Kennen Sie empfehlenswerte Börsenmagazine?

Viele bunte Börsenmagazine lachen Ihnen heutzutage entgegen, wenn Sie eine gut sortierte Zeitungshandlung betreten. Die Frage, die sich Ihnen dann stellt, ist die: Welche sind brauchbar und lesenwert und welche nicht? Welche Magazine können gar als richtig gut bezeichnet werden, welche nur als reine Zeit- und Geldverschwendung?

Im folgenden liste ich für Sie die meiner Ansicht nach wichtigsten Publikationen samt kurzer Beschreibung und Bewertung auf. Für eine aussagekräftige Bewertung habe ich mir folgende Kategorien einfallen lassen:

  • Treffsicherheit der Anlage-Empfehlungen (Kurz: Empfehlungen)
  • Konkreter Nutzwert
  • Seriösität
  • Niveau (Stil etc.)
  • Layout
  • Unterhaltungswert

Für jeden Punkt gibt es einen bis fünf Punkte, fünf Punkte sind dabei das beste Ergebnis.

1. Barron’s

Seit Jahrzehnten am Sonntag erscheinendes US-Fachblatt im Kingsize-Format.
Wendet sich vorwiegend an Profis, die anspruchsvollen, langen Artikel finde
ich schon ziemlich vorraussetzungsvoll. In Deutschland im guten Bahnhofsbuchhandel
erhältlich. Wenn Sie die 6 oder 7 Euro, die eine Ausgabe kostet, übrig haben
und gut Englisch sprechen, können Sie einen Kauf riskieren.

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
3
Konkreter Nutzwert
3
Seriosität
4
Niveau
5
Layout
4
Unterhaltungswert
2
Durchschnitt gesamt:
3,5

2. Börse Online

Nettes Magazin mit breiter Auflage, eine der ältesten Börsenzeitschriften in
Deutschland. Insgesamt eine für meinen Geschmack zu bullishe (=auf steigende
Kurse setzend) Ausrichtung, die teilweise recht interessanten Analysen und v.a.
die Interviews machen das Blatt aber lesenswert. Zuletzt hat man mit Berichten
über angebliche Unregelmäßigkeiten in der Bilanzierung des Heidelberger Finanzdienstleisters
MLP für Aufsehen und einen Kurssturz in dessen Aktie (siehe auch: Prior
Börse) gesorgt. Den meisten Nutzwert hat wohl die sog. „Graue Liste“, in welcher
vor dubiosen Anlagemöglichkeiten, die auf Kapitalanlagebtrug hinauslaufen (Fachjargon
dafür „Grauer Markt“ oder „Graumarkt“), gewarnt wird – ich empfehle die regelmäßige
Lektüre dieser Liste.

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
2
Konkreter Nutzwert
4
Seriosität
3
Niveau
3
Layout
3
Unterhaltungswert
3
Durchschnitt gesamt:
3,0

3. Der Aktionär

Gegründet Ende 1996 als Nachfolgepublikation des legendären Fachmagazins Bulle
& Bär
. Chefredakteur und Herausgeber Bernd Förtsch sorgte mit
dem damaligen stellv. Chefredakteur und Experten für Technologieaktien, Alfred
Maydorn
, mit geradezu hellsichtigen massiven Kaufempfehlungen für Aktien
des gerade erst entstehenden Internetsektors (Yahoo!, Amazon.com,
AOL etc.) für Furore. In Fachkreisen erwarb sich das damals monatlich
erscheinende Magazin, das auch in punkto Layout Maßstäbe setzte, schnell einen
ausgezeichneten Ruf als innovative und originelle Informationsquelle der Spitzenklasse.

Mit zunehmender Verbreitung wurde aber auch die Qualität immer mehr verwässert,
so erfolgte im Frühjahr 99 die Umstellung auf eine zweiwöchentliche Erscheinungsweise.
Ende März 2000 schließlich, am absoluten Höhepunkt der Internet-Hysterie, erschien
das Magazin dann erstmals wöchentlich. Hat man sich anfangs auf einige wenige
Empfehlungen konzentriert, die dann auch kontinuierlich weiterverfolgt bzw.
-begleitet wurden, so konfrontierte man die Leser ab dem Jahr 2000 fast nur
noch mit mehr oder weniger wahllos ausgesprochenen Kaufempfehlungen. Offensichtlich
zählte fast nur noch der mit der breiten, unerfahrenen Kleinanlegermasse zu
generierende Profit.

Seit Mitte 2000 kann Der Aktionär meiner Ansicht nach als publizistisch
bzw. journalistisch größtenteils irrelevant bezeichnet werden, in den diversen
Musterdepots wird aber gelegentlich der eine oder andere Glückstreffer gelandet
(zuletzt u.a. mit Goldminenaktien und Euro/Dollar-Call-Optionsscheinen). Die
gelegentlich auf der letzten Seite erscheinende Kolumne von Thomas Gebert,
einem Mann der ersten Stunde, stellt allerdings einen Grund dar, den Aktionär
von Zeit zu Zeit am Bahnhofskiosk durchzublättern …

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
2
Konkreter Nutzwert
2
Seriosität
1
Niveau
2
Layout
2
Unterhaltungswert
2
Durchschnitt gesamt:
1,9

4. Effecten-Spiegel

Das Magazin aus Düsseldorf steht seit Jahrzehnten für gleichbleibende hohe
Qualität
. Herausgeber und Chefredakteur Bolko Hoffmann, der in den
letzten Jahren u.a. durch seine in der überregionalen deutschen Presse geschalteten
ganzseitigen Anti-Euro-Inserate („Kohls Euro-Wahn macht uns alle zum Sozialfall“
etc.) eine gewisse Bekanntheit außerhalb der Fachkreise erlangte, nimmt kein
Blatt vor den Mund und spricht auch gerne klare Verkaufsempfehlungen
aus. Die Rubrik „Kaufen – Halten – Verkaufen“ überzeugt v.a. durch die Treffsicherheit
der Verkaufsempfehlungen. Gut gefällt mir auch die vom Magazin präsentierte
„Presseschau“, in der Aussagen aus Konkurrenzpublikationen abgedruckt werden.
Und: Hoffmanns Musterdepot ist nicht das schlechteste, das Sie am Markt finden
können. Den Effecten-Spiegel bezeichne ich als ausgesprochen runde Sache
und rate ganz klar zu einem Abonnement bzw. zur regelmäßigen Lektüre.

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
3
Konkreter Nutzwert
5
Seriosität
4
Niveau
4
Layout
3
Unterhaltungswert
5
Durchschnitt gesamt:
4,0

5. EURO am Sonntag

Seit knapp vier Jahren vom Münchener FINANZEN-Verlag produzierter Barron’s-Ableger,
dessen Namensgebung („EURO am Sonntag“??!!…) ich nie verstanden habe!?! Deutlich
weniger anspruchsvoll als das Original, richtet sich sichtlich an eine andere
Klientel. Angesprochen wir der durchschnittliche deutsche (Klein-)Anleger mit
(Titel-)Geschichten wie „Es geht doch was. Saison für Minis: Kleine Werte
trotzen dem Abwärtstrend der Weltbörsen. Wer Aktien von Puma, Hawesko oder Matell
hält, steht derzeit sogar dick auf der Gewinnerseite. Wo es tatsächlich noch
was zu holen gibt“. Das überwiegend auf konservative Blue Chips setzende Musterdepot
performt gar nicht einmal so schlecht, lesenswert finde ich den (Gast-)Kommentar
von US-Star-Analyst Ralph Acampora. Gut gefällt mir die grafische Gestaltung.

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
2
Konkreter Nutzwert
3
Seriosität
3
Niveau
3
Layout
4
Unterhaltungswert
3
Durchschnitt gesamt:
3,0

6. Financial Times Deutschland

Sechs Mal die Woche erscheinende Tageszeitung mit klarem Schwerpunkt Wirtschaft/Börse.
Orientiert sich vom Layout her am Mutterblatt Financial Times (ebenfalls
in Lachsrosa gehalten), hat aber einen durchaus eigenen Stil. Ein Abo kann ich
bedenkenlos empfehlen.

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
2
Konkreter Nutzwert
3
Seriosität
3
Niveau
3
Layout
4
Unterhaltungswert
3
Durchschnitt gesamt:
3,0

7. Focus Money

Relativ lieblos gemachtes 08/15-Magazin aus dem Burda-Verlag (u.a. Focus,
Bunte), dessen Macher kein Hehl aus ihren geringen journalistischen Ansprüchen
machen. Intention war und ist meiner Ansicht nach unaufwendig verdientes Geld
am Massenmarkt. Verzichtbar.

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
2
Konkreter Nutzwert
2
Seriosität
2
Niveau
2
Layout
1
Unterhaltungswert
1
Durchschnitt gesamt:
1,6

8. Forbes

Vom legendären Verleger Malcolm S. Forbes gegründetes und dessen Sohn Steve
weitergeführtes US-Wirtschaftsmagazin. Wird seit ca. vier Jahren nicht mehr
in Europa verkauft, heimische Leser müssen stattdessen mit Forbes global
(s.u.) vorlieb nehmen. Aus der Zeit, als das Magazin noch im deutschen Sprachraum
erhältlich war, habe ich es als erstklassige, solide und interessante Publikation
in Erinnerung. Der Aufwand, den es kostet, von Europa aus das Original zu abonnieren,
dürfte sich auszahlen.

Forbes global wurde vor einigen Jahren für den außeramerikanischen, sprich:
internationalen, Markt herausgebracht. Beschäftigt sich, wie der Name sagt,
mit Themen des weltweiten Wirtschaftslebens, von italienischen Pulloverproduzenten
über deutsche Automobilzulieferer bis hin zu taiwanesischen Halbleiterherstellern.
Das Ami-Original finde ich spritziger und interessanter, nichtsdestotrotz halte
ich Forbes global definitiv für lesenswert. Besonders empfehlen möchte
ich Ihnen die einmal im Jahr erscheinenden Specials „The 400 richest people
in the world“ und „The 400 richest people in America“. Erhältlich im gut sortierten
Zeitschriftenhandel.

Bewertung für beide o.g. Magazine:

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
fehlen
Konkreter Nutzwert
3
Seriosität
4
Niveau
5
Layout
3
Unterhaltungswert
3
Durchschnitt gesamt:
3,6

9. Fortune

Stilistisch vom Feinsten, erstklassig recherchierte Hintergrundberichte, das
Layout setzt Maßstäbe. Viel mehr gibt es nicht zu sagen – seit Jahren das meiner
Ansicht nach beste Wirtschaftsmagazin der Welt, Pflichtlektüre für den
modernen, anspruchsvollen, Englisch sprechenden Börsianer. Die börsentäglich
erscheinende Kolumne Street Life sollten Sie abonnieren, näheres dazu
unter www.fortune.com (siehe dazu auch das Know-How „Empfehlenswerte Börsensites“).

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
fehlen
Konkreter Nutzwert
5
Seriosität
5
Niveau
5
Layout
5
Unterhaltungswert
4
Durchschnitt gesamt:
4,8

10. Prior Börse

Den mehrmals (!) wöchentlich erscheinende Börsenbrief des Frankfurter Ex-Handelsblatt-Redakteurs
Egbert Prior möchte ich Ihnen wärmstens empfehlen. In extrem unterhaltsamer
Art und Weise kommentiert Prior das Geschehen am Börsenplatz Deutschland, der
Schwerpunkt liegt dabei auf der Wachstumsbörse Neuer Markt. Markenzeichen Priors
sind ausgesprochen kantige und unverblümt auf den Punkt kommende Aussagen und
Formulierungen wie „Kursziel 0 Euro“ oder „Werfen Sie Ihr Geld lieber zum Fenster
hinaus“ (letzteres zum Börsengang des Telekomunternehmens TelDaFax).

In den Jahren des Börsenbooms zwischen 1999 und 2000 entwickelte sich naturgemäß
auch Priors Musterdepot hervorragend. Seit es an den Märkten kontinuierlich
bergab geht, entwickeln sich Priors konkrete Kaufempfehlungen (zuletzt u.a.
MLP) aber eher suboptimal. Allerdings ordne ich Priors Rolle auch eher in den
Bereich des Anlegerschutzes (vor dubiosen Machenschaften am Neuen Markt u.ä.)
ein. Die Prior Börse bezeichne ich ebenso wie Fortune als Pflichtlektüre,
von allen hier aufgeführten Publikationen weist diese eindeutig den höchsten
Unterhaltungswert
auf.

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
3,5
Konkreter Nutzwert
4
Seriosität
4
Niveau
4
Layout
4
Unterhaltungswert
5
Durchschnitt gesamt:
4,1

11. Süddeutsche Zeitung

Die meiner Meinung nach beste Tageszeitung des deutschen Sprachraums überzeugt
mit einem traditionell erstklassigen (was sonst?) Wirtschaftsteil. Unabhängig
davon sollte man die SZ ohnehin abonniert haben.

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
fehlen
Konkreter Nutzwert
5
Seriosität
5
Niveau
5
Layout
4
Unterhaltungswert
3
Durchschnitt gesamt:
4,4

12. trend

Monatlich erscheinendes österreichisches Wirtschaftsmagazin. Das Beste daran
sind die Empfehlungen in punkto Lebensart sowie die intelligenten Kommentare
und Kolumnen, unter denen ich v.a. die des Helmut A. Gansterer lesenswert finde.
Ein interessantes Blatt, das zur Abrundung Ihrer Lektüre durchaus einiges taugt.

Kategorie
Punkte
Empfehlungen
2
Konkreter Nutzwert
3
Seriosität
4
Niveau
5
Layout
4
Unterhaltungswert
3
Durchschnitt gesamt:
3,5

Zusammenfassung der Bewertungstabellen

Zeitschrift
Durchschnittliche Punktzahl
Fortune
4,8
Süddeutsche Zeitung
4,4
Prior Börse
4,1
Effecten-Spiegel
4,0
Forbes
3,6
trend
3,5
Barron’s
3,5
Financial Times Deutschland
3,0
EURO am Sonntag
3,0
Börse Online
3,0
Der Aktionär
1,9
Focus Money
1,6

G.H.