Heilendes Wasser: Wassergüsse selbst gemacht!

Sebastian Kneipp Spätestens seit dem legendären katholischen Heilkundigen Sebastian Kneipp (1821-1897) gehören Wassergüsse zu den anerkannten natürlichen Heilmethoden.

Der studierte Theologe entwickelte ein ganzes System von nicht-medikamentösen Behandlungsmethoden, wobei Wassergüsse, Kaltwasserkuren und Wassertreten wohl zu den Bekanntesten gehören dürften.

Heute wird die von ihm begründete Hydrotherapie in vielen Kurstätten angeboten. Es werden sogar „Kneipp-Zertifikate“ ausgewiesen, welche die Kompetenz einer Kurstätte bezeugen sollen.

Dies mag den Eindruck erwecken, daß heilende Wassergüsse nur mit entsprechend geschultem medizinischen Personal zu machen sind.

Doch der erste Eindruck trügt – es gibt einige Anwendungen von kalten und warmen Wassergüssen, die man mit ein paar Grundkenntnissen unproblematisch anwenden kann.

Welche Grundregeln sollten Sie bei selbstgemachten Wassergüssen beachten?

  1. Beginnen Sie die Wassergüsse immer möglichst weit weg vom Herzen. Fangen Sie mit der rechten Körperseite an und führen Sie den Guß – von der am weitesten vom Herzen entfernten Extremität – in Richtung des Herzens.
  2. Ihr Körper sollte vor einer Gußbehandlung ausreichend gewärmt sein. Falls Sie frieren, beginnen Sie zunächst den Körper mit einem warmen Guß zu erwärmen.
  3. Achten Sie darauf, daß das Wasser bei Ganzkörper-, Schenkel- und Kniegüssen frei abfließen kann. Am leichtesten können Sie das realisieren, in dem Sie sich auf einen Plastik- oder Holzrost stellen, der die Füße warm hält.
  4. Atem Sie ruhig und locker in den Bauch und lassen Sie alle Muskeln locker – halten Sie auf keinen Fall die Luft an!
  5. Die Umgebung sollte eine angenehme Temperatur haben, so daß Sie sich leicht entspannen, locker werden können. Vermeiden Sie vor allem kalte und zugige Räume.
  6. Sie können Güsse täglich anwenden, aber nicht direkt nach den täglichen Mahlzeiten.
  7. Streifen Sie am Ende das Restwasser nur ab – nicht abtrocknen. Die verdunstende Flüssigkeit kühlt zunächst und führt anschließend zu einer körpereigenen Erwärmung der Gußstellen.

Flachgüsse zur Selbstbehandlung

Man unterscheidet bei Wassergüssen zwischen Flach-, Blitz- und Druckgüssen. Einen Blitzguß und Druckgüsse sollten nur von einem medizinisch geschulten Personal verabreicht werden. Blitzgüsse werden meist aus größerer Entfernung mit hohem Druck verabreicht und können kalt (anregend) oder heiß (massierend/lockernd) erfolgen.

Bei Druckgüssen wird das Wasser mit hohem Druck an die zu massierenden Körperstellen abgegeben. Flachgüssen ist diejenige Gußart, die für eine Selbstbehandlung geeignet ist – hier wird das Wasser mit niedrigen Druck über die zu behandelnden Körperstellen gegossen.

Sie können dabei die Intensität des Reizes selbst steuern – je größer der übergossene Bereich des Körpers, desto stärker kann der Reiz wirken.

Achten Sie beim Übergießen darauf, daß ein feiner geschlossener Wasserfilm die Haut benetzt. Ein Brausekopf kann die Flüssigkeit zu stark verteilen, so daß kein zusammenhängender „Wasserfilm“ zustande kommt. Falls Sie regelmäßig mit Wassergüssen arbeiten wollen, ist zu empfehlen, daß Sie sich einen Schlauch oder ein spezielles Gießrohr aus den Sanitätsfachhandel besorgen.

Ich werde im weiteren zwei häufig verwendete Gußarten zur Selbstbehandlung beschreiben – die kalten und warmen Güsse.

Kalte Güsse

Worin besteht der Unterschied der Wirkung der Wassertemperatur? Kalte Güsse wirken anregend und sind vor allem zum Training der Gefäße (verhindern Krampfadern) und zur Abhärtung geeignet. Die Kälte kann auch Entzündungen, Schwellungen und Schmerzen mindern. Das Wasser sollte hierbei eine Temperatur zwischen 15-18 °C haben und anfangs nur ca. 15 Sekunden angewendet werden.

Falls Sie schon ein wenig abgehärtet sind, können Sie die Zeiten langsam steigern (1-2 Minuten). Ein zu langer Kaltreiz kühlt den Körper aus – im schlechtesten Fall wird die vom Körper erwünschte Gegenreaktion (Wiedererwärmung) nicht gefördert d.h. die Gefäße nicht trainiert. Gezielt eingesetzt kann man sich durch kalte Güsse schnell wieder wach und fit machen – so ersetzen Sie so manche Aufputschmittel (Kaffee, Tee, Guarana etc.) und wirken natürlich erfrischend.

Anwendung zum Wach werden: Fangen Sie mit dem rechten Handrücken an und führen den Gußstrahl von außen nach oben bis zu den Schultern – dort kurz verweilen – und anschließend wieder zurück zum Handrücken. Nach dem selben Schema den anderen Arm behandeln. (3x wiederholen)

Anwendung zur Schmerzlinderung: Fangen Sie wieder Herz-fern an und führen den Guß bis zur betroffenen Stelle der Extremität. Dort kurz verweilen und dann wieder zurück. (3x wiederholen)

Anwendung bei Krampfadern: Fangen Sie am rechten Fußgelenk an und führen den Guß hoch bis zur Hüfte – dann über das Gesäß wieder zurück zum Fuß. Anschließend analog die linke Körperseite behandeln. (3x wiederholen)

Streifen Sie am Ende das Wasser nur mit den Händen ab und lassen Sie den Rest verdunsten. Achten Sie darauf, sich möglichst warm zu halten.

Warme Güsse

Bei warmen Güssen sollte die Wassertemperatur ca. 42°C betragen. Diese Gußart können Sie bis zu fünf Minuten anwenden – sie dient vor allem der Lockerung und Entspannung der übergossenen Körperbereiche.

Anwendung: Sie beginnen Herz-fern und nähern sich dann dem Körperbereich, den Sie entspannen/lockern wollen. Gehen Sie mit dem Guß ein wenig über den zu lockernden Bereich hinaus, um die Körperstelle rundum zu erfassen.

Bei Nacken- und Schulterverspannungen empfiehlt es sich mit einem Helfer zusammen zu arbeiten. Setzen Sie sich auf einen Hocker in die Badewanne und lassen Sie den Helfern den gewünschten Bereich übergießen.

Achten Sie bei Nacken, Schultern und Rücken darauf, diese möglichst locker zu lassen – atmen Sie in den Bauch und nehmen Sie die wohltuende Wärme in sich auf. Sie können sich dabei vorstellen, wie die Schmerzen oder Verspannungen vom fließenden Wasser aus dem Körper herausgezogen/aufgenommen werden und abfließen. Manchen Menschen helfen solche Imaginationen die heilende Wirkung von Güssen zu verstärken.

Viel Erfolg!

Andrea Munich