Rezi Schwanitz: Allgemeinbildung – „Alles, was man wissen muß“

Wer sich heute traut ein Buch zum Thema "Allgemeinbildung" vorzulegen, liefert sich zumeist nur dem beißenden Spott der Kritiker aus. Aber selbst die Kritiker bekommen sich gegenseitig in die Haare, wenn sie definieren sollen, was man unter Allgemeinbildung zu verstehen hat. Verfolgt man die Schlachten im Feld der Bildung genauer, kann man als kritischer Leser nur zu dem Urteil kommen, daß im Grunde niemand weiß, wovon er redet.

Da gibt es die Hardcore-Fraktion der "Alleskönner haben will-Idealisten", die beispielsweise von Managern erwarten, daß sie mehrere Sprachen sprechen, in Kunst, Musik, Kommunikation, Geschichte kompetente Kommentare abgeben, zielorientiert sind und im Sport jedem Athleten Konkurrenz machen. In anderen Worten, eine Miniausgabe eines "Supermans", der dem Übermenschen Nietzsches Konkurrenz machen soll. Leider sind in der Realität solche "Mega-Genies" relativ selten anzutreffen, falls es sie überhaupt gibt.

Ideale im Bereich der Allgemeinbildung zu formulieren, ist ja recht nett, aber es wäre doch wünschenswert, wenn es auch reale Personen gäbe, die diesen Idealen entsprechen. Dietrich Schwanitz ist mit seinem Buch "Bildung – Alles was man wissen muß" viel bodenständiger, da sein Anspruch auf Allgemeinbildung eher an der Basis ansetzt. Er will einen Bildungskanon vorlegen, der nur die Kernbestände unseres kulturellen Wissens enthält.

Denn in der Realität ist die landläufige Bildung in Europa keineswegs allumfassend. Letztlich ist die Anzahl der Themen und Wissensgebiete, über die man Bescheid wissen sollte, durchaus überschaubar. Speziell diesen Themen widmet Dietrich Schwanitz in seinem Buch die gesamte erste Hälfte: Geschichte, Literatur, Kunst, Musik, Philosophie. Sie werden in einer witzigen Art, im Plauderton vermittelt.

Damit räumt Schwanitz mit dem Vorurteil auf, daß Bildungslektüre der Wirkung einer starken Schlaftablette um nichts nachsteht. Denn bei ihm kann der geneigte Leser durchaus die Erfahrung machen, daß Bildung nicht nur Spaß macht, sondern auch überaus nützlich ist.

Natürlich ist der Titel "Alles, was man wissen muß" eine gezielte Frechheit, um seine Kritiker zu ärgern. Aber dennoch erfüllt Schwanitz sein Versprechen, einen Einstieg zum Thema Allgemeinbildung zu liefern, der durchaus für einen durchschnittlichen Europäer angemessen ist. Das besondere an seinem Werk ist der Anspruch, eine Art Überblick über die wichtigen Themen zu geben, die man später selbst nach eigenem Gusto vertiefen kann. So bekommt man zumindest einen Maßstab an die Hand, was gute Allgemeinbildung im Reallife bedeuten könnte.

Selbstverständlich kann kein einzelnes Buch dieses Thema umfassend abdecken. Aber dennoch vermag es einen lesenswerten Einstieg zu geben. Immerhin weiß man nach der Lektüre von Schwanitz, welche schwarzen Flecken es auf der eigenen "Allgemeinbildungslandkarte" gibt und bekommt genügend Anregungen, wie man diese Flecken erforschen kann. Aus dieser Perspektive bleibt sein Versuch, Allgemeinbildung an den Mann zu bringen, auf jeden Fall eine echte Empfehlung.

Viel Spaß bei der Erweiterung Ihrer Allgemeinbildung!

Stefan Matte