Rezi „Böse Sterne“: Eine witzige Einführung in Astrologie

Dietmar Bittrich, 50, vom Spiegel einmal als „Wahrsager“ bezeichnet, profiliert sich seit Jahren als Autor ausgesprochen unterhaltsamer Bücher, rund um diverse mehr oder weniger psychologisch, esoterische Themenkreise. Als regelrechter Klassiker kann sein Mitte der 90er-Jahre herausgebrachtes Standardwerk "Das Gummibärchen-Orakel" – Untertitel: Sie ziehen fünf Bärchen aus der Tüte. Und wissen alles über Ihre Zukunft! – bezeichnet werden.

Die vom Autor dieser Rezension getätigten Versuche, mit Hilfe selbiger Methode die Entwicklung der Börsenkurse zu prognostizieren, waren bislang leider nur von mäßigem Erfolg gekrönt. Nichtsdestotrotz kann das Werk – übrigens ein Bestseller – nur zum Kauf empfohlen werden. Besticht es doch mit einer Fülle an psychologischen Einsichten und Erklärungen, die sich in praktisch jedes Weltbild sinnvoll einarbeiten lassen.

Die etwas andere Art der Astrologie …

Astrologie WitzMit satirischen Bänden wie „Achtung Gutmenschen!“ – „Gute Nacht! Mit deutscher Dichtung in den Tiefschlaf“ oder auch „Der bitterböse Weihnachtsmann“ wagte der begeisterte Hanseate Bittrich schließlich den Sprung in konventionellere und mithin literarischere Gefilde, was ihm meiner Einschätzung nach auch recht gut gelang.

Pünktlich zur Weihnachtszeit hat Bittrich (bzw. der dtv-Verlag) jetzt den Pocket-Band „Böse Sterne. Die Wahrheit über die 12 Zeichen“ herausgebracht.

Wie dem Untertitel zu entnehmen ist, liegt hier kein originäres Werk über die Grundlagen der Erstellung sogenannter Horoskope vor.

Vielmehr soll sich der Leser über das für wohlfeile 4,95 (D) bzw. 5,10 EUR (A/CH) angebotene Büchlein einen ersten Überblick über die sogenannten Tierkreiszeichen – also Löwe, Waage, Wassermann etc. – bzw. die grundlegenden Charaktereigenschaften, welche diesen zugesprochen werden, verschaffen können.

Origineller Erklärungsansatz …

In groben Zügen dürfen diese in unserem Kulturkreis wohl als bekannt vorausgesetzt werden – Löwen, um bei den angeführten Beispielen zu bleiben, gelten als dominant bzw. als Führungspersönlichkeiten, Waagen als harmoniebedürftig und ausgleichsorientiert und Wassermänner als erfinderisch und originell. Dem Meer an einschlägigen Ratgebern nun jedoch einfach einen weiteren hinzuzufügen, entspricht nicht, so meine Einschätzung, dem Stil des Dietmar Bittrich.

Der Erfolgsautor hat vielmehr den Weg gewählt, den Gehalt der den jeweiligen Sternzeichen zugeschriebenen Eigenschaften von deren – von Bittrich ironisch übersteigerter – Schattenseite aus zu beleuchten. Was ich unter didaktischen Gesichtspunkten für sinnvoll halte – anstatt den Leser mit der Wiederaufbereitung bereits hinlänglich bekannter Weisheiten zu langweilen – deponiert Bittrich seine Botschaft über den Umweg einer dezidiert scharfzüngig und von boshaften Humor durchsetzten Schrift.

Der so erzielte Unterhaltungseffekt könnte nun eindeutig dazu führen, daß Laien (wie der Autor dieser Rezension) einen schnelleren und mithin nachhaltigeren Zugang zum Thema finden. Schließlich muß man nur die vom Autor aufgezählten Negativeigenschaften um ihr positives Gegenstück ergänzen – und schon ist man als Einsteiger im Bilde!

Schwarzer Humor darf nicht fehlen …

Die einzelnen Kapitel sind in eine allgemeine Charakterisierung „Warum wir Sie mögen“, sowie die erbaulich betitelten Rubriken „Ihr sicherer Weg zum Liebeskummer“ und „So schaffen Sie den beruflichen Abstieg“ gegliedert. Zur Abrundung werden noch „typische“ Vertreter des jeweiligen Sternzeichens genannt.

Wassermann AstrologieEntsprechende Auszüge möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Das Sternzeichen Wassermann (dem übrigens auch Ihr Rezensent angehört) charakterisiert Bittrich folgendermaßen (S. 134):

„Es ist ziemlich genau hundert Jahre her und immer noch verblüffend. In Wien studierte der geachtete Arzt und Astrologe Oskar Adler die Biographien von österreichischen Psychiatriepatienten. Ahnen Sie etwas? Ja, genau. Zu seiner Überraschung fand er heraus, daß man ohne die bezaubernden Wassermänner die Irrenanstalten hätte schließen müssen. Es wären zu wenig Insaßen übrig geblieben“.

Und, Berufliches betreffend (S. 141):

„Deshalb die Selbständigkeit. Da können Sie in die Pleite rauschen, ohne allzu viele andere mitzureißen. Sie wissen, daß die meisten Privat-Insolvenzen von Wassermännern angemeldet werden?“ Herrlich!

„Sie sind unsportlich … “

Klartext spricht Bittrich auch, was den sensiblen Krebs betrifft (S. 53):

Sternzeichen Krebs„Aus Ihren anderen Hobbys – Flöte spielen, Aquarell malen, Gedicht schreiben – lässt sich schwerlich ein Beruf backen. Sie sind unsportlich, stehen nicht gern früh auf. Ach, da wäre vielleicht etwas: schlafen als Beruf!

Schläfer im Schlaflabor. Kein anderes Sternzeichen schläft so viel und so gut wie Sie. Sie können überall schlafen unter beinahe jeder Bedingung.

Das ist ein liebenswert kindlicher Zug. Wir sind hier schlaflos, gehen herum, ringen die Hände und überlegen, wie wir Sie endlich in’s Erwachsenendasein entlassen können, weil wir Sie nicht ewig subventionieren wollen – und Sie schlafen ein. Vorher haben Sie noch einen Teller Nudeln mit Tomatensauce gegessen oder Grießbrei mit Zimt und Zucker oder einen Pfannkuchen, so wie damals, nun sinken Sie pappsatt und mit feistem Babylächeln in die Kissen“.

Fazit: Wer angesichts solcher und anderer Analysen nicht vor Lachen vom Stuhl fällt, ist selber schuld! „Böse Sterne“ – ein Buch, das sich eindeutig einen Platz in der einen oder anderen gut sortierten Bibliothek verdient hat!

G.H.