Bewusstheitsübung: Bewusst / lautlos gehen lernen

Bewusstheitsübungen gehören seit jeher zu den spirituellen Methoden, die von unterschiedlichen Religionen angewandt werden, um Achtsamkeit zu entwickeln. Im Folgenden erfahren Sie, was „Bewusstheit“ bedeutet und wie die Durchführung von Bewusstheitsübungen funktioniert. Zwei Variationen der Übung des „bewussten Gehens“ werden genau beschrieben.

Was bedeutet „Bewusstheit“?

Bewusstheit könnte man als einen „Erlebens-Modus“ beschreiben, bei dem die Aufmerksamkeit vollständig auf ein bestimmtes Objekt im Hier-und-Jetzt ausgerichtet wird. Man konzentriert sich beispielsweise auf die eigenen Gedanken, Handlungen, Sinneswahrnehmungen oder konkrete Aspekte der Umwelt, die man gegenwärtig erleben will.

Bewusstheit Bewusstheitsübung Gehen

Dieses Zentrieren in der „Gegenwärtigkeit des Erlebens“ befreit uns den Plagegeistern der Vergangenheit und der Zukunft, welche normalerweise unser Denken dominieren. Zu lernen, wie man sich seiner selbst bewusst wird, hat auch im Alltag viele positive Wirkungen, die unsere Lebensqualität verbessern.

Denn nur allzu leicht verlieren wir uns in Besorgungen, Dringlichkeiten oder Notwendigkeiten, die „unbedingt“ erledigt werden müssen. Wir schwelgen in Gedanken und Tagträumen und versäumen dadurch völlig den „Augenblick“, in dem wir leben.

Diese besondere Art der Zentrierung lässt sich mit Bewusstheitsübungen erlernen. Wir können damit unsere Sinnlichkeit verfeinern, unsere Wahrnehmung schärfen und Achtsamkeit entwickeln. Zudem lassen sich Fähigkeiten erwerben, die einen hohen Grad an Wahrnehmungsfähigkeit oder Sensibilität erfordern.

Bewusstheitsübung: Bewusstes Gehen

Gehen ist eine Tätigkeit, die jeder Mensch täglich ausführt. Wir haben sie so weit automatisiert, dass unser Körper sich ohne unser bewusstes Zutun von A nach B bewegt. Dabei müssen wir nicht auf den Vorgang des Gehens achten, sondern können uns gedanklich oder physisch mit hundert anderen Dingen beschäftigen.

Bewusstheit Achtsamkeit gehen

Die Bewusstheit auf das Gehen zu lenken, hat den Vorteil, dass wir es ohnehin ständig tun. Wir müssen für diese Art der Bewusstheitsübung also keine zusätzliche Zeit aufwenden. Das einzige, was wir tun müssen, ist, unsere Aufmerksamkeit auf das Gehen selbst zu lenken und uns dessen im Hier-und-Jetzt bewusst zu sein.

Setzen Sie sich einen festen Zeitrahmen zum Üben, indem Sie zum Beispiel den Weg vom Bäcker und zurück als Übungszeit definieren. Sobald Sie losmarschieren, lenken Sie Ihre Wahrnehmung auf Ihre Körperempfindungen des Gehens.

Lassen Sie dabei alle Muskeln locker, die Sie nicht zum Gehen brauchen. Atmen Sie locker und gleichmäßig in den Bauch. Entspannen Sie Ihre Gesichtsmuskeln, lassen Ihre Arme schwer werden und richten den Oberkörper so weit auf, dass die Wirbelsäule möglichst gestreckt wird.

Versuchen Sie so viele sinnliche Empfindungen wie möglich beim Gehen wahrzunehmen, zum Beispiel:

  • Fußsohlen, Zehen und Fußgelenke empfinden,
  • den Unterschied zwischen „weichem und flüssigem Gehen“ und „hartem Auftreten“ wahrnehmen,
  • das Becken empfinden beim Verlagern des Gewichts,
  • unterschiedliche Bodenarten erspüren,
  • unterschiedliche „Gehweisen“ wahrnehmen,
  • das Becken locker lassen, sodass es „schwingen“ kann,
  • Knie in den unterschiedlichen Stellungen wahrnehmen …

Die gesamte Aufmerksamkeit soll auf die körperlichen Wahrnehmungen gerichtet werden, die durch das Gehen erzeugt werden. Solange Sie sich darauf konzentrieren, „gehen Sie bewusst“.

Tipp: Gehen Sie barfuß, falls Sie Schwierigkeiten haben, sich auf die Empfindungen zu konzentrieren. Denn dann hilft Ihnen auch die Umwelt – z. B. mit spitzen Steinen und anderen Gemeinheiten – bewusst zu bleiben.

Bewusstheitsübung: Lautloses Gehen

Eine witzige Variante dieser Übung ist das lautlose Gehen. Hierbei lenken Sie zusätzlich die Aufmerksamkeit auf die Geräusche, die Sie beim Gehen verursachen. Sie versuchen so zu gehen, dass möglichst keine Geräusche mehr hörbar sind.

Je nach Untergrund und Schuhwerk kann diese Übung eine echte Herausforderung sein. Es kann Spaß machen, so gehen zu lernen, dass Ihre Anwesenheit in einem Raum von anderen erst dann bemerkt wird, wenn Sie es wollen.

Wer diese „Ninja-Technik“ perfektioniert, kann auch wunderbar Leute erschrecken oder sonstigen Schabernack mit dieser neuen Fähigkeit treiben. Je mehr Spaß diese Übung macht, desto besser.

Was bewirkt eine Bewusstheitsübung?

Wenn Sie solche Bewusstheitsübungen häufiger am Tag machen, werden Sie feststellen, wie sich Ihre Wahrnehmung mit der Zeit ändert. Vielleicht werden Sie feststellen, dass sich Ihre Sinne schärfen und Sie immer mehr von sich selbst und dem Körper mitbekommen. Es können sich Entspannungseffekte einstellen, da man sich „Urlaub von seinen Alltagssorgen“ nimmt.

Allein über die positiven Wirkungen könnte man Bücher schreiben. Nehmen Sie sich nach solchen Übungen kurz Zeit und reflektieren Sie, welche Unterschiede Sie wahrnehmen und welche Wirkungen diese Übungen bei Ihnen erzeugen.

Viel Spaß beim bewussten Gehen!

Tony Kühn