement hilft Konflikte zu lösen

Aus der Verallgemeinerung der negativen Du-Botschaft wurde eine konkrete und nachvollziehbare Aussage gemacht, welche das eigene Erleben betrifft.

Man lässt das Beurteilen (auch Verurteilen) des anderen weg und gibt zu, dass man selbst ein „Problem“ hat, das gelöst werden will. Dadurch kommt der andere gar nicht in die Lage sich verteidigen zu müssen, sondern hat nun die Möglichkeit sein eigenes Erleben zu formulieren.

Konflikte lösen: Vorteile von positiven Ich-Botschaften

Diese Umformulierung des „Problems“ entschärft die Situation wesentlich und ermöglicht es beiden Seiten, sich mit einer Lösung des Problems zu beschäftigen, statt einen „Schuldigen zu suchen“. Weitere Vorteile zur Lösung von Konflikten mit positiven Ich-Botschaften sind:

  • Partnerschaftlicher Umgang: Teilt man dem Gegenüber seine eigenen Gefühle mit, zeigt man ihm die eigene Verletzlichkeit. Damit lassen sich Abwehrreaktionen vermeiden. Man stellt sich nicht als „gebieterischer Tyrann“ dar, sondern als Mensch mit Gefühlen und Bedürfnissen.
  • Verstehen: Die konkrete Situation (Fakten) ist wichtig, damit der andere weiß, worum es geht. Jemanden zu sagen, dass er sich generell unzuverlässig verhält, wirkt pauschal abwertend. Besser wäre es zu erwähnen, dass man bereits zweimal vergebens auf ihn gewartet hat.
  • Schutz der Interessen: Benennen Sie die Wirkungen problematischer Verhaltensweisen des anderen auf Sie selbst. So erkennt Ihr Gegenüber die eigenen Befürchtungen (oder den Schaden) und weiß, was er beim nächsten Mal besser machen kann.
  • Akzeptanz und Vertrauen: Ich-Botschaften regen andere Menschen an, ebenfalls Ich-Botschaften zu verwenden. Damit entsteht eine Situation der Offenheit und des Vertrauens. Solche „Selbstoffenbarungen“ können auch nach längerem Streit heilsam wirken.
  • Entschärfen und Öffnen: Ich-Botschaften entschärfen auch festgefahrene Situationen. Sie können eingesetzt werden, um einen Streit zu beenden. Ich-Botschaften öffnen die Situation. Sie machen es dem anderen leichter zuzuhören und zu verstehen.

Vorsicht Falle: Versteckte negative Du-Botschaften

Manche Du-Botschaften verkleiden sich in „scheinbare“ Ich-Botschaften. Diese sollten Sie erkennen und entsprechend umformulieren. Einige Beispiele:

  • Verkleidete Du-Botschaft: „Ich finde, dass du unmöglich aussiehst.“ Hier handelt es sich um eine Du-Botschaft: „Du siehst unmöglich aus“. Formulierungen, wie „Ich finde …“ reichen nicht aus, um aus einer Du-Botschaft eine Ich-Botschaft zu machen. Achten Sie auf Äußerungen, die wie eine Beschuldigung, Vorwurf oder ein Urteil wirken, unabhängig davon, dass sie mit einem „Ich“ beginnen.
  • Versteckte Du-Botschaft: Bei einer Antwort auf etwas Gesagtes: „Das ist völlig widersinnig“, handelt es sich um eine versteckte Du-Botschaft: „Du äußerst Widersinniges“. Auch verdeckte Du-Botschaften wirken verletzend. In einer Ich-Botschaft umformuliert, hört es sich respektvoller an: „Ich verstehe deine Behauptung … nicht.“
  • Ich-Bezogenheit: Ich-Botschaften dürfen nicht mit Äußerungen von Ich-bezogenen Menschen verwechselt werden. Wer ausschließlich von sich selbst erzählt, ohne sich auf einen anderen Menschen zu beziehen, äußert keine Ich-Botschaften, sondern wirkt selbst-bezogen.
  • Der ewige Kritiker. Es gibt Menschen, die häufig nur das Haar in der Suppe suchen (und finden). Sie spezialisieren sich auf Themen, über die sie nörgeln können. Dies erzeugt schnell eine negative Erwartungshaltung beim Gegenüber – „Der will mich schon wieder kritisieren!“ Hier hilft nur ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Lob und Tadel, sonst wird der Tadel irgendwann per se abgelehnt.
  • Abschwächungen: Vermeiden Sie es, abschwächende Formulierungen zu verwenden, z. B. „Es hat mich ein bisschen geärgert, dass …“, oder: „Ich war ein wenig traurig …“. Das wirkt unsicher, manchmal wenig glaubhaft und entwertet das, was Sie sagen wollen. Lassen Sie die Wörter: „ein bisschen“, „ein wenig“ einfach weg. Äußern Sie Ihre Gefühle ehrlich. Doch Vorsicht: Eine Abschwächung kann auch ohne die oben genannten Wörter formuliert werden. Ein Beispiel: „Ich hatte Angst, als du nicht, wie verabredet, nach Hause kamst …“. Doch das Gefühl war in Wirklichkeit wesentlich heftiger: „Ich war starr vor Angst, als du nicht nach Hause kamst …“.

Fazit – Konflikte bewusst lösen …

Ich-Botschaften zu kommunizieren, will geübt sein. Die eigentliche Kunst bei der Verwendung von Ich-Botschaften ist, dass man sich seiner eigenen Gefühle und Bedürfnisse bewusst sein muss, bevor man sie äußern kann.

Vor jeder Ich-Botschaft steht somit die Frage, welche Gefühle, Ängste, Probleme hat das Verhalten meines Partners bei MIR ausgelöst?

Konflikt Streit beenden

Erst wenn man sich selbst bewusst ist, welcher Wert oder welche Bedürfnisse verletzt wurden, kann man diese auch benennen. Das ist vor allem anfangs viel schwerer, als den anderen zum Sündenbock des eigenen negativen Erlebens zu machen.

Es erfordert Charakter, Selbstkritik und die Einsicht, dass niemand außer man selbst die eigenen negativen Gefühle erzeugt.

Doch der Vorteil dieser Methode ist, dass man eigene Probleme MIT anderen lösen kann – der Partner zum Helfer und nicht zum Feind wird. Langfristig kann so die eigene Beziehung wachsen – man klärt Probleme, statt neue Schlachtfelder zu eröffnen.

Es wird vermutlich einige Zeit brauchen, bis man sein Verhalten derart ändern kann – aber es lohnt sich. Schon beim ersten Konflikt, den man positiv aufgelöst hat, wird man mit positiven Gefühlen belohnt.

Viel Erfolg beim Lösen von Konflikten mit positiven Ich-Botschaften!

Cassandra B.