Bruce Lee: Radio-Interview mit Ted Thomas von 1971

Bruce Lee war schon zu Lebzeiten eine Legende und übertrifft heutzutage sogar den Ikonenstatus von Elvis Presley, Marilyn Monroe und James Dean.

So unantastbar dieser Mensch auch scheinen mag, so menschlich stellen ihn seine Freunde, Kollegen und Filmpartner im neu veröffentlichten Buch »Bruce Lee: Gespräche« mit vielen privaten Fotos dar.

Endlich liegt das einzigartige historische Werk des britischen Autors und Filmemachers Fiaz Rafiq in der deutschen Übersetzung vor. Hier entdecken Fans bisher Unerzähltes von ihrem Idol, und Gelegenheitsleser werden zu echten Fans.

Lesen Sie hier exklusiv einen Ausschnitt eines Radiointerviews von Bruce Lee, das 1971 vom britischen Journalisten Ted Thomas geleitet wurde, und erahnen Sie die Magie des berühmtesten Chinesen der Welt, Bruce Lee, in seinen charakteristischen Antworten.

T. Thomas Bruce, als zäher Leinwandheld musst du darunter leiden, worunter alle Helden leiden: Herausforderungen von Wettkämpfern und Dummköpfen, die gegen dich kämpfen wollen, dich dazu herausfordern. Das ist schon passiert, nicht wahr?
Bruce Lee Ja, es ist schon vorgekommen.
T. Thomas Wie gehst du damit um?
Bruce Lee Als ich das erste Mal Kampfkunst lernte, forderte ich auch viele Lehrer heraus und natürlich haben auch andere mich herausgefordert. Was ich gelernt habe, ist, dass Herausfordern eins bedeutet: Wie reagierst du darauf? Wie kommt es bei dir an?

Wenn du dich selbst sicher fühlst, gehst du sehr leicht damit um, weil du dich selbst fragst: Habe ich vor diesem Mann wirklich Angst oder habe ich irgendwelche Zweifel, dass mich der Typ schlagen könnte?

Solche Zweifel habe ich nicht. Und wenn ich kein solches Gefühl habe, gehe ich bestimmt damit leicht um. Genau wie der Regen heute stark prasselt, aber morgen, Baby, wird die Sonne wieder herauskommen. Das ist diese Art der Dinge.

T. Thomas Natürlich können sie nicht gegen dich verlieren, wenn sie dich herausfordern. Sogar wenn sie verlieren, erhaschen sie die Aufmerksamkeit, der Kerl gewesen zu sein, der dich herausgefordert hat!
Bruce Lee Seien wir doch ehrlich. Kann man in Hongkong kämpfen? Ich meine kompromisslose Kämpfe. Ist das legal? Es ist nicht legal, oder? Wie du siehst, bin ich der Letzte, den Herausforderungen und dergleichen etwas angehen.

Ich weiß immer als letztes davon. Ich finde es immer durch die Zeitungen und Reporter heraus, bevor ich selbst bemerke, was zur Hölle hier geschieht.

T. Thomas Bruce, du hast Kampfkunst in den Staaten gelehrt, und zwei deiner Schüler waren Steve McQueen und James Coburn. Hieltest du sie für zähe Burschen, wie sie in den Filmen präsentiert werden?
Bruce Lee Zuerst einmal ist James Coburn überhaupt kein Kämpfer, sondern ein Liebhaber. Ich meine, er ist echt ein toller Typ. Nicht nur das, er ist ein sehr friedfertiger Mensch.

Er lernte Martial Arts, weil der dachte, es sei sehr … es ist wie ein Spiegel, der ihn reflektiert. Ich persönlich denke, dass alle Arten von Wissen – mir egal, was es ist – letztendlich Selbsterkenntnis ist, und das bedeutet es. Und so ist er.

Steve ist sehr aufrichtig. Steve ist sehr angespannt. Steve könnte ein sehr guter Kampfkünstler sein. Aber ich hoffe, dass die Kampfkunst ihn ein bisschen beruhigt und ihn etwas reifer und friedfertiger wie Jim macht (lacht).

T. Thomas Hatte er das mit dir erreicht? Glaubst du, dass er etwas von dir gelernt hat?
Bruce Lee Definitiv noch nicht. Aber wegen seiner Drehtermine kann er nicht regelmäßig trainieren.

Und zweitens befindet er sich immer noch auf der Stufe, auf der es ihm Spaß macht, eine Begeisterung wie seine Motorräder und Sportwagen, eine Art Freimachen seines Zorns, wie immer man das auch nennen will.

T. Thomas Bruce, wie viel deiner Leinwandfigur bist wirklich du selbst? Ich meine, du unterrichtest Kampfkunst und bist ziemlich gut darin, aber Lehrer sind nicht immer die besten Repräsentanten oder Fachmänner. Würdest du sagen, dass du auf dich selbst aufpassen kannst?
Bruce Lee Ich werde das zuerst mit einem Witz beantworten, wenn es dir nichts ausmacht. Die ganze Zeit über kommen Leute auf mich zu und sagen: „Hey, Bruce, bist du wirklich so gut?“

Dann sage ich: „Nun ja, wenn ich sage, ich sei gut, denkst du wahrscheinlich, dass ich prahle. Wenn ich dir sage, ich sei nicht gut, würdest du wissen, dass ich lüge.“

Um wieder ehrlich zu dir zu sein, lass es uns so auslegen: Ich habe keine Angst vor einem direkten Gegner. Ich bin sehr autark, sie kümmern mich nicht. Und dass ich kämpfen oder etwas anderes tun sollte, ich habe mich entschieden, das ist es, Baby, du bringst mich besser um, bevor …

T. Thomas Bruce, in „The Big Boss“ spielst du einen Mann, der sich widerwillig erzürnen lässt; er ist schüchtern, bescheiden und du hältst dich sogar aus den Kämpfen der ersten Szenen heraus wegen des Versprechens, das du deiner Mutter gegeben hast.

Ist das ein wenig wie du selbst oder ist es eine Leinwandfigur?

Bruce Lee Das ist definitiv eine Leinwandfigur. Denn als Mensch habe ich eine Sache absolut in meinem Leben gelernt, und zwar die Besinnung und den Eigenanspruch, Stück für Stück, Tag für Tag.

Ich habe auch eine übel gelaunte Seite, eine brutale Seite in der Tat (lacht). Also, das ist absolut eine Person, die ich darstelle, nicht wie Bruce Lee ist.

T. Thomas Ebenso wie die Tatsache, dass der Film in Sachen Finanzierung außerordentlich erfolgreich ist, spielte er mehr als irgendein anderer Film in Hongkong ein, und „The Big Boss“ zeigt einige klare Sexszenen, oder nicht?

Wie war es für dich, mit einem lieblichen jungen Filmstar vor der ganzen Crew im Bett zu liegen? Schüchtert dich das ein, macht es dir Sorgen?

Bruce Lee Es schüchtert mich bestimmt nicht ein, das kann ich dir sagen (lacht). Nun ja, es geht in Ordnung, wenn das Drehbuch es rechtfertigt. Aber ich stimme bestimmt nicht zu, es nur mal so zu tun, weil man ausgenutzt wird.

Als ich den Dreh mit „The Big Boss“ begann, war die erste aufkommende Frage: „Hey, Mann, wie viele Tausende von Metern … von Film …“ – mein Englisch lässt gerade nach (lacht).

T. Thomas (lacht)
Bruce Lee „… wird er haben?“ Meine erste Reaktion war: Warum fange ich zu kämpfen an? Begreifst du, was ich damit sage?
T. Thomas Motivation!
Bruce Lee Oh, absolut! Ich meine, das scheint heute die Sache zu sein, bei der sie (Produzenten) Blut und Sex anstreben, bloß des Sex und des Blutes willen.

Schon 1971 ging Bruce Lee aktiv gegen stupide Filmemacherei vor, wie er hier zum Schluss sagt. Seine Filme sind keine Action-Schlägereien oder Haudrauf-Filme ohne Sinn, wie mancher Laie das verständlicherweise sehen mag.

In all seinen Filmen brachte Bruce Lee seine Lebensphilosophie und auch seine Kampfkunstphilosophie, die er Jeet Kune Do nannte, unter. Eingeweihte können diese problemlos als solche identifizieren.

Was sagen aber die Leute über ihn, die ihn, der Philosophie studierte, persönlich kannten und mit ihm arbeiteten? Haben Sie lustige Anekdoten von damals zu berichten? Gibt es neue Erkenntnisse über den mysteriösen Tod der Kung-Fu-Legende? Was machte das Charisma Bruce Lees aus?

All diese Bereiche werden in zahlreichen Interviews mit Persönlichkeiten wie Kareem-Abdul Jabbar, John Woo, Jean-Claude van Damme, Diana Lee Inosanto, Ing-Sik Whang, Randy Couture, Malisa Longo, Shawn Ray, William Cheung und vielen anderen ausführlich im Buch »Bruce Lee: Gespräche« abgedeckt.

Viel Spaß beim Entdecken der persönlichsten Seite des Königs des Kung-Fu, Bruce Lee!

Thorsten Boose