Erster Mai – Mythologie: Beltane, Walpurgisnacht und andere Bräuche

Der Erste Mai wird vielerorts gefeiert und ist nicht nur in Deutschland (seit 1933) ein Feiertag. Als Tag der Arbeit, Maifeiertag oder Kampftag der Arbeiterbewegung ist er uns bekannt.

Doch um den ersten Mai herum gibt es ältere Bräuche, die mit der Arbeiterbewegung nichts zu tun haben. Lesen Sie im folgenden Artikel, welche Bräuche es gibt, was es mit diesem Tag auf sich hat und aus welchen historischen Wurzeln er sich entwickelte.

Feierlichkeiten mit heidnischen Wurzeln, die sich im Lauf der Zeit mit christlichen Bräuchen vermischten und wiederum später durch politische Ereignisse beeinflusst, machen den ersten Mai sehr bunt – was wiederum sehr gut in diese blühende Jahreszeit passt.

Erster Mai - Mythologie: Beltane, Walpurgisnacht

Doch wie lassen sich die unterschiedlichen Bräuche und Feierlichkeiten um den ersten Mai erklären? Beginnen wir mit der Nacht zuvor und schreiten im Lauf der Mythologie und Geschichte dieses Tages zeitlich fort.

Der 30. April / 1. Mai – Beltane

Der 30. April ist kein gesetzlicher Feiertag, doch er leitet viele Feierlichkeiten ein, die heute am 1. Mai begangen werden, bzw. beeinflusste diese.

Im irischen Kalender ist Beltane (auch Beltaine) der Beginn des Sommers. Gerne wird dieser Termin hier bei uns mit dem vollständigen Erwachen der Natur in Verbindung gebracht, auch wenn das Erwachen des Frühlings – der Frühlingsanfang – schon im März beginnt.

Es ist der Beginn der schönen Jahreszeit, die früher wohl nicht nur von den irischen Landarbeitern sehr naturnah empfunden wurde.

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Die etymologische Bedeutung des Wortes Beltane ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Vermutlich leitet es sich vom „hellen Feuer“ ab. An diesem Tag wurden früher die Herdfeuer gelöscht und neu entzündet mithilfe eines Feuersteins. Das Feuer spielte in mehrerer Hinsicht eine wichtige Rolle:

  • Vieh wurde durch entzündete Feuer hindurchgetrieben, um Krankheiten vorzubeugen. Die reinigende Kraft des Feuers hat sich vor allem symbolisch bis heute gehalten.
  • Auch wichtige Persönlichkeiten sollen mit ihren Schiffen am 1. Mai in Irland gelandet sein, wie z. B. Partholon, der in der irischen Mythologie der Anführer der zweiten Einwanderungswelle gewesen sein soll. Seine erste Feuerstelle errichtete er demnach am 1. Mai.
  • Freudenfeuer, welche entzündet wurden, begrüßten den Beginn des neuen keltischen Jahres. Beltane war also nicht nur Frühlingsfest, sondern auch Beginn eines neuen Jahres.

Bei den Feierlichkeiten zu Beltane spielten Hügel (sog. Feenhügel bzw. Elfenhügel) eine mythologische Rolle, wo eine Verbindung zur Anderswelt bestand. Deren Bewohner – die Sidhe – wohnten in diesen Hügeln (Unterwelt) und zeigten sich auf den Hügeln an allen vier Hauptfesten im Jahr, unter anderem am Fest von Beltane.

Im Neuheidentum wird Beltane insbesondere mit Fruchtbarkeit verknüpft. Rituell waren auch Tänze ein wichtiges Element.

Gerald Gardner, einer der wichtigsten Begründer der Wicca, knüpfte an Beltane als den Vorabend des 1. Mai an. Bei den Wicca handelt es sich um eine wiederbelebte Naturreligion, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand. Im Wicca bestehen zwar viele Parallelen zu femininen Kulten, die sich ausschließlich auf die Göttinnenspiritualität beziehen, doch im Wicca sind weibliche Göttin und männlicher Gott gleichberechtigte Partner. Beide repräsentieren gemeinsam die polaren Kräfte in der Natur.

Wiccas verstehen sich selbst als Hexe bzw. Hexer, was sich aus der Etymologie des Wortes ableitet (wicca bzw. wicce bedeutet Hexer, Zauberer bzw. Hexe, Zauberin). Doch wie oben beschrieben, geht es hier um eine harmonische Beziehung und nicht um Unheil bringende Wesen, wie es im (hoffentlich) früheren Christentum verstanden wurde. Ganz im Gegenteil: Nur durch das Herstellen eines Gleichgewichts konnten Harmonie und Leben erzeugt werden.

So wiederbelebt und neu interpretiert wurde das Fest von Neuheiden als mystische Vereinigung von Gott und Göttin begangen. Es wurde der Beginn des Wachstums gefeiert, die Zunahme des Lichts und der Kraft, die Zeit der wilden und wieder auflebenden Energie, der Liebe und der Vereinigung.

Der 30. April / 1. Mai – die Walpurgisnacht

Im Lauf der Christianisierung war Beltane – das Fest zum Frühlingserwachen, welches in vielen Teilen Europas gefeiert wurde – der Kirche ein Dorn im Auge. Es wurde die Geschichte verbreitet, dass es sich bei den Feiernden um Hexen handelt, die sich mit dem Teufel verbünden. Die bevorzugten Plätze der Feiernden waren erhöht – Hügel, Felsen, Blocksberg (sog. Blöcke) – was an der irischen Mythologie zur Grenze in die Anderswelt anknüpft.

Große Feuer wurden entzündet. Sie waren gut sichtbar für alle, die sich angeblich auf fliegenden Besen oder Mistgabeln zum Festort begaben, um sich mit verschiedenen Mitteln zu berauschen und ausgelassen – um das Feuer herum – tanzend zu feiern.

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Um das Fest zu beschließen, würde jede Hexe mit dem Teufel vermählt, Unzucht treiben, um dann mit einem Hexenmal gekennzeichnet zu werden und die Gabe der Hexerei zu erhalten.

Eine in diesem Zusammenhang sehr bekannte und besondere mystische Stätte ist der Brocken im Harz.

Es wurde versucht durch Androhung von hohen Strafen, die Beteiligung der Bürger am Fest von Beltane zu verhindern. Wer offiziell als Hexe ernannt wurde oder im Verdacht stand sich mit dem Teufel zu verbrüdern, wurde aus der Gemeinde verbannt. Die Häuser der Geächteten kennzeichnete man mit Kreidemalen.

Parallel dazu setzte die Kirche die heilige Walpurga als Schutzpatronin für Bäuerinnen und Mägde ein, die sie vor dem Bösen beschützen sollte. Daher erhielt der Abend bzw. die Nacht vor dem 1. Mai ihren Namen: Walpurgisnacht. Die heilige Walpurga hat also mit dem Brauchtum und den mythologischen Wurzeln dieses Festes inhaltlich nichts zu tun.

Maibaum – Maifeuer – Maitanz – Maieinsingen

Heute gibt es die unterschiedlichsten Rituale, Festlichkeiten, Brauchtümer zum 1. Mai, die sich z. T. regional unterscheiden. Wenn man aber die Mythologie und Geschichte kennt, kann man bei den meisten Festlichkeiten viele Parallelen erkennen.

So wird vielerorts am 30. April der Maibaum (Birken, Tannen oder Fichten) geschlagen und am 1. Mai aufgestellt. Der Baum ist ein Symbol für Fruchtbarkeit. Deshalb wird er in bestimmten Regionen auch vor das Haus der Liebsten gestellt. Am 1. Mai wird dann in der Dorfmitte um den Maibaum getanzt. Die Fruchtbarkeit der Natur soll so auf den Menschen bzw. auf die jungen Paare übergehen.

Maibaum - Maifeuer - Maitanz - Maieinsingen

In Süddeutschland ist der Brauch des Maibaums in fast allen Gemeinden fest etabliert. Er wird bunt geschmückt und regt zum großen Wetteifern an. Jede Gemeinde will den schönsten und vor allem höchsten Maibaum besitzen. Deshalb werden die Maibäume vor dem Aufstellen in der Nacht zum 1. Mai streng bewacht, denn es ist ebenfalls Brauch ihn zu stehlen. Doch er muss zurückgegeben werden, wenn eine bestimmte Ablösesumme gezahlt wird. Normalerweise wird mit Bier und Brotzeit für die Gemeinde bezahlt, was aber bei einer entsprechenden Einwohneranzahl recht teuer werden kann.

Zum Brauch des Maibaums gehören auch Maibaumkraxeln (Maibaum erklettern), Maiandacht (vor allem Maria gewidmet) und Maitanz, d. h. Tanz um den Baum.

Sehr viele Bräuche ranken sich um junge Paare, die sich zusammenfinden wollen und symbolisch für das Bestehen (Wachsen) der Gemeinschaft stehen. Auch zwischen zwei Walpurgisfeuer hindurchzugehen, soll reinigen und vor Krankheiten schützen.

Im Wendland spielten sogenannte Monolithen in der Walpurgisnacht eine wichtige Rolle. Man nennt sie Brautstein, da sie versteinerte Brautpaare symbolisieren. Früher sollen in der Walpurgisnacht junge Mädchen mit entblößten Genitalien darübergerutscht sein, um sich währenddessen ihren Liebhaber zu wünschen.

Das Maifeuer oder Hexenfeuer wird in vielen Teilen Deutschlands in der Nacht zum 1. Mai entfacht. Man will die bösen Geister vertreiben. Deshalb werden auch manchmal hölzerne Hexen meist von der Jugend angefertigt, die auf dem Feuer stehen und mitverbrannt werden. Wenn das Feuer inmitten der Nacht heruntergebrannt ist, findet in manchen Regionen der Maisprung statt. Verliebte springen gemeinsam über das Feuer. Auch wird gerne getanzt.

Manche verkleiden sich in der Nacht oder auch am 1. Mai als Hexen und Teufel, um dann an den Festlichkeiten teilzunehmen.

Beim Maieinsingen wird in manchen Städten um 0.00 Uhr gemeinsam gesungen. Dabei treffen sich z. B. in Marburg Hunderte von Menschen und singen „Der Mai ist gekommen …“. Eine Stunde nach Mitternacht kehrt Ruhe ein.

Maibaum - Maifeuer - Maitanz - Maieinsingen

Manche Bräuche wurden früher entwickelt, um sich vor den Hexen zu schützen. Das Läuten der Kirchglocken in der letzten Aprilnacht soll die Hexen vertreiben bzw. unschädlich machen. Auch geweihtes Salz auf der Türschwelle soll den Eintritt von Hexen verhindern, ebenfalls ein umgedrehter Besen, dessen Kehrseite in den Himmel ragt. Es gibt mancherorts Kreidezeichnungen an Häuserwänden, um Hexen abzuwehren. Junge Männer knallen mit Peitschen, um sie zu verjagen. Misteln und Disteln werden zur Abwehr aufgehängt. Diese Bräuche können auch heute noch in manchen Regionen beobachtet werden, wenn auch in einem anderen eher volksfestlichen Kontext.

Es gibt sehr viele und unterschiedliche Bräuche gerade um den 1. Mai. Nicht alle konnten in diesem Artikel aufgenommen werden. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass der 1. Mai auch in anderen Ländern Europas gerne und ausgiebig gefeiert wird, ließe sich mit Sicherheit ein ganzes Buch damit füllen. Doch die geschichtlichen, mythologischen Wurzeln schimmern immer noch durch und verbinden diesen für viele Menschen freudigen Tag zu einem Fest des Lebens.

Cassandra B.