Emotionen kontrollieren: Umgang mit negativen Gefühlen

Für viele Menschen ist es schwer, mit ihren negativen Gefühlen konstruktiv umzugehen. Aber wie kann man Emotionen kontrollieren? Kann man den Umgang mit negativen Gefühlen lernen?

Negative Gefühle / Emotionen

Manche fühlen sich negativen Gefühlen / Emotionen hilflos ausgeliefert – sie können ihre Emotionen nicht kontrollieren.

Der Umgang mit Emotionen und deren Kontrolle gehört zum Bereich der Sozialkompetenzen, die man lernen und verändern kann. Wir können unsere Gefühle kennenlernen, sie reflektieren und so kultivieren, dass sie uns nutzen und nicht schaden.

Emotionen Kontrollieren Umgang mit negativen Gefühlen

Betrachten Sie auch negative Gefühle als eine Kraft oder Antriebsquelle, die man zum Nutzen oder Schaden von sich selbst und anderen einsetzen kann. Lernen Sie mit negativen Gefühlen konstruktiv umzugehen.

Im Weiteren will ich beschreiben, was Sie tun können, um mit negativen Gefühlen – insbesondere Ärger, Aggression, Wut und Zorn – angemessen umgehen zu lernen.

Emotionen kontrollieren: Vier Grundtypen im Umgang mit Gefühlen

Beobachtungen, wie Menschen ihren Gefühlen begegnen (unabhängig welchen), lassen sich in vier Gruppen oder Typen einteilen:

Achtsame Menschen

Sie nehmen ihre eigenen Gefühle und Stimmungen wahr und haben verschiedene Strategien zur Verfügung, mit ihnen konstruktiv umzugehen. Sie haben oft eine positive Lebenseinstellung, sind selbstsicher und wissen um ihre Grenzen. Mit einer gut entwickelten Kompetenz sind sie fähig auch mit negativen Emotionen klarzukommen.

Von Gefühlen überwältigte Menschen

Dieser Typ von Mensch fühlt sich seinen Gefühlen regelmäßig hilflos ausgeliefert. Durch die häufige Erfahrung eines sprunghaften und heftigen Stimmungswandels ist er der Überzeugung gar nichts dagegen tun zu können, was wiederum dazu führt, dass er auch nichts dagegen unternimmt.

Er sieht sich als Sklave seiner Stimmung, denn er wird plötzlich und scheinbar unerwartet von seinen Gefühlen überrollt. Tatsächlich aber liegt es meist an fehlender Achtsamkeit, aufkommende Gefühlswallungen schon im Entstehen wahrzunehmen und entsprechend zu handeln.

Menschen, die ihre Gefühle hinnehmen

Dieser Typ nimmt seine Gefühle wahr, auch in der Entstehungsphase. Doch es wird nichts unternommen, um Gefühle zu ändern. Der eher positiv eingestellte Mensch dieses Typs sieht keinen Anlass, seine Gefühle zu ändern. Der eher negativ eingestellte Mensch dieses Typs leidet zwar unter gewissen Stimmungen, doch er bleibt dennoch passiv.

Menschen, die ein sehr armes Gefühlsleben haben

Dieser Typ nimmt kaum Gefühle wahr. Er hat es gelernt, Gefühle nicht zu beachten. Dem Leben mit all seinen Facetten steht er eher gleichgültig gegenüber. Daher gibt es für ihn weder Höhen noch Tiefen. Sein Leben gleicht einem langsamen, eintönigen, vorüberziehenden Fluss.

Negative Gefühle: Umgang mit aggressiven Gefühlen

Alle Gefühle haben das gemeinsame Merkmal, dass sie uns Kraft und Energie geben, etwas zu tun. Daher ist das Verhalten des zuletzt genannten Menschentyps keine wirkliche Alternative, denn er schneidet sich von seinen Gefühlen und damit von seiner Freude am Leben ab. Dieser Typ müsste lernen seine Gefühle wahrzunehmen und wertzuschätzen.

Emotionen kontrollieren negative Gefühle Aggression

Wie die Kraft der Gefühle genutzt wird, ist sehr unterschiedlich. Vor allem die Menschentypen zwei und drei haben nur mangelnde oder keine Strategien, mit negativen Gefühlen sinnvoll umzugehen.

Vor allem Wut, Ärger, Aggression und Zorn nehmen eine Sonderstellung unter den negativen Gefühlen ein. Sie gelten als verführerisch, denn sie liefern uns sehr überzeugende Gründe ihnen freien Lauf zu lassen. Alle Formen der Aggression lassen sich sehr gut gedanklich anstacheln, aufrechterhalten und steigern. Deshalb fällt es den meisten Menschen schwer, sie angemessen unter Kontrolle zu bringen.

Nehmen wir uns ein fiktives Beispiel, um zu sehen, dass sich Ärger sehr leicht zur Wut steigern lässt.

Stellen Sie sich vor, dass Sie sich mit einem Freund verabredet haben. Sie haben sich extra Zeit genommen, sich mit ihm zu treffen, denn er hat sie dringend darum gebeten. Sie sitzen also in einem Café und warten, doch ihr Freund kommt nicht. Sie sehen immer wieder auf Ihre Uhr, denn eigentlich haben Sie noch eine Menge zu tun und nicht wirklich Zeit.

Sie blicken nach 15 Minuten auf Ihr Handy, doch er hat Ihnen keine Nachricht hinterlassen. Dann versuchen Sie ihn anzurufen, doch keiner geht ran – nur die Mailbox schaltet sich ein. Sie werden immer nervöser, bis Sie sich ärgern. Ihr Freund hat Sie schon öfter warten lassen, deshalb denken Sie nicht gleich daran, dass ihm etwas passiert sein könnte. Sie denken eher daran, dass er Ihre Gutmütigkeit ausnutzt, wie es in der Vergangenheit schon vorgekommen ist. Sie erinnern sich an längst vergangene und nervenaufreibende Situationen. Sie werden sauer.

Wie kann er es wagen, mich jetzt schon wieder warten zu lassen? Wir haben doch schon so oft darüber gesprochen. Warum ruft er nicht einfach an und gibt mir Bescheid?“ Sie merken Ihren erhöhten Puls, dass Sie beginnen zu schwitzen und nicht mehr ruhig sitzen können. Nach einer Stunde endlich erscheint er und tut so, als wäre nichts passiert. Sie platzen vor Wut und schreien ihn an …

Strategien mit starken negativen Gefühlen umgehen zu lernen

Am obigen Beispiel wird deutlich, dass es sehr leicht ist, sich bis zur Wut hineinzusteigern. Doch das passiert nicht von selbst! Sie tun etwas aktiv dafür, nämlich lassen entsprechende Gedanken und Bilder zu. Sie gießen quasi Öl ins Feuer.

Achtsamkeit bei negativen Gefühlen

Damit kommen wir zu einer sehr grundlegenden Fähigkeit, mit Wut, Ärger oder anderen Formen von Aggressionen umgehen zu können. Die Rede ist von Achtsamkeit, d. h. schon die Entstehung von Aggression zu be-achten, zu beob-achten. Wenn Sie das trainieren, haben Sie schon im Vorfeld, also bevor es zu sehr starken Gefühlen kommt, viel mehr Möglichkeiten Ihre Gefühle zu lenken. Wenn die Wut erst da ist, ist dies wesentlich schwerer.

Was man genau unter Achtsamkeit versteht und wie man Achtsamkeit trainieren kann, erfahren Sie im folgenden Artikel „Sozialkompetenz Achtsamkeit: Bauen Sie durch Achtsamkeit Stress ab!

Achtsamkeit ist die Voraussetzung für folgende Strategien, mit Gefühlen umgehen zu können.

Entschärfen der selbst erzeugten Gedankenkette

Jene Überzeugungen, die unsere Wut anstacheln, müssen verändert werden. Das sagt sich leicht, doch es ist nicht so schwer, wenn man die Entstehung seiner Gedankenkette früh genug mitbekommt. Im obigen Beispiel sollte eine Unterbrechung spätestens nach einer Viertelstunde vorgenommen werden (wenn Sie also merken, dass Sie nervös werden und überlegen, was Sie noch alles zu tun haben).

Nehmen Sie sich vor, nicht länger als eine Viertelstunde zu warten. Hinterlassen Sie auf dem Handy Ihres Freundes eine Nachricht oder bei der Bedienung. Es kann ja sein, dass ihm wirklich was dazwischengekommen ist, oder dass er eine für Ihre Freundschaft sehr wichtige Lektion endlich zu lernen hat. Das nur als Skizze dafür, dass eigene Überzeugungen verändert, d. h. in diesem Beispiel in eine lösungsorientierte Richtung gelenkt werden.

Abstand von negativen Gefühlen nehmen

Auch diese Strategie funktioniert sehr gut, um mit sehr starken Emotionen klarzukommen. Verlassen Sie die Situation. Das kann z. B. sinnvoll sein, wenn Sie sich in einem Streit festgefahren haben und immer noch „vor Wut kochen“. Wer weggeht, kann sich erst einmal abkühlen, bevor es zu Handlungen kommt, die einem später leidtun.

Vor allem Männer fahren dann gerne mit ihrem Auto, doch das ist keine gute Idee. In solch einem Zustand ist es besser und sicherer einen Spaziergang oder einen Ausflug mit dem Fahrrad auf Feldwegen zu machen. Auf alle Fälle gilt die körperliche Bewegung als gute Strategie sich abzukühlen.

Ruhig Atmen oder andere Entspannungstechniken

Wer z. B. darauf achtet seinen Atem zu beruhigen, tief in den Bauch zu atmen, wird sich über die Lockerung des verkrampften Körpers auch psychisch beruhigen können.

Viele Menschen haben es verlernt in den Bauch zu atmen – sie praktizieren die sogenannte Flachatmung. Doch die richtige Bauchatmung kann sehr leicht wieder erlernt werden. Wer wissen will, wie Bauchatmung und die damit verbundene Atemberuhigung funktioniert, sollte folgenden Artikel lesen: Atemtechnik: Die richtige Bauchatmung.

Psychologischer Trick: Lächeln sie, d. h. ziehen Sie Ihre Mundwinkel – wie beim Lachen – stark auseinander und nach oben. Damit werden am Ende der Mundwinkel Nerven stimuliert, die dem Gehirn vortäuschen, dass Sie lachen und Freude empfinden.

Das Gehirn reagiert mit der Ausschüttung von „Glückshormonen“, da es sich von der Mundstellung täuschen lässt. Halten Sie dieses künstliche Lächeln ca. 2 Minuten, dann können Sie feststellen, dass sich Ihre negativen Emotionen bereits verändern / abbauen.

Das tun, was einem Spaß macht

Das können natürlich auch körperliche Tätigkeiten sein, doch auch andere Tätigkeiten, die einem Spaß machen, funktionieren. Wer z. B. gerne Musik hört, kann damit gewinnbringend experimentieren. Vielleicht gibt es auch ganz bestimmte Musikstücke, die einen „auf den Boden“ zurückholen.

Gedanken bei negativen Gefühle aufschreiben

Auch diese Methode kann sehr gut funktionieren. Man schreibt sich seinen Ärger von der Seele und hat dann die Möglichkeit, die damit verbundenen Überzeugungen infrage zu stellen und einer Prüfung bzw. Reflexion zu unterziehen.

Wechseln Sie die Perspektive und fragen Sie sich, welche positiven Intentionen hinter Ihren negativen Gefühlen stecken. So kann beispielsweise hinter einer Wut (beim Zuspätkommen) ein Bedürfnis nach Verlässlichkeit, gegenseitige Hilfsbereitschaft, Freude darüber, seine Zeit mit anderen zu verbringen etc. stecken.

Bedenken Sie: Menschen sind auf positive Intentionen viel leichter ansprechbar, als auf „Angriffe“. Sagen Sie also dem Gegenüber, was Sie wollen und nicht, was Sie „nicht wollen“. Statt zu schimpfen beschreiben Sie, welcher Wunsch hinter dem Treffen steckt, was Ihnen wichtig ist und warum Verlässlichkeit ein hoher Wert für Sie ist.

Damit geben Sie dem Anderen die Möglichkeit Sie zu verstehen, statt sich nur „schlecht fühlen zu müssen“.

Starke aggressive Gefühle schaden primär einem selbst

Machen Sie sich diese Tatsache klar. Mit starken überwältigenden Gefühlen bewirken Sie nichts Positives, ganz im Gegenteil – Sie schaden nur sich selbst. Vermeiden Sie auch Ärger über all das, was Sie nicht ändern können (z. B. Ärger über einen rücksichtslosen Autofahrer).

Drücken Sie Ihren Ärger aus, wenn Sie es entscheiden und wenn damit etwas Positives in der Zukunft erreicht werden kann. Damit verbunden ist der angemessene Ausdruck von Ärger, aber keine unkontrollierten Wutausbrüche.

Das Ärgerliche am Ärgern ist,
dass man sich selbst schadet,
ohne etwas an dem zu ändern,
worüber man sich ärgert.

Verstehen und langfristige Perspektiven

Bedenken Sie, dass es sehr lange dauern kann, um Vertrauen und positive Gefühle in einer Partnerschaft oder Freundschaft zu erzeugen, aber ein einziger Wutausbruch alles infrage stellen kann. Wenn ein Mensch ein Verhalten ändern soll, braucht er positive Anreize – eine Motivation, dass ein anderes Verhalten etwas im Leben verbessert.

Wenn ein Mensch Ihrer Meinung nach sein Verhalten verändern soll, machen Sie sich selbst darüber Gedanken, wie so ein „positives Verhalten“ genau aussieht. Viele Menschen wissen nur, was ihnen nicht gefällt, aber nicht, welche Alternativen es gibt.

Wenn Sie die Frage „Was sollte XY tun, damit ich in dieser Situation freudig reagiere?“ nicht beantworten können, dann sollten Sie prüfen, ob Ihr Ärger etwas mit Ihnen selbst oder einer anderen Situation zu tun hat. Vielleicht stellen Sie fest, dass Sie schlecht gelaunt sind, weil Sie in der Nacht kaum geschlafen haben und völlig aufgedreht-übermüdet sind. Da liegt es nahe eine andere Situation zu dramatisieren und als Ventil zu nutzen. Das wäre sehr schade, denn das nutzt niemandem.

Viel Erfolg beim konstruktiven Umgang mit negativen Gefühlen!

Cassandra B.