Bali Einkaufen: „Strange Shopping“ oder von Schweinen, Stinkfrüchten und Hühnerfrauen

Wenn Sie als Westeuropäer in Bali einkaufen gehen wollen, sollten Sie – positiv gesagt – Ihre Gewohnheiten „etwas ändern“. Gerüstet mit einer gesunden Portion Toleranz, etwas schwarzem Humor und ein wenig Know-How über die kulturellen Unterschiede wird auch Ihr Einkauf erfolgreich enden. Wie Sie sich für dieses Abenteuer rüsten können, erfahren Sie in dieser Story.

Shoppen in Bali: Früh am Morgen …

Wie schön wäre es, nur einmal wieder zu schlafen – bis in die Puppen! Mit halboffenen Augen die Decke über den Kopf und herumgedreht, den Tag sich selbst überlassend in der Hoffnung, er lässt mich dasselbe tun. (Sehnsuchtsvolles Seufzen inbegriffen, der geneigte Leser möge dies nicht überhören, obwohl ich seit ich denken kann Frühaufsteher bin.)

In weiter Ferne scheint mir dieses Lotterleben, denn solange das neue Häuschen fernab an unserem einsamen Strand in Meeresnähe noch nicht bewohnbar ist, eine Haushälterin sich in aller Frühe um Futter maulende Katzen kümmert und nebenbei Monstertochter mit Schokobrot abfertigt, ist wohl an Ausschlafen nicht zu denken.

Markt in Bali Einkauf shoppenSelten, dass mich hier – wie so oft in der anderen Welt – der Wecker aus dem Schlaf reißt und selbst wenn ich einen hätte, würde er als Sozialfall in irgendeiner Ecke auf Arbeit warten. Seitdem ich hier, als Exotikum für die Dorfbewohner, so direkt im Sozialgefüge lebe, weiß ich wörtlich umzusetzen, was es heißt, mit den Hühnern aufzustehen.

Nie hätte ich’s mir träumen lassen.

Mit wunderbaren Lichtspielen und Sonnenaufgängen am azurblauen Himmel werde ich dafür belohnt, einzigartige leise Stimmungen, wenn der Tag die Nacht verdrängt und das Leben in den Häusern erwacht …

(Der Dichter schwelgt, der Romantiker erzittert vor Staunen und beide harren ehrfürchtig der Dinge, die da kommen …)

Mit Beginn der Dämmerung befindet sich das ganze Dorf schon längst auf den Beinen, von Klein bis Groß. Jeder hat seine täglichen Aufgaben zu erledigen, um dann zum eigentlichen Alltag überzugehen. So wie hier die Menschen tagsüber die Flügel strecken, wie in Honig getauchte Fliegen, so geschäftig wird in Europa durch den Tag geeilt, um auch alles unter einen Hut zu bekommen.

Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die Leute in hiesigen Gefilden tagsüber nichts Besseres zu tun haben, als den Schattenplätzen zu folgen, sich dort zu versammeln und umringt von Freunden ein Nickerchen zu machen. Das könnte man, wie schon gesagt, wenn man nicht genau hinsieht – abhängig von der Tageszeit, natürlich.

Dementsprechend wird das meiste Tagewerk eben vor, während und kurz nach der frühmorgendlichen Dämmerung vollbracht. Möchte man jetzt meinen, dies hätte etwas mit selbstlosem Dienst oder Gruppenzwang zu tun – weit gefehlt.

Der Grund dafür ist höchst profan: Die Hitze der Sonne ist einfach zu stark, um sich tagsüber an einfache Übungen zu wagen, wie den Hof zu kehren, das Haus zu putzen oder die Wäsche von Hand zu waschen.

(Wer will, kann mich gerne besuchen und die Terrasse wischen, während der Planet brennt und einen zwingt in Sandalen den Boden zu scheuern, da die Bodenfliesen kochend heiß sind. Und außerdem, wer hat je davon gehört, sich vor dem Putzen unbedingt mit Sonnencreme LSF 30 vor bösen Strahlen zu schützen? Die nötige Dusche danach würde die Creme eh wieder herunterwaschen.)

Marktfrau Bali Einkauf shoppenAlso, was tun mit diesem so früh begonnenen Morgen? Erst die obligatorische Tasse Kaffee, frisch mit kochendem Wasser und feingemahlenem hiesigen Pulver gebrüht, nicht wie in Deutschland, wo die Kaffeemaschine bedient wird in der Hoffnung von abgemessenen 5 Tassen wenigstens einen Humpen herauszubekommen, weil das Ding endlos verkalkt ist und röchelnderweise ewig braucht.

Während ich also über der Kaffeetasse hänge, mache ich mir Gedanken über das Bio-Überleben in Form von Futtermitteln, die es auf dem lokalen Markt zu erwerben gibt.

Das ist auch so eine Sache, die nichts für schwache Gemüter ist, schon gar nicht für zarte Geschöpfe, welche so früh des Tages noch nicht so belastbar sind.

Einkaufen in Bali: Go Shopping …

Das gilt besonders dann, wenn es darum geht, frisch und koscher geschlachtetes Schwein zu kaufen, oder ein feistes Hühnchen, frischen Fisch …

Bleiben wir beim Schwein. Sehr schmackhaft, denn es war Zeit seines Lebens frei und glücklich herumgelaufen und hatte in den Höfen des Dorfes nach Essensresten stöbern dürfen. Das klingt gut, ist gesund, beruhigt das Gewissen und erfreut den Gaumen.

Nun mag man all seine bisherigen Vorstellungen eines Metzgerladens über Bord werfen, eingeschlossen hell gekachelter Wände, klare Glasvitrinen ohne Fingerabdrücke und gediegen zerteilten Fleischstücken, wahlweise und gut definiert in der Auslage … alles vergessen? Tabula rasa?

Dann kann’s losgehen! Schnell, schnell, denn um halb 8 ist alles längst verkauft. Die Auslage ist einfach gehalten: ein kleiner schmuddeliger Tisch mit einer historisch anmutenden Waage, zwei große Schalen und einem Eimer, der das Schweineblut enthält. Dieses wird in kleine Plastiktüten gefüllt, mit dem die Hindus Kokosraspel färben – eine Spezialität.

Fischmarkt Bali Einkauf shoppenIn der einen Schale befinden sich kleingeteilte Knochen, auch Kieferstücke inklusive der Zähne, Teile der Ohren und Füße und es glotzt auch schon mal ein Auge heraus. Bestenfalls Futter für den Hund oder die schönsten Stücke abgekocht für Suppe. Das Fleisch liegt als unförmiger Batzen in einer anderen Schüssel. Fröhlich eilt die Schweinefrau bei meinem Erscheinen herbei, da ich als zahlungskräftige Kundin doch immer Kilostücke kaufe, auf das hier so beliebte Fett am Fleisch verzichte und mein Auftauchen immer gutes Geschäft verheißt.

Sie hebt das entbeinte Fleisch am Stück aus der Schale (Hundertschaften von Fliegen summen auseinander, um sich gleich darauf wieder auf die unbewegten Teile zu setzen …), greift zur Machete und hackt wahllos hinein, bis ein ca. kiloschweres Stück abfällt. Wiegen, ab in die Plastiktüte und fertig ist der Deal. Was ich damit mache, werde ich zu Hause nach der Inspektion entscheiden, wahrscheinlich das Übliche: ein Teil wird zu Kleinstschnitzeln, ein anderer unvermeidlich Geschnetzeltes, etwas Suppenfleisch fällt ab und den sehnigen, fetten Rest an den Hund verfüttert.

Wie mühsam ist es in Supermärkten, aus verschiedenen, sauber gekühlten Truhen die benötigten Teilstücke zusammenzusuchen, alle einzeln in Plastik verpackt, wo man hier doch gleich Viel-in-Eins haben kann.

Ein ähnlich schmackhafter Verlauf erwartet mich bei der Hühnerfrau. (Man erinnere sich an den frühmorgendlichen Zustand nach dem Aufwachen, noch bettwarm und traumumwoben sozusagen.) Vor sich auf dem Tisch schon abgehackte Beine und Köpfe, lüpft sie den Deckel einer großen Styroporkiste, zieht ein schon erlegtes Huhn heraus. Die unvermeidliche Machete hackt Kopf und Füße ab, das Rückgrat wird gekonnt gebrochen, die Innereien von Hand herausgemanscht und der Rest in Wunschgröße zerteilt. Entweder im Halben, Viertel oder sofort zerkleinert. Da kommt es schonmal vor, steht man zu nah am Geschehen, dass einem der Saft um die Ohren spritzt. Auch lecker. Man vergesse die Fliegen nicht, die sich auch hier einer fetten Party erfreuen.

Mich des Fleisches allem anderen voran bemächtigt, ohne ohnmächtig geworden zu sein (oder der Vorstellung zu erliegen, mich in einem Albtraum zu befinden), dringe ich in den eigentlichen Markt vor. Hier ist das Angebot reichlich, Gemüse und Obst sind günstig, manch’ Fehlkauf aufgrund von Unwissenheit fällt unter Erfahrungswert. Öfter mal was Neues, und wer den Geschmack grüner, gebratener Papaya nicht kennt, kann überhaupt nicht mitreden.

Nur bei Durian, den als Delikatesse verschrienen Stinkfrüchten – in Hotels und Flugzeugen per Gesetz verboten – verbiegt es mir die Nase. Ich halte ja viel aus, so früh am Morgen und in diesem Zustand, aber diese Frucht schlägt mich in die Flucht. Dabei meinte ich es nur gut mit der Marktfrau, der ich ums Haar vor die Füße ge… hätte, aber nicht doch, es ist noch immer früher Morgen!

Gewichte, Einheiten und Preise habe ich schnell gelernt. Die Eier gibt es nach Gewicht, ein halbes Kilo sind ungefähr 10-12 Eier. Limetten immer zu Fünft, Salatgurken für unsereins nur die Grünen, bitte, braungefärbt mögen sie wohl nur für die Einwohner genießbar sein, was auch immer sie damit anstellen. Chili braucht’s nicht mehr als für umgerechnet 2 Cent, um uns innerlich auf eine Woche zu konservieren; da bin ich eher sparsam im Kauf.

Wichtig zu ergattern ist das täglich frisch zubereitete Tempeh, ein reines Sojaprodukt. Die Menschen hier essen es wie die Amerikaner: Kaugummi mit dem Nebeneffekt, dass die Frauen so etwas wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen oder gar Depression während der Wechseljahre nicht kennen, da wohl irgendein Anteil im Soja ebendies verhindert. Auch gut, seitdem ich das weiß, bin ich mit von der Partie und auch meine Tochter bekommt den Hals damit gestopft.

Einkauf Bali Shoppen TippsDoch zurück zum Markt, schön voll gepackter Einkaufskorb, malerisch mit unterschiedlichen essbaren Pflanzen bestückt, geht’s nach Hause – Füße waschen!

Ein seufzender Gedanke zu einem mittelfränkischem Obst- und Gemüsemarkt auf blankem Kopfsteinpflaster inmitten der Altstadt, Fliegen,- Katzen- und Hundefrei, alle Waren auf Hüfthöhe und ausgepreist. Die Stände in wohlangelegten Gässchen und keinesfalls kommt das Gefühl auf, die faulen Früchtchen in die Tüte zu bekommen, wenn bedient wird. Hier der Duft von Erdbeeren, von dort drüben frische Kräuter, allen voran Basilikum und nur der Bratwurststand tanzt olfaktorisch aus der Reihe.

Aber – ich befinde mich inzwischen inmitten auf dem Boden liegenden Melonen, riesenhaften Körben gefüllt mit Gemüse, zermatschten Obstschalen, Bananenblättern, alles matschig Angefaulte des Tages und der vorigen darunter, auf völlig unebenem Grund, mal steht ein Stein über, den merkt man sich schnell, hat man sich einmal gehörig die Zehe geschlagen. Ein Balanceakt, um nicht auf einem glitschigen Irgendetwas, dem Boden näher zu kommen als man möchte, und als krönende Zugabe spuckt alles, was unterwegs ist, den morgendlichen Schleim von Lunge auf Halshöhe geholt, auf die gerade freien Flächen. Ich frage mich jedes mal, wie sie es schaffen einem so zielgerecht vor, neben oder hinter die Füße zu treffen!

Froh, die gesammelten Werke an den Sandalen kleben zu haben, sind die Füße nicht ganz verschont geblieben und brauchen säuberndes Nass.

Trotz allem ist die Stimmung auf dem Markt wunderbar, die Neugierde groß, was es heute alles gibt (oder auch nicht gibt), und das von allen Seiten ertönende „Guten Morgen!“ in lachenden, freundlichen Gesichtern entschädigt mich für alles. Die Freude der Einheimischen, dass „ihr“ Tourist wieder unter ihnen weilt, ist echt und alle, die mich das erste Mal sehen, was auch nach all der Zeit noch immer vorkommt, werden sofort von den Marktfrauen über meinen Aufenthaltsort, die Familienverhältnisse, den Grund meines Hierseins und Essgewohnheiten aufgeklärt.

Susanne Guckenberger