Lüge Schönheitsformel: Warum Schönheit nicht messbar ist …

Die Spitze des Eisberges, der nach Äußerlichkeiten orientierten Menschheit, scheint erreicht zu sein. Der hohe Stellenwert vom perfekten menschlichen Körper wird von den Medien in TV-Sendungen, wie „Das Geheimnis der Schönheit“ (Galileo Mystery, ProSieben) oder in Schlagzeilen, wie „Diese zehn Beauty-Gebote lassen Sie erstrahlen“ (Bild.de), unterstützt.

Nun wollen Wissenschaftler eine universell gültige Formel für Schönheit (bezogen auf den menschlichen Körper) errechnet haben. Was es damit wirklich auf sich hat, versuche ich im folgenden Artikel darzustellen.

Schönheit ist nicht messbar, Schönheit ist ein ‚Vehikel‘!

Schönhiet messenWer Schönheit messen will, dem sei gesagt, dass sie so unantastbar ist wie die Liebe. Auch Liebe lässt sich nicht messen. Schönheit ist ein Begriff, der in der Umgangssprache fahrlässige Verwendung für vielerlei Dinge findet, die einen bleibenden, wohligen Eindruck hinterlassen (schöner Körper, schönes Lied, schöne Liebeserklärung).

In dieser Umgangssprache bedeutet Schönheit also das Hübsche mit dem zusätzlichen, gewissen Etwas. Doch was ist Schönheit wirklich? Grundlegend muss man davon ausgehen, dass Schönheit ein angenehmes Gefühl übermittelt, somit also ein ‚Vehikel‘ ist.

Da jeder Mensch auf diesem Planeten unterschiedlich auf Gefühlseindrücke und Gefühle reagiert, was wiederum auf den Hintergrund der jeweiligen Person zurückzuführen ist, liegt hier eigentlich schon der Beweis für die These, dass Schönheit nicht generell und für die Menschheit als Einheit messbar ist.

Schönheit setzt sich desweiteren im äußeren sowie im inneren Aspekt aus mehreren Elementen zusammen: Bei dem äußeren Aspekt sind dies vor allem Körperbau, Augen- und Haarfarbe, Teint und Reinheit der Haut, sowie die Körperhaltung. Der innere Aspekt besteht aus den Elementen Persönlichkeit, geistige Reife, sowie Ausdruck, Verhaltensweise und Reaktion.

Die Sprache bildet die Brücke zwischen beiden Aspekten. All diese Elemente erlauben unzählige Kombinationen mit den unterschiedlichsten Gewichtungen. Was wir also als schön empfinden, ist die erfahrene Resonanz uralter positiver Aspekte, die wir über Generationen verinnerlicht haben. Was soll man also nun unter dem Begriff Schönheit verstehen?

Schönheit liegt metaphorisch gesprochen im "Auge des Betrachters" und ist die Summe aller äußerlichen und innerlichen positiven Aspekte eines Menschen, welche je Mensch unterschiedlich ausfällt. Schönheit kann zwar in Teilen äußerlich für jeden Menschen selbst bewertet werden, doch allgemein und vor allem für die gesamte Menschheit ist sie nicht messbar. Wie sollte auch eine Faustregel oder Formel für ein allgemeingültiges Schönheitsempfinden gefunden werden?

Knackpunkt Schönheitsideale – Warum ist Schönheit nicht messbar?

Der obige Abschnitt setzt die Grundlage für weitere Überlegungen. Wenn man, wie in der „Galileo Mystery“-Ausgabe „Das Geheimnis der Schönheit“, einer mehrköpfigen Jury einheitlichen Geschlechts mehrere Testpersonen des anderen Geschlechts vorführt, um die Jury über deren Schönheit einzeln abstimmen zu lassen, ist es für ein globalgültiges Ergebnis unumgänglich, eine gemischte Jury zu haben – einen „ethnischen Schmelztiegel“.

Ein „ethnischer Schmelztiegel“ sollte folgende Aspekte auf jeden Fall berücksichtigen:

  • hohe Anzahl an Jury-Mitgliedern (über 100)
  • Altersunterschiede; aus jedem Lebensjahrzehnt mindestens zwei Personen
  • verschiedene Familienhintergründe der Personen (ledig, verheiratet, verwitwet u.s.w.)
  • Personen aus unterschiedlichsten Ländern (Bsp: Deutschland, Südafrika, Mongolei)
  • Personen verschiedenster Religionen (Bsp: Christentum, Islam, Buddhismus)

Formel für SchönheitEine breit gefächerte Jury liefert, egal um welche Tests oder Bewertungen es sich handelt, das beste Ergebnis, wenn es um ein globales Schönheitsverständnis geht. Natürlich müssen die Testpersonen ebenfalls einem „ethnischen Schmelztiegels“ entspringen.

Und genau hier ist die Auswahl in der „Galileo Mystery“- Sendung mehr als sperrig – allenfalls wird hier eine Formel für „Galileo-Mystery-Schönheit“ errechnet.

Man kann das Ergebnis quasi für diese Gruppe von Personen vorherbestimmen, als ob nur eine Person als deren Stellvertreter abgestimmt hätte. Warum konnten dann die individuellen Bewertungen der Jury-Mitglieder mit dem durch eine Formel wissenschaftlich errechneten Ergebnis übereinstimmen?

Weil nicht die gesamte Schönheit errechnet bzw. bewertet wurde, sondern lediglich markante Punkte von Schönheitsidealen. Auf der gesamten Welt gibt es seit Menschengedenken die unterschiedlichsten Arten davon:

  • Äthiopien : Den Mursi-Frauen wird ab dem 20. Lebensjahr die Unterlippe durchbohrt, um die Tradition und das Schönheitsideal der „Tellerlippe“ fortzuführen. Je größer der „Lippenteller“ ist, desto angesehener ist die Frau bei den Männern.
  • China : Bei dem „Lotosfuß“ wurden Frauen die Füße bis zur Verkrüppelung abgebunden. Noch heute sind in China Frauen mit kleinen Füßen begehrenswerter.
  • Europa : Sonnengebräunte Haut war bis in die 1960er Jahre ein Zeichen für Unterprivilegierung. Erst als der Tourismus am Mittelmeer „boomte“, wurde eine dunklere Hautfarbe zum Schönheitsideal dieser Gruppe von Menschen.
  • Global : Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurden fülligere Menschen als Partner bevorzugt. Erst das aus dem Westen stammende Schlankheitsideal konnte die Norm ablösen – vor allem dank der Medien Zeitung, TV und Internet.

Schönheit, als genormter Begriff, ist demnach auch von Region, Kultur und Epoche abhängig – Schönheit wird quasi zum Trend degradiert. Dem gegenüber stehen die Forschungsergebnisse der Attraktivitätsforschung, die besagen, dass Schönheitsideale selbst bei starken Unterschieden kleine Gemeinsamkeiten aufweisen können.

Diese Gemeinsamkeiten seien möglicherweise (!) biologisch verankert. Dazu zählen Makellosigkeit, Harmonie und Symmetrie – sprich, Perfektion. Und wo findet der Mensch diese Perfektion? In der Natur. Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn jeder Mensch in das von „Schönheitswissenschaftler“ errechnete Gitternetz passen oder die Schönheitsformel auf sich anwenden würde, würden wir uns nur noch durch Körpergröße und -bau unterscheiden.

Die Natur erklärt den Unterschied zwischen Schönheit und Ästhetik

Die von dem Psychologen Martin Gründl errechnete „Formel für eine schöne Frauenfigur“, die da lautet: y = b1 x1 + b2 x2 +… bn xn + t, setzt Gewicht, Taillen- und Hüftbreite, sowie Beinlänge und Oberweite ins Verhältnis und soll das global geltende Ergebnis des schönen Frauenkörpers präsentieren.

Manch einer sieht hier die These des Philosophen Immanuel Kants – „Schönheit ist eine private, subjektive Empfindung des Gefallens oder der Abneigung“ – als widerlegt (Quelle: Süddeutsche Zeitung, 28.06.2007). Doch einfacher als Kant kann man es wahrheitsgemäß wirklich nicht mehr ausdrücken.

Gründl errechnete höchstens eine mögliche Formel für Schönheit für eine Menschengruppe und legt einen brüchigen Grundstein für seine wissenschaftliche Arbeit. Was Wissenschaftler allgemein als die Schönheitsformel bezeichnen wollen, ist im Grunde nichts anderes als die Formel der Ästhetik. Ein Unterschied wie "Hass" und "hässlich"‘, obwohl beide in Verbindung stehen.

dicke MenschenÄsthetik ist weitgehend aus der heutigen Moderne als Begriff verschwunden. Dabei beschreibt er doch um so viel besser das wohltuende Gefühl der Empfindung natürlicher Schönheit, als der Begriff der Schönheit selbst. Beim Begriff der Ästhetik fehlt die subjektive Beurteilung, welche sich, wie oben erläutert, nach eigener Herkunft, Alter und Familienstand ausrichtet.

Ästhetik ist somit ein harmonisches Erscheinungsbild, welches in der Natur selbst liegt und das sich in allen materiellen Dingen und Wesen ebenso, wie in manchen von Menschen erschaffenen Werken befindet und dank einer universellen „harmonischen Mathematik“ zur berechnenden Formel werden kann, die wir Menschen leider oftmals mit simpler Schönheit verwechseln.

Ästhetik findet sich nicht nur in der Anatomie (Proportionen), sondern auch in der Lyrik (Metrik), Musik (Klassik), Architektur (Heilige Geometrie) oder Philosophie (Drei Aspekte der Ästhetik). Auffallend ist, dass Kunst eng mit Ästhetik verbunden ist. Sie repräsentiert also Ästhetik, was nicht bei jedem Menschen das Gefühl der Schönheit auslösen muss („Geschmäcker sind verschieden“).

Die Heilige Geometrie beruht auf den fünf platonischen Körpern. Hierzu zählen der Tetraeder, Würfel, Oktaeder, Dodekaeder und der Ikosaeder. Alles Physische ist auf diese platonischen Körper zurückzuführen. Katrin Klink liefert in ihrem ausführlichen Artikel von 2008, „Heilige Geometrie, Phi, das Prinzip Liebe, der Sensor V und die Flanaganprodukte“, eine Erklärung über die Basis der Ästhetik:

„Beim Sensor V geht es ganz grundlegend um Harmonie und Mathematik, wobei beides genaugenommen ein und dasselbe ist.

Es geht nicht um einzelne Zahlen, sondern um deren Verhältnisse untereinander, wobei das perfekte Verhältnis durch die Zahl Phi ausgedrückt wird. Die Gesetzmäßigkeiten dahinter ziehen sich durch das ganze Universum.“

Was wir also empfinden, wenn wir eine völlig fremde Person zum ersten Mal sehen, die in eine „Schönheitsformel“ oder ein berechnetes „Gitternetz der Ästhetik“ passen könnte, ist vorwiegend die Tatsache der bestätigten universellen Ästhetik.

Erst dann tritt die persönliche Bewertung auf und das Unterbewusste meldet sich zu Wort: „Ein paar Kilo weniger würden ihm doch sicher gut tun?“ oder „Kein angenehmer Duft.“ oder „Seine Hände gefallen mir.“ oder auch „Mit dieser Stimme sagst du mir bestimmt nicht "Guten Morgen"“.

Fazit

Echte Aufklärung findet heutzutage in den "Mainstream-Medien" leider nur noch oberflächlich statt. Detaillierte Dokumentationen werden als für zeitlich zu aufwendig und das Beharren auf fest definierten Begriffen für Haarspalterei abgetan. Und das alles bloß, um dem modernen Menschen eine lückenhafte Botschaft zur eigenen Befriedigung zu bieten – „Dies gilt als Schönheitsstandard und dem laufe ich hinterher.“

Dabei wird mit dem „Lauf der Zeit“ oft dagegen argumentiert, doch universell Gültiges ist ewig gültig und unveränderbar. Festzuhalten ist, dass Schönheit immer individuell ist und wohl auch immer bleiben wird. Ästhetik hingegen beruht auf „harmonischer Mathematik“, den fünf platonischen Körpern, und ist berechenbar.

Ob sich die Ästhetik dann aber mit dem individuellen Begriff der Schönheit verträgt, steht auf einem anderen Blatt geschrieben, denn der freie Wille ist jedem Menschen gegeben. Die Anmerkung vom Psychologen Martin Gründl „Es ist gerade die Durchschnittlichkeit, die attraktiv macht“ widerlegt somit die These einer Schönheitsformel und bestätigt gleichzeitig die Existenz und das Wirken der Ästhetik auf den Menschen.

Schönheit liegt im Auge des Betrachters; Ästhetik liegt in der Natur und ist die Basis allen Seins.

Viel Spaß beim Erforschen der Schönheit!

Thorsten Boose