Marketing für Selbständige: Corporate Identity gestalten

Was heißt Corporate Identity?

Wer heutzutage beruflich erfolgreich sein will, muß neben Fachkenntnissen auch eine überzeugende Persönlichkeit mitbringen. Wie das Sprichwort "Wer gut aussieht, hat es leichter im Leben" gut beschreibt, beurteilen wir Menschen zuerst nach ihrem Äußeren. Hier prägen sinnliche Wahrnehmungen wie Kleidung, Körperpflege, Gestik und Mimik, Stimme und das Gesicht unser erstes Bild der Person. Solche Eindrücke verleiten uns schon sehr früh, eine Person in Schubladen wie "sympathisch" oder "unsympathisch" zu sortieren.

Corporate IdentityNatürlich sind äußerliche Merkmale nicht alles. Da Kooperationen in der Wirtschaft eine wichtige Rolle spielen, sind auch kommunikative Fähigkeiten von großer Bedeutung.

Zudem wird noch das allgemeine Verhalten einer Person als Ausdruck ihres Charakters – und damit ihrer Prinzipien und Werte – gesehen. Erst wenn man diese Perspektiven als "Einheit" betrachtet, kommt man zu einem Gesamteindruck, den wir "Persönlichkeit" nennen können.

Was im zwischenmenschlichen Bereich eine wichtige Rolle spielt, kann auch auf die Wahrnehmung von Unternehmen übertragen werden. Denn auch Unternehmen haben eine äußere Erscheinung, kommunizieren mit ihren Kunden oder legen ein bestimmtes Verhalten an den Tag. Damit wird dem Unternehmen eine "quasi menschliche Persönlichkeit" zugesprochen. Man betrachtet das Unternehmen wie einen personalen Akteur.

Dieser "Dreiklang" von Erscheinungsbild, Kommunikation und Verhalten wird bei Unternehmen "Corporate Identity" (Unternehmensidentität) genannt. Wie in dem obigen Vergleich bereits skizziert, teilt man die Corporate Identity in drei grundlegende Elemente auf. Diese sind …:

  • Corporate Design (Erscheinungsbild des Unternehmens)
  • Corporate Communication (Kommunikationskultur des Unternehmens)
  • Corporate Behaviour (Verhaltensformen des Unternehmens)

Wer also das Selbstbild – oder die Corporate Identity – in einem Unternehmen gestalten will, sollte mindestens diese drei Hauptbereiche im Auge haben. Wir werden im Anschluß noch genauer auf die einzelnen Punkte eingehen.

Zudem unterscheidet man das Selbstbild (Corporate Identity) vom Fremdbild dem Corporate Image (= Unternehmensimage) bei Unternehmen. Hier wird unter dem Begriff Fremdbild die "Außenansicht des Unternehmens" – d.h. die Beurteilung durch den Kunden oder Businesspartner (Fremdeinschätzung) – verstanden. Das Ideal wäre eine Übereinstimmung von Corporate Identity und Corporate Image, d.h. die Selbsteinschätzung eines Unternehmens deckt sich konsistent mit dem Feedback der Kunden und Businesspartner.

Im Marketing ist die Entstehung einer Corporate Identity also kein planloser Aktionismus. Eine konsistente und glaubwürdige Corporate Identity kann nur durch ein sorgfältig durchdachtes Marketing-Konzept entstehen, welches von der Firma geplant, erschaffen, eingeübt und verinnerlicht wird. Da Unternehmen aber per se in den Bereichen Erscheinungsbild, Kommunikation und Verhalten aktiv sind, werden sie immer eine Corporate Identity und ein Corporate Image erzeugen. Ein "Wildwuchs" dieser Elemente bringt die Gefahr mit sich, daß sich "schlechte Gewohnheiten" etablieren, die drastische Fehlentwicklungen nach sich ziehen.

Wie wirkt sich eine Corporate Identity aus?

Leider erreichen das Ideal der Übereinstimmung zwischen Corporate Identity und Corporate Image nur wenige Unternehmen. Der Normalfall ist eher, daß zwischen dem Selbstanspruch und dem Feedback der Kunden "Brüche" vorhanden sind, die sich mehr oder weniger geschäftsschädigend auswirken.

Ein bekanntes Beispiel hierfür sind die gängigen Telefonanbieter in Deutschland, die mit gutem Kundenservice, schnellem DSL-Zugang etc. werben und anschließend ihre Kunden mit unbrauchbaren Telefon-Supports in den Wahnsinn treiben. Je weiter hier die Wahrnehmung zwischen Selbstanspruch (oder Werbeversprechen) und dem Erleben des Kunden auseinandergehen, desto schlechter wird der Ruf des Unternehmens. Oder anders – die Glaubwürdigkeit des Unternehmens sinkt umso mehr, je mehr solche Widersprüche für Kunden zutage treten.

Hier kann eigentlich nur noch eine marktbeherrschende Stellung (z.B. Alleinanbieter oder Marktführerschaft) das Unternehmen retten. Doch Unternehmen mit Marktpositionen wie Microsoft oder Google sind Einzelfälle und nicht die Norm. Kleine oder mittelständische Unternehmen können sich solche Fauxpas nicht leisten, ohne ihre eigene Existenz aufs Spiel zu setzen.

Eine weitere wichtige Wirkung ist die Kundenbindung, die mit einer erfolgreichen Corporate Identity entstehen kann. Im Marketing hört man oft den Ausspruch, daß keine Werbung effektiver ist, als die Mundwerbung des Kunden.

Wenn man das Unternehmen dabei mit unverwechselbaren Merkmalen ausstattet, gibt man ihm ein "Gesicht mit Wiedererkennungswert". Beispiele für so ein "Gesicht" könnten Logos, Produktdesign, Firmenfarben etc. sein, die es dem Kunden leichter machen, den Hersteller auf einen Blick zu identifizieren.

Hat ein Kunde erst einmal Vertrauen in ein Unternehmen gefaßt, kann eine wirksame Kundenbindung entstehen. So kann man sich auch auf einem schnellebigen Markt mit vielen Konkurrenten, austauschbaren Produkten und kritischen Verbrauchern dauerhaft im Wettbewerb profilieren. Nicht selten wird auch von der Öffentlichkeit oder den Businesspartnern eine Selbstdarstellung eingefordert, da man wissen will, mit wem man es zu tun hat.

Insofern dient eine gut gestaltete Corporate Identity dazu …:

  • … ein modernes und einheitliches Firmenprofil zu etablieren
  • … in- und externe Informationsdefizite zu beseitigen
  • … ein positives Image bei den relevanten Zielgruppen zu prägen
  • … eine wirksame Kundenbindung zu erzeugen
  • … den Bekanntheitsgrad der eigenen Marke zu erhöhen

Weiterhin kann sich eine konsistente Corporate Identity auch im eigenen Unternehmen positiv auswirken. Ein gemeinsames Ziel, vertreten mit festen Werten und Prinzipien (Firmenphilosophie) läßt ein "Wir-Gefühl" bei den Mitarbeitern entstehen. Das aktuell bekannteste Beispiel ist der amerikanische Präsidentschaftskandidat Barak Obama. Die von ihm – und seinem Marketingstab – entworfene Corporate Identity geht als "Botschaft der Hoffnung" um die Welt. Wie kein anderer wußte er die Massen mit seinem Wahlspruch "Yes we can" für sich zu vereinnahmen und ein "Wir-Gefühl" bei seinen Wählern zu erzeugen.

Sind die Werte und Handlungsrichtlinien des Unternehmens bei den Mitarbeitern in "Fleisch und Blut" übergegangen, steigert dies gewöhnlich auch die Motivation und den Leistungswillen der Mitarbeiter. Berühmte Unternehmensberater wie Steven R. Covey weisen in ihren Bücher häufig darauf hin, daß eine funktionale CI sich direkt auf die Produktivität eines Unternehmens auswirkt. Viel gute Gründe also, um sich mit dem Thema Corporate Identity als Selbständiger eingehender zu befassen.

Was heißt Corporate Design?

Coproate DesignWie oben bereits angemerkt wurde, beschäftigt sich der Teilbereich Corporate Design mit dem äußeren Erscheinungsbild des Unternehmens. Einen sehr hohen Stellenwert nimmt hier das visuelle Erscheinungsbild ein, da Bilder – im Gegensatz zu Texten – eine größere Aufmerksamkeit erregen und schneller und länger im Gedächtnis haften bleiben. Diesen Effekt will man beim Corporate Design nutzen, um ein leicht identifizierbares Erkennungsmerkmal für das Unternehmen zu schaffen.

Wichtige Kriterien für das Gestalten eines professionellen Corporate Designs sind …:

  • Prägnanz
  • Aufmerksamkeit erzeugen
  • Wiedererkennungswert
  • Langlebigkeit, da es einfach ist es auszubauen oder Variationen zu erstellen
  • Ästhetik
  • modernes Erscheinungsbild

Diese Kriterien werden dann beispielsweise auf das Logo, Schriftzug der Firma, das Motto, Auswahl an Grundfarben und typische Gestaltungselemente übertragen. Diese dienen dann wiederum als Konstanten, um eine einheitliche Designvorlage für Werbung, Produkte etc. der Firma zu gestalten. Diese Designvorlage wird dann angewandt auf …:

  • … Visitenkarten
  • … Briefköpfe
  • … Webseitengestaltung
  • … Produkt- und Verpackungsdesign
  • … Flyer, Prospekte und Werbeanzeigen
  • … Logo und Symbole
  • … Gestaltung von Messeständen
  • … Kleiderordnung
  • … Formulare …

… um einige Beispiele zu nennen. Häufig werden die Begriffe Corporate Identity und Corporate Design synonym verwendet, obwohl sie Unterschiedliches bezeichnen. Dies mag auch daran liegen, daß sich speziell das Corporate Design relativ schnell planen und umsetzen läßt. Viele Unternehmen machen den Fehler sich dann nur noch "stiefmütterlich" um die Gestaltung der Unternehmenskommunikation und des -verhaltens zu kümmern. Letztere sind natürlich sehr viel schwieriger zu realisieren. Änderungen können hier meist nur langfristig umgesetzt werden. Doch haben auch diese Elemente einen wesentlichen Einfluß auf die Corporate Identity – manchmal sogar viel mehr als das Erscheinungsbild.

Was heißt Corporate Communication?

Unter den Begriff Corporate Communication – oder Unternehmenskommunikation – fallen alle internen und externen Kommunikationsprozesse des Unternehmens. Ein grundlegendes internes Ziel ist hier, die Kommunikation transparent zu machen, d.h. alle Mitarbeiter kennen die grundlegenden Werte, Prinzipien und Ziele des Unternehmens. Aus diesem Leitbild sollen sich bestimmten Umgangsformen etablieren, die gut zum Image des Unternehmens passen. Solche kommunikativen Leitbilder könnten beispielsweise Höflichkeit, Hilfsbereitschaft, Verständlichkeit, Sachlichkeit oder Erfolgsorientiertheit sein.

Corporate CommunicationWeiterhin können Leitfäden im Umgang mit Kunden entworfen werden, die sich an der Zufriedenheit des Kunden orientieren. Ein guter Telefon-Support zeigt sich dann darin, die Probleme der Kunden zu lösen oder eine befriedigende Lösung bei Reklamationen anbieten zu können.

Hier habe ich von Marketing-Experten häufig den Spruch gehört: "Eine Reklamation zur Zufriedenheit des Kunden zu bearbeiten, ist wie ein Leberfleck. Man wird ihn nicht mehr los".

Umgekehrt kostet ein aufgebrachter Kunde viele Neukunden, da er mit Sicherheit über die "Zumutungen" exzessiv mit seinen Freunden und Bekannten sprechen wird.

Besonders Dienstleister wie Unternehmensberater, Seminarleiter oder Dozenten sollten über eine besonders hohe kommunikative Kompetenz verfügen, um sich von der Masse abzuheben. Ohne gezieltes Kommunikationstraining kann eine professionelle Kommunikationskultur nicht gestaltet werden. Hier gibt es viele hochwertige Modelle wie NLP, Kommunikationsquadrat, Moderationstechniken, Transaktionsanalyse usw., welche die nötigen Fähigkeiten schulen können.

Klassisch werden auch folgende Schwerpunkte bei der Corporate Communikation genannt:

  • Werbung für das Unternehmen (Corporate Advertising)
  • Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations)
  • Verkaufsförderung
  • Sponsoring
  • Texte auf der Webseite – Foren
  • Kino, TV- oder Radio-Spots
  • Zeitungsartikel

Es geht hier also um die gesamte Kommunikationskultur des Unternehmens, die sich selbst in Kleinigkeiten – wie der Telefonansage auf dem Anrufbeantworter – wiederspiegelt.

Die Kommunikation ist natürlich auch zentral bei der Frage, ob der Nutzen eines Produkts oder einer Dienstleistung beim Kunden ankommt.

Ist die Werbebotschaft verständlich, anregend, vertrauenserweckend und kompetent genug, um Kunden zu überzeugen? Hole ich mir Feedback vom Kunden ein? Verstehe ich die Wünsche, Probleme und Bedürfnisse meiner Kunden?

All diese Fragen schärfen den Blick für die Frage, in welchem Bereich das Thema Corporate Communikation eingesetzt werden kann.

By the way – Konkurrenzanalysen über das Internet können übrigens eine wertvolle Informationsquelle für das eigene Marketing-Konzept sein. Denn auf Webseiten der Konkurrenz bewegt man sich quasi unter der "Perspektive des Kunden". So fällt eine gute Usability (Bedienfreundlichkeit) oder eine ansprechende Präsentation der Produkte schnell ins Auge. Bei eigenen Projekten leiden die meisten Selbständigen eher an einer Betriebsblindheit und können auch wesentliche Mängel kaum erkennen. Man ist eben in die eigene Präsentation so verliebt, daß die Kritikfähigkeit stark darunter leidet.

Was heißt Corporate Behaviour?

Unter Coporate Behaviour versteht man die Verhaltensweise von Mitarbeitern eines Unternehmens. Sie spielt beispielsweise bei der Betreuung von Kunden, Businesspartnern, dem Teaching von Seminarteilnehmern oder im Umgang mit Lieferanten eine große Rolle. Außerdem fallen darunter auch interne Strukturen – wie das Verhalten der Mitarbeiter untereinander. Im Idealfall sollen die Mitarbeiter durch ihr Auftreten einen unverwechselbaren Stil entwickeln, der das Unternehmen optimal repräsentiert.

Intern prägt das Unternehmensverhalten maßgeblich das Management, da es als Vorbild fungiert, welche Verhaltensweisen untereinander als "OK" gelten können. Aber auch in der Ausbildung, Lohn- und Gehaltspolitik oder der Mitarbeiterförderung tritt das CB stark hervor. Als besondere Warnzeichen können jede Art von Mobbing gewertet werden, welche die Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter gefährden. Hier auf sinnlose Statuskämpfe nicht zu reagieren und durch eine konstruktive Zusammenarbeit zu ersetzen, ist einer der größten Fehler der Personalführung.

Aber auch den Businesspartnern oder Kunden gegenüber zeigt sich die Corporate Behaviour bei den Verkaufspraktiken und dem Umgang mit Garantie- und Serviceleistungen. Ein besonderes Augenmerk sollten Unternehmen auf den Umgang mit Reklamationen und Beschwerden legen. Denn hier steckt ein großes Potential Kunden zu verprellen oder an sich zu binden.

Manche betrachten die Gestaltung der Corporate Behaviour als "Königsklasse" bei der Entwicklung einer Corporate Identity. Denn Verhaltensgewohnheiten sind bei den Menschen am stärksten verankert und lassen sich nur durch viel Geduld, durch langfristige und regelmäßige Interventionen beeinflussen. In der Psychologie geht man etwa von einem Zeitraum von 6-8 Wochen aus, bis eine neue Verhaltensgewohnheit durch ständiges Training langsam automatisiert wird. Erst nach diesem Zeitraum fällt es den Betroffenen immer leichter die neu erworbene Gewohnheit als "normal" zu empfinden und anzuwenden.

Damit wäre ich mit meiner Übersicht zur Corporate Identity am Ende und hoffe Ihnen viele Anregungen gegeben zu haben, wie Sie das Thema fruchtbringend im eigenen Unternehmen einsetzen können.

Viel Erfolg beim Gestalten Ihrer eigenen Unternehmensidentität!

Tony Kühn