Zielgruppendefinition: Wie definiere ich eine Zielgruppe?

Zielgruppendefinition: Eine wirksame Marketing-Strategie setzt voraus, dass man seine Zielgruppe realistisch erkennen und definieren kann. In diesem Artikel beschreibe ich, wie man für ein Produkt oder Dienstleistung seine Zielgruppe definiert und wie häufig gemachte Fehler vermieden werden können.

Welche Zielgruppendefinition verwende ich?

Bei der vorliegenden Zielgruppendefinition habe ich bewusst von abstrakten Definitionen – die man zuhauf in Lehrbüchern oder bei Wikipedia finden kann – Abstand genommen. Diese sind zwar „formal“ korrekter, aber erzeugen beim Leser kein wirklich anschauliches Bild, worum es bei der Definition einer Zielgruppe überhaupt geht.

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Da ich aus der Praxis komme, weiß ich, wie wichtig eine konkrete Vorstellung der Zielgruppe ist. Ist sie zu vage oder zu abstrakt, kann man sie in der Praxis nicht gebrauchen. Insofern bin ich der Meinung, dass nur eine klare Vorstellung hilfreich ist, denn nur so kann man Maßnahmen ableiten, die im Marketing tatsächlich Früchte tragen.

Zielgruppendefinition: Was ist eine Zielgruppe?

Eine Zielgruppe ist immer ein potenzieller „Kundentyp“, der einen Bedarf an einer bestimmten Dienstleistung oder einem Produkt hat bzw. dem man ein Produkt oder Dienstleistung schmackhaft machen will. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen Endkunden, Zwischen- oder Großhändler handelt.

Ein „Kundentyp“ lässt sich anhand seines Kaufverhaltens, seiner Werte, Bedürfnisse und Ansprüche näher bestimmen. Die Kunst bei der Zielgruppenbeschreibung ist dabei, eine möglichst realistische Sammlung an Kriterien zu finden, die einen speziellen Kundentyp korrekt darstellt.

Zielgruppendefinition: Habe ich eine oder mehrere Zielgruppen?

Weiterhin muss beachtet werden, dass in den wenigsten Fällen eine homogene (oder einheitliche) Zielgruppe bestimmbar ist. Viel wahrscheinlicher ist es, dass mehrere Kundentypen – mit jeweils eigenen Kriterien – ausgemacht werden können, die gleichermaßen ein Interesse an einem Produkt oder einer Dienstleistung haben. Sie unterscheiden sich somit durch unterschiedliche „Kaufgründe“ – beziehen sich aber immer auf ein und dasselbe Produkt.

Beispielsweise kenne ich bei Applekunden ideologische Vertreter, die Apple als „hippes“ Konkurrenzprodukt Windows bevorzugen. Andere schätzen die Qualität und den hohen Wiederverkaufswert von Appleprodukten. Wieder andere schätzen die Innovation bei Apple, die sicheren Apps – die Nächsten sehen ein iPhone als Statussymbol.

Wie in dem kurzen Anriss vielleicht schon deutlich wird, sind hier sehr unterschiedliche Zielgruppen und Kaufmotive beschrieben. In einem solchen Fall hat man die Möglichkeit primäre Zielgruppen zu bestimmen oder das Marketing so auszurichten, dass für alle Zielgruppen die Werbung bzw. das Produkt stimmig erscheint.

Gehen die Verkaufszahlen dann bergab – z. B. weil man die Zielgruppe nicht mehr bedienen kann, die vorwiegend wegen der innovativen Apps Apple kauft – so hat man auch die Möglichkeit auf parallele Zielgruppen umzuschwenken und deren Bedürfnisse zu fokussieren.

Zielgruppendefinition: Realität oder Fiktion?

Viele Zielgruppendefinitionen von Unternehmen kranken daran, dass die Vorstellung des Unternehmens von der eigenen Zielgruppe nichts mit der Realität gemein hat oder unterbestimmt ist, d. h. zu wenig Kriterien der faktischen Kundenansprüche bekannt sind. So werden viele „Zielgruppendefinitionen“ nur allzu oft auf dem „Reißbrett“ entworfen und nie – oder ungenügend – mit den realen Gegebenheiten abgeglichen.

Fakt ist, dass man mit Hypothesen anfängt, d. h. eine „fiktive“ Zielgruppe und deren Bedürfnisse erfindet – beispielsweise, wenn man ein Produkt oder Dienstleistung entwirft. In der Praxis müssen sich dann über Kundenumfragen, Gespräche mit den Verkäufern, Rezensionen und Kommentare in Verkaufsportalen etc. zeigen, ob bzw. inwieweit diese Hypothesen zutreffen oder nicht.

Denn die Kaufkriterien legt letztlich der Kunde fest und oftmals ergeben sich hierbei Kriterien, an die die Marketing-Abteilung niemals gedacht hat. Das berühmteste Beispiel ist wohl YouTube, das ursprünglich als „Video-Datingseite“ konzipiert war. Die Gründer erkannten jedoch schnell, dass für diesen Zweck keine Zielgruppe vorhanden war bzw. die „echte“ Zielgruppe ein Portal zum Einstellen von privaten Videos suchte.

Kurz gesagt ist die Zielgruppendefinition in der Praxis immer ein „Work in Progress“, d. h., es handelt sich immer um einen fließenden Prozess, dessen Bewegungen, Kriterien und Prioritäten zu beobachten sind, um eine aktuelle Zielgruppendefinition parat zu haben.

Zielgruppendefinition und Kriterien

Um einen Überblick über „klassische“ Kriterien von Zielgruppendefinitionen zu geben, hier eine kurze Aufzählung:

  • Alter – Altersgruppen
  • Familienstand
  • Einkommen
  • Wohnort, Einzugsgebiet, Sprachraum
  • Kaufverhalten oder Konsumverhalten
  • Vorlieben und Bedürfnisse
  • (ethische) Werte
  • Qualität
  • ästhetisches Empfinden
  • Statusverhalten und Lifestyle
  • Gruppenzugehörigkeit

Dazu eine beispielhafte Charakterisierung dieser Kriterien, damit Sie wissen, was man unter der Beschreibung einer Zielgruppendefinition versteht bzw. wie man sie anwenden könnte.

Zielgruppendefinition Zielgruppe definieren

Bei der Entwicklung einer eigenen Zielgruppendefinition wird es – über diese bekannten Kriterien hinaus – nötig sein, speziellere Kriterien für die Zielgruppe zu finden und zu definieren.

Verstehen Sie die Aufzählung als Anregung oder Einstieg, um die Komplexität der eigenen Zielgruppe besser erforschen und erfassen zu lernen.

1. Zielgruppendefinition: Kriterium „Alter / Altersgruppen“

In manchen Fällen lässt sich eine Altersgruppe definieren, beispielsweise bei einem PC-Kurs für Senioren, die man mit „von bis“ (50 bis 60-Jährige) angibt. Dies lässt sich im Marketing dann mit den entsprechenden Bildern von Senioren oder auch einer typischen Wortwahl dieser Altersgruppe nutzen.

2. Zielgruppendefinition: Kriterium „Familienstand“

Es gibt viele Angebote, bei denen „Single“ oder „Verheiratet“ einen großen Unterschied macht. Single-Reisen müsste man beispielsweise ganz anders bewerben als Familien-Reisen. Hier liegen oft völlig andere Bedürfnisse und Wünsche vor, die in weiteren Kriterien erfasst und definiert werden müssen, um die entsprechende Zielgruppe überhaupt anzusprechen.

3. Zielgruppendefinition: Kriterium „Einkommen“

Das Einkommen wirkt sich auf die Bepreisung von Produkten aus. Menschen mit niedrigem Einkommen werden „Billigprodukte“ bevorzugen und Massenware nicht scheuen, während ein höheres Einkommen oft mit zusätzlichen Kriterien wie „Status“, „Ästhetik“, „Qualität“ und Ähnlichem gekoppelt sein muss, um ein Produkt attraktiv zu machen.

4. Zielgruppendefinition: Kriterium „Wohnort, Einzugsgebiet, Sprachraum“

Der Wohnort oder Einzugsraum spielt vor allem bei lokalen Geschäften eine Rolle, die mit ihrem Angebot an einen bestimmten Standort gebunden sind. So muss beispielsweise eine Bäckerei oder ein Friseur die Kunden ansprechen, die direkt im Einzugsraum leben.

Mit „Sprachraum“ ist eine bestimmte Sprache gemeint – so kann man weltweit verfügbare Webseiten z. B. in Deutsch verfassen -> hier wäre dann der potenzielle Kundenkreis mindestens in Deutschland, Österreich oder der Schweiz (deutschsprachigem Raum) zu finden.

5. Zielgruppendefinition: Kriterium „Kauf- oder Konsumverhalten“

Unter „Kaufverhalten“ versteht man das Verhalten eines Käufers in Bezug auf den Warenkauf. Ein Zwischen- oder Großhändler wird nach ganz anderen Kriterien entscheiden, wie eine staatliche Institution oder ein Privatkäufer. Dies kann beispielsweise bei der Bewerbung eines Produkts (Katalog, Flyer, Gutachten, Webseite) von entscheidender Bedeutung sein.

Des Weiteren kann man seine Vertriebswege den Wünschen der Kunden anpassen, indem man beispielsweise Produkte nicht nur im Laden, sondern auch in einem Webshop anbietet. Doch auch lokale Anbieter – wie eine Gärtnerei – können über eine Webseite ihre lokale Präsenz erhöhen, wenn die Webseite entsprechend konzipiert wird (z. B. Gärtnerei Schmidt in Uelzen), damit sie für Kunden im Einzugsbereich auffindbar ist.

Denn viele potenzielle Kunden suchen auch nach lokalen Angeboten oft erst im Internet, um sich über die möglichen Dienstleistungen ein Bild zu machen und Kontakt aufzunehmen. Zudem können solche „Infodienste“ es auch Stammkunden leichter machen, sich an einen „bewährten“ Anbieter zu erinnern.

6. Zielgruppendefinition: Kriterium „Vorlieben und Bedürfnisse“

Vorlieben und Bedürfnisse einer Zielgruppe zu kennen, ist bei der Produktkonzeption, der Usability und dem Verkauf von entscheidender Bedeutung. So mag ein Rentner mit schlechten Augen bei der Wahl eines Handys vor allem auf Robustheit, einfache Bedienung, große Tasten etc. Wert legen, während ein Jugendlicher ein Smartphone mit möglichst vielen Funktionen bevorzugt.

Hier stellt sich oft die Frage, was der Kunde mit einem Produkt tun will, ob die Komplexität bei der Benutzung eine Rolle spielt und welche Anwendungen laufen sollen und dem Kunden wichtig sind.

Zudem kann man über die Frage nach bestehenden Kundenbedürfnissen oft auch neue Produkte und Dienstleistungen erfinden, da bestehende Produkte die Bedürfnisse nicht – oder nur unzureichend – abdecken.

7. Zielgruppendefinition: Kriterium „ethische Werte“

Auch ethische Werte werden für viele Kunden immer mehr zum Kaufkriterium. Man bestellt „Öko-Strom“ aus nachhaltigen Energiequellen, um die Umwelt zu schonen. Ebenso wird in der Lebensmittelbranche das Etikett „Bio“ im Bewusstsein von Verbrauchern immer relevanter.

Hier sollte sowohl in der Werbung aus auch in der Produktpräsentation für den Verbraucher möglichst einfach zu erkennen sein, dass bei der Produktion, Vertrieb und Verkauf auf diese ethischen Maßstäbe besonderen Wert gelegt wurde.

8. Zielgruppendefinition: Kriterium „Qualität“

Wer ein teures Produkt bewerben will, sollte gute Argumente in puncto „Qualität“ haben. Viele Menschen sind bereit für ein Produkt mehr Geld auszugeben, wenn qualitative Vorzüge eindeutig zu erkennen sind. Hier können beispielsweise Gütesiegel eine große Rolle spielen oder entsprechend gute Kundenbewertungen, wie man sie z. B. bei Amazon (Sterne) vorfindet.

Zudem kann man hochwertige Qualität auch zum Markenzeichen von Produkten (z. B. Lands‘ End, Zippo, Mercedes Benz, Apple etc.) machen und so eine bestimmte Zielgruppe ansprechen. Hier spricht man auch vom „guten Ruf“ einer Firma oder eines Produkts, den man anstreben kann bzw. von zufriedenen Kunden zugesprochen bekommt.

9. Zielgruppendefinition: Kriterium „ästhetisches Empfinden“

Speziell bei teureren Produkten spielt neben der Funktionalität auch immer mehr die Ästhetik eine wichtige Rolle. Ein Kaffeeautomat für 500 Euro sollte neben einwandfreier Qualität auch ästhetische Vorzüge bieten, die eine solche Anschaffung (z. B. als Statussymbol) rechtfertigen.

10. Zielgruppendefinition: Kriterium „Statusverhalten und Lifestyle“

Bestimmte Produkte sind für den Kunden nicht nur ein „Gebrauchsgegenstand“, sondern viel mehr ein Statussymbol, über das er sich präsentieren und von der Masse abheben will. Meist spielen in puncto „Status“ auch ästhetische Kriterien, ein hoher Anschaffungspreis, der Lifestyle oder die Gruppenzugehörigkeit eine große Rolle.

Zudem kann man allgemein anerkannte Statussymbole (z. B. einen 7er BMW) und spezielle Statussymbole (z. B. ein Muscle-Car wie den „Chevrolet Corvette“) unterscheiden. Letzteres ist nur für eine bestimmte Zielgruppe ein Statussymbol – oder ein Ausdruck eines bestimmten Lifestyles.

Kennzeichen von Statussymbolen ist jedoch immer, dass sich eine bestimmte Personengruppe dadurch definiert – d. h. dadurch einen außerordentlichen Rang in einer Gruppe oder Gesellschaft bezeugen oder bekräftigen will.

11. Zielgruppendefinition: Kriterium „Gruppenzugehörigkeit“

Die Gruppenzugehörigkeit spielt oft in religiösen oder ideologisch geprägten Gruppen eine große Rolle, was sich auch im Kaufverhalten widerspiegelt. So wird beispielsweise ein Sannyasin eher orangefarbene und ein Gruftie schwarze Kleidung bevorzugen. Aber auch in der Musik sind Gruppenbildungen wie Rocker, Punker, Hip-Hopper etc. deutlich zu unterscheiden.

Da Werbung heute oft multimedial ist, wird die Auswahl der Musik auch ein Kriterium sein, ob die gewählte Zielgruppe die musikalische Untermalung ansprechend findet oder nicht.

Viel Erfolg beim Erstellen einer brauchbaren Zielgruppendefinition!

Tony Kühn