Von Macht und Ohnmacht der Subkulturen

HippieIm allgemeinen Sprachgebrauch wird häufig von Subkulturen geredet und bei so manchem hat dieses Wort einen negativen Beigeschmack . Vielen ist jedoch nicht wirklich klar, was eine Subkultur eigentlich ist.

Eine Subkultur entsteht immer innerhalb einer allgemein üblichen Kultur. Subkulturen weisen mehr oder minder starke Unterschiede zu ihrer Kultur auf – sie definieren sich über diese Unterschiede. Nicht wenige Subkulturen tragen in sich durchaus das Potential, unter gewissen Umständen und innerhalb einer gewissen Zeitspanne, sich zu einer eigenständigen Kultur zu entwickeln.

Zumindest dann, wenn man Subkulturen überhaupt die Möglichkeit einer solchen Entwicklung einräumt. In der Regel haben Subkulturen ihren Ursprung in einer Weltsicht oder einer Philosophie, welche oft religiösen oder politischen Motiven folgt. Sie können auch durch Mißstände – gesellschaftliche oder kulturelle Ereignisse initiiert werden.

Religiöse Minderheiten können genauso eine Subkultur bilden, wie ein jugendlich motivierter Aufbruch, ausartende Hobbyisten, Menschen mit besonderen Neigungen oder Individuen, welche aus reinen Vernunftgründen glauben, eine radikale Veränderung in ihrem Leben bewerkstelligen zu müssen.

Zwei Faktoren sind jedoch immer für Subkulturen ausschlaggebend:

Zum Einen, ist eine Subkultur immer eine Minderheit innerhalb einer Norm – oder „Leit“-Kultur und werden daher oft, von Außenstehenden skeptisch beäugt oder gar verteufelt und diskriminiert.

Zum Anderen, ist eine Subkultur niemals nur ein reines Denkmodell, sondern äußert sich auch im Handeln, Verhalten, Auftreten, im Essen, in der bevorzugten Musikrichtung, im äußeren Erscheinungsbild etc. – kurz und gut, in allem, was auch für eine Kultur im Allgemeinen üblich ist.

Da einige Subkulturen Wert darauf legen sich abzugrenzen, kann besonders ihr Erscheinungsbild ausgefallen bis provokant wirken. Hinzu kommt allerlei, den entsprechenden Subkulturen von Außenstehenden positiv – oder was weitaus häufiger vorkommt – negativ Angedichtetes bzw. Unterstelltes. Demjenigen, dem soziale Mechanismen geläufig sind, ist bekannt, daß viele bahnbrechende gesellschaftliche und politische Veränderungen durch Subkulturen bewirkt wurden.

Das Christentum war anfangs eine Subkultur, der Kommunismus, die intellektuellen Kreise, welche später die französische Revolution auslösten. Genau so wie die Friedensbewegung, die Öko – Bewegung oder die Humanisten. Von den heute kaum noch zu überschauenden Subkulturen, wie Hippies, Rocker, Punks etc., hätte so manche Bewegung, durchaus wesentlich mehr bewirken können. Wenn auch im kulturellen Bereich, Einflüsse von Subkulturen durchaus wahrnehmbar sind, so hätten auch revolutionäre Umwälzungen, durch diese bewerkstelligt werden können.

PunkAuch den Machthabern eines Systems, ist die potentielle Macht der Subkulturen nie entgangen. Sie stellten somit für sie eine potentielle Gefahr da. Natürlich werden mit Hilfe der Medien – je nach Gutdünken – Vorurteile geschürt oder entschärft. Zuweilen werden Subkulturen – mit an den Haaren herbeigezogenen und völlig unlogischen Argumenten – kriminalisiert.

Häufig wird nach simplen wie paradoxen Methoden vorgegangen: Ist in einer Gruppierung ein Krimineller auszumachen, gilt die gesamte Gruppierung als kriminelle Vereinigung. Wie viele Christen sind schon kriminell geworden, und niemand kam deswegen auf die Idee, das Christentum zu verbieten.

Oder wird ein Kaninchenzüchterverein verboten, weil einer oder mehrere seiner Mitglieder Kriminelle sind?

Oder – Denjenigen, welche sich auf ihre vorchristliche Religion besinnen, den sog. Neuheiden oder Paganisten, wird einfach unterstellt …:

Satanisten zu sein. Unmöglich, da Satan ja der christlichen Mythologie entstammt!
Neo-Nazis zu sein ( Ebenfalls Blödsinn, wenn ein Mafia- Pate Buddhist wird, sind deswegen nicht alle Buddhisten, automatisch, Mafiosi!)

Wie man sieht, kann mit Hilfe der Medien sehr leicht Stimmung gegen eine beliebige Subkultur gemacht werden. Hinzu kommen dann natürlich Repressalien seitens Behörden und Ämter. Dennoch ist eine Subkultur nicht so einfach aufzulösen.

Zum Einen: Es ist selbst durch die übelste Hetzpropaganda nicht so einfach zu bewerkstelligen, eine Subkultur oder Bewegung so vollständig zu verleumden, daß vor der öffentlichen Meinung eine regelrechte Vernichtungsaktion gerechtfertigt werden könnte. Dennoch können Subkulturen „an Ihren Rändern ausfransen“, d.h. Subkulturen sind immer noch mit der üblichen Gesellschaft verwoben und es bilden sich im Lauf der Zeit eine vermittelnde Einheit von „Sympathisanten“.

Unter Sympathisanten verstehe ich Menschen, die zu einzelnen Angehörigen einer Subkultur – unabhängig von deren eigener Zugehörigkeit – kollegiale oder freundschaftliche Beziehungen unterhalten. Desweiteren diejenigen, die sich mit den Idealen und Art der entsprechenden Subkultur soweit identifizieren können, daß sie sich selbst als zugehörig oder „geistig verwandt“ betrachtet.

Zum Anderen: Wird vom Machthaber eine Subkultur auch mit äußersten, gewaltsamen Mitteln bekämpft, schafft er nur Märtyrer. Das bewirkt, daß die entsprechende Subkultur oder Bewegung innerlich gefestigt wird und erstarkt. Zudem würde die besagte Subkultur zwangsläufig in den Untergrund abtauchen und wäre wesentlich schlechter zu kontrollieren.

Die entsprechenden Machthaber verfahren, in solchen hartnäckigen Fällen, nach einem anderen – jedoch inzwischen vielfach bewährten – Muster. Die Subkultur oder Bewegung wird ebenfalls mit Hilfe der Medien, zur Mode erhoben.

BadeanzugInnerhalb kürzester Zeit ist die Bewegung oder Subkultur dermaßen verwässert, daß sie zu einem neuen Absatzmarkt verkommt – zum Teil der Maschine selbst wird – nur mehr für Konsumenten eine Rolle spielt.

Die Punk-Bewegung hatte ihre Bedeutung und ihr Machtpotential in dem Moment verloren, als das erste „Punk- Outfit“ im Kaufhaus erhältlich war. Jede Bewegung und somit jede Subkultur wird – sobald sie zur Mode „erhoben“ wurde – von Horden von Konsumenten übernommen. Leider kennen diese Menschen weder die Hintergründe noch die Ziele der ursprünglichen Bewegung. Was übrig bleibt ist oft nicht mehr als hohle Phrasen und das entsprechende Outfit.

Nur wenigen Bewegungen gelingt es unter solchen Umständen stabil zu bleiben. Den Agitatoren einer Bewegung, welche sich zunächst über den raschen Zuwachs freuen, ereilt später ein bitteres Erwachen. Die Vertreter der eigentlichen Idee und deren Ideale, werden als Spinner oder Extremisten abgetan und verlassen häufig frustriert das von ihnen gegründete Lager.

Ob politische Parteien, deren „Realo“-Vertreter heute genau das vertreten, gegen das sie früher mit allen Mitteln gekämpft haben. Oder eine Rockerszene die inzwischen zu über 90% aus Leuten besteht, die – außer, daß sie zufällig Motorrad fahren und sich im „Rockerstil“ kleiden – nichts mehr mit der ursprünglichen Bewegung gemein haben. „Die Luft ist raus!“ – was bleibt, ist eine reine Modeerscheinung – eine Hülle ohne Inhalt!

Der Wahrheit ist es völlig gleichgültig ob man ihr glaubt!

ARTO

Arto F.J. Lutz