Streitgespräch führen: Umgang mit harter Kritik

Jeder kennt Situationen, in denen man unvorbereitet in ein Streitgespräch gerät und dabei noch (hart) kritisiert wird. Die wenigsten Menschen haben gelernt, ihre Kritik so zu formulieren, dass sie eine andere Person nicht verletzt. Hier finden Sie Tipps, wie man mit harter oder unsachlicher Kritik umgehen kann.

Umgang mit harter Kritik

Ein Streitgespräch muss nicht zwangsläufig in einem länger währenden Konflikt enden, wenn man den Umgang mit Kritik beherrscht.

Streitgespräch führen Umgang mit Kritik

Vor allem im Berufsleben ist ein kompetenter Umgang mit harter Kritik wichtig. Dadurch können Sie berufliche Chancen verbessern und Ihre Selbstsicherheit und Zufriedenheit wahren. Wer bei einem Streitgespräch den Überblick behält und sich nicht von seinen negativen Emotionen bestimmen lässt, hat gute Chancen, die Situation – für beide Seiten – in eine konstruktive Richtung zu lenken.

Im Folgenden erfahren Sie 7 Strategien, die sich bei Streitgesprächen bewährt haben, mit welchen Sie den Streit schlichten bzw. konstruktiv mit harter Kritik umgehen können.

Es ist bei den folgenden Tipps zum Umgang mit Kritik hilfreich, sich eine bereits erlebte Konfliktsituation vorzustellen. Nehmen Sie diese als Beispiel für ein Streitgespräch und versuchen Sie sich vorzustellen, wie Sie die hier beschriebenen Tipps anwenden können.

Streitgespräch: 7 Tipps zum Umgang mit Kritik

1. Hören Sie dem anderen zu und lassen Sie ihn aussprechen!

Das ist völlig unabhängig davon, ob die Kritik berechtigt oder unberechtigt, unangenehm oder verletzend daherkommt. Vermeiden Sie es unbedingt sich zu rechtfertigen, Ihren Chef zu unterbrechen oder gar zurück zubrüllen. Seien Sie stark und stehen Sie seinen Ausbruch durch.

Oft werden Menschen laut, wenn sie denken, dass der andere nicht zuhören oder die Kritik nicht verstehen will. Hören Sie daher zu, lassen Sie den anderen aussprechen. Das funktioniert sogar bei cholerisch veranlagten Menschen sehr gut, denn es gibt ihnen das Gefühl, dass sie ernst genommen werden. Dies wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit enorm, dass sie sich im weiteren Verlauf deutlich zugänglicher verhalten.

2. Kritik verstehen und den Kritiker ernst nehmen

Wer Kritik ernst nimmt, versucht sie zu verstehen. Dieses Interesse am „Verstehen-wollen“ kann man sehr gut durch Nachfragen zeigen – z. B. wenn man etwas nicht richtig verstanden hat oder sich vergewissern will, alles richtig verstanden zu haben.

Streitgespräch führen Umgang mit Kritik ernst nehmen

Eine hervorragende Technik hierfür ist das Paraphrasieren. Dadurch zeigen Sie dem Gegenüber, dass seine Kritik ankommt und ernst genommen wird, was das Streitgespräch ebenfalls oft entscheidend entschärfen kann.

Vermeiden Sie humorvolle oder flapsige Antworten, wenn Sie Ihr Gegenüber nicht gut kennen. Humor kann zwar ebenfalls eine angespannte Atmosphäre entschärfen, aber nur, wenn man den Humor des anderen trifft – man muss ihn dazu sehr gut kennen. Außerdem sollte man ironische oder sarkastische Bemerkungen vermeiden – sie schaukeln einen Konflikt nur unnötig hoch, ohne irgendetwas Konstruktives zur Lösung des Problems beizutragen.

3. Umgang mit Kritik: Kritik konkretisieren – Fakten klären

Menschen, die emotional reagieren, äußern ihre Kritik oft in sehr allgemeinen Aussagen. Hier hilft es oft, durch Nachfragen den Kritikpunkt zu konkretisieren bzw. zu klären, welches konkrete Verhalten genau beanstandet wird.

So kann aus einer allgemeinen Aussage wie „Sie sind ein unfreundlicher Mensch!“ auf Nachfrage ein konkretes Verhalten herausgefunden werden – z. B. „Sie haben heute Morgen den Kunden zu lange warten lassen und zu langsam auf seine Fragen reagiert!“

Auf konkrete, verständliche Aussagen kann man sachlich reagieren. Allgemeine oder generalisierte Kritik entzieht sich der Diskussion, da der tatsächliche Gegenstand der Kritik nicht klar herauskommt, d. h., der Kritisierte kann hier nur halluzinieren, was mit der Aussage gemeint sein könnte.

Einerseits kann das Nachfragen die Härte der Kritik dämpfen, da der Kritiker sich ernst genommen fühlt. Andererseits erhalten Sie erst durch das Nachfragen die konkrete Information, welche Situation / Verhalten überhaupt zur Debatte steht. Erst diese Kenntnis erlaubt es Ihnen im Weiteren, auf die Kritik sachlich gezielt einzugehen.

4. Umgang mit Kritik: Gefühle sachlich äußern / zurückweisen

Das ist in Situationen nötig, wo über längere Zeit unsachlich agiert wird bzw. persönliche Angriffe erfolgen. Bei persönlichen Angriffen kann man beispielsweise so reagieren, dass man den „verletzenden Teil der Rede anspricht“ und darum bittet, zur Sache (oder Gegenstand der Kritik) zurückzukehren.

Umgang mit Kritik Sachlichkeit

Beispiel: „Ich fand Ihre Äußerung XY gerade verletzend / als persönlichen Angriff. Es fiele mir leichter mit Ihrer Kritik konstruktiv umzugehen, wenn Sie mir die Sachlage / die Fakten / Ihrer Kritik beschreiben würden.“

Manche Kritiker lenken dann ein und sind fähig, wieder auf den Sachaspekt der Kritik zu schwenken.

Es gibt aber auch Kritiker, die es – z. B. bei Untergebenen – auf eine Provokation anlegen und emotionalen Druck aufzubauen wollen.

Aber auch hier hilft es nur knallhart sachlich zu bleiben, bzw. evtl. auch anzumerken, wenn Grenzen (z. B. zum Privatleben) überschritten wurden.

Beispiel für eine Zurückweisung der Kritik: „Ich bin in dieser Firma, um gute Arbeit zu leisten. Was mein Privatleben betrifft, es steht hier nicht zur Debatte. Falls Sie Vorschläge zur Verbesserung meiner Arbeit haben, höre ich gerne zu. Persönliche, beleidigende Angriffe auf meine private, religiöse, familiäre … Situation haben jedoch nichts mit meinem Arbeitsverhältnis mit Ihnen zu tun und sind daher kein Gegenstand dieser Diskussion.

In diesem Beispiel kann man persönliche Angriffe sehr leicht ins Leere laufen lassen. Selbst ein Vorgesetzter hat eben nur in einem vertraglich vereinbarten Rahmen das Recht, die Handlungen, Einstellungen … eines Untergebenen zu beurteilen.

5. Umgang mit Kritik: Augenkontakt und lockere Körperhaltung

Es ist völlig normal, dass jemand, der kritisiert wird, auf den Boden sieht. Gleichzeitig werden die Schultern nach oben gezogen und ein Buckel gemacht (eine natürliche Schutzreaktion des Körpers). Unterbrechen Sie diese automatische Reaktion des Körpers.

Sehen Sie Ihrem Chef in die Augen, unabhängig davon, ob er Sie ansieht oder nicht. Lassen Sie Ihre Schultern locker nach unten sinken und halten Sie Ihren Rücken gerade. Atmen Sie tief durch. Durch eine lockere Körperhaltung signalisieren Sie Präsenz, Interesse nach außen und fühlen sich selbst auch wesentlich besser.

6. Höflichkeit, Freundlichkeit und Sachlichkeit sind Ihre Trümpfe

Normalerweise erzeugt Brüllen ebenfalls Brüllen, Beleidigungen ebenfalls Beleidigungen. Tun Sie genau das Gegenteil von dem, was z. B. Ihr Chef tut. Wenn er laut herumbrüllt, sprechen Sie in normaler Lautstärke.

Umgang mit Kritik Höflich sachlich

Wenn er Sie beschimpft oder unfreundlich wird, verhalten Sie sich bewusst höflich oder freundlich. Tun Sie das Unerwartete, Überraschende in kritischen Situationen.

Das zeigt nicht nur Charakterstärke, sondern nimmt dem Kritiker auch den Wind aus den Segeln. Außerdem wird durch diesen Gegensatz manchen beleidigenden Kritikern ihr Verhalten erst bewusst. Hält man dies konsequent durch, kommt es immer wieder dazu, dass sich der Kritiker später für seine unangemessene Art Kritik zu äußern entschuldigt.

7. Seien Sie selbstbewusst: Wählen Sie den richtigen Zeitpunkt!

Keiner muss sich von seinem Chef alles gefallen lassen. Und manches Mal funktionieren auch diese Tipps nicht, persönliche Angriffe zu unterbrechen. Machen Sie jedoch nicht den gleichen Fehler wie Ihr Chef, ihn vor seinen Mitarbeitern zu attackieren, selbst wenn er im Unrecht ist!

Suchen Sie ein persönliches Gespräch unter vier Augen: Vereinbaren Sie mit Ihrem Chef einen Termin unter vier Augen. Besprechen Sie Ihr Anliegen nie zwischen Tür oder Angel.

An diesem Termin können Sie ihm das sagen, was Sie an seiner Kritik stört. Allerdings auch hier wieder im freundlichen und sachlichen Ton. Ein Beispiel:

„Mit Ihrer Kritik, dass wir mit meinem schlecht vorbereiteten Gespräch einen wichtigen Kunden verloren haben, gebe ich Ihnen recht. Das tut mir sehr leid und das wird auch nicht wieder vorkommen. Doch dass Sie mich in der Mitarbeiterbesprechung, vor allen Kollegen angebrüllt haben, finde ich nicht in Ordnung. Das hat mich sehr geärgert … Ich finde Ihre Kritik sehr wichtig, doch wenn Sie Kritik an meinem Verhalten haben, lassen Sie uns das in Zukunft bitte unter vier Augen klären …“

Mit solch einer Reaktion zeigen Sie dem Kritiker, dass Sie seine Kritik ernst nehmen und verstehen. Dennoch zeigen Sie ihm eine Grenze auf, die Ihnen sehr wichtig im Umgang mit anderen Menschen ist.

Viel Erfolg im Umgang mit harter Kritik!

Cassandra B.