Castaneda: Die vier Feinde des Menschen

Carlos Castaneda nennt sie die vier Feinde des Kriegers – ich nenne sie die vier Feinde des Menschen. Dieser Artikel greift Castanedas Idee auf und beschreibt die Abgründe in uns selbst, die uns daran hindern, das zu werden, was wir sein können.

Was meint "vier Feinde des Menschen (Kriegers)"?

Castaneda vier Feinde des Kriegers MenschenIn
diesem Artikel geht es um die vier "Feinde des Menschen" (Anmerkung: Castaneda bezeichnet sie als „Die vier Feinde des Kriegers“) und wie er sie überwinden kann. Castaneda geht davon aus, dass jeder von uns diesen Feinden im Laufe seiner Entwicklung als Mensch begegnen wird. Doch wie soll man sich diese scheinbar universellen Feinde vorstellen?

Jeder individuelle Lebensweg beinhaltet seine eigenen Probleme und Tücken. Die Feinde, die hier im weiteren angesprochen werden, kommen nicht von „Außen“, von keiner „feindlichen Umwelt“ und sind auch keine „bösen“ Personen. Sie kommen von „Innen“ – aus dem Menschen selbst. Wir können sie als Lebenseinstellung oder „Sicht der Welt“ begreifen, die jeder Mensch mitbringt.

Doch warum sollte die eigene „Weltsicht“ einem selbst zum Feind werden?
Dies kann nur geschehen, wenn wir eine Sicht auf die Welt entwickelt haben,
die uns mehr behindert als nützt. Wenn wir Vorurteile haben,
die uns die klare Sicht auf die Phänomene verhüllt. Castaneda versucht
in diesem Kontext einige – seiner Meinung nach – allgegenwärtige Feinde
der Weiterentwicklung zu beschreiben.

Bei diesem Artikel handelt es sich um
eine Interpretation von Castanedas Grundidee zu den vier Feinden des Kriegers,
die ich mit eigenen Beispielen und weiterführenden Ideen versehen habe.
Castaneda-Fans mögen mir verzeihen, wenn ich einige seiner Ideen anders
auslege – aber es ging mir bei der Bearbeitung dieses Themas nicht darum, den
Meister zu kopieren, sondern seine Gedanken zu reflektieren.

Die vier Feinde des Menschseins benennt Castaneda folgendermaßen … :

a) Furcht – sie lähmt uns, lässt uns in unserer Angst vor
dem Unbekannten verharren.
b) Macht – lässt uns in der Illusion leben, dass wir die
Welt kontrollieren können.
c) (Schein-) Wissen – lässt uns denken, dass wir schon
„alles“ kennen und es keine wirklich wichtigen Fragen mehr gibt.
d) Alter – zehrt uns aus, nimmt uns die Dynamik und Lebenskraft.

Viele Menschen denken vielleicht, dass sie bereits so weit entwickelt sind, dass
ihnen diese Feinde nichts mehr anhaben können. Selbst der furchtsamste
Esel wird sich selbst als Wolf sehen wollen – wer will sich schon Schwächen
eingestehen? „Schwächen eingestehen“ heißt für den
heutigen Menschen verletzlich zu sein – nicht lebens- oder liebenswürdig
zu sein.

So ist es kein Wunder, dass man versucht seine eigenen Macken und Probleme
vor den anderen zu verbergen – eine Fassade des glücklichen Erfolgsmenschen. Der Schein wird wichtiger als das Sein. Immerhin
kann man sich damit trösten, dass auch andere diese Fassade vor sich aufbauen.
Erfolg ist gefragt und Loser landen am unteren Ende der Fahnenstange – als Arbeitslose,
als Schmarotzer, als Depressive … (bitte hier eigene Vorurteile einfügen)
… verpfuschen sie ihr wertvolles Leben.

Diese Gedankengänge führen uns schon auf den Pfad des ersten Feindes
nach Castaneda – der Furcht. Wenn wir bedenken, dass niemand von uns vollkommen
ist, ist es natürlich, dass wir Fehler machen und Schwächen zeigen.
Aber warum verbergen wir Schwächen – aus Furcht? Sehen wir uns an, was
Castaneda über diesen Feind zu sagen hat.

Castaneda: Furcht als Feind des Menschen

Eine bestimmte Ausprägung der Furcht – vor dem Unbekannten, dem Neuen,
der Dunkelheit, vor Intimität oder dem Versagen etc. – hat jeder von uns
schon einmal erlebt. Unsere Sicht der Welt muss wahr sein – schließlich
konnten wir damit bisher erfolgreich überleben. Die Weltsicht ist für
viele gleichbedeutend mit ihrer Ich-Identifikation – wir sind, was wir denken.

Eine In-Frage-Stellung von Weltbildern – und damit der eigenen Ich-Identifikation
– hat seit alters her dazu geführt, dass Fremde gelyncht, Hexen verbrannt und
Juden vergast wurden. Wir müssen „Recht haben“ – denn „Unrecht
haben“ würde bedeuten ein „falsches Bild der Welt“ zu leben
– ein Versager zu sein.

Die Furcht schleicht sich oft unmerklich ein, ohne sofort als Furcht erkennbar
zu sein. Insgeheim kennt jeder die leise Stimme im Hintergrund unseres Verstandes,
die unsere geheimen Ängste ausspricht.

Typische Formulierungen sind:

  • Das kann ich nicht …
  • Das ist zu schwer …
  • Warum muss das gerade mir passieren …
  • Warum trifft es ausgerechnet mich …
  • Ich mach sicher alles falsch … usw.

Jeder Entwicklungsweg erfordert, dass ich mich selbst und mein bisheriges Modell
der Welt infrage stelle, dass ich neue erfolgreiche Verhaltensweisen für
neue Problemstellungen erlerne. Verhaltensweisen, die in meinem
Modell der Welt nicht üblich sind – oder solche, die ich noch gar nicht kenne.
Gewöhnlich versuchen wir erst einmal altbekannte Problemlösungen anzuwenden
– erst wenn wir erkennen, dass keine davon funktioniert, sind wir evtl.
bereit, etwas ganz Neues zu wagen.

Doch wieweit wollen wir uns in unbekanntes Gebiet wagen? Wer zu ungewöhnliche
Ideen und Gedanken entwickelt – d. h. das bislang Gewohnte ernsthaft in Frage
stellt – wird schnell zum verschrobenen Außenseiter. Wie uns die Geschichte
lehrt, sind die unbequemsten Menschen einer Epoche immer diejenigen gewesen,
die etwas revolutionär Neues entdeckt hatten. Hier wittern wir schon die
Gefahr, dass uns unser soziales Umfeld nicht mehr akzeptieren könnte
und wir – wie einst Kopernikus – zu Ausgestoßenen werden, die allein und
unverstanden angefeindet werden.

Da die meisten Menschen konservativ sind, will keiner, dass die altbekannten
Werte und Glaubensvorstellungen verworfen werden. Dies führt zu Unverständnis,
Abwehr und Widerständen – und im „worst case“ – sogar zu gewalttätigen
Auseinandersetzungen. Grund genug also, sich vor dem Neuen zu fürchten. Die Möglichkeit, dass ich nicht mehr akzeptiert werde, lässt mich befürchten,
dass ich den Boden unter den Füßen verliere.

Wie kann ich die Furcht besiegen?

Viele Menschen gehen mit ihren eigenen Ängsten so um, dass sie versuchen, alle Situationen zu vermeiden, in denen Furcht, Angst oder auch nur Unsicherheit entstehen könnte. Sicher erlebt man durch diese "Vermeidungsstrategie" (oder sollte ich sagen "Davonlaufen") kaum bis keine Furcht mehr. Man kann sich zwar vormachen, die "Furcht besiegt zu haben" – zumindest solange man schnell genug läuft.

Da das Leben jedoch nicht 100%ig kontrolliert werden kann, ist es nur eine Frage der Zeit, bis man in eine Situation gerät, die man nicht unter Kontrolle hat und sich wieder fürchtet. Und wer ehrlich zu sich selbst ist, mag sich so vielleicht eingestehen können, dass er nichts gelernt hat.

Andere versuchen ihre Furcht aktiv zu besiegen – z. B. durch neue Erfahrungen, mehr Fähigkeiten, Entwicklung ihrer Stärken etc. – um so gegen die Furcht immun zu werden. Dabei wird vergessen, dass Furcht (in welcher Form oder Intensität auch immer) zu den menschlichen Grundgefühlen zählt.

Sie steht damit auf einer Stufe mit anderen Grundgefühlen wie Freude, Aggression oder Intension und hat einen festen Platz in unserer Psyche. Wenn man "besiegen" hier als "ausmerzen" oder "abtöten" versteht, hieße das, einen Teil seiner eigenen Psyche zu unterdrücken – oder gar "ausmerzen" zu wollen, was natürlich ebenfalls nicht funktionieren kann.

Wenn an der Furcht etwas "besiegt" werden muss, dann ist es die eigene Unfähigkeit zu tun, was man will, d. h. durch die Frucht fremdbestimmt zu sein. Oder anders – ob Furcht positiv oder negativ wirkt, ist vom Kontext abhängig.

So ist es sinnvoll, mich vor einem Raubtier zu fürchten und zu rennen, bevor es mich fressen kann. Wenn ich jedoch einen Vortrag vor vielen Menschen halten will und vor Furcht den Mund nicht aufbekomme, wirkt sie destruktiv, da ich meinen Willen nicht erfülle.

In diesem Fall will ich nicht die "Frucht" besiegen, sondern meine eigene Unfähigkeit so zu handeln, wie ich es will. Als alter Kampfsportler kann ich sagen, dass ich mich in all den Jahren immer noch Situationen ausgesetzt sehe, in denen ich mich fürchte. Was ich jedoch gelernt habe, ist, dass ich – trotz meiner Furcht – mich so verhalten kann, wie ich will. Ich kann mich trotz Furcht wehren, meine Meinung sagen, einen Fehler zugeben – da mich die Furcht nicht mehr fremdbestimmt oder beherrscht. Was man am Ende besiegt hat, ist die eigene Unfähigkeit sich zu verhalten, wie man es richtig, wünschenswert oder angemessen findet. Wer dies gelernt hat, hat der Furcht den Zahn gezogen – die Furcht als "Feind" besiegt.

Castaneda: (Schein-) Wissen als Feind des Menschen

Die erste Frage, die bei einer derartigen Überschrift aufkommt, ist sicherlich,
wie Wissen „Schein“ sein kann. Wir sind doch in einer Zeit aufgewachsen,
in der die empirischen Wissenschaften längst ihren kometengleichen Aufstieg
erfahren haben. Wir vertrauen unser Leben der Schulmedizin an, wir nutzen Hightech,
fahren Auto und fliegen bis zum Mars.

Castaneda nennt den zweiten Feind lediglich „Wissen“, was aber oft
missverstanden wird. Hier ist nicht empirisches Erfahrungswissen
gemeint, sondern eher die Weigerung die persönlichen Vorurteile zu überprüfen.
Der deutsche Philosoph Martin Heidegger könnte Castaneda mit folgenden
Worten paraphrasieren:

Das faktische Dasein lebt gewöhnlich verfallen in das MAN.
Das MAN ist die anonyme Öffentlichkeit – das worüber irgend jeMANd
in Zeitungen, Fernsehen und Rundfunk redet – der JederMANn der überall
und nirgends zu finden ist. Verfallen ist das Dasein, weil es ihm in der öffentlichen
Meinungsschlacht nicht mehr um sich selbst geht, sondern um „die Anderen“.
Das Dasein verliert seine Eigentlichkeit, in dem es sich im rastlosen Besorgen
in der Welt verliert. Sich selbst hat das Dasein auch verloren, weil es im Besorgen
dem Gerede, der Neugier und Zweideutigkeit verfallen ist.

Dem öffentlichen Gerede geht es nicht darum ein Thema zu durchdenken,
sondern um die Rede selbst. MAN redet, um zu reden. MAN redet über Schröder,
den amerikanischen Präsidenten und seine Untaten im Irak, die Problematik
des sudanesischen Völkermords etc. – einzig sich selbst – das eigene Dasein,
das Persönliche und eigentlich Wichtige klammert man aus.

Die Neugier sorgt dafür, dass immer neue – „interessante“
und „wichtige“ – Themen auf den Tisch kommen. Die Neugier ist rastlos
und sucht immer wieder Neues, das zum Gesprächsstoff gemacht werden
kann. Die Neugier spornt zum Wettstreit an, immer ungewöhnlichere und abgefahrenere
Themen ins Gerede zu bringen. Sie ist der Lieferant für den Gesprächsstoff,
der im Gerede nicht ausgehen darf – denn das Thema muss weitergehen. Der
Neugier geht die Fähigkeit eines besinnlichen Verweilens ab – sie sucht
auch nicht nach der Tiefe der Gedanken, sondern bleibt immer an der Oberfläche.
Sie produziert Meinungen, denn Jedermann hat eine Meinung zu Allem.

Die Zweideutigkeit rundet diesen Kreislauf ab, in dem die Themen offen gehalten
werden. MAN kann diese oder jene Meinung vertreten, MAN bezieht seine Standpunkte
„flexibel“, so dass MAN sie im Zweifelsfall anpassen oder ändern
kann. MAN lässt jedem das „Seine“ – denn Alles ist relativ.
Meinungsfreiheit wird zum Deckmantel für die Unfähigkeit etwas wirklich
Wichtiges zu sagen. Standpunkte werden nicht wohlüberlegt durchdacht, sondern
lediglich kommuniziert. Die Kommunikation ist wichtiger als der Inhalt des Gesprächs.

Da jeder eine Meinung hat – zu allem etwas sagen kann – entsteht leicht
der Eindruck, dass alle wissen, wovon sie reden. Es ist unhöflich die
Meinung eines anderen anzuzweifeln – MAN will ja nicht intolerant sein. Neben
der Eigentlichkeit des Daseins geht auch das Fragwürdige verloren. Da man
glaubt alles zu wissen und zu jedem Thema Auskunft erteilen zu können,
vergisst man das In-Frage-stellen der eigenen Ansichten. MAN bedenkt eine
Frage nicht mehr, sondern antwortet aus dem Bauch heraus. Es gibt einen dafür
treffenden Spruch von einem bekannten amerikanischen Psychologen, der einmal
sagte:

People don’t listen – they reload! (Menschen hören nicht
zu – sie laden nach!)

Da man alles zu wissen glaubt, gibt es auch keinen Grund zuzuhören. Man
überlegt schon während der Rede des Gegenübers, was
man erwidern kann.

Dieses Scheinwissen ist der zweite Feind jeglicher Entwicklung des Menschen.
Wer keine Fragen mehr an die Welt hat, wird auch nicht mehr nach neuen Antworten
suchen. Man verweilt in der Illusion, alles Wichtige zu kennen. Das möglicherweise
„Fragwürdige“ im Leben wird verschleiert, durch Scheinwahrheiten
verstellt oder gar nicht mehr wahrgenommen. Wenn Sie selbst keine Fragen mehr
an das eigene Leben oder den „Sinn im Leben“ haben, können Sie
davon ausgehen, dass Sie dem zweiten Feind unterlegen sind.

Die Möglichkeit aus diesem Teufelskreis wieder herauszukommen, besteht
darin, bewusst wieder nach dem Fragwürdigem – d. h. nach dem, was einer
ernsthaften Frage würdig ist – zu suchen. Geben Sie sich nicht mit der
Oberfläche zufrieden, sondern lernen Sie, wieder Fragen zu stellen. "Fragen
stellen" zeugt nicht von Dummheit. Die größten Geister dieses Planeten
haben die klügsten Ideen dadurch erhalten, dass sie scheinbare Selbstverständlichkeiten
neu hinterfragt haben. Hätte Newton geglaubt, dass Äpfel lediglich
deshalb vom Baum fallen, weil die Erde sie liebt (eine beliebte Ansicht aus
dem Mittelalter), hätte er sich niemals Gedanken um die Schwerkraft gemacht.

Lebendiges Wissen lebt von neuen Fragestellungen und neu entdeckten Ungewissheiten,
die den Horizont des Wissens erweitern können. Nur Scheinwissen wiegt sich
in der Sicherheit der eigenen Blindheit. Doch wer den Mut hat seine eigenen
Überzeugungen infrage zu stellen, der bemerkt sehr schnell, dass
Wissen immer erweitert werden kann. Wenn Sie sich dessen bewusst sind,
haben Sie das Werkzeug an der Hand, den zweiten Feind zu besiegen.

Castaneda: Macht als Feind des Menschen

Die Macht wird von Castaneda als der gefährlichste Feind bezeichnet. Durch
jeden Lernprozess, durch jede Erfahrung auf dem Weg gewinnen Sie an Macht. Macht
bedeutet verändern, beherrschen, steuern und manipulieren zu können. Sie können
um so mehr manipulieren, je mehr Sie die Zusammenhänge erkennen, die die Suche
nach Wissen Ihnen liefert. Das Wissen liefert Ihnen das Werkzeug, mit dem Sie
die Welt gestalten können. Sie verschaffen sich Ansehen, bekommen für
Ihre klugen Kommentare Lob und Ehrungen, dürfen Menschen führen – Ihr Einflussbereich wächst mit Ihrem Wissen.

Doch worum geht es der Macht? Es geht ihr einzig um sich selbst. Macht ist
dazu da, Macht zu erhalten oder auszubauen. Man kann ein mächtiger Politiker
sein, ein einflussreicher Abteilungsleiter und einfach ein nerviger Hausdrache.
Macht sucht immer nach Manipulationsmöglichkeiten andere im eigenen Sinne
agieren zu lassen – die Fäden in der Hand zu behalten. Der Wille der Mitmenschen
ist dabei zweitrangig – da man selbst „Recht hat“ und es ohnehin besser
weiß. Daher kann man selbst am besten die wichtigen Entscheidungen fällen. Gegenmeinungen
sind störend, werden ignoriert oder tot argumentiert.

Wer der Macht verfallen ist, wird eifersüchtig darauf achten seinen Einflussbereich
– wie winzig dieser auch sein mag – zu behalten und nötigenfalls auch mit
Zähnen und Klauen zu verteidigen. Recht haben wird zur Machtfrage: Wer
hat hier wem etwas zu sagen?

Macht sucht nach Kontrolle, denn man will seinen Einflussbereich nicht
verlieren. Gewöhnlich wird der Einflussbereich über die Androhung
von Sanktionen aufrechterhalten. Der Mitarbeiter wird entlassen, wenn er sich nicht
normgerecht verhält. Das Kind bekommt Taschengeldentzug, wenn es nicht die
erwarteten guten Noten nach Hause bringt. Man „straft“ den Ehemann
mit Liebesentzug oder droht mit schlechten Gefühlen: „Wenn du mir dies antust,
wirst du mich unendlich traurig (wütend, ängstlich, böse etc.) machen.

Castaneda Vier Feinde des Menschen Kriegers Je mehr man sich an das „Bestimmen-dürfen“
klammert, desto mehr verfällt man dem eigenen Machtstreben. Man jagt immer
mehr eigennützigen Zwecken hinterher und vergisst vollkommen, dass
die anderen Menschen ebenso wichtige Ansprüche haben. Man sieht eifersüchtig
auf mögliche Konkurrenten und versucht schon im Vorfeld die oberen Positionen
auf der Hühnerleiter zu verteidigen. Das Spiel um den eigenen Status wird
zum Selbstzweck.

Nach diesen Überlegungen ist der entscheidende Faktor, durch den die Macht Sie behindert, erkennbar. Sie wissen genug, um Ihre Welt nach eignen Wünschen zu beeinflussen. Sie schaffen sich Ihre eigene kleine Welt und gehen deshalb nur noch im Kreis.

Kurz vor dem Ziel sind Sie stehen geblieben. Es gibt für Sie keine Möglichkeit mehr, weiter zu gehen, denn das Spiel um die Macht frisst alle Ressourcen auf. Erst, wenn Sie aufhören können, zwanghaft zu manipulieren und Sie die Dinge so sein zu lassen, wie sie sind, können Sie loslassen und weitergehen.

Ihr Erfolg beim Kampf gegen die Macht hängt davon ab, wie aufrichtig Ihr Wille ist, die Wahrheit zu erfahren. Wenn Sie lernen, dass andere Menschen nicht nur Schachfiguren in Ihrem Leben sind, die man nach Belieben hin und herschieben kann, werden sie deren einmaligen Wert erkennen.

Die anderen sind mehr als Statisten im eigenen Film! Sie sind ebenso wertvoll und anerkennungswürdig, wie Sie Selbst. Der Wille der anderen ist keinen Deut weniger Wert als Ihr eigener.

Wer dies verstanden hat und bereit ist andere Menschen als gleichwertige Partner zu akzeptieren, kann ein Miteinander entdecken. Ein Miteinander, wo vorher nur ein Gegeneinander herrschte.

Jede Form von langfristiger Kooperation beruht darauf, dass sich Menschen aus eigenem Willen einer Sache verschreiben. Nur so werden Sie aktiv handeln bzw. aus sich heraus das Beste tun, dass ein Ziel erreicht wird. Druck erzeugt nur Gegendruck – das mag zwar kurzfristig funktionieren, aber langfristig will jeder seinen "Unterdrücker" los werden – entmachten.

Insofern meint "Macht besiegen" die Illusion aufzugeben, dass Druck, Sanktionen, Zwang oder Gewalt etwas Positives bewirken können. Echte Begeisterung an einem Ziel, Freude an der Zusammenarbeit oder die "Liebe eines Partners" sind hingegen Antriebskräfte, die nicht nur Berge versetzen können, sondern Sie selbst auch zum "Freund" und nicht zum "Feind" machen.

Castaneda: Alter als Feind des Menschen

Das Alter ist – nach Castaneda – der einzige Feind, den Sie nicht besiegen können. Egal wie
lange Sie leben mögen, am Ende stehen der Tod und dessen Bruder das Alter.
Das Alter erwartet jeden von uns, nur sehen die meisten Menschen nur die nächstliegende
Zukunft. Wer plant schon über Jahre hinaus, oder fragt sich gar ernsthaft,
was er als Pensionär oder Greis vom Leben erwartet. Das Alter zu verdrängen,
ist hierbei der größte Fehler, den man machen kann. Wer nicht gelernt
hat bis zum Ende zu blicken, hat immer nur die nächste Wegkreuzung im Auge.

Das Alter ist unbequem, denn es erinnert uns an die eigene Vergänglichkeit.
Warum nicht das Leben genießen, solange man es noch aus vollen Zügen
erleben kann?

Heidegger sieht im „Vorlaufen zum Tode“ einen möglichen Weg,
aus der Verfallenheit an das MAN zurück in die Eigentlichkeit des Daseins
zu kommen. Verständlicher mag dies werden, wenn man bedenkt, dass
viele Menschen sich erst im Angesicht des Todes fragen, welchen Sinn ihr Leben
gehabt hat – oder "hätte haben sollen". Es gibt viele bekannte Geschichten über
Menschen, die erst durch eine tödliche Krankheit zu sich selbst zurückfinden und sich fragen, was sie selbst vom Leben wollen.

Das „Vorlaufen zum Tod“ kann zu einem Reflexionspunkt werden, an
dem man das eigene Leben und Wollen messen kann. Es kommen Fragen auf, an die
man vorher nie gedacht hatte. Lebt man wirklich das Leben, das man sich immer
gewünscht hat, oder vegetiert man in faulen Kompromissen? Leben Sie Ihr
Leben so, dass Sie morgen mit Freude sagen können – "So will ich es!“
– oder finden Sie Ausreden dafür, dass Sie nicht DER sind, der Sie
gerne sein wollen – nicht das tun, was Sie wirklich gerne tun würden.

Was würden Sie tun, wenn Sie erst im Sterbebett entdecken, dass Ihr
Leben keinen Sinn hatte? Viele dieser Fragen können aufkommen, wenn man
den Mut hat, bis ans Ende zu denken. Wer bei diesem Gedanken verweilen kann –
sich dessen Endgültigkeit bewusst wird – hat die einmalige Chance
sich dessen, was er wirklich will, bewusst zu werden.

Jeder Mensch ist einmalig und kann ein erfülltes und glückliches
Leben führen. Doch den Sinn im Leben bekommt man nicht geschenkt – man
muss ihn selbst erfinden. Und wenn man seinem Leben einen Sinn gegeben hat, mag einem auch das Alter nicht am "Glücklich-sein" hindern. Denn Ihren eigenen "Sinn des Lebens" vermag Ihnen niemand zu nehmen – auch das Alter oder der Tod nicht!

Es könnte sein, dass diese Gedanken
Ihr Leben verändern. Sie müssen nur den Mut aufbringen sich den vier
Feinden zu stellen. Tun Sie es nicht, haben Sie schon verloren. Doch wenn Sie
anfangen zu kämpfen, haben Sie eine echte Chance Ihr Leben zu gestalten.
Die Wahl liegt bei Ihnen – nutzen Sie sie – Sie haben nichts zu verlieren.

Übersicht über Castanedas "Feinde des Menschen /Kriegers"

Der 1. Feind
Furcht
Der 2. Feind
Wissen
Der 3. Feind
Macht
Der 4. Feind
Alter
Der Feind taucht auf, weil Sie … · Ihr Modell der Welt infrage stellen
· Neue Verhaltensgewohnheiten lernen wollen
· Furcht überwinden
· Glauben oder Vorurteile bekämpfen
· Andere einschätzen/ Reaktionen vorhersagen können
· Andere manipulieren können
· Älter werden, egal was Sie tun
· Begrenzt Zeit haben
Wirkung Lähmende Angst, Langeweile, Trägheit, u. ä. Illusion, die wichtigen Schritte schon gemacht zu haben Sie schaffen Ihre Welt, in der Menschen und Dinge nach Ihren Vorstellungen funktionieren sollen Schwächung, alles wird langsamer bis zum Tod
Folgen Passives Verharren Überheblichkeit Überall Bestätigung, Statuskampf, keine Lernmöglichkeiten Verlust der Lebenskraft, Degeneration
Was tun? Handeln Sie! Stellen Sie Ihr Wissen immer neu infrage! Versuchen Sie Ihren Wahren Willen zu entdecken! Carpe Diem et memento mori!
(Nutze den Tag und gedenke des Todes!)

Tony Sperber