Regeln für eine konstruktive Diskussion

Für einen Diskussionsleiter ist es hilfreich, für sich selbst und die Teilnehmer Regeln zu formulieren, die eine konstruktive Diskussion fördern. Solche Regel sollen allen Beteiligten einen Rahmen geben, indem sie Kontroversen sachlich und verständigungsorientiert führen können. Im Folgenden wollen wir Ihnen einige Regeln vorstellen, die Sie zur Leitung einer Diskussion nutzen können.

Wozu sind Regeln für eine Diskussion wichtig?

Wenn wir mit Menschen zu tun haben, können wir – speziell bei kontroversen Themen und unterschiedlichen Meinungen – nicht immer von einer idealen Kommunikationssituation ausgehen. Eine rein rationale und verständigungsorientierte Kommunikation zwischen Menschen ist eher die Ausnahme als die Regel.

Es gibt viele Gründe, warum eine Diskussion aus dem Ruder laufen kann. Ob und wie weit eine Gruppe von Menschen sachlich miteinander diskutiert, hängt von den sozialen Kompetenzen der Teilnehmer ab. Wären wir alle zu einer konstruktiven Streitkultur fähig, bräuchte man keinen Diskussionsleiter.

Regeln für eine konstruktive Diskussion

Damit ist eine der wichtigsten Aufgaben des Diskussionsleiters, einen Rahmen zu schaffen, indem die Teilnehmer ihre Interessen vertreten und gemeinsam Lösungen anstreben / finden können. Regeln sind also kein Selbstzweck, sondern „nur“ die notwendigen Bausteine so einen Rahmen zu gestalten.

Wenn wir Regeln in einer Diskussionsgruppe einführen, sollte deren primärer Zweck sein, kommunikative Schwächen zu beheben. Die Regeln wie beispielsweise „jemanden ausreden zu lassen“ braucht es nur, wenn diese Verhaltensweise nicht selbstverständlich ist.

Insofern wird ein guter Diskussionsleiter nur Regeln festlegen, die wirklich gebraucht werden. Denn unnötige oder zu strikte Regel werden schnell zu einem Korsett, das die Teilnehmer mehr hindert, als fördert. Natürlich ist ein bestimmtes „Standard-Set“ an Regeln (siehe unten) – wenn man eine Gruppe noch nicht kennt – ein guter Anfang.

Aber man sollte im Nachhinein eine Kommunikationssituation auch analysieren – sich fragen, was gut oder schlecht gelaufen ist und mit diesen Erfahrungen die Situation neu bewerten. Waren die Regeln angemessen, muss man sie umformulieren oder andere hinzufügen? Mit dieser Art der Reflexion wird ihre Fähigkeit Diskussionen erfolgreich zu leiten wachsen.

Regeln für den Diskussionsleiter

Sinnvolle Regeln sind nicht nur für Teilnehmer wichtig, sondern auch für Sie als Diskussionsleiter. Denn Sie schlüpfen in eine Rolle, die selbst bestimmten Vorgaben unterworfen ist, wenn sie glaubwürdig sein soll. Im Folgenden wollen wir ein paar Beispiele besprechen, wie Sie ihre Rolle definieren können.

Professionelle Vorbereitung der Diskussionsführung

Die wichtigste Arbeit eines Diskussionsleiters ist eine gute Vorbereitung auf eine Diskussion. Da dieser Punkt etwas umfangreicher ist, haben wir dem Thema einen extra Artikel – Leitfaden zur professionellen Diskussionsleitung & Moderation – gewidmet, bei denen Sie alles Wichtige nachlesen können. Die nachfolgenden Regeln beziehen sich auf Ihr Verhalten, die für Sie als Leiter in einer laufenden Diskussion wichtig sind.

Neutralität – keine Partei ergreifen

Als Diskussionsleiter müssen Sie als neutrale Instanz fungieren, die diplomatisch zwischen den Parteien vermittelt kann und nach Synergien sucht. Dies kann nur gelingen, wenn Sie selbst sachlich und neutral bleiben. Sobald Sie für eine Seite Partei ergreifen, werden Sie für die Anderen automatisch zum Gegner.

Diskussionsregeln für Diskussionsleiter

Vorgehensweise konsentieren

Zur Vorbereitung gehört das Thema vorab zu strukturieren und so eine Vorgehensweise plus Zielvorschlag anbieten zu können. Damit die Teilnehmer diesem Vorschlag folgen, ist ihr Einverständnis nötig. Erst wenn Sie von Ihnen ein Go bekommen, kann eine Diskussion beginnen. Sobald noch Bedenken, Fehler, Missverständnisse oder Zweifel im Raum stehen, fehlt die Basis für den Austausch.

Aktiv Moderieren

Der Moderator steuert eine Diskussion aktiv, indem er einzelnen Teilnehmern ein Rederecht erteilt oder entzieht. Im Idealfall entsteht dabei ein „roter Faden“ an dem sich alle Beteiligten orientieren. Damit dies geschehen kann, müssen die Beiträge verständlich sein, was man durch ein Zusammenfassen und Paraphrasieren der Inhalte regelmäßig überprüft.

Leiten als Vorbild

Um in dieser Rolle anerkannt zu werden, müssen Sie Vorbild sein und in kritischen Situationen ihre Kommunikationskompetenz beweisen. Ihre Stärken müssen im Zweifelsfall die Schwächen der Teilnehmer ausgleichen. Insofern ist es wichtig, dass Sie sich auch mit Kommunikationsproblemen und deren Lösungen befassen. Je vorbildlicher und verständigungsorientierter Sie sich verhalten, desto mehr werden auch andere Teilnehmer bereit sein, diesem guten Beispiel zu folgen – und umgekehrt.

Gerät eine Diskussion außer Kontrolle, sollten Sie Strategien parat haben, um Konflikte zu deeskalieren. Daher ist es für professionelle Diskussionsleiter wichtig, verschiedene Formen pervertierter Kommunikation zu kennen und Lösungsmöglichkeiten anbieten zu können.

Komplexität managen

Bei komplexeren Themen ist es wichtig, Zwischenergebnisse, Argumente und Ideen für alle sichtbar festzuhalten. Je komplexer ein Thema wird, desto schwieriger wird es auch für die Teilnehmer sich alle Beiträge zu merken bzw. einen Überblick über den Stand als Ganzes im Auge zu behalten.

Werden Argumente für alle sichtbar festgehalten, können spätere Beiträge anderer Teilnehmer darauf Bezug nehmen. Außerdem kann man solche Zwischenergebnisse auch als Vorlage für den Abschlussbericht nutzen, der das Ergebnis möglichst vollständig wiedergeben soll.

Bei unerfahrenen Gruppen bietet es sich an, der Gruppe vor Diskussionsbeginn Ihre Rolle und Aufgaben als Diskussionsleiter vorzustellen. Hierzu können Sie diese Stichpunkte als Vorlage nutzen, sie zusammenfassen und damit Ihre Rolle und Funktion einführen.

Regeln einer konstruktiven Diskussion für Teilnehmer

Hier wollen wir Ihnen einige Regeln anbieten, die Sie Teilnehmern als Basis für eine konstruktive Diskussion vermitteln können. Hieraus können Sie sich ein eigenes Set – je nach Stärken und Schwächen – einer Gruppe selbst zusammenstellen. Zur Vereinfachung haben wir die Hauptpunkte fett markiert und dahinter eine kurze Erklärung eingefügt.

Zur einfacheren Einführung in einer Gruppe kann man in der Praxis nur die Hauptpunkte nennen / zeigen und sie anschließend kurz mündlich erklären.

Regeln für Diskussion Teilnehmer

Ausreden lassen

Jeder soll die Gelegenheit bekommen, seinen Standpunkt darzustellen. Unterbrechungen fördern nur Missverständnisse und den Unmut der Teilnehmer. Nur wer sich verstanden fühlt, ist auch bereit, andere verstehen zu willen.

Gegenseitiger Respekt

Nur wer anderen Respekt entgegenbringt, kann auch Respekt von anderen erwarten. Höflichkeit und die Wahrung von Anstandsregeln können dem Gegenüber den eigenen Respekt vermitteln.

Kritik sachlich formulieren

Wenn man einem Gegenüber widersprechen will, sollte die Kritik stets auf die Sache und nie gegen eine Person gerichtet werden. Wer die Person angreift, zerstört die Grundlage eines konstruktiven Austausches. Nur rein sachliche Kritik ist akzeptabel und als Basis für eine Argumentation geeignet.

Paraphrasieren

Wenn Standpunkte unklar sind, sollte das Verstehen Priorität vor einer Bewertung oder kritischen Stellungnahme haben. Einen Sachverhalt nochmals in eigenen Worten zu wiederholen, zeigt nicht nur die Bereitschaft „verstehen zu wollen“, sondern ist auch ein Feedback an die Verständlichkeit des Sprechers.

Argumentiere

Argumentieren heißt mindestens eine Behauptung zu begründen. Denn oftmals werden Ansichten erst durch eine Begründung für andere nachvollziehbar. Fakten kann man prüfen und bewerten. Willkürliche Meinungsäußerungen ohne Faktenbasis sind hingegen nicht diskussionsfähig.

Aktiv zuhören

„Aktiv zuhören“ bedeutet ein Gegenüber „verstehen zu wollen“. Werden Aussagen nicht verstanden, sollte es jederzeit erlaubt sein, Verständnisfragen zu stellen. So vermeidet man Missverständnisse und kann Argumente finden, die für oder gegen einen Standpunkt sprechen.

Beim Thema bleiben

Ein Thema kann nur geklärt werden, wenn man von Anfang bis Ende daran arbeitet. Abschweifungen oder Themenwechsel sind für alle Beteiligten anstrengend und dürfen unterbrochen werden. Wenn ein Beitrag thematisch unklar ist, kann beim Sprecher nach dem Bezug gefragt werden.

Verständnisfragen haben Priorität

Wenn ein Sachverhalt zu schnell, lückenhaft oder unverständlich dargestellt wird, sollten Verständnisfragen erlaubt sein bzw. Priorität haben. Manche Sprecher setzten Sachkenntnisse voraus, die nicht allgemein bekannt sind oder machen Gedankensprünge, die nicht nachvollziehbar sind.

Begrenzung auf das Wesentliche

Manche Teilnehmer nehmen keine Rücksicht auf die Redezeiten der Anderen und mehren sich mit langen Statements oder Abschweifungen aus. Dies ist nicht nur respektlos, sondern führt oft auch vom eigentlichen Thema – einer gemeinsamen Meinungsfindung – weg. Der Diskussionsleiter sollte jederzeit die Möglichkeit haben, Teilnehmer um eine kurze Zusammenfassung zu bitten, um auch noch andere Beteiligte zu Wort kommen zu lassen.

Auf den anderen eingehen

Eine Meinungsäußerung sollte für jeden thematisch klar zugeordnet werden können, d. h. es muss klar sein, auf welchen Punkt / Argument man Bezug nehmen will. Insofern kann es sinnvoll sein, das Argument zu nennen, welches man bestätigen oder entkräften will bzw. einen neuen Punkt als solchen zu kennzeichnen.

Gemeinsamkeiten finden

Bei jedem Pro und Kontra gibt es auch Gemeinsamkeiten zwischen den Standpunkten. Diese zu finden und zu benennen, zeigt dem Gegenüber, dass Sie ihn nicht grundsätzlich ablehnen. Es kann die Brücke zwischen den Fronten sein, auf denen man sich wohlwollend treffen kann.

Auch bei gegensätzlichen Sichtweisen ist es eine gute Strategie, zuerst die Gemeinsamkeiten zu benennen, bevor man auf die Unterschiede hinweist. Die erhöht die Akzeptanz der Gegenrede in den meisten Fällen deutlich.

Streitigkeiten deeskalieren

Wenn Emotionen oder persönliche Differenzen die Oberhand gewinnen, ist ein sachliches Gespräch nicht mehr möglich. Daher haben Betroffene das Recht, Kränkungen, Beleidigungen oder anderweitige persönliche Angriffe beim Diskussionsleiter anzumelden. Der Diskussionsleiter kann aber auch allen Teilnehmern „das Recht zu unterbrechen“ einräumen.

Viel Erfolg beim Anwenden der Diskussionsregeln!

Aris Rommel