Reisebericht Agadir: Urlaub in Marokko hautnah erleben

Wenn Sie einen Urlaub nach Marokko planen, sollten Sie die schöne Gegend bei Agadir besuchen. In diesem Artikel haben wir einen ausführlichen Reisebericht rund um Agadir zusammengestellt, mit dem Sie sich jetzt schon über die vielen Highlights informieren können.

Vorwort

Das Wort „Agadir“ bedeutet in der Berbersprache so viel wie „die von einer Mauer umschlossene Stadt“ und ist ein Lehnwort der phönizisch-punischen Sprache. Dass diese Bezeichnung heutzutage eher für Verwirrung sorgen dürfte, rührt daher, dass die frühe afrikanische Stadt mit ihren Bürgern hinter hohen Mauern auf einem Hügel aufzufinden war.

Heute stellt Agadir ein immer beliebter werdendes Reiseziel für Touristen dar, die am Atlantik der westlichen Küste Afrikas, die Sonne genießen möchten. Trotz des "boomenden" Tourismus muss sich die Stadt und ihre Umgebung mit dem Gerücht herumschlagen, wenig Sehenswertes und Kultur bieten zu können.

Dass dem nicht so ist, möchte ich in diesem ausführlichen Artikel aufzeigen und biete Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, gleichzeitig die Möglichkeit, schon vor Urlaubsantritt Agadir besser kennenzulernen.

Was Sie über Agadir wissen sollten …

Agadir Stadtbild von obenAgadir, die von Casablanca gen Süden ca. 500 km entfernte marokkanische Hafenstadt, weist nach einer 2004 durchgeführten Volkszählung eine Population von 678.596 Menschen auf – dazu zählt auch die nähere Umgebung. Die Stadt liegt an einer 8 km langen, halbmondförmigen Bucht.

Wichtig: Am südlichen Ende des Strandes befindet sich das Gebiet des Königspalastes, welches militärisch bewacht wird. Dort befinden sich zwar keine Absperrungen, doch aus einer kleinen Hütte ertönt schon mal ein Pfeifen, wenn sich Touristen dem Gebiet – bewusst oder unbewusst – nähern. Marschieren sie dennoch weiter, folgt ihnen ein Beamter auf einem Fahrrad und bittet sie umzukehren. Auch das ist Agadir.

Der internationale Flughafen Al Massira, 22 km von der Stadt entfernt, bietet Direktflüge zu mehreren deutschen Flughäfen an und stellt die wichtigste Verbindung zum Tourismuseuropa dar. Laut der Statistik „Rappel sur l’historique du trafic passager par aéorport (1994-2006)“ des Office National Des Aéroport nutzten im Jahr 2006 über 1,4 Millionen Passagiere den Al Massira-Flughafen.

Ganzjährig herrscht hier ein trockenes Klima mit Durchschnittstemperaturen von 25 Grad Celsius und zeitweise frischen Böen. Nachts sinken die Temperaturen auf 6-20 Grad Celsius ab, je nach Jahreszeit. Im Winter werden max. zwölf leichte Regentage gezählt, im Sommer geht es gegen Null.

Die wichtigsten Wirtschaftszweige stellen nach dem Tourismus noch die Fischerei, die Fischverarbeitung und der damit verbundene Export, sowie der Bergbau (Cobalt, Mangan, Zink) und die Herstellung verschiedener Metallgüter dar.

Wichtige historische Daten von Agadir

  • 1505: Gründung durch portugiesische Seefahrer
  • 1541: Erlangung der marokkanischen Herrschaft
  • 1911: „Panthersprung nach Agadir“ führte fast zum Europäischen Krieg (deutsch-französische Spannungen)
  • 1912: Frankreich erklärt Marokko zum französischen Schutzgebiet
  • 1960: Am Abend des 29. Februars kamen bei einem Erdbeben der Stärke 5,7 auf der Richterskala ca. 15.000 Menschen ums Leben
  • ab 1960: Wiederaufbau der Stadt durch Hilfe mehrerer Nationen; Verlagerung von Hügel (Kasbah) auf Ebene in Strand- und Hafennähe

Agadir: Stadtrundfahrt zum besseren Überblick

Um sein Urlaubsziel vor Ort besser kennenzulernen, empfiehlt es sich für jeden Touristen, bereits zu Beginn des Urlaubs eine Stadtrundfahrt mit einem Führer zu unternehmen. Und wer wäre dafür besser geeignet als ein einheimischer Taxifahrer? Davon gibt es in Agadir hunderte, worauf wir später noch genauer eingehen werden.

Taxi in Agadir Unser Fahrer und Führer für die Stadtrundfahrt soll heute Abdul heißen. Vor Fahrtantritt handeln wir noch den Preis aus, das ist hier üblich und sollte von den Touristen ernst genommen werden. Für eine Stunde Fahrt bezahlen wir 30 Dirham (3 Euro) pro Person.

Übrigens sollte in Agadir hauptsächlich mit der Heimatwährung Dirham bezahlt werden; ein Ausfuhrverbot besteht für diese Währung. Auch sprechen viele Taxifahrer in Agadir mehrere Sprachen. Neben der Landessprache Arabisch und der inoffiziellen Zweitsprache Französisch, lernen viele – alleine durch den Umgang mit Touristen – die englische und deutsche Sprache nebenbei.

Unsere Route führt uns zunächst aus dem Hotelviertel über die Chemin des dunes heraus über die Chemin de Oued Souss und schließlich auf den Boulevard du 20 Août. Diese breite Straße führt uns an zwei großen Plätzen vorbei – dem Place Al Wahda und dem Place Bijaounane. Zu unserer Rechten entdecken wir den Eingang zum städtischen Vogelpark, dem Vallée des oiseaux, den wir zu einem späteren Zeitpunkt noch besuchen wollen.

Straßenschild AgadirAbdul lenkt sein Taxi auf eine der größten Straßen in ganz Agadir, die Avenue Mohamed V. Diese nach König Mohamed V. von Marokko benannte Straße führt von Nordwesten nach Südosten und beherbergt an ihren Seiten wichtige Einrichtungen, wie beispielsweise den Royal Tennis Club, das Théâtre de verdure sowie einen gigantischen Königspalast, den wir leider nur von außen durch die vielen Gitterstäbe hindurch erahnen können.

Diese Straße dient in der Hauptsaison (Sommer) sogar nur als Einbahnstraße! Hier fällt uns auch sofort eine Eigenart auf: Anstatt „Stop“ liest man hier auf dem dunklen Asphalt oft „Pepsi“. Auch Logos von bekannten Automarken wie Kia findet man häufig. Unsere Fahrt geht weiter in Richtung Norden, wo wir einen Blick in die vielen Wohnsiedlungen werfen können.

Dabei fällt uns auf, dass an fast jeder Straßenecke mehr oder minder gesicherte Baustellen vorhanden sind. Agadir wird weiterhin fleißig ausgebaut. Abdul hat einen Tipp für uns. Er empfiehlt uns den größten Markt der Stadt, den Souk El Had. Den nehmen wir uns ebenfalls später vor …

Moschee von AgadirVorher geht es zu einer 80 Jahre alten Moschee in der Innenstadt von Agadir, eine von vielen weiteren. Aus religiösen Gründen wird uns natürlich das Innere versagt, doch die verzierte und fein gearbeitete Architektur des Gebäudes ist ein Anblick wert. Erkennen Sie die kleinen Doppelfenster oben? Diese dienen der Durchlüftung, ein ausgetüfteltes System.

Nach unserem kurzen Halt an der Moschee kommen wir noch an dem Musée du souvenir und dem Musée des arts populaires vorbei und beenden unsere Stadtrundfahrt am zweiten Eingang zum Vogelpark auf der Avenue Hassan II. Unser Dank geht an Abdul für die nette Fahrt und Führung; noch schnell bezahlen und dann geht es in den Vogelpark.

Der Vogelpark von Agadir

Vogelpark von AgadirWie bereits erwähnt, lautet die offizielle Bezeichnung dieses Vogelparks La Vallée des oiseaux. Doch nicht nur Vögel aller Art tummeln sich hier. Auch Rehe, Ziegen, Affen und weitere Vierbeiner sind hier zuhause.

Da wir den oberen Eingang des Parks nutzen – übrigens ist der Eintritt völlig kostenlos –, stoßen wir direkt auf eine riesige Treppe, die in dutzenden Stufen hinab zum ersten Plateau führt.

In der Mitte der Treppe fließt ein künstlich angelegter Bach, welcher sein unterirdisches Ende im unten befindlichen Brunnen findet. Dieser Platz zwischen dem hohen Grün lädt mit Bänken zum Verweilen ein.

Auf kleinen Pfaden, die weiter hinab führen, sieht man auch die ersten Tiere. Leider sind die meisten davon bloß hinter dichten Metallzäunen zu bewundern, doch dafür hat man einen separaten Spannungsbogen.

Vogelpark Brunnen AgadirAuf den meisten, der vielen mit Metallzäunen überdachten Fußgängertunnel, sitzen unzählige Tauben, Hühner und andere exotischere Vogelarten herum.

Auf der einen Seite hat man beide Ohren für den schönen Gesang geöffnet, doch auf der anderen Seite sollte man vorsichtshalber immer mindestens ein Auge nach oben werfen, um nicht mit schmutzigen Kleidern zurück ins Hotel zu kommen. Es sind eben auch nur Tiere.

Neben den vielen Gehegen und Tierarten gibt es hier auch einen Spielplatz für die Kleinen. Ein ungewöhnliches Bild bieten die öffentlichen Toilettenanlagen, rechnet man nicht unbedingt mit diesen, doch man kann sie schnell schätzen lernen.

Unser Weg führt uns weiter durch den Vogelpark in Richtung Strand, langsam kommen wir zum Ausgang. Hier befinden sich einige kleine Kioske.

Ein perfektes Timing, denn Getränke sollte man bei einem Spaziergang in der Mittagshitze in Marokko immer dabei haben.

Eingang zum Vogelpark in AgadirPlötzlich hören wir ein Geräusch, eine Glocke. Als wir uns umdrehen erkennen wir überraschenderweise eine kleine Bimmelbahn.

Im kleinen Führerhaus sitzt der Fahrer, hinter ihm in mehreren Gondeln einige Passagiere, neben Touristen auch Einheimische. Wir erkundigen uns auf einem Plakat über diese kleine Sensation und beschließen, mit der Bimmelbahn zu unserem Hotel zurückzufahren.

Das ist die zweite kleine Stadtrundfahrt für heute. Nun, da wir einen recht guten Einblick in die Stadt Agadir werfen konnten und bereits einiges gesehen haben, möchten wir mehr über das einheimische Leben und Arbeiten erfahren. Und wo könnte man das besser als am Hafen?

Der Hafen von Agadir

Für eine Besichtigungstour des Hafens sollte man ausgeschlafen sein. Daher lohnt sich eine Tour an einem anderen Morgen – dann wiederum mit einem Taxifahrer/Führer. Da Abdul uns am ersten Tag nicht enttäuscht hat, buchen wir ihn doch gleich wieder für den zweiten (vor vielen Hotels warten den ganzen Tag mehrere Taxis auf zahlende Kundschaft).

Für zwei Stunden bezahlen beispielsweise vier Personen ca. 150 Dirham (15 Euro); die Preise variieren. Das Taxi stellt Abdul nach einer zehnminütigen Fahrt vom Hotel vor einem kleinen Gebäude ab. So ein Zufall, dass direkt daneben ein Souvenirshop steht, der u. a. große Haigebisse im Angebot hat. Ab hier geht’s zu Fuß weiter.

Warum? Bei all den Menschen am Hafen wäre mit dem Auto eh kein Durchkommen.

Wir gehen die Hauptstraße entlang und entdecken auf der rechten Seite eine riesige Baustelle: Hier werden Schiffsrümpfe auf traditionelle Weise hergestellt. Hauptbaumaterialien sind dabei Holz und Stahl.

Unser Weg führt uns weiter über einen kleinen Parkplatz zum Eingang des Fischhändlergebäudes.

Wir erklimmen die Treppen ins Obergeschoss und gehen durch einen schmalen Korridor, der auf der linken Seite mit einer Glasfassade ausgestattet ist.

Und hier unter uns tummeln sich die Fischhändler mit ihrer Ware.

Vorauswahl der Fische am Hafen

Nach ca. einer halben Stunde haben wir genug gesehen und verlassen wieder das Gebäude. Wir gehen an die Schiffsanlegestelle und uns kommt ein Geruch entgegen, der uns wörtlich den Atem raubt. Doch es ist nicht der Fisch, es ist der Geruch von unzähligen Diesel- und Benzinmotoren, die in der Mittagshitze als Generatoren (mit den unzähligen Mofas) ununterbrochen laufen.

Fischerei AgadirEs sind um die 30 Grad Celsius, doch der schwarze Asphaltboden am Hafen speichert die Hitze und verstärkt den Dieselgeruch.

Den einheimischen Fischern scheint das nichts mehr auszumachen, denn hier wird geredet, gehandelt (die Vorauswahl der Fische für das Hauptgebäude wird hier getroffen), Fische ausgenommen, gebraten und gegessen.

Touristen sei gesagt, dass das Fotografieren und Videofilmen auf eigene Faust nicht immer gerne gesehen wird. Mit einem einheimischen Führer an der Seite gibt es aber keine Probleme.

Die Kasbah von Agadir

Kasbah von AgadirDie Fahrt zur 236 m hohen Kasbah dauert wiederum ca. zehn Minuten. Man kann zwar auch den Weg zu Fuß nehmen, doch für gehfaule Touristen aus dem Westen gleicht dies eher einem Pilgerzug nach Mekka und ehrlich gesagt, wollen wir den Urlaub ja auch genießen und keine Medaille im Leistungssport gewinnen.

Oben angekommen, fasziniert uns die Stille und der weite Ausblick. Hier auf dem Plateau finden sich natürlich wieder einige Souvenirstände, auch Kamelreiten wird angeboten. Eigentlich sind es Dromedare, denn Kamele gibt es nur in Asien.

Zur Belustigung der Touristen wird aber auch mal der Begriff „Berbertaxi“ verwendet. Das Erdbeben von 1960, welches das bislang stärkste Beben in ganz Marokko war, tötete innerhalb weniger Sekunden rund 15.000 Menschen, ein Drittel der damaligen Bevölkerung. Weitere 12.000 Menschen wurden verletzt. Schätzungsweise 35.000 Einheimische wurden obdachlos.

Kasbah Mauer AgadirUm der Ausbreitung von Seuchen zuvorzukommen, wurde die Stadt zwei Tage nach dem Beben evakuiert. Erst 1961 begann der Wiederaufbau, der ca. zwei Kilometer südlich des Epizentrums stattfand.

Eine Inschrift über dem Eingangstor der Kasbah lautet heute immer noch auf Holländisch: „Fürchtet Gott und ehret euren König.“

Ein imposantes Highlight bietet sich allen in Agadir befindlichen Personen jeden Abend, wenn es dunkel wird. Denn dann werden hunderte von Lichtern am Berg der Kasbah eingeschaltet, die alle zusammen die arabischen Inschriften „Für Gott, König und Vaterland“ formen. Diese lassen sich noch aus weiter Ferne vom Strand aus beobachten und genießen.

Der Souk El Had

Der Souk El Had befindet sich im Nordosten Agadirs und ist mit 45 Minuten strammem Fußmarsch von der Strandpromenade aus bei dieser Hitze doch etwas zu viel verlangt. Nach knappen 20 Minuten erreichen wir aber mit dem Taxi von der Kasbah den Souk, welcher sich an der Avenue Abderrahim Bouabid befindet.

Kaum verabschieden wir uns von Abdul, bietet sich auch schon der nächste Einheimische als Führer an. Jamal heißt der Gute, wir schätzen ihn auf Mitte Zwanzig. Neben seiner Landessprache arabisch beherrscht er auch noch französisch und einige gute Brocken deutsch und vor allem englisch. Unterhaltungen mit ihm über den Souk und das hiesige Leben auf so vielen verschiedenen Sprachen ist faszinierend.

Hier einige interessante Fakten:

  • Der Souk El Had ist ca. 4 Hektar groß und wird von einer ca. 6 m hohen Mauer umschlossen
  • 14 Eingangstore sind ringsum dieser Mauer verteilt.
  • Öffnungszeiten: Werktags von ca. 8:00 bis 18:00 Uhr.
  • Haupthandelsware: Kleidung, Gewürze und Tee, Schmuck und Wohnaccessoires.
  • Neben dem Souk El Had befindet sich der kleinere Obst- und Gemüsemarkt.
  • Polizisten patrouillieren immer zu zweit die Stände (dienstlich oder in Zivil), um die Sicherheit und Legalität der hier angebotenen Ware zu gewährleisten.
  • Achtung vor Duplikaten aus China!

In dem Gewürz- und Teeladen von Jamals Bruder erhalten wir auch noch in einigen Minuten einen Crash-Kurs in Tee- und Kräuterkunde – und das alles in sehr gutem Deutsch. Das britische Paar neben uns erhält die Einweihung in ebenso gutem Englisch. Zusammen stoßen wir mit frisch zubereitetem, traditionellem marokkanischen Tee an, kaufen etwas für daheim und bedanken uns für diese nette Erfahrung.

Nach einer Weile hat man alle Waren mehrmals gesehen und so geht es in Richtung Ausgang. In unseren Einkäufen gibt es auch das berühmte Arganöl, das aus den Früchten des Arganbaums gewonnen wird. Dieser Baum wächst nur in dieser Gegend in und um Agadir herum und dient Ziegen als gern genutztes Klettergerüst. Schließlich bedanken wir uns auf dem Vorhof des Souk für die freundliche Führung und geben Jamal ein nettes Trinkgeld.

Freundlichkeit und Offenheit wird hier noch groß geschrieben: „Wenn du wieder zum Souk kommen solltest, frag einfach nach mir, nach Jamal, ich führe dich gerne.“

Fahrt durch das Atlas-Gebirge

Eine weitere Attraktion, die uns außerhalb von Agadir führt, ist eine Fahrt durch das angrenzende Atlas-Gebirge. Diese Tour – und natürlich jede andere auch – können Touristen auf drei verschiedene Weisen durchführen:

Atlasgebirge1. Sie buchen diese Reise für umgerechnet 45 Euro pro Person direkt bei Ihrem Reiseveranstalter (Preise sind natürlich pro Veranstalter und Saison variabel).

2. Sie suchen sich einen vertrauenswürdigen Taxifahrer und fragen nach dieser Tour, die Ihnen dann für weitaus weniger Geld angeboten wird.

3. Oder Sie mieten sich einen Tageswagen bei einer der vielen Mietwagenagenturen und reisen auf eigene Faust; absolut nicht jedermanns Sache, was wir noch sehen werden.

Wir entscheiden uns für die erste Variante und werden, als wir unserem Führer gegenüberstehen, sofort überrascht, denn dieser ist einer der städtischen Taxifahrer. Die meisten Reiseunternehmen buchen die einheimischen Taxifahrer, um selbst noch am Preis mitzuverdienen.

Ein absoluter Geheimtipp stellt somit Variante zwei dar! Unser Reiseführer und Fahrer stellt sich uns in einem sehr guten Deutsch als Mohammed vor und lädt uns ein, in seinem Taxi Platz zu nehmen. Dieses Taxi ist größer als das von Abdul und das hat einen bestimmten Grund …

Achtung bei der Wahl der Taxis!

In Agadir verkehren zwei Arten von Taxis: Die kleinen roten und die großen altweißen.

  • Die kleinen roten Taxis dürfen höchstens drei Personen befördern und es ist ihnen nur gestattet, innerhalb der Stadt zu verkehren. Meistens sind es Fahrzeuge der Marke Peugeot oder Citroën.
  • Die großen altweißen Taxis sind allesamt Mercedes Benz, dürfen bis zu sieben Personen befördern (die Sicherheitsmaßnahmen werden hier nicht ganz so ernst genommen wie in Deutschland) und dürfen auch Fahrten außerhalb Agadirs und in andere Städte unternehmen.

Darüber hinaus sei erwähnt, dass eine Anschnallpflicht für die hinteren Fahrzeugpassagiere nicht existiert. Also, nicht wundern, wenn Ihr Gurt defekt oder gar nicht vorhanden sein sollte!

Die Honigstraße

Honigstraße AgadirSchließlich, als wir die städtischen Straßen verlassen haben, kommen wir auf die sogenannte Honigstraße. Den Namen verdient sie sich seit jeher, wegen der am Straßenrand befindlichen Imkerstände, welche auf kleinen Plateaus ins Tal des Atlas-Gebirge hineinreichen.

Lange Zeit diente diese Route als Warenverkehrsstraße. Die Straße ist hunderte Kilometer lang, aber relativ schmal. Vor wenigen Jahren wurde sie erst richtig asphaltiert. Zuvor kam es schon einmal vor, dass man den Rückwärtsgang einlegen musste, wenn einem ein breites Fahrzeug entgegen kam.

Hier ist es paradiesisch idyllisch – und genau der Faktor wird gleich mit dem allseits bekannten Paradiestal nochmals bestätigt. Da stört es uns auch nicht, dass uns mitten im Gebirge auf der kleinen Honigstraße eine noch kleinere Baustelle für wenige Minuten aufhält – hier befinden sich etliche kleine Herbergen mit Pool und Satellitenschüsseln!

Das Paradiestal

Das umgangssprachlich genannte Paradiestal ist ein etwa 5 km langer Talabschnitt im Atlas-Gebirge, durch das die Honigstraße führt – übrigens die einzige Straße neben einer auf dem Berg befindlichen Abzweigung in dieser Gegend. Sie verläuft in engen Kurven und steilen Abschnitten entweder dicht am Felsgestein oder noch dichter am Abhang.

Paradiestal AgadirFahrbahnmarkierungen sind hier nicht notwendig. Wenn ein Fahrzeug entgegen kommt, wird halt schnell ausgewichen – so gut es geht – viel Platz ist dabei nicht und der Abhang kommt einem bedrohlich nahe.

Die Straße ist auch nicht durchgehend an der Seite des Abhangs gesichert. Lediglich an einigen Stellen befindet sich eine etwa 20 cm hohe Steinmauer, die aber eher zur Verzierung, als der Sicherheit dient.

Aus diesem Grund ist das Reisen auf eigene Gefahr wirklich riskant. Nichtsdestotrotz vertrauen wir unserem Fahrer, der nicht nur unzählige Male diese Strecke fuhr, sondern auch eine Menge Hintergrundwissen über seine Heimat hat, an dem er uns nur zu gerne, aber nicht aufdringlich, teilhaben lässt.

Oase im ParadiestalDurch das Paradiestal läuft ein kleiner Fluss namens Tamraght, der an manchen Stellen die Fahrbahn unterquert und daneben Teiche bildet. Er ist auch der eigentliche Namensgeber für dieses Stück Paradies. Einen solchen Teich, gefüllt mit Fischen und Schildkröten, gibt es in dieser Kurve (s. obiges Foto); ein beliebter Ort der Einheimischen, um Picknicks abzuhalten, wie uns Mohammed erklärt.

Das Paradiestal verlassen wir wieder – es geht bergauf. An einem traditionellen Souvenirladen halten wir an und erhaschen einen wunderschönen Ausblick auf eine Oase mitten im Gebirge. Mehrere kleine Dörfer passieren wir auf unserem Weg; dieses ist nur eines davon. Unsere Fahrt auf der Honigstraße geht weiter und scheint endlos zu sein.

Es ist früh am Morgen, die beste Tageszeit, um einen ruhigen Ausflug zu unternehmen, denn auch hier verkehren später am Tag immer mehr Touristen. Ab und zu kommt uns ein Transporter entgegen, wir sehen vereinzelte Männer mit Esel im Gepäck, Frauen, die auf dem Feld arbeiten und Kinder, die am Abhang spielen.

Durch einen winzigen Ort, in dem heute Markttag ist, gelangen wir schließlich an die Endstation unseres Ausfluges, den Wasserfall in Immouzzer (Immouzzer Ida Ou Tanana).

Lange Zeit hat es nicht mehr geregnet, daher führt er zu dieser Jahreszeit nur wenig Wasser.

Mohammed geleitet uns zu Fuß – das Auto wurde zuvor abgestellt – an einer kleinen Herberge vorbei, durch enge Gassen und in die wilde Natur.

Hier am Ende der Station befinden wir uns im wirklichen Paradies: Die Wasserstelle führt klares Quellwasser, das Rauschen des Wasserfalls ist gut zu hören, von den Felswänden tropft das kalte Nass und an den Steinen wachsen grünes Moos und Kletterpflanzen.

Eine willkommene Abwechslung bietet die hier vorherrschende Kühle zur brennenden Sonne. Ebenso kann es passieren, dass Sie als Tourist auf einen taubstummen älteren Herrn treffen, der noch quicklebendig ist, wie dieses Video beweist. Nach diesem Erlebnis heißt es für uns, die Rückfahrt anzutreten.

Mittlerweile ist die Mittagszeit vorbei, wir sind bereits Stunden unterwegs und mehr Touristen kommen uns entgegen. Obwohl wir denselben Weg, den wir gekommen sind, auch wieder zurückfahren müssen, ist es nicht langweilig, im Gegenteil. Das Paradiestal zweimal zu durchqueren, ist eine Sensation.

Übrigens ist das Paradiestal (Tamraght-Tal) seit jeher eine beliebte Stätte der Hippies, die hier in einem stillgelegten Betonbunker-Hotel und dem anliegenden Zeltplatz ihr Quartier errichtet haben.

Nachwort

Natürlich stellen diese Ausflüge, Ziele, Einrichtungen und mehr nur einige Möglichkeiten dar, wie sich Touristen in und um Agadir herum kulturell bereichern können. Das Standardkamelreiten wird hier ebenso angeboten wie die Fahrt durch „Kleinsahara“, ein kleiner Wüstenabschnitt weit außerhalb von Agadir.

Ein weiteres Highlight ist ein Tag bei den Beduinen oder die Medina, ein etwas jüngerer Bezirk, der durch seine Architektur auffällt. Sie sehen, das Gerücht, dass Agadir nichts zu bieten habe, ist alles andere als wahr. Hier an der afrikanischen Atlantikküste kommen sowohl Cluburlauber als auch Abenteurer auf ihre Kosten.

Agadir gilt weltweit sogar als einer der angesagtesten Insiderorte für Stein-, Kristall- und Fossiliensammler, welche sich an dem unglaublich reichlichen Angebot der an der Honigstraße befindlichen Souvenirläden bereichern können.

Ich hoffe, mit meiner kleinen Führung und anhand einiger Daten, Fakten und Anekdoten, diese Stadt samt ihrer freundlichen und zuvorkommenden Menschen gut präsentiert zu haben und wünsche Ihnen, falls Sie eine Agadir-Reise in Erwägung ziehen, schon jetzt viel Vergnügen!

Thorsten Boose