Überzeugung: Was Kopf-, Herz- und Handmenschen überzeugt

In diesem Artikel werde ich Ihnen ein sehr praktisches Modell vorstellen, das ursprünglich von Johann Heinrich Pestalozzi entwickelt wurde. Er kam nämlich auf die Idee, 3 Typen von Menschen zu klassifizieren, die man „Kopf-„, „Herz-“ und „Handmenschen“ nennen könnte.

Überzeugung Pestalozzi Kopf Herz HandBei diesem Modell geht man davon aus, dass zwar jeder Mensch alle drei Gaben nutzt, aber – je nach Stärken und Schwächen – unterschiedliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten dazu ausbildet. Dadurch entsteht innerhalb dieser Gaben eine Hierarchie, die praktisch als Orientierungssystem verwendet wird, auf das ein Weltbild gründet.

Im Folgenden werde ich darstellen, wie man dieses Orientierungssystem bei sich und anderen erkennen kann und was zu berücksichtigen ist, wenn man einen bestimmten Typen verstehen und überzeugen will.

Ich beginne damit, was unter Kopf-, Herz- und Hand zu verstehen ist, warum und wie Menschen diese Fähigkeiten ordnen und wie man seine Kommunikation ausrichten muss, damit man einen bestimmten Typ verstehen und überzeugen kann.

Beschreibung von „Kopf-„, „Herz-“ und „Handqualitäten“

In der folgenden Beschreibung werde ich jeden Bereich für sich zunächst einzeln und unvermischt darstellen, sodass die besonderen Qualitäten jedes Typs deutlich erkennbar werden.

Wie Kopfmenschen denken …

Kopfmensch KommunikationstechnikEin reiner Kopfmensch will primär die Welt verstehen, d. h. kognitiv ergründen warum etwas wie zusammenhängt. Ihm sind Theorien sehr wichtig, da sie ihm eine Basis für alle weiteren Überlegungen liefern.

Er analysiert gerne, bildet Hypothesen oder auch eigene Theorien, die die Welt, sich selbst und andere erklären sollen. Je nach seiner Denkfähigkeit – siehe auch das Modell der 4 Denkstufen – ist seine „Welt-Theorie“ simpel oder auch sehr komplex.

Er bevorzugt „Sach-Argumente“, die seiner Meinung nach die „richtige Sicht auf die Realität“ bestimmen. „Recht zu haben“ oder etwas „richtig zu sehen“, stehen bei ihm notfalls auch über den sozialen Bindungen. D. h., wenn – extrem gesprochen – ein „Trottel“ die „Wahrheit“ nicht begreift oder anerkennt, ist das ein Grund die Beziehung zu kündigen. Insofern sind Herzqualitäten für ihn nicht selten „reine Gefühlsduselei“ von bemitleidenswerten Menschen, die sich nur „von ihren Emotionen leiten lassen“.

Reinen Kopfmenschen ist es oft auch egal, ob eine Theorie einen praktischen Nutzen hat. Sie sind fasziniert von ihren gedanklichen Konstruktionen, unabhängig davon, ob man im Real Life damit etwas anfangen kann oder nicht. Sie suchen für alles eine Erklärung oder ein Modell – Hauptsache man kann „xy“ erklären.

Wie Herzmenschen denken …

Bei Herzmenschen haben soziale Kontakte und Bindungen oberste Priorität. Es ist nicht so wichtig, was ein anderer denkt, solange man sich sympathisch bleibt und gut versteht. Ihnen ist es wichtig empathisch mit anderen umzugehen, d. h. die Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse des Gegenübers zu verstehen, nachempfinden und darauf eingehen zu können.

Herzmensch Pestalozzi KommunikationstechnikSie achten sehr darauf „wie“ etwas gesagt wird. Oftmals bilden sie das „Herzzentrum“ in einem Freundeskreis oder der Familie und sorgen für den Zusammenhalt. Bei Sorgen und Nöten sind sie die bevorzugten Ansprechpartner, da ihr Einfühlungsvermögen geschätzt wird.

Kopfmenschen erscheinen ihnen nicht selten gefühlskalt und abgehoben, da sie sich – unter der Perspektive der Empathie – wie „Elefanten im Porzellanladen“ aufführen. Soziale Qualitäten wie Ehrlichkeit, Offenheit, Freundlichkeit, Höflichkeit usw. haben für sie einen sehr hohen Stellenwert.

Von sozialen Problemen fühlen sie sich nicht selten angezogen, da sie dort als „Helfer“ oder „Berater“ ihre Stärken ausspielen können. Bei einem praktischen Vorhaben ist ihnen die Stimmung untereinander wichtiger, als ein Vorhaben zum Erfolg zu führen. Letztlich ist „die Familie wichtiger“ als irgendein austauschbares Ziel, das Uneinigkeit oder Streit verursacht.

Wie Handmenschen denken …

Handmensch Pestalozzi KommunikationstechnikHandmenschen sind Praktiker, denen es wichtig ist, Ergebnisse zu erzielen bzw. ein Ziel oder Plan in die Tat umzusetzen. Sie wollen wissen, was man konkret tun kann, um „xy“ zu erreichen. Pläne oder Theorien sind nur dann relevant, wenn sie das praktische Handeln brauchbar anleiten oder orientieren können.

Kopfmenschen erscheinen ihnen oft als „reine Theoretiker“, die viel reden, aber nichts auf die Reihe bekommen. Demzufolge stellt ein Handmensch gerne dar, was er bereits geschafft, gebaut oder getan hat, um zu zeigen, wie erfolgreich seine Weltorientierung ist.

Sein Selbstwertgefühl – oder auch Bewertungsmaßstab für andere – orientiert sich an bereits abgeschlossenen Projekten (Zielen), die zeigen sollen, was er kann.

Bei Projekten ist es ihnen wichtig, dass die Arbeit getan wird – wer sich wie dabei fühlt, ist entweder belanglos oder zweitrangig, wenn die Gefühle nicht der Realisierung des Ziels dienen. Nicht selten sind sie gegenüber eigenen Gefühlen (oder Gefühlen von anderen) recht rücksichtslos, was ihnen aber auch die Fähigkeit verleiht, bei Hindernissen oder negativen Feelings, eine Sache trotzdem durchzusetzen bzw. zu Ende zu führen.

Hierarchisierung der Gaben Kopf, Herz, Hand

Wie Sie anhand der Beschreibung sehen können, wird es im Real Life kaum reine Kopf-, Herz- oder Handmenschen geben. Dennoch wird jeder Mensch im Normalfall – je nach Stärken und Schwächen – eine Hierarchie dieser „Werte“ bilden, die für ihn plausibel ist.

So eine Hierarchie könnte beispielsweise bei einem „Handmenschen“ wie folgt aussehen:

  • Primär: Handmensch, d. h., der eigene Wert zeigt sich in den Erfolgen.
  • Sekundär: Kopfmensch, d. h. Ziele und Pläne erleichtern es, sichtbare Ergebnisse zu produzieren.
  • Tertiär: Herzmensch, d. h., man will sich mit Menschen umgeben, die Erfolge gefühlsmäßig positiv belohnen bzw. Emotionen ebenfalls einem Ziel unterordnen.

Primär wird also oft die eigene Stärke, d. h. diejenige Fähigkeit, mit der man am meisten Erfolge erzielt bzw. für die man am meisten gelobt oder geschätzt wird. Sekundär wird oft diejenige Gabe, die man „noch braucht“, um die primäre Gabe zu stützen oder besser ausspielen zu können. Tertiär sind oft die eigenen Schwächen, die man nicht – oder nur unvollständig – ausleben kann.

Manche Theorien gehen im tertiären Bereich sogar soweit, dass sie ein Trauma, eine Verletzung vermuten bzw. einen Lebensbereich, der abgelehnt oder möglichst ausgeblendet wird. Einige psychologische Theorien gehen davon aus, dass sich jeder Mensch so eine Hierarchie zulegt, anhand derer er sein Wertesystem – oder Weltbild – aufbaut.

Kopf – Herz – Hand in der Kommunikation

Kopf Herz Hand Menschen überzeugenWer mit anderen Menschen erfolgreich kommunizieren will, muss sich auf deren Orientierung einlassen, d. h. sie verstehen und anwenden. Gewöhnlich gelingt uns dies bei Menschen mit ähnlicher Orientierung am leichtesten bzw. wir scheitern umgekehrt an Weltbildern, die unseren entgegenstehen.

Bei diesem Modell muss man zunächst verstehen, dass alle drei Gaben gleich wichtig sind, wenn man sich „ganzheitlich“ entwickeln will. Doch von dieser Erkenntnis – oder Toleranz – zeigt sich in der Praxis oft recht wenig.

Wer mit diesem Modell arbeiten will, sollte sich zunächst selbst einschätzen, d. h. sich vergegenwärtigen, nach welchen Prioritäten er selbst entscheidet und handelt. Der zweite Schritt ist – anhand der Kommunikation und dem Handeln anderer – sehen zu lernen, welche Prioritäten sie gesetzt haben und diese – wenigstens kognitiv – zunächst einmal als gleichwertige Alternative anzuerkennen.

Ein primärer Zweck von Kommunikation ist die Kooperation mit anderen Menschen. Um jemanden zu einer Kooperation zu bewegen, muss man ihn überzeugen „xy“ zu tun. Insofern stellt sich die Frage, wie man Kopf-, Herz- oder Handmenschen von etwas überzeugen kann. Es wird aus der Vorrede vielleicht schon ersichtlich, dass man je nach Typ völlig unterschiedlich vorgehen muss.

Was überzeugt Kopf-, Herz- oder Handmenschen?

Grundsätzlich kann man verallgemeinern, dass sich jeder Menschtyp im Bereich seiner primären Ausrichtung orientieren oder überzeugen lässt. Einem Kopfmenschen wird man einen brauchbaren Plan, eine kompetente Theorie oder eine verständliche Argumentation vorlegen müssen, damit er einer Kooperation zustimmt.

Einem Herzmenschen wird man durch Herzlichkeit, Gemeinwohl, Zusammenhalt oder ähnliche Qualitäten überzeugen. Einem Praktiker hingegen muss man plausibel machen, dass der Plan funktioniert, sagen, was zu tun ist und dass das Projekt zu einem erfolgreichen Ende geführt wird.

Damit man auf die einzelnen Typen gezielt eingehen kann, ist es wichtig sie zu erkennen und – beispielsweise bei der Planung eines Projektes – für jeden Typ eine für ihn eingängige Argumentation parat zu haben.

Nehmen wir als Beispiel einen Teamleiter, der sein Team (bestehend aus Kopf-, Herz- und Hand-Menschen) von einem neuen Vorhaben überzeugen will. Dazu braucht er mindestens einen durchdachten und kompetent gemachten Plan (Kopf), einen praktikablen Weg (oder Methode) diesen in die Tat umzusetzen (Hand) und eine positive empathische oder emotionale Bindung zum Team (Herz), die den Zusammenhalt stärkt bzw. auf die Befindlichkeiten der einzelnen Rücksicht nimmt.

Aber auch bei der Zusammenstellung eines Teams – oder der Bildung von Gruppen (z. B. in einem Seminar) – kann man darauf achten, dass überall wenigstens ein Typ jeder Gabe vertreten ist. Sind Teams zu einseitig zusammengestellt, muss man sich nicht wundern, wenn die Schwächen ihrer unterentwickelten Gaben in den Ergebnissen zum Ausdruck kommen.

Kopfgruppen theoretisieren, Herzgruppen kuscheln und Praktiker ergehen sich in blinden Aktionswahn. Dies sind natürlich Extreme, die zeigen sollen, wie wichtig ein gutes Zusammenspiel aller Gaben ist.

Übungen zur den Gaben Kopf, Herz und Hand

1. Wie sind die Gaben bei mir selbst verteilt?

Um die eigenen Stärken und Schwächen in der Kommunikation nutzen zu können, braucht es zunächst eine Einschätzung, wie die Gaben bei Ihnen selbst verteilt sind. Schätzen Sie sich zunächst selbst ein und bestimmen Sie Ihre primäre, sekundäre und tertiäre Verteilung der Gaben.

2. Holen Sie sich Feedback zu Ihren Gaben

In der Praxis habe ich es des Öfteren erlebt, dass die Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung der Verteilung der Gaben Welten trennte. Für andere ist es letztlich wichtig, wie sie Sie einschätzen, denn danach werden sie Sie beurteilen.

Fragen Sie mindestens drei vertraute Personen nach deren Einschätzung. Dies sollten Personen sein, deren Meinung Sie anerkennen können, völlig unabhängig davon, ob Ihnen die Meinung gefällt oder nicht. Personen, die Ihnen nach „dem Mund reden“ oder Angst vor „negativen Gefühlen“ Ihrerseits haben, sind nicht geeignet. Ein ehrlicher Kritiker ist hier mehr Wert als hundert „Schafe“.

3. Versuchen Sie Menschen diesem Modell zuzuordnen

Versuchen Sie bei mindestens 3 Menschen herauszubekommen, welche primäre, sekundäre und tertiäre Orientierung sie verfolgen. Falls Sie mit ihnen Unternehmungen planen, versuchen Sie in deren Sprache zu sprechen. Achten Sie darauf, ob Ihr Gegenüber zugänglicher wird, wenn Sie auf sein Weltbild eingehen.

4. Suchen Sie die Stärken in Ihrer Schwäche

Wenn Sie beispielsweise ein Herzdefizit bei sich vermuten, suchen Sie das Gespräch mit einem Herzmenschen. Versuchen Sie zu verstehen, warum er diese Perspektive einnimmt und lernen Sie von ihm, wie man mit dieser Perspektive erfolgreich sein kann.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man nicht nur seine eigenen Stärken und Schwächen besser beurteilen lernt, sondern auch aktiver (z. B. in Gruppen) auf die unterschiedlichen Menschentypen eingehen kann.

Ich halte es für unrealistisch, alle Gaben völlig auszugleichen – bestimmte Stärken und Schwächen wird man behalten. Realistisch ist aber, die größten Schwächen so auszugleichen, dass man mit sich selbst und anderen gut klarkommt.

Hier noch ein weiterer Artikel zu diesem Thema: Ganzheitlich leben: Das Kopf-Herz-Hand-Prinzip (Pestalozzi)

Viel Erfolg beim Ausgleich der Gaben!

Tony Kühn