Kultur Hawaii: Deutsche Musik und amerikanischer Imperialismus

Kultur: Deutsche Spuren auf Hawaii

Die Königlich Hawaiische Musikkapelle, „der Stolz der Südsee-Bewohner“, spielt „Blas- und Marschmusik sowie Walzer-Variationen“ zur großen Freude des Publikums in Honolulu. „Heil dir im Siegerkranz“ und andere deutsche Lieder seien in den dargebotenen Bearbeitungen nicht zu überhören.

Landkarte von HawaiiDas auch von meinem Männerchor in Hitzacker bevorzugt gern gesungene „Alo ahe“, ein Lied, das auch auf Samoa als „Ruderlied der Manonoleute“ beliebt ist, sei auch auf Hawaii ein „populärer Folksong“. Kein Wunder: Es wurde komponiert von der haiwaiianischen Köngin Lydia Liliuokalani, wie mein Notenblatt ausweist. Otto Berger hat es für die Hawaiianer bearbeitet. Die samoanische – also sicher auch die hawaiisch-polynesische – Sprache lasse sich „ohne wesentliche Abweichung vom Urtext in die dichterische Form unserer eigenen Sprache“ übersetzen, schreibt Emil Reche .

„Und ebenso geht es auch umgekehrt dem Samoaner, dem von allen fremden Liedern unsere deutschen am meisten zum Herzen sprechen, wie er auch sonst von allen Völkern dem Deutschen sich innerlich am meisten verbunden fühlt.“ Die Polynesier hatten mit ihren seetüchtigen Schiffen und ihrer unfaßbaren Navigationskunst zwischen dem 2. und 6. Jh. und in einer 2. Siedlerwelle im 11. Jh. die 5000 Kilometer von den Marquesas-Inseln aus nach Norden zurückgelegt, um bei den Hawaii-Inseln zu landen.

Ohne den „Vater der Hawaiischen Musik“ Heinrich Berger „wären wir nie so weit gekommen“, habe Kapellmeister Mike Nakasone geschwärmt, berichtet die EJZ weiter. Berger, von Kaiser Wilhelm I. ausgewählt und 1872 als Nachfolger für den Weimarer Kapellmeister Wilhelm Merseburgh in Honolulu gelandet, leitete 43 Jahre die „Royal Hawaiian Band“, die König Kamehameha III. in seiner Vorliebe für alles Europäische 1836 gegründet hatte.

Hawaiianer„Keine Ausländer in meinem Reich sind ordentlicher und in ihrem Benehmen korrekter als die Untertanen Ihrer Majestät“, hatte er 1846 an Friedrich Wilhelm IV. von Preußen geschrieben. Hatte schon Merseburgh die deutsche volkstümliche Musik auf Hawaii zum Erfolg geführt, so konnte Berger diesen Erfolg noch steigern: Er komponierte 600 Lieder und gab mehr als 32 000 Konzerte.

Die „Unmengen von Walzernoten“, die König Kalakaua 1881 bei seinem Besuch in Europa bestellte, bearbeitete und verschmolz Berger „in den Folgejahren mit traditionellen einheimischen Rhythmen zu einem ureigenen Hawaii-Sound“. „Einer, der lange Bergers musikalischen Vorstellungen folgte, ist Aaron Mahi, der die Kapelle bis Anfang 2005 leitete. Mahi, der selbst deutsche Vorfahren hat, wurde für seine Verdienste um die deutsch-hawaiische Freundschaft mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.“

Bedrohte Kultur Hawaiis – der Einfall Amerikas

Die deutsch-hawaiianische Folklore der königlichen Musikkapelle „Royal Hawaiian Band“ war es aber nicht, die die Kultur der polynesischen Ureinwohner Hawaiis bedrohte. Das war vielmehr die große strategische Bedeutung Hawaiis mitten im Pazifischen Ozean, welche die weltmachtlüsternen Vereinigten Staaten von Amerika nach den Inseln gieren ließ. Wie schon ihre Vorgänger versuchte Liliu-okalani als Hawaiis letzte Königin, mit einer geeigneten Verfassung die Einmischung der USA zurückzudämmen.

AmerikanerZwar hatten die USA 1842 die Unabhängigkeit Hawaiis anerkannt, doch dachten sie nicht daran, ihren Einfluß auf die Inseln zurückzunehmen. 1875 wurde ein Vertrag geschlossen, der es erlaubte, Zucker aus Hawaii zollfrei in die USA zu exportieren. 1887 konnten die USA nach einer Ergänzung des Vertrags den Marinestützpunkt Pearl Harbour übernehmen.

1893 wurde die Königin „in einem von Plantagenbesitzern und den USA unterstützten Putsch gestürzt und die Republik Hawaii errichtet.“ 5 Jahre später war die Zeit der neuen Republik schon wieder abgelaufen: Die USA annektierten sie am 7. Juli 1898. Nach vergeblichem Widerstand und Protest der Einheimischen gehört Hawaii seit dem 14. Juni 1900 zum US-Territorium.

Die Polynesier wurden gegenüber den einströmenden Asiaten und US-Amerikanern zur Minderheit im eigenen Land. Zur 100. Wiederkehr des Putsches von 1893 gegen die Königin Liliuokalani unterzeichnete Bill Clinton 1993 eine Resolution, mit der die USA den Putsch für unrechtmäßig erklärten und um Entschuldigung baten.

Heute fordert die polynesische Urbevölkerung „wieder mehr Unabhängigkeit, Rechte und Land für die Hawaiianer sowie eine Lösung von den USA.“ Die Hawaiianer haben darüber hinaus mit „Spannungen zwischen den ethnischen Gruppen“ zu kämpfen. Auch hier der Mißerfolg von „Multi-kulti“! Doch der Geist des polynesisch-deutschen Liedes „Alo-ahe“ stehe „für Gastfreundschaft, gute Laune und Zusammenhalt“, meint Wikipedia.

Heidrun Beißwenger