Freies Werken Kinder: Gestaltungsfähigkeit und Phantasie schulen

Gestalten mit KindernDer Gestaltungsfreude von Kindern sind seit jeher keine Grenzen gesetzt, um so mehr, wenn man ihnen den Raum und die Möglichkeit dazu gibt.

Um den Kindern insofern den Boden zu bereiten, ihren Vorstellungen Ausdruck zu geben und deren Umsetzung zu fördern bedarf es ein klein wenig Umdenken, gemessen an dem gegebenen Angebot, welches heutzutage so gut auf die Bedürfnisse von Kindern zugeschnitten scheint.

Sicherlich bietet die Spielzeugbranche ein Überangebot von Beschäftigungen aller Art, säuberlich nach Altersgruppen gestaffelt, verschiedenste Mittel sind da im Einsatz.

Es soll an dieser Stelle nicht das Für und Wider dieser Möglichkeiten erörtert, sondern ein anderer Blickwinkel über Möglichkeiten in diesem Bereich dargestellt werden.

Seit etlichen Jahren setzt sich an vielen Stellen ein Denken durch, welches von der herkömmlichen Beschäftigung mit Schablonen oder vorgegebenen Teilbereichen abweicht und eher die Phantasie der Kinder und deren Umsetzung in den Vordergrund stellt. Die Mittel dazu bedienen sich nicht zwangsweise an nach Themen vorgeformten Materialien, innerhalb deren Kinder ihre Vorstellungen ausleben. Im Gegenteil, die Kinder werden dazu angehalten verschiedene Materialien zuerst selbst zu formen und mit diesen selbstgeformten Werken dann der Gedankenwelt im Sinne von Spielen Ausdruck zu geben.

Als Beispiel mag hier eine komplette Dinosaurierlandschaft aus dem gekauften Karton dienen, demgegenüber die gebastelten Figuren aus selbstgesammelten Kastanien und Eicheln, welche ein ganzes „Dorf“ bevölkern.

Im Falle schon vorgegebener, fertiger Aktionsfelder wird die Phantasie der Kinder „ab“ hier in Anspruch genommen, was deren Begeisterung zwar in keiner Weise beeinträchtigt, doch wird eine große Möglichkeitspalette außer Acht gelassen: Durch die eigene Gestaltung bleibt Materialerfahrung außen vor, auch werden motorische und kognitive Fähigkeiten nicht beansprucht.

Spielen mit KindernHier greift die Idee des freien Werkens. Natürlich brauchen die Kinder auch hier einen gewissen Rahmen und auch Materialvorlagen, nur ist der Ansatz völlig anders gelagert. Da die Vorstellungen der Kinder hier erst Gestalt annehmen sollen, eben durch die eigene Gestaltung der angebotenen Materialien, fordert es hier auch ein wenig Phantasie und Einfallsreichtum der Eltern resp. Erwachsenen, diesen Boden zu bereiten.

Das freie Werken setzt sich im weitesten Sinne zusammen aus einem …:

  • … Themenbegriff, als Überbegriff gegeben,
  • … verschiedenem Material und
  • … der Hilfe zur Selbsthilfe seitens des Erwachsenen.

Es versteht sich von selbst dass dieser auch seine eigenen Vorstellungen von „schön“ oder „wie etwas aussehen muß“ nicht auf die Kreativität und den Gestaltungsvorgang des Kindes überträgt. Warum sollte ein Dinosaurier nicht hellblau sein oder Wattehaare haben, eine Prinzessinmarionette kann Hosen und Augenklappe tragen? Auch die selbstgefilzten Kugeln für eine Halskette können eine eher ursprüngliche Form aufweisen.

Freies Werken und Gestalten entspringen einem Thema oder einem Überbegriff, der nötigerweise einen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen die Kinder ihre Vorstellungen umsetzen. Das Thema selbst wird so wenig wie möglich spezialisiert, der gedankliche Rahmen so weit offen gelassen.

Man wird schnell merken, wie schwer sich Kinder tun, wenn sie ihre ersten Erfahrungen mit Freiem Werken sammeln, insofern sie vorher nurmehr mit Vorlagen aus Schablonen oder Bastelanleitungen gestalteten.

Je öfter sie dann in diesem neuen Bereich kreativ sind, desto leichter fällt es ihnen ihre Ideen umzusetzen bis hin zu einem Punkt, an dem sie ihre eigenen Themen benennen, ohne oder mit wenig Hilfe gestalten und diese Gestaltungen nach der Fertigstellung zum eigentlichen Spiel bringen.

Natürlich wäre das „Projekt Dinoland“ für den Anfang zu groß, besser wäre zuerst verschiedenes Material im Einzelnen zu erfahren.

Als Beispiel mögen hier gesammelte Papierschachteln verschiedenster Form, Dicke, Größe und Art dienen, Inlays von Klo- und Küchenrollen nicht zu vergessen, doch auch Wellpappe, Karton, alle Arten und Stärken von Papier, Schnüre und Watte, Klebstoff und diverse Scheren dürfen nicht fehlen.

Folgende Themen könnten hier anstehen … :

  • … Wundertiere, wobei hier nach der Grundgestaltung auch Farben und Wolle hinzugefügt werden;
  • … Masken (Faschingsmaske)
  • … 3D-Puzzle,
  • … ein Kugelbahn für Glasmurmeln
  • … einen Ritterhelm
  • … ein Papierflieger usw.

Sind die ersten Erfahrungen mit Material, Umsetzung von Ideen und Gestaltung gemacht, können die Themen beliebig erweitert werden. Dazu werden neue Themen mit den Kindern eingeführt, eine Art Brainstorming gemacht, Vorüberlegungen vollzogen. Hierbei kann auch besprochen werden, welches Material sich für die Vorstellungen eignet, was benötigt wird, welches Material sich gut mit anderem verbindet, etc., was dann praktisch umgesetzt wird.

An dieser Stelle lassen sich die verschiedensten Arten an Material einbringen, in der Übersicht ein Papierbereich, mit Farbe, Ton oder Fimo, Steinen und Sand lässt sich gut experimentieren; Muscheln, Fäden, Schnüre, Äste oder andere natürliche „Sammlungen“ unterstützen die Dekoration.

Weiterführende Projekte könnten sein:

  • Schachtelzoo, nicht nur die Tiere im Zoo, sondern auch der Zoo selbst wird gestaltet;
  • Flug ins All, auch hier würden im weiteren Farben, Vogelsand oder kleiner Kies, etc. hinzukommen;
  • Kasperl- oder Marionettentheater;
  • Westernstadt oder Ritterburg, und viele andere mehr.

Es versteht sich von selbst, das diese Art Gestalten Raum erfordert, im wörtlich räumlichen Sinne wie auch im zeitlichen Ansatz. Meist ist es mit einem Nachmittag nicht genug, je nach Größe des Projekts, Eifer und Konzentrationsfähigkeit des Kindes. Mag sein, daß es sich für manche Eltern nach einer Art Großchaos im Wohnzimmer anhört, doch die Hochwertigkeit der Erfahrung für die Kinder, Übung in Grob- und Feinmotorik, Kognition und die Erfolgserlebnisse lassen Sie diese Befürchtungen leicht vergessen.

Die verschiedenen Materialien lassen sich ebensogut in Kisten verstauen wie Lego oder Playmobillandschaften, wem Alltagskleider als farb- und klebstoffgefährdet erscheinen, kann einem ausrangierten Männerhemd die Ärmel stutzen und dem Kind mit der Knopfleiste nach hinten anziehen, auch große T-Shirts erfüllen gerne diese Funktion.

Schon kann es losgehen, es werden erstaunliche Dinge entstehen, machen Sie sich darauf gefaßt!

Viel Spaß!

Susanne Guckenberger