Demokratische Entscheidungen oder das Märchen vom mündigen Bürger

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie politische Entscheidungen in unserer Demokratie getroffen werden? Aris Rommel bedenkt in dieser Satire den Sinn und Unsinn von demokratischen Entscheidungen. Keine Sorge – Intelligenz spielt keine Rolle – würfeln Sie mit?

Da in einer Demokratie der Bürger über seine Regierung – respektive auch über bestimmte Inhalte – selbst entscheiden kann, benötigt jede demokratische Regierungsform „mündige Bürger“. Immerhin geht es dabei um Menschen, die über die Zwecke eines ganzen Volkes entscheiden sollen. In anderen Worten geht es bei dieser „Zwecksetzung“ – die bekanntermaßen durch Wahlen festgelegt wird.

Nicht nur um kleinliche hausliche Belange, sondern um grundlegende Entscheidungen, die im Zeitalter der Globalisierung weit über die Grenzen eines einzelnen Landes hinauswirken und langfristige Entwicklungen für den gesamten Planeten zur Folge haben. In einer solchen Regierungsform trägt der Einzelne letztlich also eine große Verantwortung. Kommen wir zu der Frage, was es heißt ein „mündiger Bürger“ zu sein?

In Deutschland wird „Mündigkeit“ einfach anhand des Lebensalters festgemacht – jeder über 18 zählt als Volljährig bzw. wird per se als „mündig“ anerkannt. Bekanntermaßen gibt es keine Alterschwelle, an der Mündigkeit endet – sondern nur eine, ab der sie anfängt.

Wären wir nicht alle von kleinauf an diese doch recht seltsame Definition von Müdigkeit gewöhnt, könnte den Einen oder Anderen diese Definition doch recht abstrus erscheinen. Denn immerhin entspricht es jedermanns Erfahrung, daß das Alter für sich genommen, keinerlei Aussage über die Intelligenz, Verantwortungsbewußtsein oder den Informationsstand einer konkreten Person zuläßt.

Betrachtet man das Prinzip der Entscheidungsfindung in einem demokratische System genauer, so kommt man schnell zu dem Schluß, das die Erfinder wohl davon ausgegangen sein müssen, daß die besten oder klügsten Entscheidungen diejenigen sein müssen, die die meisten Stimmen auf sich vereinigen können. Das nach dem Motto – wahr ist das, was die meisten sagen.

Das dieses Prinzip völliger Unsinn ist, könnte jedem klar werden, der schon einmal eine Schule besucht hat. Wahrheit oder Richtigkeit war noch nie eine Frage von willkürlichen Abstimmungsverhalten der Mehrheit. Wer eine Mathematikaufgabe korrekt lösen will, muß richtig rechnen können – kein Lehrer würde je auf die Idee kommen, die Klasse abstimmen zu lassen, was die korrekte Lösung zu einer Aufgabe ist. Sicher – wären alle Schüler in der Klasse begnadete Rechengenies, so würde das Abstimmungsergebnis wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit dem richtigen Ergebnis entsprechen.

Man sollte weiterhin in dem Blick nehmen, daß die Komplexität von politischen Entscheidungen viel höher sind, als eine einfache Rechenaufgabe. Hinzu kommt, daß bei politischen Wahlen jeder mitreden darf, egal ob er sich mit der Thematik beschäftigt hat bzw. überhaupt nachgewiesen hat, daß er fähig ist ein bestimmtes Thema überhaupt beurteilen zu können.

Die Politiker scheinen der Meinung zu sein, daß jeder Mensch, der fähig ist mit seinem Kreuzchen einen der vielen Kreise auf einem Wahlzettel zu treffen, kompetent über das Schicksal seines gesamten Volkes entscheiden kann. Bei der heutigen Komplexität von Entscheidungen haben selbst Experten – die immerhin jahrelang studiert haben – diverse Probleme die Konsequenzen politischer Entscheidungen abschätzen zu können.

Dabei verfügen sie über ein Know-How, das Bäuerlein Huber noch nicht einmal in den Grundzügen verstehen könnte. Politische Entscheidungen sind somit keine Frage von Kompetenz, sondern gleichen eher einem Würfelspiel – die höchste Zahl gewinnt.

Keine Firma, kein Handwerksbetrieb, kein Konzern würden jemals auf die Idee kommen, wichtige strategische Überlegungen von den Beschäftigten auswürfeln zu lassen. Der Meier am Fließband hat einfach keine Ahnung, wie Daimler seine Exportstrategie in den USA am besten ausbauen kann.

Würde man einem Firmenchef vorschlagen seinen Betrieb künftig nach diesem Verfahren zu führen, würde er wohl glauben, daß man völlig den Verstand verloren hat. Schließlich weiß er, daß bestimmte Entscheidungen eine Kompetenz des Entscheidungsträgers voraussetzen, sonst würde er keine Ausbildung für bestimmte Berufe verlangen bzw. nur Menschen in eine Führungsposition setzen, die ihre Qualifikation nachgewiesen haben.

Aber auch in der Politik selbst, scheint niemand der Meinung zu sein, daß Qualifikation irgendeine relevante Bedeutung hat. Kein politischer Kandidat muß seine Qualifikation in einem bestimmten Sachgebiet nachweisen – man wählt Gesichter – Bildung scheint bei einem so unwichtigen Gebiet eine untergeordnete Rolle zu spielen. Merkel kann Brutto von Netto nicht unterscheiden, Bush fragt woher die Neger in Brasilien kommen und Schröder hält die Zeitung verkehrt herum.

Wer sich dies vor Augen führt, wundert sich wahrscheinlich weniger, warum die Situation in Deutschland immer schlimmer wird – eher darüber, wie dieses völlig absurde System so lange überleben konnte.

Wahrscheinlich muß das System erst komplett zusammenbrechen, bevor irgendjemand auf die Idee kommt, daß nicht jeder Seppel Deutschland kompetent regieren kann. Aber bis dahin scheint noch ein weiter Weg zu sein …

„Tausend Fliegen können nicht irren“ – sprach die Stubenfliege, bevor sie auf dem Klebstreifen landete.

Aris Rommel