Buddhismus und das Glück

Menschen, die meditieren, sind gelassener, ausgeglichener und haben oft eine ganz eigene Sicht auf das Leben. Obwohl es zahlreiche Definitionen von Glück gibt, kann man durchaus behaupten, dass Menschen, welche die oben genannten Attribute vereinen, auch glücklicher sind.

Buddhismus und das GlückDie Glücksforschung ist keine besonders alte wissenschaftliche Disziplin. So ist sie beispielsweise in Deutschland erst in den 1980er Jahren durch die Arbeiten des Soziologen Alfred Bellebaum vorangetrieben worden.

Erste Bestrebungen, das Glück in Worte zu fassen, es zu definieren, sind allerdings schon sehr viel älter.

So beschreibt beispielsweise der griechische Philosoph Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) in seinem Werk „Die Nikomachische Ethik“ das Glück mit folgenden Worten:

„Glück sei das, was der Mensch um seiner selbst willen anstrebt, und nicht um etwas anderes damit zu erreichen.“

Im Lichte des Buddhismus, einer Religion, die stets darum bestrebt ist, Wissenschaft und Glauben zu vereinen, erhält das Glück ebenfalls eine ganz eigene Bedeutung.

Spricht man mit Buddhisten, Menschen, die zu ihrer Mitte gefunden haben, ist es oft die Ruhe und Gelassenheit, welche sie glücklich erscheinen lässt. Woran aber liegt es, dass Buddhisten glücklich sind?

Gerade wenn man die Fundamente des Buddhismus analysiert, so zum Beispiel die Tatsache, dass alles Stoffliche aus Leiden besteht, möchte man nicht glauben, dass der Buddhismus mit Glück in Verbindung gebracht wird. Dennoch ist es genau dieses Gefühl, welches eng mit der fernöstlichen Religion verbunden ist. Ein wesentlicher Bestandteil des Buddhismus ist die Meditation.

Unabhängig davon, ob sie in einem Kloster in Tibet ausgeführt wird, in einem Tempel in Europa oder aber im heimischen Schlafzimmer, ist es diese buddhistische Basis, die dafür sorgt, dass man zu der sogenannten "inneren Ruhe" finden kann, welche schlussendlich zum Glück führt. Meditiert man regelmäßig, wird nicht nur Stress abgebaut, man befindet sich auch in einem Zustand, der einer Ruhephase ähnelt: Die Muskelspannung wird reduziert, der Herzschlag verlangsamt und die Atmung wird ruhig und gleichmäßig.

Ob man bei der Meditation einen buddhistischen Hintergrund verfolgt, in diesem Fall das Streben nach Erleuchtung, ist dabei irrelevant. Der meditative Zustand ist unabhängig davon, ob er von einem Buddhisten, Christen oder auch einem Atheisten erreicht wird. Die Glücksforschung kann auch hier aufzeigen, dass die Meditation nicht nur spirituelle Ziele verfolgt und dafür wichtig ist. Es sind auch konkrete Glücksgefühle im Spiel.

Bei einem wissenschaftlichen Experiment im Jahre 2005, bei dem tibetische Mönche untersucht wurden, konnte Richard Davson feststellen, dass bei regelmäßiger meditativer Praxis besonders starke Aktivitäten im linken Stirnhirnlappen auftreten. Bereits Jahre zuvor wurde in der Glücksforschung bewiesen, dass genau dieser Gehirnbereich unter anderem dafür zuständig ist, schlechte Gefühle abzuschalten.

Aus diesem Ergebnis ist somit klar zu folgern, dass die Meditation dafür sorgen kann, dass man eine Art Glückszustand erreicht. Während die Glücksforschung in Deutschland erst in den 1980er Jahren intensiviert wurde, waren die USA bereits ein Jahrzehnt vorher sehr viel weiter. 1975 beschrieb Mihály Csikszentmihályi, emeritierter Professor für Psychologie an der Universität von Chicago, das sogenannte Flow-Erlebnis.

Dabei handelt es sich um einen Begriff, der fortan in der Psychologie und Glücksforschung eine Konstante wurde. Anfänglich beschränkte sich der Flow auf Erlebnisse in Extremsportarten, fand jedoch schnell auch eine breitere Anwendung. Der Zustand, der beim Flow erreicht wird, ist gekennzeichnet durch eine Synchronisation von Atmung, Herzschlag und Blutdruck.

Ein solches Glücksgefühl kann nicht erzwungen werden, auch nicht durch intensive Meditation, doch es kann ein optimaler Rahmen geschaffen werden, um den Flow herbeizuführen. Bei einem intensiven Flow-Erlebnis, so wie beispielsweise im Optimalfall bei der Meditation, wird Dopamin, ein wichtiger Neurotransmitter, der im Volksmund auch als Glückshormon bezeichnet wird, ausgeschüttet und sorgt für eben jenes Glücksgefühl.

Dabei wirkt Dopamin ganz ähnlich wie Beta-Endorphin, das potenteste der endogenen Opioide, welches zum Beispiel im Ausdauersport ausgeschüttet wird und zu dem sogenannten „Runners High“ führt, einem euphorisierenden Zustand. So wie die meisten Zustände, in denen sich der menschliche Körper befinden kann, ist auch das Glück wissenschaftlich beschreibbar.

Genau wie bei der Liebe, scheint es jedoch mehr zu geben, als Formeln und wissenschaftliche Evidenzen. Buddhistische Praxis besteht aus weitaus mehr, als der Meditation. Viele Dinge, wie sie zum Beispiel bei dem Achtfachen Pfad oder den Vier Edlen Wahrheiten beschrieben werden, spielen mit in das buddhistische Leben hinein und bilden lediglich den Rahmen dessen, was man tun kann, um den Glückszustand, vielleicht sogar die Erleuchtung, zu erreichen.

Genau, wie ein intensives Flow-Erlebnis nicht erzwungen werden kann, so kann man auch das Glück nicht mit wissenschaftlichen Erklärungen oder Formeln hervor locken. Trotz allem hat auch die neuere buddhistische Literatur das Thema aufgegriffen. Unzählige buddhistische Gelehrte, darunter auch seine Heiligkeit der Dalai Lama, haben über das Glück geschrieben und es mit dem Buddhismus in Einklang gebracht.

Eines der bekanntesten und auch erfolgreichsten Werke ist „Glücksregeln für den Alltag“, verfasst vom Dalai Lama. Wie so oft im Buddhismus gibt es aber keine konkreten Übungen, die man durchführen kann und somit auf alle Ewigkeit glücklich ist. Es ist vielmehr eine Sammlung von Anregungen, Ideen und Vorschlägen, die dabei helfen können, ein glückliches Leben zu führen.

Es ist eine Art Hilfe zur Selbsthilfe, die man in Anspruch nehmen kann, selbst wenn man nicht dem buddhistischen Glauben anhängt. Man kann das Glück beschreiben und Faktoren schriftlich niederlegen, doch es bleibt, was es ist: ein Gefühl.

Andreas Schnell