Astrologie: Mythos und Bedeutung von Zwerg- oder Kleinplaneten

Im Sommer 2006 gab es Aufregung in der astrologischen Gemeinschaft. Denn die Internationale Astronomische Union (IAU) hat bei ihrer Tagung in Prag neue Festlegungen getroffen, welche Himmelskörper nun als Planeten gelten dürfen.

Pluto hatte seit seiner Entdeckung den Status als Planet, doch inzwischen war ein neuer Himmelskörper in etwa gleicher Entfernung wie Pluto entdeckt worden mit einem etwa hundert Kilometer größeren Durchmesser.

Da konnte es doch nicht sein, dass Pluto weiterhin als Planet geführt wird, das größere Objekt, das inzwischen den Namen Eris bekommen hat, hingegen nicht.

Pluto und Eris wurden daher von der IAU in die Kategorie der Zwergplaneten eingestuft und diese dermaßen definiert:

"Zwergplaneten sind Objekte, die sich auf einer Bahn um die Sonne befinden, über eine ausreichende Masse verfügen, um durch ihre Eigengravitation eine annähernd runde Form (hydrostatisches Gleichgewicht) zu bilden, die Umgebungen ihrer Bahnen nicht bereinigt haben und keine Satelliten (Monde) sind."

Für die astrologische Gemeinschaft stellte sich aber nun die Frage, ob alle in den vergangenen 76 Jahren (Pluto wurde 1930 entdeckt) bis 2006 angestellten
Berechnungen und Deutungen nicht sachgerecht waren und die bisher angewandten Methoden verworfen werden müssen oder ob jetzt der etwas größere Eris die Stelle von Pluto einnehmen soll.

Pluto AstologieSchnell wurde darüber Einigkeit erzielt, dass in der Astrologie an der Bedeutung Plutos nicht gerüttelt wird. Ihm wurden viele Eigenschaften zugeschrieben, die zur Zeit seiner Entdeckung aber auch heute noch große Aktualität haben, die zum Aussehen und zur Erscheinungsform passen. Man bringt mit Pluto auch viel Dämonisches und Irrationales in Verbindung, wie es die Welt in den 30er Jahren erlebt hat.

Zuvor waren schon Jupiter (Zeus) und Neptun (Poseidon) nach antiken Gottheiten benannt worden, somit war es nahezu logisch, dass der erwartete Transneptun nach dem Bruder der beiden eben Pluto (Hades) sein sollte.

Was aber lange ausgeblieben ist, dass auch die Frauen auf dem griechischen Olymp ihren Platz in der Astrologie finden. Schon Kepler war sehr verwundert darüber, dass er keinen Planeten in einer Umlaufbahn zwischen Mars und Jupiter gefunden hat. Der Asteroidengürtel wurde erst Anfang des 19. Jahrhunderts entdeckt. Und mit viel Geschick wurden den Objekten die Namen Ceres, Pallas Athene, Juno und Vesta gegeben.

In Prag hat nun Ceres den Status Kleinplanet bekommen, Pallas und Vesta gelten seither als Kandidaten, um demnächst vielleicht auch diesen Status zu bekommen. Das soll wohl Grund genug sein, uns die mythologische Bedeutung anzusehen und zu überlegen, ob die neuen Zwergplaneten künftig nicht doch mehr in astrologische Deutungen mit einbezogen werden sollen.

Ceres

Astrologie Bedeutung Symbol für CeresDie Römer haben die gesamte Geschichte von Demeter von den Griechen übernommen und der Korngöttin den Namen Ceres gegeben. Dabei erinnern wir uns, dass die Römer den Getreideanbau rund um Rom gar nicht mochten. Große Felder hätten nicht in die idyllische Landschaft gepasst, in der die Reichen ihre Landhäuser, ihre Villa Rustica, hatten.

Sie ließen das Getreide viel lieber aus den Provinzen kommen. Volkstribunen wie die Gracchen mussten Agrarreformen einmahnen, damit die Landwirtschaft rund um Rom nicht vollkommen zusammenbrach.

Der Tempel der Ceres in Rom wurde gleich nach dem Ende der Königszeit, am Beginn der Ständekämpfe errichtet. Es war ein Erfolg der Plebs um die Durchsetzung ihrer Rechte, verbunden mit dem Amt des Ädils, also einer Marktaufsicht, die auch darauf zu achten hat, dass stets genug und gute Waren angeliefert und verkauft werden.

Der Schriftsteller Ovid nennt Ceres eine Gesetzgeberin. Das hat wohl damit zu tun, dass man Ceres mit dem Zwölftafelgesetz und mit dem Übergang vom mündlich überlieferten Recht zum schriftlich festgehaltenen Recht in Verbindung brachte. Ihr Name selbst kommt vermutlich aus dem Etruskischen, doch ihre Wirkungsbereiche sind allesamt der griechischen Demeter gleich.

Sie war zuständig für das Wachsen (lat. crescere) der Früchte, für das Gedeihen der Ähren, aber auch das Schwein wird als ihr zugehörig betrachtet. Eine volle Kornkammer bedeutet Sicherheit und Fülle, daher wird sie auch mit dem Füllhorn abgebildet. Ihr Aussehen ist sehr konservativ, denn sie wird mit weizenblonden Zöpfen dargestellt.

Trotzdem erzählt uns der Mythos auch von einer ganz anderen Seite. Ihre Tochter Persephone wurde von Hades geraubt und zur Heirat gezwungen. Doch Demeter wollte ihre Tochter wieder haben. Deshalb griff sie zum Mittel des Streiks. Sie weigerte sich im Frühjahr alles wachsen zu lassen, wenn Hades ihr nicht die Tochter zurückgibt.

Schließlich einigte man sich darauf, dass Persephone im Frühjahr und Sommer bei Demeter sein soll, im Winter aber bei Hades sein sollte. Es wäre jetzt eine astrologische Überprüfung wert, ob wir aus der astrologischen Stellung von Ceres ableiten können, wie ein Streik, ein Arbeitskampf verläuft. Aber auch im persönlichen Horoskop hat es Bedeutung.

Viele Ehen sind nicht mehr Lebensgemeinschaften, sondern nur noch Lebensabschnittgemeinschaften. Die Partner streiten um das Sorgerecht. Wie geht so ein Streit aus? Ist es hilfreich, wenn wir uns in so einem Fall die Position von Ceres genau ansehen und deuten?

Wofür kann Ceres noch im Horoskop stehen? Zunächst für alles, was mit der Geburt zusammenhängt. Aber auch für die Familie, in der das Kind aufwächst und in der es sich zugehörig fühlt. Dann für die Erziehung und für das soziale Verhalten. Natürlich zeigt uns Ceres auch, ob ein Horoskopeigner einen grünen Daumen hat.

Darüber hinaus aber auch ein Verständnis für die Landwirtschaft und für gutes Essen und gesunde Ernährung. Das Schwein ist ihr Tier, aber außerdem werden wir ihr auch die Tierzucht zurechnen können und alles, was mit richtiger Tierhaltung und Tiergesundheit in Verbindung gebracht werden kann. Sie ist gefordert, wenn wir an die Schlachthöfe und an die Kornkammern denken und überlegen, dass heute aus Lebensmitteln Treibstoff hergestellt wird und gleichzeitig der Hunger in der Welt dadurch größer wird.

Ceres hat nicht nur Verantwortung für das, was auf dem Ackerboden wächst, sondern auch dafür, was im Boden verborgen ist, also für die Rohstoffe. Und auch für die Verarbeitung, für die Produktion von Waren, für den Arbeitsprozess und für einen gerechten Lohn für die Arbeit. – All diese Themenbereiche müssten eigentlich wichtig genug sein, um Ceres in eine Horoskopdeutung zu integrieren.

Pallas

Astrologie Bedeutung Pallas SymbolSie wird oft vereinfacht nur als Göttin der Weisheit und der Kriegskunst gesehen oder mit ihrem Beinamen Athene als Beschützerin der Stadt Athen. Doch tatsächlich hat man ihr in der Antike viel mehr Einfluss zugestanden. Von Homer stammt die Erzählung, dass sie aus dem Kopfe ihres Vaters Zeus entsprungen
ist.

Eine andere Erzählung bringt sie mit Nymphen in Verbindung, sie sei an einem Strand in Ziegenleder gehüllt aufgefunden worden. Von ihrer Heimat Libyen sei sie nach Kreta gekommen. Demnach ist sie also nicht-griechischer Abstammung. In der griechischen Version ist vor allem klar, dass Pallas ihrem Vater Zeus ebenbürtig ist.

Pallas können wir aber auch verstehen als Botin und Wegbereiterin einer Neuen Zeit. Im platonischen Jahr steht sie für den Übergang vom Stier-Zeitalter ins Widder-Zeitalter. Oder anders gesagt, vom Übergang von einem Matriarchat zum Patriarchat. In unserer Zeit wird das Matriarchat gleichgesetzt mit einer klassenlosen Gesellschaft, ohne Unterschied der Menschen im Rang.

Es gab noch keine Familie, sondern man lebte in Sippen und Gruppen. Die Frauen wählten die Männer frei, mit denen sie eine kurzfristige Beziehung eingehen wollten, mit dem Ergebnis der unsicheren Vaterschaft. Doch in einer Gesellschaft, in der der Besitz von Arbeitsmitteln, von Werkzeugen ein gesichertes Einkommen versprach, war es nötig, den Besitz und seine Weitergabe klar zu regeln.

Dem Widder-Zeitalter wird auch nachgesagt, dass es kriegerisch sein soll. Das ist aber nicht unbedingt das Geschäft der „Kriegsgöttin“ Pallas, ihre Stärken sind Strategie und Taktik. Sie stellt die Frage, wie sie ihre Ziele erreichen kann, sie denkt an den Sieg, wie man ihn erlangt, aber Gewalt ist nicht ihre Sache.

Sie ist auch die Göttin der Gerechtigkeit. Sie hat in Athen den Areopag geschaffen, also einen Gerichtshof. Zum ersten Mal soll dieser Gerichtshof zusammengetreten sein, als über die Tat des Orest geurteilt werden musste. Der Tragödiendichter Aischylos hat im Zeitalter des Perikles den Fall eingehend dargelegt.

Die Richter vertraten in diesem schwierigen Fall unterschiedliche Auffassungen, daher musste dann die Entscheidung der Athene den Ausschlag geben. König Agamemnon war der Anführer der Griechen im Trojanischen Krieg und war mehrere Jahre abwesend. Seine Gemahlin Klytaimnestra heiratete in dieser Zeit Aigisthos, weil sie nicht an eine Heimkehr des Gatten glaubte.

Als Agamemnon trotzdem heimkehrte, ermordeten sie ihn. Aigisthos wollte auch Orest, den Sohn des Agamemnon und der Klytaimnestra töten, doch der Anschlag misslang. Als Orest vom Jüngling zum Mann herangewachsen war, forderte ihn die Schwester Elektra auf, den Mord am Vater zu rächen.

Nun hatte allerdings Agamemnon zuvor schon seine Familie verraten. Bei einer Jagd forderte er die Jagdgöttin Artemis heraus, indem er behauptete ein besserer Jäger zu sein als die Göttin. Bei nächster Gelegenheit revanchierte sich die Göttin, bei der Überfahrt der Griechen nach Troja inszenierte sie eine Windstille, bis Agamemnon gelobte, der Göttin die eigene Tochter zu opfern, d.h. er gab die Einwilligung, dass seine Tochter Iphigenie eine Priesterin der Artemis werden sollte.

Klytaimnestra dagegen meinte, dass ihre älteste Tochter getötet worden sei und war deswegen zum Ehebruch bereit. Orest befragte das Orakel in Delphi und bekam den klaren Auftrag zur Tat. Er zog nach Mykene und gab sich seiner Schwester Elektra zu erkennen und tötete Aigisthos und seine Mutter.

In Aischylos Tragödie tritt der Lichtgott Apoll als Zeuge in der Gerichtsverhandlung auf, übernimmt die Verantwortung für den Orakelspruch und beruft sich zugleich auf Zeus.

Niemals geweissagt hab ich auf dem Seherthron,
für Mann und Weib, für Stadt und Volk verheißen nichts,
was Zeus, der Vater im Olymp, nicht befahl.
Zu lernen trachtet dieses Recht, wie hoch es gilt,
und nachzukommen meines Vaters ewigem Rat;
Denn nicht des Eides Heiligkeit gilt mehr denn Zeus!

APOLL:
Nicht ist die Mutter ihres Kindes Zeugerin,
Sie hegt und trägt den eingesäten Samen nur;
Es zeugt der Vater, aber sie bewahrt das Pfand,
Dem Freund die Freundin, wenn ein Gott es nicht verletzt.
Mit sichrem Zeugnis will ich das bestätigen:
Denn Vater kann man ohne Mutter sein – Beweis
ist dort die eigne Tochter des Olympiers Zeus,
Die nimmer eines Mutterschoßes Dunkel barg,
Und dennoch kein Gott zeugte je ein edler Kind.

ATHENE (als letzte zur Urne tretend:)
Mein ist es, abzugeben einen letzten Spruch,
und für Orest leg ich diesen Stein hinein.
Denn keine Mutter wurde mir, die mich gebar,
Nein, vollen Herzens lob ich alles Männliche,
bis auf die Ehe; denn des Vaters bin ich ganz.
Darum des Weibes Los begünstigen werd ich nie,
die umgebracht hat ihren Mann, des Hauses Hort.
Es sieg Orest auch bei stimmengleichem Spruch!

Das Urteil bedeutet eine Abkehr von der bisherigen Rechtstradition, dass Kinder immer für das Wohl der Eltern verantwortlich sein müssen und ihnen Gehorsam zu sein haben.

Wieder vereint …

Nun sind also Ceres und Pluto wieder in der Kategorie der Kleinplaneten vereinigt. Auffallend ist, dass auch Ceres 1801 nach ihrer Entdeckung den Status Planet
zugesprochen bekommen hat und ihr dieser Status nach der Entdeckung etwa gleich großer Objekte wieder aberkannt worden ist. Die beiden verbindet die Mythologie.

Hades hat Persephone, die Tochter der Ceres und des Zeus, in die Unterwelt entführt und geheiratet. Erst als Ceres ihrer Missbilligung der Entführung durch einen Streik Ausdruck verlieh, wurde ein Kompromiss gefunden und Persephone verbrachte nur noch einen Teil des Jahres bei ihrem Gemahl in der Unterwelt.

Im Weltbild der Antike, das uns heute allerdings zu mehr Nachdenklichkeit anregen sollte, sehen wir die Verbindung von Wachsen und Vergehen, vom Leben und vom Tod, vom Wandel und von der Erneuerung. Darin steckt wesentlich mehr als der periodische Wechsel der Jahreszeiten.

Im Mythos ist die Mahnung zum Respekt vor der Natur enthalten. Heute ist angesagt zu überdenken, was geschehen könnte, wenn wir durch verantwortungslosen Umgang mit Pflanzenschutzmittel die Bienen ausrotten, oder durch Umweltgifte unsere Nahrungsmittel verseuchen, dass sie aus der Nahrungskette für lange Zeit nicht mehr entfernt werden können. Oder wenn Konzerne mit der Gentechnologie spielen und damit vielleicht irreparablen Schaden anrichten.

Günter Wittek